• Opernblog
  • Kontakt

Logo
  • Startseite
  • Bilder
  • Videos
  • Opernblog
  • Gästebuch
  • Kirchenchor
  • Links
  • TikTok
  • Mastodon
  • Impressum
  • Datenschutz
Anmelden
  • « Der Liebestrank - Gefangen im Elisir-Netzwerk
  • Blaubarts Burg als Beziehungsdrama »
Hair - Love&Peace in Zeiten von Corona und Instagram

Hair - Love&Peace in Zeiten von Corona und Instagram

gesendet am 11 Mai 2022 von grizzly2000 in Kultur, Musical

Unfassbar, aber die Aufführung von Hair an der FAU in Nürnberg hat diesmal wirklich stattgefunden. An die Karten bin ich per Zufall gekommen. Jetzt ist so ein vollbesetztes Auditorium, nach all den Jahren des Abstandshaltens, eine echte Herausforderung. Wenn das keine Risikobegegnungen gibt, esse ich meine Maske. Im Ernst, ich habe auch während der Aufführung meine Maske aufbehalten, bis ich aus dem Hörsaal draußen war, so viel Nähe nach zwei Jahren Distanz muss man erst einmal verkraften.
Wie ich das letzte Mal schon sagte, dieses Musical besitzt ein schlechtes oder besser gesagt, kein richtiges Libretto. Daher kann man auch vor allem im zweiten Teil im Drogentrip, lustige Dinge einbauen, die es in der Originalfassung nicht gibt. Wenn es sowas wie eine Originalfassung denn überhaupt gibt, da das Musical mehrfach umgearbeitet wurde. Die Darsteller bemühen sich mit aller Kraft, Flower-Power und Hair anzubringen. Jedenfalls gibt es kahlrasierte Achselhöhlen und kurz geschorene Haare, was sicher damals nicht der Fall gewesen wäre. Haare schön und gut, aber dann bitte mit der Ästhetik des Instagram-Zeitalters.

Über die ganze Bühne zieht sich eine graue Wellblech-Wand, in der wabenförmige Aussparungen sind. Oben ist ein Steg und links oben sitzt die Band, die ganze Arbeit leistet. Toll ist die Sängerin des Aquarius, der Eröffnungsnummer, die wie eine Sternengöttin rechts oben auf der Bühne thront. Wie schon bei Hair üblich, gehen die Darsteller am Anfang durch die Reihen und schnorren um Geld für ihren nächsten Trip aus. Dass aus dem Berger, ein Burger wurde, wer kennt schon das Original so genau. Was allerdings stimmig ist, dass Claude aus dem Tribe und Burger eine homoerotische Affäre haben. Das wurde in der Filmversion gestrichen. Es geht um freie Liebe im Tribe der 26 Darsteller. Und so eng, wie die Interaktion auf der Bühne ist, ist das leider gar nicht coronakonform. Claude meint seinen Einberufungsbescheid zu verbrennen, hat aber im Rausch seinen Führerschein verbrannt. Es ist wieder mal Krieg, insofern ist das Musical sehr nah am Puls der Zeit, mit seiner radikalen Friedensforderung. Es werden immer wieder Peace-Chöre skandiert. Man feiert auch hier sich im ersten Akt hauptsächlich selbst. Eine Handlung ergibt sich am Anfang nur sehr zaghaft, als sich entwickelt, wer im Stück die Hauptpersonen sind. So gibt es einen Einwurf mit drei Unigelehrten, der sicher nicht so im Original enthalten ist, die die Ausschweifungen der Hippies natürlich verurteilen. Es gibt auch eine Puppenshow auf fränkisch mit Schorsch und Magret, wie gesagt, alles sehr frei vom Original weg. Die Moral-predigenden Eltern werden in Glaskästen auf die Bühne gefahren. Dabei spielen die Frauen die Väter und die die Herren die Mütter. In drei Plexiglas-Vitrinen. Es gibt auch beim Veralbern einer Blondine eine Anspielung auf Helene Fischer, scheinbar wollte man einfach ‚Atemlos‘ singen. Die Frau mit Kind, die versucht, ihren Mann aus dem Hippie-Tribe zu lösen hat man drin gelassen. Die Nacktszene am Ende des ersten Akts entfällt jedenfalls. Man ist nach 75 Minuten eigentlich fast mit der Handlung durch und fragt sich dann, was nach der Pause von 20 Minuten noch kommt.

Es kommt im zweiten Akt ein ausufernder Drogentrip von Claude. Die Flower-Power-Girls singen: Sag mir, wo die Blumen sind. Ein riesiger LED-beleuchter Joint wird über die Bühne getragen und alle sind bekifft. Claude fliegt quasi zuerst in ein blaues Firmament. Die Drogen haben zur Folge, dass Claude eine Hexenverbrennung sieht. Die drei Gelehrten aus dem ersten Akt sind drei Priester. Man sieht ein Paar aus Shakespears-Zeiten über die Bühne stolzieren. Aber auch eine Mittelmeer-Schlauchboot-Fahrt zu „Pata Pata“ von Miriam Makeba ist dabei. Eine Videospiel-Projektion mit Super-Mario und stolzierende Nussknacker sind ebenso mit von der Partie. Das alles dauert ziemlich lange und endet dann auch abrupt. Claude und Burger tauschen die Rollen. Zur Einberufung für Vietnam geht schließlich Burger statt Claude. Man erlebt Absprungszenen aus dem Hubschrauber in Vietnam und auch die gestrichene Tötungsszene. Letztlich landen alle Darsteller in Militärklamotten und singen ein ‚Let the sun shine in‘. Dies gerät aber nicht zur Mitklatschnummer, sondern endet mit dem Auszug der Darsteller ganz leise, in der Ferne.
Als Zugabe gab es Imagine von John Lennon, da durften dann alle auch das Handy zücken und Bilder machen für die sozialen Netzwerke.

Nach 2h 45 Minuten war die Vorstellung beendet. Das ist gut eine Stunde länger als üblich. Im vollbesetzten Auditorium ist die nächste Riskobegegnung der Corona-App damit schon vorprogrammiert. Instagram und die Wirklichkeit von 2022 passt so gar nicht zu Anfassen und Love&Peace der 68er-Generation. Gespielt wurde mit viel Einsatz, gesammelt wurde für die musikalische Bildung der Schüler nach Corona, willkommen in der Wirklichkeit.

P.S.: Natürlich hatte ich in Hair eine Risikobegegnung, wie mir meine App heute mitgeteilt hat, die aber Dank Maske folgenlos blieb.

Noch kein Feedback

Einen Kommentar hinterlassen


Click here to log in if you already have an account on this site.
Ihre E-Mail-Adresse wird nicht auf dieser Seite angezeigt.
(Set cookies so I don't need to fill out my details next time)
(Erlauben Sie Benutzern, mich über ein Nachrichtenformular zu kontaktieren. Ihre E-Mail wird nicht veröffentlicht!)
Bilder & Anhänge AktualisierenSortieren
Keine Ergebnisse.

Kommentar-Feed für diesen Beitrag

Kontakt

So erreichen Sie mich:

Dr.-Meyer-Spreckels-Str. 76
90763 Fürth, Deutschland

+49 911 7940914

stephangrysczyk@hotmail.com
stephan@opernbegeisterte.de

Copyright ©2005 - 2023 Stephan Grysczyk
  • Startseite
  • Bilder
  • Videos
  • Opernblog
  • Gästebuch
  • Kirchenchor
  • Links
  • TikTok
  • Mastodon
  • Impressum
  • Datenschutz