Grüße aus der schönen Gerolsteiner Schweiz
Jaques’ Offenbachs Großherzogin von Gerolstein wird derzeit im Fürther Stadttheater in einer Inszenierung von Georg Blüml gezeigt. Das Herzogtum Gerolstein verdient sein Geld mit dem Gerolsteiner Mineralwasser, dem Verkauf der Gerolsteiner Rauchzipfel-(Würste) und dem Tourismus. An der Handlung der Großherzogin von Gerolstein wurde lustig gedreht und man befindet sich, am Anfang der Opéra bouffon, in der Schaltzentrale der Gerolsteiner Militärs. Die Nummer 1 des Staates Puck hat eine Geheimwaffe namens Frieda entwickelt, die zum Einsatz kommt. Frieda hat quasi ein Eigenleben und fährt wie ein übergroßer Schoßhund auf der Bühne rum. An einem roten Telefon meldet sich die Herzogin zu Wort, die sich ab sofort in die Politik einmischen will. Um die Waffe Frieda einzusetzen und die Großherzogin abzulenken, wird den Nachbarn im Norden, Süden, Osten und Westen der Krieg erklärt. Die Militärs haben die Zusammensetzung des Mineralwassers geändert, das vormals muffig geschmeckt hat. Man setzt einen Stoff namens Pervertin dazu. Das so veränderte Mineralwasser riecht nach Chanel No 5. Es macht aus laschen Soldaten, kriegslüsterne Helden und aus Frauen wilde Nymphen. Der Erste, der die Wirkung erprobt, ist General Bumm. Das neue Mineralwasser hat die Truppe um den General Bumm auch dringend nötig. Es kommt zum Einsatz der Geheimwaffe Frieda. Eine gemischte Truppe aus Männern und Frauen tut ihren Dienst an der Grenze. Dort treffen wir auch auf Wanda, die Chefin des Tourismusverbandes und ihren Verlobten Fritz. Fritz und Wanda planen nach ihrer Hochzeit, einen Gnadenhof zu eröffnen, die Produktion der Würste auf Tofuwürste umzustellen und Ökostrom zu produzieren. Auch General Bumm hat ein Auge auf Wanda geworfen. Der schlaffen Truppe wird nun Gerolsteiner 69 vorgesetzt und sofort verwandeln sie sich in Kampframbos. Nur Fritz, der Pazifist, widersetzt sich dem Getränk und wird zum Strafdienst an der Grenze verdonnert. Dort kommt es zu einer Annäherung zwischen Wanda und Fritz. Küssen wäre ja im Dienst nicht verboten. Die Herzogin ist ganz wild auf die Männer in Uniform und kommt zur Inspektion der Truppen. Sie soll den Fürsten von San Pellegrino heiraten, wozu sie aber keine Lust hat. Stattdessen sucht sie sich aus den inspizierten Truppen Fritz aus. Diesen befördert sie im Handumdrehen zum General. Als die Großherzogin nun selbst das neue Wasser probiert, wird auch sie zur Kampfamazone. Fritz hat immer noch keine Lust auf Krieg, obwohl er jetzt General ist. Während General Bumm zum normalen Soldaten degradiert wird. Mit dem Degen des Vaters der Großherzogin soll Fritz nun gegen die Feinde zu Felde ziehen. Die sechs roten Fahnen am Ende des ersten Akts erinnern an die Inszenierungen der Führung im Dritten Reich.
Im zweiten Akt führt Wanda Touristen durch das Schloss der Großherzogin. Dabei gibt sie die Schauergeschichten des blauen Salons zum Besten, der als Hinrichtungszimmer gedient hat. Die Touristen benehmen sich aber nicht immer korrekt, fotografieren oder verlassen den roten Teppich. Am Ende jeder Führung verkauft die überzeugte Vegetarierin ihre Gerolsteiner Rauchzipfel. Es tritt auch der Fürst von San Pellegrino in Erscheinung, der alt und etwas verwirrt ist. Er stellt immer der jungen Julia nach und verfolgt sie durch das ganze Schloss. Die Situation spitzt sich zu, als die Großherzogin von Gerolstein einen Annäherungsversuch an Fritz startet. Der ist inzwischen siegreich aus dem Krieg zurückgekehrt. Statt zu kämpfen, hat er Gerolsteiner 69 eingesetzt, was dazu geführt hat, dass die Soldaten sich verbrüdert haben, statt sich zu bekämpfen. Durch einen Klappmechanismus wird der Thronsaal im Nu zum Schlafgemach der Fürstin. Hier versteckt sich Fritz nun unter der Bettdecke, während Wanda ihre Touristen durchführt. Nun wird Fritz von seiner Verlobten im Bett der Großherzogin entdeckt unter dem Blitzlichtgewitter der Kamera der Touristen. In Wanda erkennt die Großherzogin ihre Nebenbuhlerin. Da auch Fritz immer noch auf die Hochzeit mit seiner Verlobten besteht, verspricht die Großherzogin die Hochzeitssuite herzurichten im blauen Salon. Fritz freut sich, dass er nun nach der erfolgreichen Schlacht, endlich Wanda heiraten darf und ihm die Großherzogin auch noch die Hochzeit zahlt. In Wirklichkeit ist die Großherzogin aber ziemlich enttäuscht von Fritz und beschließt ihn mithilfe der Nummer 1, einem Sergeant und General Bumm umzubringen. Mit einem Büstenhalter, der schießen kann, will nun die Großherzogin in die Schlacht gegen Fritz ziehen.
Im dritten Akt sieht man Wanda und Fritz im Hochzeitsgewand. Sie wollen ihre Hochzeitsnacht genießen. Fritz eröffnet nun Wanda, dass ihre Hochzeitssuite im blauen Salon angerichtet ist. Wanda weiß nun aus ihrer Geschichtserfahrung, dass die Großherzogin einen Mordanschlag plant. Unterdessen entdeckt aber der Fürst von San Pellegrino die Wirkung des Mineralwassers und wird zum Rambo. Die Großherzogin ist nun von dessen Liebeskünsten begeistert und lässt von ihren Racheplänen gegen Fritz ab, bevor die Militärs zuschlagen. Fritz wird wieder zum einfachen Soldaten degradiert und Soldat Bumm wieder zum General.
Gut, wenn man sich darauf einlässt, dass die Handlung ziemlich umgekrempelt worden ist, kann man an dem ganzen Spaß finden. Die Eigenproduktion des Stadttheaters Fürth kommt mit viel Slapstick und reichlich anzüglich daher. Es kommt Pyrotechnik zum Einsatz und der Witz mit dem Mineralwasser und der Führung der Touristen durch das Schloss wird reichlich strapaziert. Im Original wird statt des Wassers Alkohol verwendet. Der Bezug zum Mineralwasser ist aus heutiger Sicht natürlich logisch, hat aber mit der Vorlage nicht so viel zu tun. Prinz Paul kommt als Pellegrino reichlich vertrottelt und lispelnd rüber. General Bumm war am Tag meines Besuchs leider heiser, weshalb seine Solos von anderen im Stück übernommen wurden. Das war teilweise etwas irritierend. Gerade die Nummer ‘A cheval sur la discipline’ litt darunter etwas. Die vielen politischen Anspielungen auf die Situation zwischen Deutschland und Frankreich der damaligen Zeit kommen heute natürlich nicht mehr an. Daher geht so eine Umarbeitung natürlich durch. Auf Youtube gibt es die Grand-duchesse in einer ebenfalls sehenswerten Inszenierung. Das bietet sich vielleicht als Vorbereitung auf den Besuch im Stadttheater an. Musikalisch wird auch einiges zitiert, was in der Operette normalerweise nicht vorkommt. So hört man sowohl Offenbachs Barcarole aus den Hofmanns Erzählungen als auch einen Satz aus dem Ballett Gayaneh des sowjetisch-armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan besser bekannt als Säbeltanz.
Quelle: StadttheaterTV - Youtube-Kanal des Stadttheaters Fürth
Kritik in den Nürnberger Nachrichten: Mineralwasser macht müde Männer munter
Kritik in der bayrischen Staatszeitung: Eindeutig zweideutig
2 Kommentare
Kommentar von: cornix Besucher
Kommentar von: brathering Besucher
Hier eine von Nürnberg/Fürther Animositäten unabhängige Kritik:
Eindeutig zweideutig
(bitte kopieren und einfügen, da ichs leider nicht verlinken konnte)
Lach !
Die Inzenierung ist gewöhnungsbedürftig .
Aber nach deiner Beschreibung und dem Spot muß es einfach toll gewesen sein .
Die Szenen sind einfach überraschen und lustig .
Bitte um weitere Berichte .
Lieben Gruß die Nebelkrähe