Hach Gerolstein, was hat man Dir nur alles angetan. Eigentlich ist der Stoff in Nürnberg hinreichend belastet, so dass es bei einer Aufführung in den Nuller-Jahren zu einem handfesten Rechtsstreit gekommen ist, nach einer misslungenen Premiere. Auch die Aufführung 2013 im Fürther Stadttheater, wo Gerolstein als Tourismus-Zentrale dargestellt wurde, war nicht bei jedem willkommen. Jetzt verlegt Andreas Kriegenburg die Soldatenmannschaft von Gerolstein 2023 in ein verstaubtes Staatsarchiv, wo die kleinen grauen Mäuse von Gerolstein mit Rohrpost und Telefonkabeln die Verwaltung von Gerolstein organisieren. Dabei geht eigentlich die Kritik am Militarismus dahin, was in den ersten Minuten etwas unbeholfen und peinlich wirkt, dann im Laufe des dreistündigen Abends über die drei Akte hinweg doch sehr quirlig und unterhaltsam ist.
Im ersten Akt steht man in den riesigen Staatsarchiven von Gerolstein. Bis obenhin scheinen sich die brauen Fächer mit den Aktenbergen von Gerolstein zu türmen. Es gibt eine Rohrpost und eine Telefonanlage. In der Mitte ist eine Säule aus vielen Fächern angelegt. Es folgt eine etwas längliche Ansprache von Nepomuk, der seine Angestellten auf eine Woche voller Staub und Akten einschwört. Als einer Mischung aus anarchischer Archiv-Minions folgt der Chor der vielleicht etwas zu lang geratenen Ansprache von Nepomuk, der mehrfach den Faden verliert und sich in einem Retro-Mikrofon heillos verheddert. In dem Moment denkt man, das schleppt sich, als dann aber die Musik einsetzt, ist der etwas längliche Einstieg schnell vergessen. Gesungen und gesprochen wird in Nürnberg in Deutsch und das ausnehmend schnell, die Operette hat ein ziemliches Tempo, sodass man schnell sein muss im Mitlesen. Es gibt einen Buzzer, der immer wieder gedrückt wird und den Applaus unterbricht. Dass man etwas die Gendersprache mit den Soldat:innen auf die Schippe nimmt, nehme zumindest ich belustigt zur Kenntnis. Schwierig in der Orientierung der Hauptdarsteller macht es allerdings, dass die Darsteller:innen (der musste jetzt sein), alle gleichförmige, schwarze Perücken tragen und in ihren grauen Uniformen gleich aussehen. So tauchen Fritz und Wanda in diesem Gewusel schnell unter. Als der Chor verschwunden ist, muss man die Gelenkigkeit von Martin Platz bewundern, der sich in einem Ausziehschub zwängt. In der Schublade singen Wanda und Fritz dann ein Liebesduett. In die Wanda ist aber auch der böse Bass General Bumm verliebt. Es folgt der Auftritt der Großherzogin, die sich darüber echauffiert, dass ihre Angestellten in den Archiv-Gewölben nur schwarzen Kaffee trinken, sie verordnet ihnen Milch und Zucker. Die Großherzogin ist eine Mischung aus Yoko Ono und Greta Garbo in einem weißen Hosenanzug. In einem Flachmann sorgt sie für einen gewissen Alkoholpegel und sie scheint nicht mehr nüchtern zu sein. Während sie jetzt ebenfalls ein Auge auf Fritz geworfen hat, lässt sie den Schönling Prinz Paul im limonenfarbenene Anzug abblitzen. Der bekommt über einen Artikel in der holländischen Klatschpresse einen veritablen Wutanfall, die ihn wegen der gescheiterten Annäherung an die Großherzogin hochnimmt. Was käme denn schon aus Holland: Tulpen, Käse und ABBA! Es folgt eine kurze Choreinlage mit Super Trouper und nach seiner Arie zerfetzt Prinz Paul das Klatschblatt. Die Großherzogin lässt ihn mehrfach warten, worüber sich das Klatschblatt lustig macht. Es wird ein großer Schlachtplan ausgerollt und General Bumm erklärt seine Strategie im Krieg, die Fritz gar nicht gut findet. Im Nu befördert die Großherzogin Fritz vom Soldaten zum General. Einmal kurz stellt sich Fritz vor das Orchester und man hört ‚my heart will go on‘ mit einem Titanic-Zitat. Mit seinem Schlachtplan soll das Heer in den Krieg ziehen, der eigentlich nur zur Unterhaltung der Großherzogin angezettelt wurde. Nicht nur dass die Großherzogin eine Nähe zum Alkohol hat, sie fällt auch mit vielen Pillen gegen Ende des ersten Aktes in Ohnmacht. Wie auch sonst das Konfetti, werden auch die Pillen von einer männlichen Reinigungskraft mit Wischmop weggewischt. Fritz bekommt den Säbel des Vaters der Großherzogin und muss in die Schlacht.
Im zweiten Akt bekommt man aber dann wirklich die Kurve. Sie beginnt mit einer Tanzeinlage des Verschwörertrios (Paul, Bumm, Puck), die ganz virtuos ist. Fritz kehrt mit seiner Kampfstrategie siegreich aus dem Krieg zurück. Fritz bringt den Säbel zurück und die Großherzogin schlägt vor, den direkt ins Germanische Nationalmuseum bringen zu lassen. Die Großherzogin tauscht jetzt ihren weißen Anzug auf der Bühne gegen die rote Galarobe ein, die sie auch auf dem Portrait auf der Bühne trägt. Es kommt zu einem Annäherungsversuch der Großherzogin an Fritz, aber dadurch, dass sie ihre Zuneigung nicht direkt aussprechen kann, muss sie Fritz auch noch adeln. Aber Fritz ist immer noch fest mit Wanda liiert, daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass er mal kurz unter dem Reifrock der Großherzogin verschwindet. Es hilft aber alles nichts, Fritz ist seiner Wanda treu, für die er auch aus den Schubkästen einen Brautschleier hervorzieht. Fritz besteht auf die Hochzeit mit seiner Wanda. Die Großherzogin ist verzweifelt und greift zu einer großen Packung Pralinen und versucht einen neuen Partner im Orchester zu finden. Inzwischen bahnt sich ein Komplott von Paul und Puck an, die Fritz als Emporkömmling einen Denkzettel verpassen wollen.
Im dritten Akt beschließt die Großherzogin das Komplott gegen Fritz aus der Loge heraus zu beobachten. Erst wenn das Glockenspiel ertönt, soll die Falle für Fritz zuschlagen. Fritz und Wanda begeben sich in ein aufgestelltes Gitterbett und wollen sich zur Nachtruhe betten. Baron Grog im orangefarbenen Anzug spricht fließend holländisch und verrollt sich aber aus dem Schlafgemacht. Wanda ist scheinbar Britin und bekommt einen veritablen Wutanfall beim Annäherungsversuch von Fritz. Es folgt ein spontaner Kriegseinsatz von Fritz, der die Hochzeitsnacht verhindert. Es folgt ein wunderbarer Cancan mit Aktenordnern vom Chor aufgeführt. Diese Passage, war auch mir neu, da sie in einigen Ausführungen der Operette fehlt. Die Großherzogin versucht sich erst noch an Baron Grog, entschließt sich aber dann doch, Paul zu heiraten. Fritz gerät in einen Hinterhalt und wird übel hergerichtet von einem vermeintlichen Nebenbuhler. Die Großherzogin hat das Interesse an Fritz verloren, degradiert ihn und Fritz kann endlich seine Wanda heiraten.
Was im ersten Akt noch etwas schlingert, gewinnt dann nach der Pause deutlich an Fahrt. Das Thema Gerolstein ist eigentlich in Nürnberg verbrannt, weshalb es kein Problem war, noch Karten für die Premiere zu bekommen. Ich finde, man unterschätzt Offenbach immer etwas. Die Operette mit ihren tollen Musiknummer war in Paris ein großer Erfolg. In der Aufführung passiert so viel, dass ich gerne ein zweite Mal reingehe, um mir das Aktendrama von Gerolstein ein weiteres Mal anzusehen. Lutz de Veer dirigiert musikalisch mit viel Tempo und ansprechend durch die Operette. Nicht immer gelingt jeder Gag, daher kann man geteilter Meinung über die Inszenierung sein, die mit ihrer Verlegung in die Bürowelt etwas von der Militärkritik verliert. Der Einbau von ein paar Kunstpausen, damit das Publikum Zeit zum Klatschen hätte, wären auch gut. Manchmal wird der Applaus einfach weggebuzzert, was ich etwas schade fand.
Quelle: YouTube | Staatstheater-Nürnberg
Kritik in der Süddeutschen Zeitung
Kritik des BR
Kritik der NMZ
Kritik in den Nürnberger Nachrichten
Auch in Nürnberg hat man den ‚Ball im Savoy‘ auf den Spielplan gesetzt. Diese Jazzoperette von Paul Abraham belebt die Handlung der Fledermaus von Johann Strauß wieder. Eine Madeleine de Faublas ist hier die betrogene Ehefrau, die öffentlich ihren Mann betrügt. Bei dem schrägen Cross-Dressing-Event spielen Männer Frauen und Frauen Männer. Die Geschwister Pfister übernehmen in der Aufführung in Nürnberg diesen Part. Aufgepeppt wird das noch durch ein achtköpfiges Männerballett, das auf keinen Fall mit einer Faschingseinlage zu verwechseln ist.
Zu Beginn der Aufführung ist der Orchestergraben mit künstlichen Palmen besetzt und grün angestrahlt. Wir befinden uns in Nizza und der Graben ist der Vorgarten der Faublas in der Villa. Von dort aus kommen auch die Darsteller auf die Bühne. Wo das Orchester bleibt, erkennt man erst im nach der Pause im 2. Akt beim Ball im Savoy. Die einjährige Hochzeitsreise der Faublas sieht man mit Bildereinblendungen von einer Europareise. Eine Videomontage gibt es von einer Gondelfahrt in Venedig. Man ist aber nach den 12 Monaten nun glücklich in der Villa Faublas angekommen. Getrübt wird die Wiedersehensfreude allerdings durch ein verdächtiges Telegramm eines ‚Präfekten von Nancy‘. Aristide de Faublas verheimlicht seiner Frau etwas. Gleichzeitig trifft die Cousine von Madeleine aus Amerika ein. Sie ist eine erfolgreiche Tanzlehrerin und stellt den Modetanz Kangaroo-Hopp vor, für dessen Erfindung sie eine Auszeichnung bekommen hat. Sie ist natürlich eigentlich ein er und hat ein Pseudonym erfinden müssen, nämlich José Pasodoble, um auch als Komponist erfolgreich zu sein. Wenn sie nicht in einem Jahr erfolgreich gewesen wäre, hätte sie in Amerika den Mann heiraten müssen, den ihr Vater ausgesucht hat. Beim jährlichen Ball im Savoy will sie ihr Pseudonym aufgeben. Aristide will aber auch zu dem Ball. Der Präfekt von Nancy ist eine Frau, nämlich die heißblütige Spanierin Tangolita. Tangolita ist Aristides verflossene Freundin, die ihn ebenfalls zum Ball im Savoy bittet. Sowohl Madeleine als auch Aristide hatten aber versprochen, den ersten Abend gemeinsam zu Hause zu verbringen. Jetzt suchen beide eine Ausrede, wie sie zum Ball kommen können. Aristide bemüht seinen türkischen Freund Mustapha Bei. Der erfindet eine offensichtliche Lüge, dass Pasodoble durch den Einsatz von Musik, Aristides Leben in einer Stierkampfarena gerettet hätte. Von der offensichtlichen Lüge ist Madeleine entsetzt, während Daisy Parker die Geschichte eher lustig findet. Aber Madeleine ist nicht untätig, sie bestellt eine Schneiderin ein und lässt sich ein goldenes Kleid für den Ball nähen, wo sie ihrem untreuen Mann auflauern will.
Tangolita tritt nun auf, umschwärmt von den Ballettmännern. Sie zerreißt vor den Augen von Aristide scheinbar den Gutschein für ein Souper. Unterdessen tritt die verkleidete Madeleine auf und erweckt Aristides Aufmerksamkeit. In einer Bar warten unterdessen die sechs verflossenen Frauen von Mustapha Bei. Seine Frauen sind international aufgestellt, besonders witzig war die letzte Frau, eine waschechte Fränkin. Da Daisy Parker mit einem Ehevertrag dazu einwilligen soll, Ehefrau Nummer sieben zu werden, bittet sie den Bei, dass er ihr Pasodoble vorstellen möge. Madeleine und Tangolita ziehen sich für eine Stunde in das Separee 8 zurück. Ein Kellner wird von Madeleine bestochen, die Geschehnisse im Separee brühwarm weiter zu erzählen. Sie nimmt mit einem Justizangestellten derweil Platz im Separee 9. Sie bestellt sich dasselbe Menü wie ihr Mann und ist fest entschlossen, ihren Mann mit dem Angestellten zu betrügen. Der Rechtsgelehrte ist zwar einerseits kurzsichtig, erkennt aber in Madeleine eine edle Dame. Er möchte aber auch ein Abenteuer im Savoy erleben.
Mit einer Live-Übertragung des Balls im Savoy erreichen die Verwicklungen ihren Höhepunkt. Jetzt wird auch klar, wo das Orchester sitzt. Daisy Parker tritt als Marlene-Dietrich-Verschnitt auf und lüftet ihr Pseudonym. Sie spricht durch das Mikrofon zu ihrem Vater, dass sie ein erfolgreicher Komponist wäre und nun den Mann ihrer Wahl heiratet dürfe, nämlich Mustapha Bei. Madeleine kommt nun aus dem Separee und sagt öffentlich am Mikrofon, dass sie ihren Mann betrogen hat.
Der Skandal im dritten Akt ist perfekt. Ein Rechtsanwalt soll nach Willen von Aristide die Scheidung durchführen. Derweil treffen Blumensträuße und Glückwünsche aus Nizza ein. Der Rechtsgelehrte, der die Scheidung durchführen soll, ist zufälligerweise der Mann aus dem Separee 9. Jetzt bekommt Aristide Wind von der Sache und bestürmt ihn mit Fragen zur Nacht im Savoy. Doch der Angestellte macht nur vage Andeutungen. Die Scheidung scheint gesetzt zu sein. Da greift nochmals Daisy Parker ein. Sie redet mit Madeleine unter vier Augen und sagt, dass der Angestellte indiskret war und sogar die Farbe der Dessous verraten hätte. Darauf ist Madeleine außer sich und sagt, dass sie gar keine solche Unterwäsche trägt und dass er gelogen haben muss. Aristide ist jetzt überzeugt, dass seine Frau unschuldig ist und die Geschichte nimmt ein Happy End.
Stefan Huber hat wirklich eine frische Form der Operette auf die Bühne gestellt. Der Geschlechtertausch gelingt sehr gut, ohne in den Klamauk von Charlys Tante abzurutschen. Dass hier die Rollenbilder auf den Kopf gestellt werden und die betrogene Ehefrau am Ende mit einem langen Monolog zurückschlägt, passte den Machthabern in den 30er Jahren sicher nicht, weshalb die Operette kurz nach Erscheinen wieder verschwand. So ist man sich bis zum Schluss nicht sicher, ob es ein Happy End geben wird, denn zu tief erscheint der Graben zwischen den Eheleuten. In der Art-Deko-Bühnenausstattung hat man diesmal wirklich nicht gespart und lässt einen wundervollen Hotelraum aufleuchten. Die Lampen des Ballsaals können dabei ganz modern eingefärbt werden. Die Geschwister Pfister bringen sehr gute schauspielerische Leistungen in den drei Rollen des Aristide, der Daisy Parker und des Mustapha Bei. Auch bei den Kostümen hat man an nichts gespart. Der Auftritt von Daisy Parker im weißen Smoking beim Ball ist wirklich klasse und lässt die späten 20er wiederauferstehen. Nach fast 3 Stunden geht man mit einem beschwingten ‚Toujours l’amour‘ oder mit einem ‚Es ist so schön am Abend bummeln zu gehen‘ die Oper.
Quelle: YouTube|Staatstheater Nürnberg
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Quelle: Soundcloud|Staatstheater Nürnberg
Zur letzten Aufführung habe ich es auch in die Neuinszenierung der lustigen Witwe in Nürnberg geschafft. Thomas Enzinger setzt dabei ganz auf Nostalgiecharme, wo bei im Text doch einige Anspielungen auf die aktuelle politische Situation versteckt sind. Franz Lehárs Operette musste in das Fantasieland Pontevedro verlegt werden, da die Anspielung auf Montenegro zu gewagt erschien. Auch die Operette ist voller erotischer Anspielungen. Denn der Baron Zeta wird sowohl privat, als auch finanziell in die Klemme genommen. Privat deshalb, weil seine Frau Valencienne mit Camille de Rosillion flirtet. Auf einem Fächer schreibt der ihr einen Liebesschwur, der im zweiten Akt noch für ziemliche Verwicklungen sorgen soll. Finanziell deshalb, weil der Staatsbankrott droht, wenn die reiche Witwe Hanna Glawari ihre 20 Millionen aus dem Staat abzieht. Ganz staatsmännisch hält er eine Rede in der Botschaft, die alle Gerüchte ein für alle Mal beseitigen soll. Dass der Staat Pontevedro pleite wäre, wäre eine Fake News. Er postuliert ein Pontevedrino first. Die Presse, die über den Bankrott schreibt, wären eine Lügenpresse. Mit Hakenschlag und Hand aufs Herz leistet er des Öfteren in der Operette einen Schwur auf die Heimat. Vor dem ersten Akt hat man nämlich schon erfahren, dass der Mann von Hanna Glawari in der Hochzeitsnacht in Venedig gestorben wäre. Sie würde jetzt Zerstreuung in Paris in der Botschaft von Pontevedro suchen. Job von Baron Zeta ist es, die reiche Witwe mit einem Staatsbürger von Pontevedro zu verheiraten, um die Millionen im Land zu halten. Bezaubernd sind die Auftritte von Hanna, die immer von vielen Männern umringt im ersten Akt auftritt. Es gibt ein nettes Schirmballett. Sie soll sich aber in Graf Danilo verlieben, der sich in Paris im Maxim mit Grisetten vergnügt. Hanna ist für Danilo keine Unbekannte, sie haben eine gemeinsame Vergangenheit. Hanna wurde als Frau für Danilo von dessen Vater abgelehnt, da sie keine Adlige sei. Danilo zieht also gar nicht so recht, als er für den Staat einspringen soll, weil er ja gerade Hanna zu vergessen versucht. Er lässt sich lieber betrunken in den Teppich der Botschaft einrichten. Überhaupt ist die Botschaft in schlechtem Zustand. Es steht ein großer Abfallcontainer in der Botschaft. Von der Decke bröselt bei Gewitter der Putz. Vielleicht hatte die Lügenpresse mit der drohenden Staatspleite doch nicht ganz so unrecht. Der abgehängte Lüster spricht Bände.
Im zweiten Akt findet das Fest bei Hanna Glawari im Palais statt. Man sieht gut angezogene Männer mit Fackeln auf der Bühne. Es gibt einen abgeschlossenen Pavillon auf der Bühne und Tänzerinnen. Die Glawari schwärmt von Vilja. Danilo versucht nun etwas undiplomatisch herauszubekommen, wem der Fächer gehört und versucht sich an drei Damen auf dem Fest, diese sind alle sehr empört, dass ihnen ein Fehltritt in der Ehe nachzuweisen wäre. Er lässt den Fächer liegen, den nun Hanna findet und meint, der Liebesschwur wäre für sie von Danilo. Die Männer in der Runde erkennen derweil, dass es ganz ohne Frauen nicht geht und fassen sich etwas mutig in den Schritt beim Lied: ‚Wie die Weiber man behandelt ‘ . Schließlich ertappt Zeta seine Frau beim Flirten im Pavillon mit Rosillion. Als der Baron den Pavillon öffnen lässt, sind seine Frau durch den Hinterausgang raus und Hanna dafür rein. Hanna meinte nun, der Baron Zeta hätte sich vertan und gibt die Verlobung mit Rosillion bekannt. Danilo bringt das total aus der Fassung. Valencienne ergänzt nun den Liebesschwur auf dem Fächer mit den Worten: Ich bin eine anständige Frau. Danilo ist unterdessen frustriert und flüchtet wieder zu den Grisetten ins Maxim.
Im letzten Akt trifft man nun auf die Grisetten von Paris. Diesen Halbweltdamen setzt die Operette hier ein Denkmal. Aber Moment, die Grisette in Grün ist doch eigentlich ein Mann? Es kommt zum Zerwürfnis zwischen Zeta und Valencienne. Er möchte sich scheiden lassen. Dagegen kommen sich Danilo und Hanna bei einem Walzer immer näher. Als schließlich klar ist, dass die Millionen von Hanna gerettet werden können, steht einer Hochzeit nichts im Weg. Am Ende versöhnen sich auch Valencienne und er Baron, als sie die Sache mit dem Fächer aufklärt.
Die Operette punktet vor allem mit vielen Ohrwürmern. Sie wurde sehr häufig aufgeführt und war bereits wenige Jahre später ein Welterfolg, der in 10 Sprachen übersetzt wurde. Solche Schlager wie: ‚Heute geh ich ins Maxim‘, ‚Vilja-Lied‘, ‚Ganz ohne Frauen geht die Chose nicht‘ oder ‚Lippen schweigen‘ hört man auch heute noch. Witzig ist der Einfall mit dem bärtigen Saxofonisten, der die Hits immer wieder aufgreift und in den Sprechpassagen für leichte Untermalung sorgt. Die Geschichte einer starken Frau, die sich in der Männerwelt behauptet, sorgte damals für Kopfschütteln. Die lustige Witwe ist auch hier sehr gut in Szene gesetzt, wie sie sich von Männern umschwärmt über die Bühne bewegt. Die Operette bietet eingängige Kost, das Opernhaus war auch bei der letzten Vorstellung voll, sodass einer Wiederaufnahme in den kommenden Spielzeiten sicher nichts im Weg steht.
Quelle: YouTube | Staatstheater Nürnberg – Die Lustige Witwe
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Zur Premiere von Leonard Bernsteins Candide hat es mich in die Landeshauptstadt München verschlagen, genauer gesagt, in die Reithalle, die eine Spielstätte des Gärtnerplatztheaters ist. Mit der Reithalle hatte ich einen eher kühlen Aufführungsort verbunden, im Winter. Es war aber sehr warm. In einer Inszenierung von Adam Cooper gab es eine szenische Umsetzung der als komische Operette oder Musical titulierten Werks. Die Handlung dieses Stückes im Detail zu erklären, würde mindestens so lange dauern, wie das Stück selbst. In Wandgemälden im Reitstall sind in Bildern die zehn Orte dargestellt, an denen die Operette spielt. Wenn man nicht wüsste, dass die Handlung eigentlich zur Zeit Voltaires Mitte des 18. Jhd. spielen soll, meint man, man hätte es mit den Vorläufern des Jetset zu tun. Im Grunde geht es darum, dass der nicht standesgemäße Edelmann Candide, seine Freundin Cunegonde heiraten möchte. Es startet eine aberwitzige Jetset-Tour um die halbe Welt. Damit man die Orientierung behält, ist am Kopf der Bühne ein halbdurchsichtiger Vorhang, auf den Weltkarten aufgemalt sind. Dahinter befindet sich das Orchester. Mit einem Pfeil und einem Federgeräusch sieht man dann immer, wo sich Candide oder Cunegonde gerade aufhalten. Zur besseren Verständlichkeit sind die Sprechpassagen in Deutsch, die Lieder aber in englischer Sprache. Die Übersetzung sieht man links und rechts über den Bühneneingängen eingeblendet. Nun stand die Premiere unter keinem guten Stern, denn die Darstellerin der Cunegonde Csilla Csövári war wenige Tage vor der Aufführung erkrankt. Man konnte Cornelia Zink als Gast gewinnen, die dann am Premierentag einsprang und sich in diese temporeiche Inszenierung einarbeitete. Die szenische Aufführung kommt dabei mit erstaunlich wenig Requisite aus. Die verschiedenen Länder werden hauptsächlich durch die verschiedene Kleidung des Chores ausgedrückt. So hat man, neben dem Pfeil auf der Weltkugel, auch eine örtliche Orientierung. Durch die Handlung führt ein Voltaire als Erzähler. Auch die Darsteller selbst schlüpfen in bis zu sieben verschiedene Personen, was vor allem von den hinteren Reihen immer etwas witzig ist, da der Wiedererkennungseffekt etwas dauert. Aufgrund teilweise frivoler Szenen besteht eine Altersempfehlung ab 12 Jahren.
Legendär ist natürlich schon die Ouvertüre des Stücks. Zu Beginn findet man sich im Schloss des Barons Thunder-Ten-Tronck. Der kleinwüchsige Baron hat eine gewichtige Baroness mit 140 kg als Ehefrau, die zwei Kinder haben: Maximilian und Cunegonde. Schon vier Stühle reichen aus und man ist mit dem Neffen Candide und dem Zimmermädchen Paquette in einer Lehrstunde des Hauslehrers Pangloss. Er lehrt die Schüler, dass sie in der besten aller Welten aufwachsen. Im Anschluss an die Lehrstunde will der Lehrer Pangloss mit Paquette noch ein physikalisches Experiment durchführen. Dies besteht darin, dass Paquette mit Pangloss schläft, mit weitreichenden Folgen. Cunegonde sieht dieses Treiben und beschließt, die Lektion selbst mit Candide zu wiederholen. Dabei werden sie aber von Maximilian überrascht, der diesen Vorfall seinem Vater meldet. Daraufhin vertreibt er Candide von seinem Schloss. Candide trifft auf Soldaten der bulgarischen Armee und muss auf das Wohl des Königs trinken. Ehe er sich versieht, ist er Teil und Soldat der grünen, bulgarischen Armee. Er muss allerlei Drill über sich ergehen lassen. Das Schicksal verschlägt ihn noch mal ins Schloss, als dieses von der Armee der Bulgaren überfallen wird. Der Baron und die Baroness verlieren endgültig ihr Leben. Maximilian, Cunegonde, Paquette und Pangloss überleben. Nun findet eine Überfahrt von Candide und Pangloss nach Lissabon statt. Man spielt mit einfachen Mitteln eine Schiffsüberfahrt nach, die in einem Schiffbruch endet. Pangloss und Candide retten sich vom Schiff, allerdings geraten sie in die nächste Katastrophe. Wie nun Vulkane nach Lissabon kommen, ist eben Dichtung. Fakt sind aber die Erdbeben, die die Region heimsuchen. So finden auch 30000 Menschen bei diesem Erdbeben den Tod. Die Inquisition sucht nach dem Schuldigen für dieses Erdbeben und man findet heraus, dass es die Neuankömmlinge sind. Nun erzählt Pangloss, dass er von Paquette ein ‚Geschenk‘ in Form der Syphilis bekommen hat, er ist schwer von dieser Krankheit gezeichnet. Dennoch findet ein Autodafé der portugiesischen Inquisition statt. Den drei Geistlichen in roten Roben nimmt man ihre Gesinnung nicht richtig ab, tragen sie unter ihren Roben doch Damenstrümpfe und Frauenschuhe. Das Autodafé ist ein der sehr guten Ensemblenummern des Stücks. Es sieht so aus, als ob Pangloss verurteilt und gehängt wird. Candide wird ausgepeitscht, kann aber nach Paris entfliehen. Dort trifft er in einem Bordell Cunegonde wieder, die sich an zwei Liebhaber verkauft. Der Kardinal Erzbischof von Paris und Don Issachar, ein Jude, melden ein Anrecht auf Cunegonde an. Sie zahlen sie mit Klunkern und Schmuck. Es folgt die berühmte Arie „Glitter and Be Gay“, wo Cunegonde ihr Schicksal beklagt. Den beiden Freiern passt es gar nicht, dass Candide plötzlich auftaucht. Es kommt zum Duell, in dem zuerst der Jude und dann der Kardinal Erzbischof getötet werden. Wieder muss Candide fliehen. Den Schmuck nehmen die beiden mit und fliehen mit der Bordelldame, einer alten Lady, die pikanterweise nur eine Gesäßhälfte hat nach Spanien. Diese alte Lady sieht aus wie Frankensteins Braut mit der typischen Frisur. In Spanien werden sie aber wiederum ihrer Juwelen beraubt. Der Schmuck soll später noch dazu dienen, Candide der beiden Morde zu überführen. Aber Candide wird aufgrund seiner hervorragenden Fechtkunst auf ein Schiff nach Amerika angeworben. Er wird zum Hauptmann ernannt und soll den bedrängten Jesuiten in Montevideo gegen die Ureinwohner zu Hilfe kommen. Ihnen gelingt die Überfahrt in die Neue Welt.
Zum Start des zweiten Aktes tanzen die wilden Ureinwohner. Da das Schiff bei der Überfahrt ausgeraubt wurde, sind sie wieder mittellos. Cunegonde muss sich erneut einem rassigen Liebhaber, dem Gouverneur von Buenos Aires verkaufen. Diesen will sie nur zur Frau nehmen, wenn er ihr auch die Ehe verspricht. Er verspricht ihr die Verlobung, worauf Cunegonde bleibt und ein Leben in Luxus und Langeweile lebt. Candide verkleidet sich als Mönch und muss weiter zu den Mönchen in Montevideo. Hier kommt noch einmal eindrucksvoll der Chor mit braunen Kutten zum Einsatz. In den Mönchskutten versteckt sich auch Maximilian, mit dem er in Streit gerät, als der hört, dass Candide seine Schwester zur Frau haben will. Eher aus einem Unfall heraus ersticht er Maximilian. Candide flieht in Mönchskluft und wird dabei fast von wilden Ureinwohnern gefressen. Diese bringen mit ein paar Papppalmen echtes Urwaldflair in den Reitstall. Als er den Ureinwohnern erklären kann, dass er kein Mönch ist, lassen die ihn ziehen. Er gerät auf einem Fluss in eine Strömung, die in nach zwei Tagen im sagenhaften Eldorado herausbringt. Die Kostüme sehen so etwas nach Revue und Disney aus. An den Seiten werden goldene Stoffbahnen entrollt und überall ist Gold. Richtig abgesehen hat es Candide aber auf die goldbeladenen, roten Schafe. Viele dieser Schafe verliert er beim Weg nach Surinam. Zwei kann er jedoch retten. Das eine Schaf schickt er nach Buenos Aires, um Lösegeld für Cunegonde zu sein. Man hat an den Juwelen erkannt, dass er der Mörder der beiden Geistlichen war. Auf ihn ist ein Kopfgeld ausgesetzt, daher kann er nicht selbst nach Buenos Aires. Mit dem zweiten Schaf kauft er sich ein Schiff. Dabei wird er ziemlich über das Ohr gehauen. Er verliert dabei sein letztes Schaf, das als Geldquelle vom Schiffsverkäufer erkannt wird. Er möchte seine Cunegonde schließlich in Venedig wiedersehen. Als er in Spanien angekommen ist, erfährt er, dass Cunegonde nach Konstantinopel entführt worden sei. Es kommt zu einem Gefecht zwischen zwei Schiffen, wo beide Schiffe in der Adria sinken, aber Candide am Ende sein Schaf wiederbekommt. Mit dem Gold aus dem Schaf hat er Zutritt zur Casinowelt von Venedig. Dort trifft er Cunegonde wieder, die sich erneut mit der alten Dame zusammen zur Bespaßung der Casinobesucher verkaufen muss. Das Leben hat Cunegonde inzwischen gezeichnet und sie betrinkt sich. Die beiden erkennen sich schließlich hinter den Masken und beschließen auf ein Landgut zu ziehen. Vorher rechnet Candide noch mit Cunegonde ab, die nur hinter seinem Geld her gewesen wäre. Am Ende ist man jedoch versöhnt und beschließt den eigenen Garten zu pflegen und das Glück zu genießen.
Es war wirklich ein toller Abend. Bei der berühmten Arie war das Publikum schon begeistert und es gab auch zum Schluss reichlich Applaus für Gideon Poppe und Cornelia Zink. Eigentlich ist diese Operette eher ein Musical mit Opernniveau, weshalb man das Stück am besten mit Opernsängern besetzt. Dennoch habe ich mich in YouTube in eine Aufnahme von Kristin Chenoweth - Glitter and Be Gay verguckt, die mich schließlich dazu bewogen hat, dieses Stück einmal ganz zu sehen. Und es hat sich in jedem Fall rentiert. Die sieben Minuten dieser Arie sind wirklich ein Highlight. Dass die Stimmen mit Mikrofon verstärkt sind, ist nun eher musicaltypisch. Bei den Sprechpassagen liefert das aber einen guten Klang. Der Chor ist immer wieder da und verbreitet mit der Landestracht der angesegelten Länder echtes Lokalkolorit. Dass einige Zuschauer in der Pause gegangen sind, fand ich etwas bedauerlich. Die Vorstellung ohne die Einlage in Eldorado ist nur die Hälfte. Klar, dass Bernstein an den Zuhörer Ansprüche stellt und die Handlung ist verquer und hart an einer Screwball Comedy. Es ist aber lustig, die wenigen Hauptdarsteller in immer wieder neuen Rollen zu sehen. Auch wie sie eigentlich immer wieder erstochen werden, sterben und dann doch irgendwie überleben, ist lustig. Vor allem die Erklärungen dazu, wie sie es dennoch in die nächste Szene geschafft haben. Ich stimme da mit BR-Klassik überein: Ein absolutes „must see“.
Quelle: YouTube | Gärtnerplatztheater
Quelle: YouTube | Gärtnerplatztheater
Zu einem wahren Publikumserfolg könnte sich das Weiße Rössl am Nürnberger Opernhaus entwickeln. Denn was ist schöner, als die Sommerfrische am Wolfgangsee nach einem langen Winter. Als Zahlkellner Leopold hat man Volker Heißmann engagiert, der sich mit Mikrofon tapfer durch die etwas tiefergelegte Partie singt. Schon vor der Aufführung spielt eine Blaskapelle im Foyer Volksweisen. Die Platzanweiserinnen und das Publikum selbst kommen teilweise in Dirndl und in Lederhose. Das Bühnenbild ist sehr aufwendig und liebevoll gestaltet von Toto und Thomas Enzinger und zeigt schon vor der Aufführung den Seeblick von St. Wolfgang auf das Familienbad. Das überdimensionale Ölgemälde dient als Bühnenvorhang. Zu Anfang lässt man eine Jodlerin (Andrea Jörg) gegen einen überdimensionierten Dorfhahn im Wettjodeln antreten. Auch das berühmte weiße Ross tritt selbst auf der Bühne während der Ouvertüre auf. Mit roten Hufen traben zwei Männer zur Musik über die Bühne. Die Postfrau am rechten Bühnenrand stemmt unterdessen im gelben Dirndl zünftig ihre zwei Maß. Es tritt gleich zu Beginn eine Touristengruppe auf, die für den Aufenthalt am Wolfgangsee nur zehn Minuten eingeplant hat. Als es ans Abrechnen geht, wird es für den Zahlkellner hektisch und er muss sich energisch gegen die Truppe Touristen durchsetzen. Seine wahre Aufmerksamkeit gilt aber seiner Chefin Josepha Vogelhuber. Ihr zuliebe greift der Zahlkellner sogar zum Saxophon und bringt ihr das Lied “es muss was Wunderbares sein” dar. Die hat als Wirtin zum weißen Rössl schon fünf Zahlkellner verschlissen, die nach dem Tod ihres Mannes, ihr schöne Augen gemacht hatten. Josephas Herz gilt aber dem Gast Dr. Siedler. Dieser fährt mit einem Fahrrad über die Bühne und verursacht prompt einen Unfall, wobei er von Josepha verarztet wird. Dr. Siedler nimmt seit 7 Jahren regelmäßig das einzige Zimmer mit Balkon. Da hat er die Rechnung aber ohne Wilhelm Giesecke(Uwe Schönbeck) gemacht, der ebenfalls für sich ein Zimmer mit Balkon beansprucht. Der Fabrikant ist seiner Tochter Ottilie zuliebe an den Wolfgangsee gefahren, kommt aber schon bei der Speisekarte ins Straucheln. Zu dessen Beruhigung ist aber Pferd gerade aus. Um Dr. Siedler aus Eifersucht eins auszuwischen, quartiert Leopold den Fabrikanten ins selbe Zimmer ein. Die beiden geraten aneinander und der arme Piccolo Gustl muss so oft die Koffer des Fabrikanten hoch und runterschleppen, bis er diese entnervt aus dem Fenster wirft. Wilhelm Gieseke erkennt in Dr. Siedler den Anwalt seines Konkurrenten, mit dem er im Rechtsstreit um ein Kleidungspatent steht. Dummerweise verliebt sich Dr. Siedler aber nun in Ottilie, die Tochter des Fabrikanten. Schließlich gibt der Fabrikant klein bei und überlässt das Zimmer dem Konkurrenten. Leopold überredet nun Ottilie zu einem romantischen Treffen mit Dr. Siedler im Kuhstall. Hier werden drei Kühe mit großem rosa Plastik-Euter in bunten Treiben der Sennerinnen gemolken und wen es interessiert, die mittlere Kuh heißt Zenzi. Leopold zündet dem Paar Sielder/Ottilie sogar eine Kerze an, damit im Kuhstall so richtig romantische Stimmung aufkommt. Ottilie und Doktor Siedler umgarnen sich bei ‘Die ganze Welt ist himmelblau’ mit blauen Gymnastik-Wettkampf-Bändern. Am Ende des Tages kommt eine richtige Revuenummer mit Schirmen und echtem Regen. Die Situation zwischen Josepha und Leopold spitzt sich im zweiten Akt zu. Josepha setzt ihn damit vor die Tür und kündigt ihm als Nummer 6 der Zahlkellner. Der Piccolo Gustl findet das vor allem wegen einer offenen Rechnung von 35 Gulden traurig, trägt das aber dann mit Fassung. Josepha versucht nun, den mürrischen Giesecke bei Laune zu halten. Dieser schwärmt immer nur vom Ostseebad Ahlbeck. Giesecke kommt aber erst so richtig in Schwung, als sein Konkurrent per Telegramm anbietet, die beiden Kinder Ottilie und Sigismund zu verbandeln und dem Zwist der Fabrikanten ein Ende zu setzen. Auch Gieseke macht eine Bergtour, bei der er in einem Seil in einem Korb von einem Führer die Berge hoch zum Gipfel gezogen wird. Der Sigismund kommt in einem weißen Auto angefahren, interessiert sich aber lieber für Klärchen mit dem Sprachfehler. Zum Einstieg der Szene schmettert Sigismund ein wunderbares: O sole mio. Während Sigismund keine Haare hat, was Klärchen sehr lustig findet, findet Sigismund den Sprachfehler drollig. Auf dem Wolfgangsee kommen sich die beiden bei einer Badeszene näher, in dem sie gemeinsam in einem Boot über den See rudern. Man sieht ein Flossenballett und der Chor versucht sich sogar in einem kleinen Sigismund-Rap. Gieseke erreicht nun ein Telegramm von der gelben Postbotin. Da er sich nicht ausweisen kann, bittet er Dr. Siedler ihn zu identifizieren. In dem Telegramm steht, dass Sigismund Ottilie heiraten soll, damit Frieden ist. Da sich nun unvermittelt der Kaiser angekündigt hat, ist Josepha gezwungen, den Zahlkellner kurzfristig wieder einzustellen. Für die Begrüßung des Kaisers muss nun die Hymne “Oh du mein Österreich” einstudiert werden. Da Leopold das Volk anspricht geht nun das Licht im Zuschauerraum an und man ist gehalten dort mitzusprechen und sich bei der Ankunft des Kaisers zum Schützenfest auch anständig von den Sitzen zu erheben. Es wird eine Flagge links ausgerollt. Der Kaiser reitet nun auf dem weißen Ross herein und steigt sehr ungeschickt und gar nicht kaiserlich vom Ross. Derweil spielt eine Blaskapelle so falsch, wie man nur spielen kann. Das Volk hat Österreich-Flaggen in der Hand und Leopold soll den Kaiser begrüßen. Die Ansprache verhaut der Zahlkellner gründlich, als der am Balkon Josepha neben Dr. Siedler sieht. Josepha hat sogar sein grünes Lieblingsdirndl an. Bei einem Frühstück, bei dem Josepha dem Kaiser die hocherwürdigen Semmeln schmiert, gesteht Josepha dem Kaiser, dass sie Dr. Siedler liebt. Sie erkennt aber auch, an dem Spruch des Kaisers im Gästebuch, dass Dr. Siedler nicht für sie bestimmt ist. Die Zitherbegleitung hier verleiht dem Ganzen Flair. Bei einer Bergtour finden nun Sigismund und Klärchen endgültig zueinander. Sigismund gibt sich als Klärchens Sprachlehrer aus. Die Situation zwischen Dr. Siedler und Ottilie ist dann auch geklärt. In einer finalen Szene will sich nun Leopold endgültig von Josepha zurückziehen und verlangt sein Zeugnis. In dem steht, dass er sie als Zahlkellner verlassen hat, aber als Ehemann auf Lebenszeit eingestellt ist. Am Ende sieht man alle drei Paare, die sich in der Operette gefunden haben.
Das Opernhaus macht bei dieser Inszenierung einiges richtig: Die Operette lebt vom Wortwitz des Fabrikanten Gieseke und dem Zahlkellner Leopold. Daher ist es nur logisch, die Rolle mit einem Mann vom Fach zu besetzen. Volker Heißmann hat Gastronomieerfahrung und komödiantisches Talent, das vor allem bei der Mitmachnummer zur Begrüßung des Kaisers zur Geltung kommt. Bei der Nummer macht wirklich der ganze Saal mit, auch die 9 Euro-Plätze. Auch ist es richtig, bei der Operette nicht an der Ausstattung zu sparen. Das Bühnenbild ist wirklich liebevoll und aufwendig. Der Running-Gag zwischen der Jodlerin und dem Hahn des weißen Rössl ist vielleicht ein paar Mal zu oft dran, aber irgendwie auch lustig. Viele Melodien aus der Operette kennt man und man ist immer versucht mitzusummen. Auch über die Urururgroßmutter des Leopolds, die angeblich aus Fürth kommt, muss man schmunzeln, da Leopold doch das ein oder andere Mal ins Fränkisch verfällt. Ein Schelm wer Böses dabei denkt, dass am Wolfgangsee Dr. Siedler Birnen statt Pfirsichen serviert werden. Mit den Worten des Kaisers: Es war sehr schön. Es hat mich sehr gefreut!
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Kritik in der Nürnberger Zeitung: Oh du falsches Operettenglück
Kritik in den Nürnberger Nachrichten: Zwischen Jodeldiplom und Alpenkulisse
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