Weil es in Hamburg so ein großer Erfolg ist, war ich auch im König der Löwen. Das ist ein aufwendig produziertes Musical nach einem Disneyfilm, das in einem extra Theater, dem Stage Theater am Hafen, gespielt wird. Das Stück läuft seit 02.12.2001 und hatte am 14.01.2014 seine 5000 Aufführung. 53 Darsteller aus 15 Nationen zeigen jeden Abend dort, das Heranwachsen von Simba zum neuen König der Löwen auf. Die Darsteller des Musicals müssen teils als Giraffen auf Stelzen laufen, oder sich als Tiere der Savannen verkleiden. Dabei fand ich die Hyänen besonders gut gelungen. Die Musik wurde komponiert von Elton John, Lebo M. und Hans Zimmern, besteht zum Teil aus Liedern des Films, wurde aber um etliche Ensemblenummern von Lebo M. erweitert, sodass man mit Pause auf ein abendfüllendes Event kommt, das etwa 3 Stunden dauert. Mit den vielen Aufführungen ist es sicher eines der erfolgreichsten Musicals der letzten Jahre.
Zu Beginn sieht man die rot-goldene Morgensonne aufgehen. Am Königsfelsen, der eine versenkbare halbe Wendeltreppe ist, präsentiert Mufasa den Tieren der Savanne seinen Sohn Simba. Mufasas Bruder Scar ist dabei nicht anwesend, da er in dem Sohn Simba seine Chance auf die Thronfolge verschwinden sieht. In den nun folgenden Stunden erleben wir, wie Scar seinen Bruder in eine Falle lockt und den Thron an sich reißt. Zuvor erklärt aber Mufasa, dass das Leben in der Savanne in einem Gleichgewicht ist. Auch warnt er davor, die Grenzen des Landes zu verlassen. Das macht Simba neugierig und sein Onkel Scar verplappert sich, dass hinter den Grenzen ein Elefantenfriedhof liegt. Simba versucht bei einer Jagd über das Grasland, seine Freundin Nala zu überreden, den verbotenen Ort aufzusuchen. Nalas Mutter stimmt unter der Bedingung, dass der Nashornvogel Zazu sie begleiten muss, dem Vorhaben zu. Die beiden kleinen Löwen hängen aber Zazu ab. Am Friedhof angekommen, lauern dort drei Hyänen den Löwen auf. In letzter Minute trifft Zazu mit Mufasa ein, um die beiden Löwen zu retten. Mufasa ist nun ziemlich sauer, dass sein Sohn diesen Friedhof aufgesucht hat. Er stellt ihn aber allein zur Rede. Außerdem erklärt er ihm die Sterne am Himmel seien die Könige der Vergangenheit. Zazu erinnert Mufasa daran, wie ähnlich Simba doch ihm ist. Letztendlich schmiedet Scar einen Plan, Mufasa in einer Schlucht in einen Hinterhalt zu locken. Als Lockvogel dient ihm sein eigener Sohn Simba. Als nun die Herde Gnus von den Hyänen aufgescheucht wird, rettet Mufasa zwar Simba, verliert aber durch einen Schubser von Scar an der Klippe sein Leben. Scar redet darauf Simba ein, dass er der Schuldige am Tod seines Vaters ist. Die Hyänen verfolgen Simba nur kurz, lassen aber schnell von ihm ab. Die Hyänen belügen nun Scar, dass Simba tot wäre. Scar krönt sich nun zum neuen König, während Simba in den Dschungel fliegt und dort ein Erdmännchen und ein Warzenschwein mit Blähungen trifft. Mit den neuen Freunden im Dschungel wird nun Simba groß.
Im zweiten Akt läuft es für Scar nicht gut. Das Land ist von einer Dürre befallen und das Bündnis aus Löwen und Hyänen bröckelt. Da Scar sich alleine fühlt, startet er einen Annäherungsversuch an Nala, den sie aber abwehrt. Aber auch die drei Freunde müssen ein Abenteuer bestehen, in dem das Erdmännchen in einen Wasserfall fällt. Die Freunde rätseln danach über die Sterne und machen sich über die Interpretation von Simba lustig, dass es die Könige der Ahnen sein sollen. Nala und Simba treffen sich wieder und die Freunde sind dann nicht mehr angesagt. Als die Äffin Rafiki nun ebenfalls Simba trifft, setzt sie ihn vor ein Spiegelbild und sagt, dass der Vater in Simba weiterlebt. Vor dem Königsfelsen schlägt nun Scar Simbas Mutter. Es kommt zum Kampf zwischen Scar und Simba, wobei Simba zuerst Scar ziehen lassen will. Scar greift aber erneut an und Simba wirft ihn von der Klippe. Am Ende kommen noch einmal alle Tiere am Königsfelsen vor der aufgehenden Sonne zusammen. Simba und Nala präsentieren dabei ihre Jungen. Damit schließt sich der Kreis.
Mit einigen stimmlichen Abstrichen erlebt man eine bunte, afrikanische Bühnenshow. Gerade das jüngere Publikum spricht das an. Es gibt wunderbare Ensemble-Nummern. Die Dialoge sind aber teilweise etwas schwer zu verstehen, gerade zum Ende bei den Kampfszenen zwischen Scar und Simba. Die Äffin Rafiki war dafür an dem Abend wirklich umwerfend und man meinte wirklich, Mama-Afrika vor sich zu haben. So richtig tiefe Emotionen kommen nicht auf, man ist aber über die drei Stunden von den Bühnenbildern und dem Wechsel der einzelnen Nummern gut unterhalten. Es hat schon seinen Grund, warum das Musical seit über 10 Jahren dort erfolgreich läuft, sodass auch diese Vorstellung ausverkauft war. Etwas störend sind vielleicht die Schiffssirenen und das Schiffstaufenfeuerwerk des 'Mein Schiff 3', das zeitgleich mit dem Finale an diesem Abend stattfand.
Wie das ist, wenn man das berlinerisch in der Deutschen Übersetzung durch hiesiges Fränkisch ersetzt wird, kann man derzeit im Nürnberger Opernhaus erleben. Volker Heißmann und Martin Rassau spielen mit und bringen das Musical richtig in Schwung. Volker Heißmann spielt Alfred P. Doolittle, Elizas Vater und Martin Rassau die vornehme Mrs. Higgins, Professor Higgins Mutter.
In den Hallen von Covent Garden trifft Phonetiker Higgins auf Eliza Doolittle, die hier in den Hallen versucht ‘Veicherla’ zu verkaufen. Von ihrem starken Fränkisch angewidert, kommt er aber auf die Idee, dass sie einen besseren Stand hätte, wenn sie vornehmes Englisch sprechen würde. Sie könnte einen Blumenladen leiten. Higgins trifft auch seinen Kollegen für indische Dialekte Pickering. Spontan lädt Higgins Pickering ein, bei ihm zu übernachten. Higgins wirft Eliza ein paar Schilling vor die Füße. Hierauf träumt Eliza von Kohln und warme Füas. Ihr Vater Alfred P. Doolittle säuft sich mit seinen Kumpanen an den Mülltonnen am Blumenmarkt zu. Eliza sorgt mit ihren spärlichen Einkünften für ihren Vater. Der scheint sein ‘Stickla Glick’ schon gefunden zu haben. Die Mülltonnen werden zu Musikinstrumenten umfunktioniert und mit Besen und Mülltonnen wird in einer Einlage in Form einer Steelband musiziert.
Am nächsten Morgen taucht Eliza in der Bibliothek von Higgins auf. Sie ist von der Idee fasziniert, gutes Englisch zu lernen und ihr Fränkisch abzulegen. Pickering und Higgins wetten darum, dass es ihm gelingen wird, aus Eliza in sechs Monaten zur vornehmen Dame zu machen. Pickering beschließt, die Kosten der Ausbildung zu übernehmen. Jetzt muss Eliza Tag und Nacht Phonetik-Übungen machen. Ihr Vater hat davon Wind bekommen, dass die Tochter nun bei Higgins übernachtet, und will seinen Vorteil davon ziehen. Für fünf Pfund verkauft Elizas Vater seine Tochter an Higgins. Er empfiehlt ihn aber als Moralist dem Millionär Wallingford. Eliza erkennt schon am Geruch, dass ihr Vater in der Bibliothek ist. Nach vielen Wiederholungen gelingt Eliza aber endlich, den Satz: Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen richtig auszusprechen. Als Zwischenetappe zum Ball beschließt Higgins, seine Schülerin in Ascot in die vornehme Gesellschaft seiner Mutter einzuführen. Da sie beim Sprachunterricht nur zum Thema Gesundheit und Wetter gekommen sind, befiehlt er Eliza sich auf diese beiden Themen zu beschränken. Ja und in diesem Moment versagte leider kurzzeitig die Bühnentechnik und es kam zu einer Zwangspause. Wie meinte Mrs. Doolittle, man möchte im Boden versinken, wenn man es denn könnte. Nach der Panne hat die feine englische Gesellschaft hat ganz in Rot, Blau und Weiß auf den Tribünen Platz genommen, vor einer großen englischen Fahne. Eliza bleibt natürlich nicht bei den Themen, sondern erzählt von ihrer Tante, die erst erkrankt ist und dann umgebracht wurde. Bei dem Pferderennen verliert sie dann endgültig ihre Konversationsform und ruft dem Pferd zu ‘laaf, sonst bloass i dia Pfeffa in den Oasch’. Ihr Ausfall beschert ihr aber einen Verehrer, Freddy aus besseren Kreisen. Er schreibt ihr Briefe und schickt ihr Blumen. Schließlich lernt Eliza weiter Umgangsformen für den Botschaftsball im Buckingham Palace. Ganz in Rosa muss Eliza nun beweisen, was sie gelernt hat.
Im zweiten Akt feiern sich Higgins und Pickering, dass sie die feine Gesellschaft mit dem Auftritt von Eliza blenden konnten. Sie bekommt Wind davon, dass sie nur Objekt einer Wette ist, und schleudert entsprechend wutentbrannt die Hauspantoffeln nach Higgins. Eliza beschließt nun zu gehen, erfragt aber noch, was sie mitnehmen kann. Sie legt den Schmuck ab und gibt Higgins einen Ring zurück. Sie verlässt Higgins schließlich. Elizas Vater ist inzwischen auf Higgins Empfehlung aus dem ersten Akt zu Geld gekommen durch den Millionär Wallingford. Elizas Vater heiratet die Stiefmutter und feiert im feinen Frack seinen letzten Abend mit seinen Kumpanen. Liegend wird Alfred P. Doolittle nun auf den Körpern seiner Kumpane zum Altar gerollt. Higgins und Pickering beschließen Eliza durch die Polizei suchen zu lassen und verstehen ihr Verschwinden nicht. Eliza ist inzwischen zu Higgins Mutter gegangen und sucht dort um Rat an. Auch Higgins geht zu seiner Mutter und ist überrascht, dort Eliza zu finden. Eliza beschließt, selbst Sprachunterricht zu geben und Freddy zu heiraten. Higgins erkennt nun, wie sehr er sich in Eliza verliebt hat. Eliza kehrt schließlich zu Higgins zurück. Das Ende ist offen, sie gehen aufeinander zu, ohne sich richtig zu küssen.
Die Portierung des Musicals in Fränkisch ist ein voller Erfolg. Mit der fränkischen Mundart tut sich vor allem Eliza etwas schwer, während Volker Heißmann als Elizas Vater den besten Franken rauskehren darf. Martin Rassau in der Rolle der vornehmen Mutter ist ebenfalls sehr lustig, da er, wie er selbst sagt, Hochdeutsch lernen musste für die Rolle. So einen leichten fränkischen Akzent meint man dann doch bei Frau Higgins durchzuhören, was sehr charmant rüberkommt. Während die fränkischen Einlagen in der Fledermaus noch etwas fremd wirkten, kommt hier das Stück wie aus einem Guss.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Nach dem Rheingold, war ich gespannt auf Peter Schmiedleitners nächsten Teil der Tetralogie von Richard Wagners Ring in Nürnberg. Und ich verrate nicht zu viel, wenn der eingeschlagene Stil in dem Rheingold gut fortgeführt worden ist. Hundings Hütte ist irgendwo hinter einem Altreifenlager, zweigeschossig und eher eine Hütte einer Favela in einem Armenviertel. Zu allen Ecken pfeift der Wind durch das Haus, eine funktionslose SAT Schüssel inklusive. In einer Videoeinspielung sieht man Wotan, auf das Auge wird ran gezoomt und man sieht Siegmund auf der Flucht vor seinen Feinden, in dessen Pupille. Barfuß landet der unglückliche Siegmund im Hause seines Widersachers Hunding und trifft dort auf Sieglinde. Sieglinde gibt ihn aus denselben PET-Flaschen, wie im Rheingold Wasser zu trinken. Die erklärt ihm, dass sie unglücklich mit Hunding verheiratet wäre, und er kein Unheil ins Haus bringt, da dort schon Unglück genug wohnt. Es dauert nicht lange und im Obergeschoss trifft der Hausherr mit einem riesigen Hirschgeweih blutüberströmt von der Jagd zurück. Seine Eigenheit, das Wild mit einer Axt zu Fall zu bringen, scheint keine saubere Sache zu sein. Unter dem Blut des erlegten Wildes kommen viele Tattoos zum Vorschein. Im Obergeschoss der Favela wäscht er sich über einen Gitterrost das Blut vom Oberkörper, wobei das Wasser laut prasselnd nach unten fällt. Die Weltesche stand dem Bau der Hütte irgendwie im Weg und wurde in der Mitte durchgesägt. Im oberen Teil des Baumes steckt ein Schwert. Bevor aber das Schwert aus dem Stamm gezogen werden kann, muss Sieglinde erst mal die Beute der Jagd in einem Plastikbeutel auf einer kleinen Herdplatte kochen. Das was Hunding da zubereiten lässt, sind irgendwie Innereien und Sieglinde muss sich bei der Zubereitung fast übergeben. Langsam dämmert es Hunding aber, wen er da zu Gast hat. Es ist nämlich genau sein Feind, den er zwar an diesem Abend noch übernachten lässt, am nächsten Morgen aber stellen will. Es fließt reichlich Dosenbier und Hunding macht es sich schließlich im Obergeschoss auf einer Matratze gemütlich. In das letzte Dosenbier hat Sieglinde aber ein Schlafmittel drunter gemischt. Nun sinniert Siegmund, wie er der Lage entkommen kann. Die Wälse-Rufe sind etwas von zu viel Aktion auf der Bühne beeinträchtig, geraten aber schier endlos lange. Hunding schläft darauf bald ein und Sieglinde kann wieder in das Untergeschoss zum Fremden, der seinen Namen immer noch nicht nennen will. Jetzt wird es aber Zeit, das Geheimnis um das Schwert zu lüften. Ein Fremder hätte das in die Esche gerammt und es wäre noch niemand gekommen, der es hätte lösen können. Die Hütte öffnet nun die Rückwand und es bläst ein Wintersturm durch das Haus. In der Szene erkennen sie sich nun als Liebende und Bruder und Schwester. Siegmund gelingt es, nun das Schwert aus dem oberen Stamm zu ziehen. Über die nun folgende Liebesszene kann man nur munkeln.
Im zweiten Akt sieht man Wotan in einem Betonbunker. Wie in einer Kommandozentrale verfolgt er auf drei Bildschirme Kriegseinsätze, die nicht unbeabsichtigt an Apokalypse Now erinnern sollen. Nach einem wilden Felsengebirge sieht das nun nicht gerade aus. Anstatt höflich einzutreten, bricht das It-Girl Fricka gleich die Tür ein. Mit einer Einkaufstasche stellt sie auf der Kommandobrücke nun Wotan zur Rede. Was da auf Erde abgeht mit seinen Nachkommen, dass da Bruder und Schwester sich lieben, geht gar nicht. Das bringt sie als Hüterin der Ehe richtig in Rage. Sie fordert nun den Kopf von Siegmund. In dem Betonbunker kann man auch das braune Ledersofa aus dem Rheingold wiederentdecken. Wotan versucht Fricka klar zu machen, dass er Siegmund für seinen Plan braucht, wieder an den Ring zu kommen. Dafür gießen sich die Götter Kaffee ein. Fricka ringt ihm dann doch den Eid ab, die Walküre Brünnhilde nicht auf seiner Seite kämpfen zu lassen. Fricka verlässt die Bühne während nun Brünnhilde mit einem weißen Steckenpferd auf die Bühne kommt. Mit einer orangen Autospraydose bewehrt, schreibt sie Siegfried an die Betonwand. Sie beschließt, sich Wotans Befehl zu widersetzen. Die Walküre kündigt nun Siegmund seinen bevorstehenden Tod an. In seiner Verzweiflung will er mit dem Schwert Sieglinde töten. Die Walküre hält ihn aber davon ab. Ein Jäger mit einem langen Horn kündigt nun das Nahen Hundings an. Die darauf folgende Kampfszene ist etwas unglücklich umgesetzt. In einer Videoeinspielung treten die beiden Widersacher zum Gefecht. Das ist aber alles nur eine große Projektion. Das eigentliche Gefechtsgerangel, bei dem sich Wotan sich einmischt und Brünnhilde, die eigentlich Siegmund schützt, ist nicht ganz klar. In einem Halleffekt werden hier Mikrofone eingesetzt. Letztendlich übergießt sich Siegmund aber mit reichlich Theaterblut und bricht dann, nachdem er noch schwer verwundet ein paar Meter gelaufen ist zusammen. Wotan hat mit seinem Speer das Schwert kaputtgemacht, sodass es Hunding ein Leichtes ist, Siegmund zu töten. Voller Zorn über den Verlust, tötet Wotan dann auch noch Hunding mit einem Wink. Wotan stellt nun der flüchtenden Brünnhilde nach.
Im dritten Akt scheint ein Werbeplakat auf dem Walküren Felsen kitschig die 50er Jahre zu veralbern. 'Wir rufen Dich' und gerufen sind scheinbar Kindersoldaten, die in Körben die toten Krieger darstellen sollen. Drunter warten acht Walküren auf das Eintreffen von Brünnhilde. Die Mädels sind scheinbar richtige Partygirls, die mit Plexiglas-Schildern und Baseball-Schläger eine wüste Fete werfen. Dass da mal die eine oder andere Flasche Wodka drauf geht, ist ja klar. Schließlich kommt auch Brünnhilde dazu auf der Flucht vor ihrem zornigen Vater. Sieglinde erfährt nun von Brünnhilde, dass sie ein Kind von Siegmund erwarte. Brünnhilde versucht nun, Sieglinde bei ihren Schwestern zu verstecken. Letztendlich flieht Sieglinde aber mit dem zerbrochenen Schwert. Schließlich taucht auch Wotan mit blutigen Händen auf. In einer kleinen Plastikwanne wäscht er sich vom Kampf rein. Auf einer Wand sieht man noch mal das Graffiti aus dem zweiten Akt, das nun ebenfalls von Blut verschmiert ist. Wotan ist immer noch außer sich über Brünnhilde, reißt ihr eine Kette vom Hals und den roten Walküren-Mantel. Er nimmt ihr aus Strafe für Ihr ungehorsames Verhalten den Status als Walküre weg. Auf einem Felsen soll sie nun auf den erstbesten Mann warten. Entsetzt wünscht sich Brünnhilde nun als Hindernis einen Feuerwall. Sie legt sich nun vor dem Plakat schlafen und aus dem Bühnenuntergrund fährt eine Feuerwand hoch. Erschöpft nimmt Wotan auf einem Bistrostuhl Platz. Wotan macht sich mit einem Kinderdouble der Brünnhilde nun auf um die Welt und tritt nun noch als Wanderer in den Folgeteilen auf.
Man hat hier wirklich eine vor allem musikalisch gut gelungene Fassung der Walküre vorliegen. Markus Bosch und dem Orchester gelingt es, die leisen Stellen wie bei den Winterstürmen ebenso gekonnt umzusetzen, wie den Walkürenritt, der nie monströs wirkt. Es sind leichte Noten, ganz im Gegensatz zu manchen Interpretationen, die hier dick auftragen. Vincent Wolfsteiner gibt einen einfühlsamen Siegmund, Irmgard Vilsmeier eine überzeugende Sieglinde. Randall Jakobsh darf sich als böser Bass mit Beil austoben und Antonio Yang darf sich durch die vielen Blätter seiner Verträge wühlen. Den meisten Applaus bekommt Rachael Tovey als Brünnhilde, die mir schon als Elektra hervorragend gefallen hat. Gut finde ich, dass man in der Inszenierung Teile des Rheingold-Inventar wiederfindet. So wie Richard Wagner seine Oper immer wieder neu zusammensetzt, kann man hier immer wieder Teile des Rheingolds entdecken. Auch wenn ich echtes Feuer, bei dem Ärger den das Opernhaus mit dem Brandschutz bei jeder Abnahme hat, bedenklich finde, es gehört einfach dazu zur Walküre. No risk, no fun.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
In einem Gastspiel der Kammeroper Prag und der Oper Liberec war die selten aufgeführte Oper Don Quichotte von Jules Massenet im Fürther Stadttheater zu sehen. Die Inszenierung von Linda Keprtova verzichtet auf große Umdeutungen und es gelingt unter der Leitung von Martin Doubravský, ein interessanter Opernabend. Dabei war die deutsche Uraufführung der Oper 1911 gleich um die Ecke in Nürnberg.
Zu Beginn sieht man Dulcinée im Reigen ihres Hofstaates bei einem Dorffest. Dulcinée ist eine wahre Lebedame, die gleich vier Verehrer hat. Die Kostüme, die sie dabei tragen, sind spanisch angehaucht, erinnern aber auch an die Commedia Dell ‘arte mit großen Reifröcken und den Masken. Aus einer Flasche fließt eine Fontäne Konfetti-Sekt, die sich in ihrem Bauchnabel fängt. Sechs rote Hocker bilden den Balkon für die Dame. Sie steht mit ihren 20 Jahren mitten im Leben („Quand la femme a vingt ans“). Es tritt der bereits ergraute Ritter Don Quichotte mit seinem Knappen Sancho Pansa auf. Eingerahmt werden die von sechs Tänzern, die die Pferde und den Esel darstellen. Der große Auftritt gefällt dem Ritter und er lässt aus Dankbarkeit Münzen an das Volk verteilen. Obwohl der Ritter ein tiefer Bass ist, singt er Dulcinée ein Ständchen. Es kommt zum Konflikt mit dem derzeitigen Verehrer Juan, der eifersüchtig ist. Sie schlichtet aber den Streit und wünscht sich ein Perlencollier zurück, das ihr ein Dieb geraubt hatte. Also nehmen der Ritter und sein Knappe die Verfolgung auf.
Auf der leeren Bühne trägt der Ritter einen Strauß Lilien vor sich her. Er widmet seiner Holden ein Liebeslied, während er die Blumen in eine Vase drapiert. Darüber macht sich sein Knappe nun lustig. Und der knappe ahnt nichts Gutes, als Don Quichotte gefährliche Riesen sieht. Diese sind in der Bühnenrealität aber wieder die sechs Tänzer, mit denen der Ritter nun um die Wette tanzt. Der Regieeinfall, an einem Windmühlenflügel hochgezogen zu werden, ist wohl ziemlich schwer zu realisieren. Nach dem Kampf liegen die beiden am Boden.
Am Abend sind die Räuber aufgestöbert. Die haben ganz im Gangster-Look rote Overalls an und sind hoffnungslos in der Überzahl. Sie fesseln den Ritter mit seinem Mantel, der ihm verkehrt herum angezogen wird. Sie bedrohen ihn mit dem Tod, worauf er ein Gebet singt („Seigneur, reçois mon âme, elle n’est pas méchante“). Er wäre zwar etwas verrückt, aber ein guter Ritter, der Almosen an die Armen gibt und der sich freut, wenn die Kinder lachen, wenn sie ihn sehen. Ténébrun der Räuberhauptmann hat nun Mitleid und schenkt ihm die Freiheit. Dazu bekommt er auch noch das Perlencollier für seine Holde.
Dulcinée ist derzeit schon Juan überdrüssig und sucht Zerstreuung bei einem Fest. Sie singt dabei eine wunderschöne Forlana im Stil der Renaissance, in der das Stück auch spielen soll. Sie ist auf der Suche nach dem wahren Helden. Da tritt Don Quichotte auf und übergibt ihr das Collier. Zuerst ist sie erfreut, aber als der Ritter ihr sagt, dass er sie heiraten will, verspottet sie ihn. Sie wäre nichts für die Ehe und würde nie ihr Haus und ihr Leben für einen Mann aufgeben. Der Ritter ist aber dennoch für die ehrliche Antwort dankbar, aber dennoch ziemlich traurig. Sie nimmt ihre Perücke ab und legt ihr Kleid ab und steht im weißen Unterkleid auf der Bühne. Vor den nun pöbelnden Gästen stellt sich nun Dulcinée und schützt den Ritter, da sie dessen Einsatz schätzt.
Wieder muss die Tänzertruppe herhalten und nun eine Waldlichtung darstellen. Dabei ist zuerst nicht klar, ob der Knappe oder der Ritter sterbenskrank ist. Don Quichotte verabschiedet sich aber von seinem Diener und übergibt ihm noch eine Insel. Aus der Ferne beklagt Dulcinée ihren Verlust und das sogar in achtfacher Ausführung durch Doubles. Der Ritter stirbt.
Jiří Přibyl hat wohl die schwerste Rolle dieses Stücks und bekommt dafür auch gehörig Applaus, aber auch Kateřina Jalovcová als Duclinée ist großartig. Die Oper ist in Französisch mit deutschen Übertiteln, was doch ganz hilfreich für die Handlung ist. Dennoch bleibt die Handlung etwas starr in den Bühnenbildern. Das Werk ist der letzte große Erfolg von Massenet, von dem man eigentlich heute nur noch den Werther und Manon häufig aufführt. Die tragende Rolle mal nicht mit einem Tenor, sondern mit einem Bass zu besetzen ist interessant. Auch die Rolle von Duclinée ist nur in der Mezzosopran-Lage angesiedelt.
Kritik in den Nürnberger Nachrichten: Rührende Gratwanderung trauriger Gestalten
In einer Inszenierung des Theaters Ulm kam "Hänsel und Gretel" auf die Bühne des Stadttheaters Fürth. Die Inszenierung von Benjamin Künzel ist moderat modern und spart sich die ganz großen Effekte für den 3. Akt auf. Diese Oper von Engelbert Humperdinck ist ein romantisches Spätwerk mit eingängigen Volksweisen. Hochdramatische Auftritte, wie die der Mutter Gertrud, wechseln ab mit Kinderliedern.
Im ersten Akt befindet man sich im Kinderzimmer von Hänsel und Gretel. Die Kinder des Besenbinders Peter und seiner Frau Gertrud sitzen vor langen, beigefarbenen Stoffbahnen, auf denen Essen abgebildet ist. Da es schon lange nichts Gutes mehr zu essen gegeben hat, sind sie froh, dass die Nachbarin einen weiß gepunkteten roten Kochtopf dagelassen hat. Sie freuen sich auf den Reisbrei, den die Mutter kochen soll. Statt aber, wie befohlen Strümpfe zu stopfen und Besen zu binden, singen die lieber und tanzen. Das bringt die Mutter nun völlig aus der Fassung und vor Entrüstung und aus Zorn geht der Topf mit der Milch zu Boden, sodass auch dieses Abendessen ausfallen wird. Immer noch in Rage schickt sie ihre Kinder in den Wald zum Beerensuchen. Da kommt der Vater zurück, mit vielen Lebensmitteln im weißen Stoffbeutel. Er hat in den Nachbardörfern viele Besen verkauft. In dem Stoffbeutel ist alles, was sich die Familie wünscht: Eier, Mehl und sogar Kaffee. Entsetzt stellt er fest, dass seine Frau die Kinder in den Wald geschickt hat, denn dort lauert die Gefahr in Form einer bösen Hexe, die Kinder zu Lebkuchen bäckt. In tiefer Sorge gehen die Eltern nun in den Wald und suchen die Kinder. Der Wald besteht nun wieder aus Stoffbahnen mit roten Bäumen und weißen Punkten. Wie nun eine Straßenlaterne mitten in diesen Wald kommt und der Mülleimer, ist wohl ein Rätsel der Inszenierung. Der Müllmann entpuppt sich als das bärtige Sandmännchen. Man sieht sogar mal kurz die Hexe über die Bühne huschen und die Eltern. Die Kinder haben inzwischen wohl Beeren gefunden, die sie aber auch kurzerhand vernaschen. An der Kiste bei der Straßenlaterne müssen die Kinder zugeben, dass sie sich verlaufen haben. Der Wald scheint plötzlich voll von lauter Gefahren. Schließlich singen sie mit dem Sandmann ihr berühmtes Abendgebet. Statt der besungenen 14 Engel reichen sich die beiden Eltern in siebenfacher Ausgabe die Hand und bilden so die 14 Engel. Dann ist Pause.
Im dritten Akt zeigt nun die Inszenierung, was noch alles geht. Der Sandmann wird nun zum Taumännchen und weckt die Kinder. In der Nacht hat die Hexe ein kleines Lebkuchen-Hexenhaus in der Mülltonne versteckt, von dem die Kinder nun naschen. Der Waldvorhang fällt und legt eine großzügige Hexenhütte frei. Den Strom für den Ofen liefert ein Heimtrainer, der rechts vor dem Backofen steht. Vor der Hütte tanzt nun eine blau angezogene Hexe mit langen, aufgesetzten Fingernägeln, die sich als Rosina Leckermaul vorstellt. Die Straßenlampe wird zur Zauberkugel und mit dieser schafft es die Hexe, einen Bewegungszauber auszulösen und die Kinder am Weglaufen zu hindern. Der Hänsel kommt in einen riesigen, vergitterten Lüftungsschlauch und soll mit Rosinen und Süßigkeiten gemästet werden. Die Hexe will auch diese Kinder zu Lebkuchen backen und Essen, voller Vorfreude, reißt sie sich das blaue Kostüm vom Körper und vollführt auf dem Rest der Straßenlampe einen grotesken Hexenritt auf. Weil Hänsel die Hexe immer wieder austrickst und statt des Fingers einen Knochen raushält, der ihr nicht fett genug erscheint, wirft die Hexe Gretel in den Kochtopf. Als Gretel nach dem Ofen schauen soll, stellt sie sich gezielt dumm und sagt, sie wisse nicht, wie das geht. Das treibt die Hexe dazu, ihr zu zeigen, wie man das macht. Dabei stoßen nun Gretel und Hänsel die Hexe in den Ofen und backen diese selbst zu Lebkuchen. Mit einem lauten Blitz verwandeln sich die Lebkuchen des Hauses zurück in Kinder. Diese sind zuerst noch regungslos, werden aber von Gretel mit dem Bewegungszauber entzaubert. Am Ende finden auch die Eltern ihre Kinder und freuen sich gemeinsam, dass die Hexe tot ist.
Manches in der Inszenierung gelingt ganz gut, so hat mir die Idee mit den 14 Engeln, die eigentlich die duplizierten Eltern sind, recht gut gefallen. Mit der Straßenlaterne und dem orange-angezogenen Müllmann, der einmal als Sandmann und als Taumännchen fungiert, hatte ich so meine Probleme. Großartig war der groteske Hexenritt und es hat mich erstaunt, dass für so ein eher leichtes Werk, so viel Orchester braucht. Man sollte die Oper zumindest aufgrund ihrer Bekanntheit einmal gesehen haben. Es ergibt sich insgesamt aber musikalisch kein geschlossenes Bild, denn hochdramatische Momente wechseln mit einfachen Kinderliedern.