Die lustigen Weiber von Windsor - Showdown im Wald
Das Anhaltische Theater Dessau war in Fürth zu Besuch mit der komisch-fantastischen Oper ‚Die lustigen Weiber von Windsor‘ von Carl Otto Nicolai. Das Stück ist einem Shakespeare-Drama angelehnt, in dem sich zwei Frauen an dem dicklichen, ältlichen Sir John Falstaff rächen. Diese Figur des Falstaff verkörpert das Gegenteil der damaligen Gesellschaftsordnung, nämlich Genusssucht, Trinkerei und Eskapaden. Dabei hat die Hauptfigur keine leichte Zeit, denn er muss eigentlich sein bequemes Leben aufgeben, wenn es ihm nicht gelingt, an Geld zu kommen. Sein Plan ist, eine schöne Frau zu erobern, deren Ehemänner zufällig noch reich sind. Um die ganze Sache zu optimieren, schreibt er zwei identische Liebesbriefe an Frau Fluth und Frau Reich, die sich dummerweise kennen und Nachbarinnen sind. Diese tauschen sich darüber aus. Klar, dass das eine Reihe von Scherzen und Racheplänen der Frauen nach sich zieht. In dem Stück rächen sich die Frauen dreimal an Sir John.
Verlegt hat man die ganze Handlung in ein upper-class-Milieu eines Luxus-Hotels. Die Einrichtung besteht aus Sprelacartwänden, die Seitenauszüge für Requisiten ermöglichen. Ein Fernseher bildet während der ganzen Vorstellung einen offenen Kamin, aus dessen Schornstein es immer wieder mal heftig raucht. So gleich zu Anfang als Fenton den Kamin mit einem Blasebalg einheizt. Hinten befindet sich ein mit Plexiglas abgetrennter Laubengang, auf dem ein ausgestopfter Keiler steht; rechts ist eine Bar. Dekoriert ist die Szenerie mit allerlei Grünpflanzen. Die Ouvertüre findet dabei lobenswerterweise ganz ohne Aktion auf der Bühne statt. Die beiden Frauen lesen sich also die Briefe vor, in dem sie aus einer ausziehbaren Spiegelwand mit 6 goldenen Spiegeln sitzen. Frau Fluth (Elena Fink) ist ein italienisch angehauchter Koloratur-Sopran, wären ihr Frau Reich (Rita Kapfhammer) mit einem Mezzo assistiert. Sie hecken einen Plan aus, wie sie sowohl dem eifersüchtigen Herrn Fluth, als auch dem Ritter Sir John eine Lektion erteilen können. Derweil trifft eine Schar Herren vom Tennismatch ein. Die Tochter von Familie Reich soll verheiratet werden. Bei einer kurzen Besprechung über die Planung der anstehenden Hochzeit zwischen Herrn Reich und Herrn Fluth, lässt sich Herr Fluth die Nägel von zwei Hotelangestellten maniküren. Während der Ehemann den wohlhabenden Junker Spärlich als Mann vorsieht, möchte die Frau lieber den adeligen Franzosen Dr. Cajus als Mann sehen. Es gibt aber noch einen dritten Bewerber, nämlich Fenton, der ebenfalls um die Tochter Anna anhält. Der ist ohne Geld und Adel, aber reich an lieb und treu und Angestellter in der Hotelbar. Die Avancen von Fenton, versucht Herr Reich durch Ziehen am Ohr auszutreiben.
Frau Fluth erwartet nun auf einem roten Sofa die Ankunft von Ritter Falstaff. Dieses wird wieder aus der Seitenwand herausgefahren. Ritter Falstaff sieht aus wie ein dicklicher Schlagersänger und sticht so etwas heraus. Bei dem ersten Annäherungsversuch kracht das Sofa lautstark unter dem Gewicht von Falstaff. Auch schlägt er sich in einem Running Gag immer wieder den Kopf an Frau Fluths geblümten Baldachin. Jetzt werden sie aber von Frau Reich gestört, die die Ankunft des Ehemanns von Frau Fluth ankündigt. Falstaff muss sich in einem Wäschekorb verstecken und flüchten. Dieser Korb wird wenig später in die Themse geleert, während der eifersüchtige Ehemann die Wohnung erfolglos durchsucht. Frau Fluth macht ihrem Ehemann eine Szene und kündigt an, dass sie sich scheiden lassen will. Herr Fluth plant aber Sir John einen Besuch abzustatten, um der Sache auf den Grund zu gehen.
Nur mit einem Bademantel und einem Handtuch bekleidet erscheint Sir John wenig später in der Hotelbar. Klingt plausibel nach dem Bad in der Themse. Es erklingt das etwas bekanntere ‚Als Büblein klein an der Mutterbrust‘. Bei einem Trinkspiel mit mehreren Flaschen Sekt, besiegt Falstaff die Herausforderer, einen Vater mit einem Sohn, die umkippen und ihren Rausch ausschlafen müssen. Herr Fluth kommt nun, als verkleideter Osama bin Bach, mit falschem Bart in die Sauna des Hotels. Dort macht Falstaff schon Aufgüsse mit Alkohol. Auch hat Sir John sich einen Teller Nudeln bringen lassen. Herr Bach fragt nun ihn aus, was sich so zugetragen hat. Mit etwas Geld gewinnt Herr Bach sein Vertrauen. Sir John prahlt mit der Beziehung zu Frau Fluth. In der Saunaszene zeigt die Inszenierung von Benjamin Prins, wie die Männer sich gegenseitig mit einer Bürste massieren. Als diese kaputt geht, nimmt Herr Bach die Nudeln als Schwammersatz. Schließlich gibt es zum Abschluss noch leichte Streiche mit einem Büschel Zweige und immer wieder Aufgüsse mit Alkohol. Falstaff sagt, dass er noch einmal ein Stelldichein mit Frau Fluth hätte.
Die Bühne wird umgebaut und soll nun den Garten des Hauses Reich darstellen. Die Liebhaber von Anna machen ihre Aufwartung. Die favorisierten Männer der Eltern müssen sich aber hinter Pflanzen verstecken, während der Mann des Herzens Fenton mit einem Stehgeiger eine Aufwartung macht. Aus dem Balkon steigt mit einer Leiter schließlich Anna. Am Bühnenrand sitzend schwören sie sich ewige Treue.
Während Frau Fluths Mann auf der Vogelbeize ist, macht Sir John einen weiteren Annäherungsversuch an Frau Fluth. Wieder stößt er sich den Kopf am Himmelbett, während der Mann reinpoltert. Dekorativ haben seine Mitjäger erlegte Fasane dabei. Frau Reich und Frau Fluth beschließen diesmal, Sir John als Frau zu verkleiden. Die Tante der Magd, die dicke Muhme aus Brentford, hätte einen ähnlichen Umfang. Mit einem orangen Schleier bedeckt man dessen Bartwuchs. Mit einem lila Bustier und einem Kleid einer Angestellten und im Falsett singend wird er von Herrn Fluth rausbefördert. In seiner Wut schießt Herr Fluth auch auf den Wäschekorb, in dem er Sir John vermutet. Sogar eine Bombe wirft er in den Wäschekorb. Er hat ein ganzes Arsenal an Waffen dabei. Dass er wenige Minuten vorher seinen vermeintlichen Nebenbuhler rausgeworfen hatte, ist ihm entgangen.
Nun ist es an der Zeit, nach diesem zweiten Streich den Männern reinen Wein einzuschenken. Aber man plant einen letzten Streich für Sir John. Sie wollen ihn im Mondlicht als Hirsch verkleidet in den Wald von Windsor locken und ihn durch Feen und Insekten schikanieren lassen. Die Eltern Reich verfolgen weiter ihre Pläne und jeder der Eheleute weist Anna an, ein Kostüm anzuziehen und den richtigen Freier heimlich in der Waldkapelle zu heiraten. Sie erscheint aber weder in Rot, noch Grün, sondern in Weiß. Die Lage scheint sie per WhatsApp am Smartphone klar zu machen.
Es folgt die Szene, wegen der sich die Oper eigentlich gelohnt hat. Die beginnt zunächst recht lautstark mit dem Fällen eines Baumes durch Motorsägen und dem Hereinfahren des Stumpfes auf die Bühne. Die Szenerie verdunkelt sich, während Herr Fluth tänzelnd die Umbauarbeiten vornimmt. Es wabert dicker Nebel aus dem Rohr an der Seite. Es ist Mitternacht im Wald von Windsor. Sir Falstaff erscheint als Hirsch. Die beiden Frauen verkleiden sich als große Fliegenpilze und werben wechselweise um Sir John. Dieser ist mit der Aussicht auf eine doppelte Chance total geblendet. Es gesellen sich weiße Feenwesen mit Fliegenpilzen auf dem Kopf und übergroße Insekten dazu. Während Fenton vom Bühnenhimmel zu Anna schwebt, piesacken die Insekten den armen Falstaff bis zur Bewusstlosigkeit im Sessel. Junker Spärlich und Dr. Cajus haben sich als große Paprika verkleidet nicht erkannt und versehentlich geheiratet. Dagegen sind Anna und Fenton nun glücklich. Alles ist am Ende vergessen und vergeben.
Es ist zweifelsohne eine romantische Oper, die mich vor allem durch ihr fantasievolles Ende im Sinne eine Revue des Friedrichstadtpalastes begeistert hat. Während sich die ersten zwei Akte etwas in die Länge ziehen, nimmt die Oper im dritten Akt richtig Fahrt auf. Schade, dass der Komponist Carl Otto Nicolai den Erfolg seines letzten Werkes nicht mehr miterleben durfte. Nach einer mehrfach verschobenen Uraufführung gelang dem Werk schließlich der Durchbruch. Es war ein langer Opernabend, der vor allem von den tollen Ensemblenummern des Opernchors und durch die anhaltische Philharmonie Dessau getragen wurde. Klar, gab es Slapstick-Einlagen, wie mit dem Teller Nudeln in der Sauna oder dem Ekel des Herrn Fluths vor den erlegten Vögeln der Vogelbeize. Am Ende entschädigen der wunderbare Mondaufgang, die Ouvertüre und die Ensemble-Nummern des Schlusses für die lange Zeit. Wer hätte gedacht, dass Nicolai so nach Jacques Offenbach klingen kann, der erst viel später Erfolg hatte (Schlussszene: Er gesteht immer noch nicht)? Es war auf jeden Fall den Besuch im Stadttheater wert.
Quelle: YouTube | Anhaltisches Theater Dessau
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