In einem Gastspiel der Kammeroper Prag und der Oper Liberec war die selten aufgeführte Oper Don Quichotte von Jules Massenet im Fürther Stadttheater zu sehen. Die Inszenierung von Linda Keprtova verzichtet auf große Umdeutungen und es gelingt unter der Leitung von Martin Doubravský, ein interessanter Opernabend. Dabei war die deutsche Uraufführung der Oper 1911 gleich um die Ecke in Nürnberg.
Zu Beginn sieht man Dulcinée im Reigen ihres Hofstaates bei einem Dorffest. Dulcinée ist eine wahre Lebedame, die gleich vier Verehrer hat. Die Kostüme, die sie dabei tragen, sind spanisch angehaucht, erinnern aber auch an die Commedia Dell ‘arte mit großen Reifröcken und den Masken. Aus einer Flasche fließt eine Fontäne Konfetti-Sekt, die sich in ihrem Bauchnabel fängt. Sechs rote Hocker bilden den Balkon für die Dame. Sie steht mit ihren 20 Jahren mitten im Leben („Quand la femme a vingt ans“). Es tritt der bereits ergraute Ritter Don Quichotte mit seinem Knappen Sancho Pansa auf. Eingerahmt werden die von sechs Tänzern, die die Pferde und den Esel darstellen. Der große Auftritt gefällt dem Ritter und er lässt aus Dankbarkeit Münzen an das Volk verteilen. Obwohl der Ritter ein tiefer Bass ist, singt er Dulcinée ein Ständchen. Es kommt zum Konflikt mit dem derzeitigen Verehrer Juan, der eifersüchtig ist. Sie schlichtet aber den Streit und wünscht sich ein Perlencollier zurück, das ihr ein Dieb geraubt hatte. Also nehmen der Ritter und sein Knappe die Verfolgung auf.
Auf der leeren Bühne trägt der Ritter einen Strauß Lilien vor sich her. Er widmet seiner Holden ein Liebeslied, während er die Blumen in eine Vase drapiert. Darüber macht sich sein Knappe nun lustig. Und der knappe ahnt nichts Gutes, als Don Quichotte gefährliche Riesen sieht. Diese sind in der Bühnenrealität aber wieder die sechs Tänzer, mit denen der Ritter nun um die Wette tanzt. Der Regieeinfall, an einem Windmühlenflügel hochgezogen zu werden, ist wohl ziemlich schwer zu realisieren. Nach dem Kampf liegen die beiden am Boden.
Am Abend sind die Räuber aufgestöbert. Die haben ganz im Gangster-Look rote Overalls an und sind hoffnungslos in der Überzahl. Sie fesseln den Ritter mit seinem Mantel, der ihm verkehrt herum angezogen wird. Sie bedrohen ihn mit dem Tod, worauf er ein Gebet singt („Seigneur, reçois mon âme, elle n’est pas méchante“). Er wäre zwar etwas verrückt, aber ein guter Ritter, der Almosen an die Armen gibt und der sich freut, wenn die Kinder lachen, wenn sie ihn sehen. Ténébrun der Räuberhauptmann hat nun Mitleid und schenkt ihm die Freiheit. Dazu bekommt er auch noch das Perlencollier für seine Holde.
Dulcinée ist derzeit schon Juan überdrüssig und sucht Zerstreuung bei einem Fest. Sie singt dabei eine wunderschöne Forlana im Stil der Renaissance, in der das Stück auch spielen soll. Sie ist auf der Suche nach dem wahren Helden. Da tritt Don Quichotte auf und übergibt ihr das Collier. Zuerst ist sie erfreut, aber als der Ritter ihr sagt, dass er sie heiraten will, verspottet sie ihn. Sie wäre nichts für die Ehe und würde nie ihr Haus und ihr Leben für einen Mann aufgeben. Der Ritter ist aber dennoch für die ehrliche Antwort dankbar, aber dennoch ziemlich traurig. Sie nimmt ihre Perücke ab und legt ihr Kleid ab und steht im weißen Unterkleid auf der Bühne. Vor den nun pöbelnden Gästen stellt sich nun Dulcinée und schützt den Ritter, da sie dessen Einsatz schätzt.
Wieder muss die Tänzertruppe herhalten und nun eine Waldlichtung darstellen. Dabei ist zuerst nicht klar, ob der Knappe oder der Ritter sterbenskrank ist. Don Quichotte verabschiedet sich aber von seinem Diener und übergibt ihm noch eine Insel. Aus der Ferne beklagt Dulcinée ihren Verlust und das sogar in achtfacher Ausführung durch Doubles. Der Ritter stirbt.
Jiří Přibyl hat wohl die schwerste Rolle dieses Stücks und bekommt dafür auch gehörig Applaus, aber auch Kateřina Jalovcová als Duclinée ist großartig. Die Oper ist in Französisch mit deutschen Übertiteln, was doch ganz hilfreich für die Handlung ist. Dennoch bleibt die Handlung etwas starr in den Bühnenbildern. Das Werk ist der letzte große Erfolg von Massenet, von dem man eigentlich heute nur noch den Werther und Manon häufig aufführt. Die tragende Rolle mal nicht mit einem Tenor, sondern mit einem Bass zu besetzen ist interessant. Auch die Rolle von Duclinée ist nur in der Mezzosopran-Lage angesiedelt.
Kritik in den Nürnberger Nachrichten: Rührende Gratwanderung trauriger Gestalten
In einer Inszenierung des Theaters Ulm kam "Hänsel und Gretel" auf die Bühne des Stadttheaters Fürth. Die Inszenierung von Benjamin Künzel ist moderat modern und spart sich die ganz großen Effekte für den 3. Akt auf. Diese Oper von Engelbert Humperdinck ist ein romantisches Spätwerk mit eingängigen Volksweisen. Hochdramatische Auftritte, wie die der Mutter Gertrud, wechseln ab mit Kinderliedern.
Im ersten Akt befindet man sich im Kinderzimmer von Hänsel und Gretel. Die Kinder des Besenbinders Peter und seiner Frau Gertrud sitzen vor langen, beigefarbenen Stoffbahnen, auf denen Essen abgebildet ist. Da es schon lange nichts Gutes mehr zu essen gegeben hat, sind sie froh, dass die Nachbarin einen weiß gepunkteten roten Kochtopf dagelassen hat. Sie freuen sich auf den Reisbrei, den die Mutter kochen soll. Statt aber, wie befohlen Strümpfe zu stopfen und Besen zu binden, singen die lieber und tanzen. Das bringt die Mutter nun völlig aus der Fassung und vor Entrüstung und aus Zorn geht der Topf mit der Milch zu Boden, sodass auch dieses Abendessen ausfallen wird. Immer noch in Rage schickt sie ihre Kinder in den Wald zum Beerensuchen. Da kommt der Vater zurück, mit vielen Lebensmitteln im weißen Stoffbeutel. Er hat in den Nachbardörfern viele Besen verkauft. In dem Stoffbeutel ist alles, was sich die Familie wünscht: Eier, Mehl und sogar Kaffee. Entsetzt stellt er fest, dass seine Frau die Kinder in den Wald geschickt hat, denn dort lauert die Gefahr in Form einer bösen Hexe, die Kinder zu Lebkuchen bäckt. In tiefer Sorge gehen die Eltern nun in den Wald und suchen die Kinder. Der Wald besteht nun wieder aus Stoffbahnen mit roten Bäumen und weißen Punkten. Wie nun eine Straßenlaterne mitten in diesen Wald kommt und der Mülleimer, ist wohl ein Rätsel der Inszenierung. Der Müllmann entpuppt sich als das bärtige Sandmännchen. Man sieht sogar mal kurz die Hexe über die Bühne huschen und die Eltern. Die Kinder haben inzwischen wohl Beeren gefunden, die sie aber auch kurzerhand vernaschen. An der Kiste bei der Straßenlaterne müssen die Kinder zugeben, dass sie sich verlaufen haben. Der Wald scheint plötzlich voll von lauter Gefahren. Schließlich singen sie mit dem Sandmann ihr berühmtes Abendgebet. Statt der besungenen 14 Engel reichen sich die beiden Eltern in siebenfacher Ausgabe die Hand und bilden so die 14 Engel. Dann ist Pause.
Im dritten Akt zeigt nun die Inszenierung, was noch alles geht. Der Sandmann wird nun zum Taumännchen und weckt die Kinder. In der Nacht hat die Hexe ein kleines Lebkuchen-Hexenhaus in der Mülltonne versteckt, von dem die Kinder nun naschen. Der Waldvorhang fällt und legt eine großzügige Hexenhütte frei. Den Strom für den Ofen liefert ein Heimtrainer, der rechts vor dem Backofen steht. Vor der Hütte tanzt nun eine blau angezogene Hexe mit langen, aufgesetzten Fingernägeln, die sich als Rosina Leckermaul vorstellt. Die Straßenlampe wird zur Zauberkugel und mit dieser schafft es die Hexe, einen Bewegungszauber auszulösen und die Kinder am Weglaufen zu hindern. Der Hänsel kommt in einen riesigen, vergitterten Lüftungsschlauch und soll mit Rosinen und Süßigkeiten gemästet werden. Die Hexe will auch diese Kinder zu Lebkuchen backen und Essen, voller Vorfreude, reißt sie sich das blaue Kostüm vom Körper und vollführt auf dem Rest der Straßenlampe einen grotesken Hexenritt auf. Weil Hänsel die Hexe immer wieder austrickst und statt des Fingers einen Knochen raushält, der ihr nicht fett genug erscheint, wirft die Hexe Gretel in den Kochtopf. Als Gretel nach dem Ofen schauen soll, stellt sie sich gezielt dumm und sagt, sie wisse nicht, wie das geht. Das treibt die Hexe dazu, ihr zu zeigen, wie man das macht. Dabei stoßen nun Gretel und Hänsel die Hexe in den Ofen und backen diese selbst zu Lebkuchen. Mit einem lauten Blitz verwandeln sich die Lebkuchen des Hauses zurück in Kinder. Diese sind zuerst noch regungslos, werden aber von Gretel mit dem Bewegungszauber entzaubert. Am Ende finden auch die Eltern ihre Kinder und freuen sich gemeinsam, dass die Hexe tot ist.
Manches in der Inszenierung gelingt ganz gut, so hat mir die Idee mit den 14 Engeln, die eigentlich die duplizierten Eltern sind, recht gut gefallen. Mit der Straßenlaterne und dem orange-angezogenen Müllmann, der einmal als Sandmann und als Taumännchen fungiert, hatte ich so meine Probleme. Großartig war der groteske Hexenritt und es hat mich erstaunt, dass für so ein eher leichtes Werk, so viel Orchester braucht. Man sollte die Oper zumindest aufgrund ihrer Bekanntheit einmal gesehen haben. Es ergibt sich insgesamt aber musikalisch kein geschlossenes Bild, denn hochdramatische Momente wechseln mit einfachen Kinderliedern.
Die Nürnberger Oper zeigt zum 150. Geburtstag von Richard Strauß sein Werk Arabella. Das Werk ist die letzte Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal, dessen letztes Werk diese Oper ist, die als lyrische Komödie bezeichnet wird. Andreas Baeslers verlegt die Handlung aus dem Wien des Jahres 1860 in die 20er Jahre in die Faschingszeit. Das ist insofern bemerkenswert, dass es in dieser Zeit gar keinen Kaiser mehr in Österreich gegeben hat, dieser aber mehrfach im Text erwähnt wird. Man erlebt die Verwicklungen um zwei Liebespaare an einem Faschingsdienstag-Abend.
Die Familie Waldner hat sich in einem Hotel einquartiert. Der Vater Theodor ist chronisch durch Glücksspiel pleite und die Mutter lässt sich die Karten von einer Wahrsagerin legen. Diese sagt zu Beginn des Stücks eigentlich schon die gesamte Handlung vorher. Plan der Mutter ist es, die schöne Tochter Arabella gut zu verheiraten, um so aus den Schulden rauszukommen. Die zweite, jüngere Tochter wird kurzerhand als Bub ausgegeben, da man sich die Ausstattung einer zweiten Tochter nicht leisten kann. Aus der Zdenka, wird somit ein Zendko. So leistet man sich für die Tochter Arabella zum Beispiel auch teure Opernkarten, damit sie in gute Gesellschaft kommt. Arabella wird begehrt von dem Jägeroffizier Matteo. Er meint immer Briefe von Arabella zu erhalten, die in Wahrheit aber Zdenka für sie schreibt. Er bringt Arabella auch rote Rosen vorbei. Als diese Arabella sieht, meint sie zuerst, sie wären von einem mysteriösen Fremden, den sie gesehen hat, mit dunklen Augen und festem Blick. Als sie erfährt, dass sie von Matteo sind, lässt sie diese fallen. Schließlich kommt einer der drei Grafen vorbei, mit denen Arabella auszugehen pflegt. Er lädt sie zu einer Schlittenfahrt ein. Arabella will aber auf jeden Fall, dass ihr Bruder Zdenko sie begleitet. Nun kommt der wienernde Vater von Arabella ins Zimmer, mit dessen Dialekt sich der darstellende Randall Jakobsh etwas schwer tut. Da auch der letzte 50er weg ist, hat er einem Kriegskameraden namens Mandryka einen Brief geschickt, in den er zufällig ein Bild von Arabella beigelegt hat. Mandryka wäre so reich, dass er einer Dame pfundweise Salz ausgeschüttet habe, damit sie im Sommer Schlitten fahren könne. Der wäre der Richtige für Arabella. Auf den Schreck mit dem Geld braucht er erst einmal einen Cognac, den der Zimmerkellner aber verweigert. Schließlich meldet sich doch ein Herr namens Mandryka, der sich aber als der Neffe des Kriegskameraden rausstellt und von Jochen Kupfer gespielt wird. Mandryka ist sagenhaft reich, der Alleinerbe aus Slawonien, der Kornkammer an der Donau. Er hätte 4000 Untergebene und viel Wald. Er habe das Bild von Arabella gesehen und wünscht die Tochter nun zu heiraten. Dies geht aber nur über die Mutter und ein kleines bisschen Geld. Beherzt greift Theodor dreimal in die Tasche des Mandryka und zieht ihm so die Tausender aus der Geldbörse. Mit einem mehrfachen ‚Teschek bedien dich‘ lässt er dies auch zu. Die Vorstellung von Arabella soll dann am Fiakerball am Faschingsdienstag in Wien sein. Matteo kommt noch mal kurz vorbei, wird aber wieder von Zdenko vertröstet. Arabella und Zdenko brechen schließlich auf zum Fiakerball.
Die nun einsetzende Pause hat einen Teil des Publikums kalt erwischt. Manche dachten schon, es ist nun Zeit für den Pausensekt, aber nein. Es gab eine längere Umbaupause für die Ballszene. Man befindet sich im zweiten Akt auf dem Fiakerball. Dabei gibt es mit den Kleidungen ein kleines Verwirrspiel. In einigen der Charlestonkleider stecken Männer, in einigen der Fräcke tanzen Frauen. Arabella, ganz in einem rosa Satinkleid, erkennt in dem vorgestellten Mandryka, den Fremden von der Straße. Man ist ganz ineinander versunken, sitzt auf dem Souffleur-Kasten und hat nur noch Augen füreinander. Das Duett ‚Und Du wirst mein Gebieter sein‘ zählt sicher zu den großen Nummern der Oper. Darin wünscht sich Mandryka jedenfalls, dass Arabella ein Mädchen aus seinem Dorfe wäre und ihm klares Wasser zur Verlobung reichen würde. Noch wäre es aber nicht so weit, Arabella will sich erst noch am Ball von ihren Verehrern verabschieden. Damit beginnen die Verwicklungen. Es tritt die Fiakermilli als Marlene Dietrich-Verschnitt im weißen Hosenanzug auf. Mit dieser jodelnden Koloratur-Einlage sticht sie auf jeden Fall heraus. Sie hat es auch etwas auf Mandryka abgesehen, der beschließt vor lauter Glück, die ganze Ballgesellschaft mit Champagner auszuhalten. Zdenka steckt nun einen Brief Matteo zu, mit dem Schlüssel des Nachbarzimmers von Arabella. Etwas begriffsstutzig ist der Jägeroffzier aber schon, weshalb sie kurz den Gesang beendet und ihm erklärt, was es mit dem Schlüssel auf sich hat. Das bekommt nun Mandryko mit und vergnügt sich ziemlich betrunken auf der Champagner-Bar mit der Fiakermilli, die Pose ist jedenfalls eindeutig. Theodor beschließt nun die Lage wieder aufzuklären und man fährt ins Hotel.
Nach der Pause im dritten Akt kommt es zum großen Show-Down im Stiegen Zimmer des Hotels. Matteo will nun endlich zu Arabella und versteht schon wieder nicht, warum die so abweisend ist. Dem Einwand des Vaters, keine Arien mehr zu singen, sondern auf dem Punkt zu kommen, leistet man eine drei viertel Stunde nicht folge. Mit einer Aussprache hätte sich sicher vieles klären lassen. So fordert der düpierte Matteo schließlich von Mandryko Satisfaktion, die eigentlich nur dadurch verhindert wird, dass Theodor die Waffen schon im Auktionshaus versetzt hat. Schließlich kommt Zdenka als Mädchen im weißen Nachthemd und klärt auf, wer die Briefe geschrieben hat und den Schlüssel überbracht. Es war allein ihre Idee. Mandryka bitten nun für Matteo um die Hand der Zdenka. Arabella zieht sich auf ihr Zimmer zurück und lässt ihren Mandryka auf eine Hotelbank liegen. Schließlich öffnet sich die Bühne und sie kommt im grünen Pyjama runter, mit einem Glas Wasser in der Hand. Er trinkt das Glas aus und wirft es auf die Stufen. Dass ihre Beziehung turbulent werden wird, sieht man daran, dass sie zu den Schlussakkorden fangen spielen.
Ich kann die schlechte Kritik in der hiesigen Presse nicht nachvollziehen und die Besucher der Oper ebenfalls nicht. Jochen Kupfer als Mandryka und Ekaterina Godovanets liefern eine hervorragende Leistung ab, wie die restlichen Leute von der Besetzungsliste. Die Walzerseligkeit von Strauß wird immer wieder durch Dissonanzen unterbrochen und bietet eine große Vielschichtigkeit. Die lyrischen Momente sind musikalisch wunderbar entworfen und man kann schon verstehen, dass sie aufgrund der guten Musik eine der meistgespielte Strauß-Oper ist. Die Sänger müssen sich teils gegen ein volles Orchester durchsetzen. Es werden viele Worte gesungen auf der Bühne, sodass man als Zuschauer gefordert ist, der Handlung zu folgen. In der Textlastigkeit steht sie da steht einer Oper, wie beispielsweise einem Tristan, in keiner Weise nach. Es muss nicht immer Tote auf der Opernbühne geben. Eine Oper mit Happy End ist doch auch eine schöne Abwechslung. Klar macht man der Handlung der Oper Vorwürfe, zu sehr ins Operettenhafte abzugleiten. Die Musik verhindert aber den Drift ins Triviale.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Das Nürnberger Opernhaus hat sich des Musicals Funny Girl angenommen. Die Inszenierung ist von Stefan Huber und eine Koproduktion mit dem Theater Dortmund und dem Theater Chemnitz. Dieses Musical von Jule Styne und Isobel Lennart behandelt die Biografie des Revuestars Fanny Brice und ihre Ehe mit dem zweiten Mann Nick Arnstein. Das Opernhaus versucht den Glanz der Revuen des frühen 20. Jahrhunderts einzufangen. Die Geschichte wird in einer Retrospektive erzählt.
Die erfolgreiche Darstellerin Fanny Brice steht kurz vor ihrem Auftritt. Sie sitzt am Schminktisch ihrer Garderobe und lässt ihr Leben noch einmal Revue passieren.
Als 19-jährige im Matrosenkostüm und mit roten Haaren beginnt die Geschichte im Jahr 1909, als Fanny den Wunsch äußert, ein Star zu werden. Sie arbeitet schon seit 10 Jahren auf den großen Auftritt hin. Ihre Mutter, die mit ihren Freundinnen immer wieder unter einer Lampe Karten spielen, sieht das eher kritisch. Die Beine wären zu kurz, Fanny hätte keine Kurven und wäre für Männer nicht schön anzusehen. Sie trifft in der nächsten Szene auf Eddie Ryan, den sie bis 6 Uhr morgens nötigt, ihr eine Choreografie des Chicken-Dances einzuüben. Ihre Mutter schickt sie schließlich ins Bett. Und tatsächlich bekommt sie ein Engagement in New York in einer Show. Sie ist glücklich damit, die Hauptrolle bekommen zu haben und feiert ihren ersten Erfolg. In der Garderobe taucht auch Nick Arnstein, mit einem seltsamen Rüschenhemd auf. In einem Dialog mit dem Intendanten pokert Nick das Gehalt von Fanny auf 100 Dollar hoch. Die Begegnung ist kurz, dennoch schwärmt Fanny von diesem Mann. Eddie Ryan muss sich schließlich damit abfinden, nur noch Freund zu sein. Es folgt ein Engagement bei Florenz Ziegfield. Dort wird sie durch Florenz Ziegfield eingewiesen in ihre Rolle. Florenz Ziegfield scheint irgendwo im dritten Rang zu sitzen und über Lautsprecher seine Regieanweisungen zu geben. Er ist der einflussreichste Revue-Produzent am Broadway und unterhält das Publikum von New York seit 1907 mit einer Show, den Ziegfield Follies. In einer Hochzeitnummer soll nun Fanny auftreten und den Text singen, dass sie das schönste Mädchen der Welt ist. Sie sträubt sich aber und kommt dann die Showtreppe als schwangere Braut herunter. Über diesen eigenmächtigen Einfall der Fanny ist Ziegfield nicht sehr erfreut, er gibt aber schließlich dem Erfolg nach. Der wird von ihrer Mutter gefeiert, indem sie die ganze Tänzertruppe in ihr Haus zum Feiern einlädt. In einer sehr schönen Choreographie wird hier auf den Tischen getanzt. Wieder tritt Nick Arnstein in ihr Leben, der sich aber schon an dem Spieltisch mit den Freundinnen ihrer Mutter vergnügt. Ihnen gelingt es schließlich auch mal, ein paar Minuten alleine zu sein. Nick gesteht Fanny seine Liebe. Ja und mit People erklingt dann auch der große Hit aus dem Musical.
Im zweiten Akt treffen sich Fanny und Nick in Baltimore wieder aufeinander. In einem Restaurant bestellt der weltgewandte Nick auf Französisch Rinderbraten und wartet auf Fanny. Die hat inzwischen ziemlich Allüren bekommen und sagt, dass sie nicht mehr das naive Mädchen von früher ist. Fanny ist wohl klar, dass sie in diesem Menü das Dessert sein wird. Im Bahnhof von Baltimore steht nun eine Entscheidung an. Folgt Fanny der Truppe von Ziegfield nach Chicago oder ihrem Nick nach New York. Die Koffer sind schon eingeladen nach Chicago. Fanny will aber nun nicht länger warten und folgt Nick nach New York und lässt ihre Karriere für Nick sausen. Sie löst die Zug-Karte für den nächsten Zug nach New York. Nick und Fanny heiraten schließlich. Sie beziehen eine ziemlich leere Villa in Long Island, die aber von einem Überraschungskomitee bevölkert wird. Nick hatte ihre Mutter und deren Freunde eingeladen, die frisch vermählten zu empfangen. Auch Ziegfield war unter den Gästen. Fanny eröffnet aber, dass sie vorerst nicht weiter auftreten wird, da sie selbst schwanger ist. Da sie aber inzwischen die Leidenschaft ihres Mannes für Pferdewetten kennt, fängt sie fünf Monate nach der Geburt ihrer Tochter wieder bei Ziegfield in der Show an. Es ist Weltkriegszeit und man erlebt eine etwas gespenstisch anmutende Revue-Szene mit roten Gewehrattrappen und Glitzertruppen-Outfit. Nick verspricht inzwischen nicht mehr auf Pferde zu setzen, sondern plant ein Spielkasino in Florida. Das Geld dazu soll Florenz Ziegfield aufbringen. Da springt aber Funny in die Bresche und gibt ihrem Mann schließlich die 68000 Dollar, die er braucht. Aber das Geld ist auch hier schlecht angelegt. Ein Hurrikan fegt das Spielkasino weg und das Paar steht vor dem Nichts. In einer Finte versucht nun, Fanny einen neuen Job in einer Theateragentur für ihren Mann zu organisieren. Diesen sponsert sie sogar mit 20000 Dollar. Als Nick das schließlich rausbekommt, ist er außer sich, dass er so von seiner Frau abhängig sein soll. Er greift zum Telefon und stürzt sich in ein dubioses Anlagegeschäft. Er muss schließlich eine 18-monatige Haftstrafe antreten. Inzwischen macht auch Fannys Mutter ihrer Tochter Vorwürfe, sie wäre schuld an dem Versagen ihres Mannes.
Und dann ist man wieder in der Garderobe und erlebt die letzten 15 Minuten vor dem Auftritt. Nick kommt aus dem Gefängnis zurück und eröffnet ihr, dass sie sich nun genug geschadet hätten und sie, in beidseitigen Einvernehmen, ihre Beziehung nun beenden sollen. Etwas verblüfft nimmt aber Fanny den Vorschlag ihres Mannes an und beendet ebenfalls die Beziehung. Dann klingelt es, Fanny muss auf die Bühne.
In dem Musical scheint vor allem wieder die Schneiderei ihren Spaß gehabt zu haben. Man erlebt die Mode und Tänze der Jahre 1907-1920, wie sich der Modegeschmack verändert und das ist sehr witzig. Die Glanznummern sind schließlich die Revue-Ausschnitte der Hochzeitsfeier der Ziegfield-Follies und die etwas seltsame Militärnummer. Ob jetzt auch ein Hit genügt, um einen durch das ganze Stück zu tragen, muss man selbst entscheiden. Bei der Sprache konnte man sich nicht so recht zwischen dem englischen Original und der übersetzten Version der Songs entscheiden. Die Musik ist zwar auf ein größeres Orchester ausgelegt, jedoch sehr jazzig und dem damaligen Zeitgeschmack angepasst. Frederike Haas als Fanny Brice singt sich tapfer durch die Rolle und muss sich leider mit Barbara Streisand messen. Tobias Licht gibt einen aufbrausenden, manchmal aber auch galanten Nick Arnstein. Johanna Schoppa als Fannys Mutter darf ihr komödiantisches Talent ausspielen. Ein ausverkauftes Haus scheint dem Gespür der Intendanz Recht zu geben. Wer tiefere Unterhaltung sucht, der ist sicher in einer Oper besser bedient.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Kommen wir nun mal zu der dunklen Vorgeschichte des Opernblogs. Ein Film, der mir in jungen Jahren gut gefallen hat, war die Rocky Horror Picture Show. Diese trashige Geschichte, die flotten Musiknummern und die etwas verquere Handlung aus Science-Fiction und Burlesque-Film, fand ich gut und war da mehrfach im Kino. Die Bühnenvorlage läuft derzeit im Nürnberger Schauspielhaus. Eingefleischte Fans seinen aber gewarnt, man erlebt hier eine Hochglanz-Nummer, die sich zwar sehr am Film anlehnt, aber aufgrund der Adaption als Bühnenstück einige Umbauarbeiten über sich ergehen lassen muss. Die Band, bestehend aus sechs Musikern, macht ihre Sache eigentlich recht gut. Die freakige Gruppe der Transilvanier ist auf eine Sechs-Mann-Truppe durchweg gutaussehender Tänzer und Tänzerinnen zusammengeschmolzen. An der Eingangstür gibt es Fanpacks für sieben Euro. Man muss also auf das Werfen von Lebensmitteln gänzlich verzichten, kein Toast, kein Reis usw. In einer Laufschrift wird man auf den Verhaltenskodex im Schauspielhaus hingewiesen. Dennoch verwandeln die Tüten und die geschätzten 30% Leute, die letztlich mitmachen, das Haus in einen Zustand, dass man die Putzkolonne bedauern muss. Die Lieder werden in Englisch gesungen, die Dialoge entsprechen ziemlich denen in Film, sind aber in Deutsch. Da es für die Aufführung schwierig ist, an Karten zu kommen, habe ich mich auf einen Resteplatz gezwängt.
Magenta beginnt die Show an der rechten Seitentür, in dem sie den Titelsong singt. Ihres Kostüms entledigt sie sich bis auf eine Korsage, als Projektion singen die bekannten roten Lippen aus der Filmeröffnung. Gelungen ist die Eröffnung in der Kirche. Die eingeblendeten Glocken lassen die Revuebühne dann teilweise als Kirche dienen. Selbst ein imaginäres Auto fährt davon und man sieht die Blechdosen über die Bühne huschen, die am Brautauto befestigt sind. Es ist die Hochzeit von Freunden von Brad Majors und Janet Weiss, an der Janet den Brautstrauß fängt. Auch Brad und Janet wollen irgendwann heiraten. Vorher machen sie aber einen Ausflug im Auto zu Dr. Scott. In einem Autoimitat erleben wir die folgenschwere Panne eines geplatzten linken Vorderreifens, bei Gewitter in einem Wald. Nicht ganz zeitgleich knallen dazu passend die Plastikbeutel aus dem Action-Pack. Also beschließen Brad und Janet, zu dem Schloss einige Meilen vorher zu gehen und zu fragen, ob man dort telefonieren könne, um die Panne zu beheben. Zur Nummer 'There's a light' werden dann die Knicklichter gezündet und es kommt richtig Stimmung auf. Am Schloss angekommen, begrüßt sie ein etwas seltsamer, schürzengekleideter Diener mit einer Taschenlampe und führt sie ins Schloss. Die beiden Verlobten sind an einer besonderen Nacht angekommen, in der Meister Frank N Furter, eine Kreatur erschaffen wird. In einem Saal treffen sie nun auf die Tänzertruppe aus Transsilvanien. Brad und Janet sind schockiert, beschließen aber, die Tanznummer zum Time warp mitzumachen, nach dem Motto: Nur nicht auffallen. Schnell sind die Verlobten aber ihre Kleider los und müssen eine Latexschürze anziehen, um ins Labor zu kommen. In einem LED-Zylinder landet der Herr des Hauses, der sich als wahre Dragqueen mit Strass besetzten Stiefeln und langem Umhang entpuppt. Aus einem grünen Blubber-Bassin holt der Herr des Hauses nun seine Kreatur Rocky heraus. Diese muss er erst aus einer Hülle befreien, mit einem präkordialer Schlag beleben. Es ist schon klar, dass der Herr des Hauses Rocky für seine Lust benutzen wird. Rocky ist ein muskulöser, goldfarbener, gut gebauter, blonder junger Mann. Es läuft eigentlich alles nach Plan, bis die Tür zum Eisraum aufgeht und ein schwabbeliger, bärtiger Hardrock Fan namens Eddie auf dem Motorrad rein fährt. Eddie ist der Freund des Hausmädchens Columbia und legt eine flotte Rocknummer hin. Dem Treiben Eddies bereitet Frank N Furter mit einer Motorsäge ein Ende. Hinter der Bühne bringt er Eddie damit um. Es erklingt der Hochzeitsmarsch und aus dem Action-Pack rieselt es Stoffblüten, als Rocky und Frank N Fürther hinter der Bühne verschwinden.
Nach der Pause sieht man eine riesige herzförmige Pralinenschachtel. Dort bekommt man nun mit, wie Frank N Furter Janet verführt. Der Hausherr gibt sich dabei als Brad aus. Dabei geht es einen Tick frivoler zu als im Film. Janet bemerkt die Täuschung zwar, lässt sich aber rum bekommen. In der nächsten Einstellung verführt Frank N Furter dann Brad. Diesmal gibt sich der Hausherr als Janet aus. Wieder geht es etwas frivoler zu, als im Film. Inzwischen eilt Janet durch das Haus ins Labor. Am Monitor sieht sie Frank und Brad zusammen im Bett, schließlich findet sie dort Rocky. Sie lässt sich schließlich mit Rocky auch noch ein. Frank N Furter macht sich auf die Suche nach Rocky und ist massiv sauer, als er erkennt, dass Rocky nicht ihm gehört. In einer neu eingefügten Szene sieht schließlich auch Brad, wie Janet ihn mit Rocky betrügt. Schließlich trifft der Ufologe Dr. Scott ein. Die drei Hauptpersonen Riff Raff, Magenta und Frank N Furter sind Außerirdische, die hier gelandet wären. Mit einem Magneten zieht Frank nun Dr. Scott ins Labor. Scott, mit einem sächselnden Dialekt, ist auf der Suche nach seinem Neffen Eddie, Frank N Furter leert daraufhin einen weißen Kübel mit menschlichen Überresten aus Gummi auf die Bühne. Frank N Furter wird das nun alles zu viel. Mit einem Pflanzenmittelsprüher bewaffnet, besprüht Riff Raff, Janet, Brad, Rocky und Columbia. Diese werden nun für den großen Showdown in hohe Pumps und in Metallkleider gezwängt. Nach der Besprühung mit dem Gerät haben sie keinen Willen mehr und geben sich ganz in einer großen Orgie der Lust hin. Das wird nun Riff Raff und seiner Schwester zu arg, sie beschließen die Heimkehr. An langen Bändern singt nun Frank I'm going home. Die Geschwister setzen mit einem roten Laser-Dreizack dem Treiben ein Ende und wollen zurück auf den fernen Planeten fliegen. Riff Raff erschießt Columbia und Frank. Leider kann man die spektakuläre Flucht Rocky mit dem angeschossenen Frank nicht gut umsetzen, so dass diese schließlich im Bühnenboden verschwinden müssen. Dr. Scott wird schließlich von seiner Lähmung durch Riff Raff geheilt und flieht aus dem Schloss, das nun zurückfliegt. Am Ende sind Brad und Janet am Boden der Bühne alleine.
Ja und spätestens bei der Zugabe steht dann der komplette Saal und klatscht mit. Ob man das nun mag oder nicht, hängt viel vom Stoff ab. Es fehlen in dem Bühnenstück eben die trashigen Elemente der Filmvorlage, sodass es für mich teilweise etwas zu steril war. Wäre da nicht Eddie, der in seinem Aussehen so ganz raus sticht, hat man es eher mit einer Friedrichstadtpalast-Version des Stoffs zu tun. Da gibt es keine zerrissenen Netzstrümpfe oder schlecht sitzendes Make-up. Die Transilvanier sind im Film eben eine bunte Truppe Freaks, die hier fehlen. Das Stück wird nur noch diese Spielzeit gegeben und Neugierige müssen sich ranhalten. Karten sind eben schwer zu bekommen. Let's do the Time warp again? Wenn man es mag.
Quelle: Staatstheater Nürnberg