Die Verdi-Oper des Südthüringisches Staatstheater Meiningen in einer Inszenierung von Ansgar Haag verlegt den Rigoletto nach 1962 und nach Sizilien. Im Vorspiel sieht man eine Autowerkstatt, es gibt Pasta zum Abendessen. Danach spielt das Kind, vermutlich die kleine Gilda, mit dem Wagenheber des Vaters und verletzt die Mutter tödlich. Der Vater, der versucht, seine Frau zu befreien, wird ebenfalls verletzt. Dies bildet sozusagen die Vorgeschichte während der Ouvertüre. 12 Jahre später sieht man dann, dass der Vater beim Rettungsversuch seinen linken Arm verloren hat. Rigoletto ist in der Inszenierung also nicht bucklig, sondern einarmig. Im anschließenden Ball des Herzogs von Mantua geht es ziemlich freizügig zu, man sieht einige leicht bekleidete Damen und den für Rigoletto typischen Männerchor. Man befindet sich eben in den 70ern mit Schlaghosen und Koteletten. Der Herzog schwärmt von einem Mädchen, das er in einer Kirche getroffen hatte. Der Herzog ist aber als Frauenheld bekannt und hat schon etliche Frauen erobert. So auch die Tochter des Graf von Monterone, der nun von dem Herzog eine Erklärung haben will. Rigoletto macht sich über Monterone lustig. Wutentbrannt verflucht dieser den Herzog und seinen Hofnarren. Beunruhigt durch den Fluch eilt Rigoletto zum Wohncontainer, in dem seine Tochter lebt. Unterwegs trifft er den Mörder Sparafucile, einen mächtig durchtriebenen Bass, der ihm seinen Dienst anbietet. Rigoletto überlegt aber schon dort, sich am Herzog zu rächen. Er geht weiter zu seiner Tochter. Seine Tochter ist das ein und alles. Ihr verbietet er, das Haus zu verlassen, außer zum Kirchgang. Giovanna, ihre Gesellschafterin verspricht aufzupassen. Das das nicht klappt, ist schon kurze Zeit später zu sehen, denn der mittelose Student Gualtier Maldè aus der Kirche ist in Wirklichkeit der Herzog. Auch der Herzog erkennt in der schönen Unbekannten Rigolettos Tochter. Die Tochter schwärmt auf den Stufen zu ihrem Wohncontainer von ihrem Gaultier Maldè. In der nun folgenden Nachtszene versuchen die Höflinge Rigoletto eines auszuwischen. Mit verbundenen Augen und einer Leiter geben sie vor, die Gräfin Ceprano zu entführen. Die Leiter wird aber an das Haus von Rigoletto angelehnt und Rigolettos Tochter entführt. Erst nach den Rufen Gildas nimmt er die Maske ab und erkennt, dass ihm übel mitgespielt wurde.
Im Palast des Herzogs serviert man unterdessen Espresso. Der Herzog ist ziemlich aufgebracht, dass man seine Geliebte entführt hat. Man gibt aber zu, dass Gilda inzwischen im Schlafzimmer des Herzogs ist, was diesen wiederum freut. Die Höflinge erfahren nun, dass sie mit Gilda nicht Rigolettos Geliebte, sondern dessen Tochter entführt haben. Rigoletto sieht nun, wie seine Tochter im leichten weißen Nachtkleid aus dem Schlafzimmer des Herzogs kommt. Sie wurde nun auch vom Herzog entehrt. Nun erscheint wieder Monterone. Jetzt hat Rigoletto plötzlich Sympathien für ihn, da seine Tochter ebenso vom Herzog entehrt wurde, wie die Tochter von Monterone. Er beschließt Rache am Herzog zu nehmen.
Dreißig Tage später ist man im Haus des Mörders Sparafucile. Seine Schwester ist im leichten Negligé die nächste Beute des Herzogs. Mit denselben Worten, wie er Gilda verführt hat. Das berühmte ‚La donna è mobile‘ singt der Herzog, während er Maddalenas Nylonstrümpfe auszieht. Mit 10 Scudi hat Rigoletto eine Anzahlung gemacht, um in der Gewitternacht den verkleideten Herzog umzubringen. An die Fensterscheiben tropft sogar echter Regen. Maddalena hat sich nun ebenfalls in den Herzog verliebt und fleht den Bruder an, den erstbesten zu ermorden, der bei dem Gewitter an die Tür kommt. Man kappt die Telefonleitung, damit keiner telefonisch Hilfe holen kann. Der erstbeste Besucher soll dann in einen Sack gesteckt werden und als Leiche herhalten. Gilda belauscht die Unterhaltung und beschließt nun, sich für den Herzog zu opfern. Sie wird im Bühnenhintergrund von Sparafucile umgebracht. Um Mitternacht nimmt nun Rigoletto den vermeintlich toten Herzog in Empfang. Er ist schon auf dem Weg zum Fluss mit der Leiche, als er die Stimme des Herzogs vernimmt. Er erkennt, dass er getäuscht wurde und in dem Sack ein anderer liegt. Er öffnet den Sack und sieht seine schwer verletzte Tochter drin. Diese bittet in einer langen Arie ihren Vater noch um Vergebung und stirbt schließlich. Rigoletto erkennt nun, dass sich der Fluch Monterones an ihm erfüllt hat.
Ich muss zugeben, so in den 60er und 70er Jahren einen Rigoletto spielen zu lassen, ist neu. Rigoletto ist eine sehr erfolgreiche Oper und man erwartet meist eine klassische Handlung. Der Rahmen, die Ausschweifungen des Herzogs von Mantua zu zeigen, tritt bei der Verlegung in die Neuzeit in den Hintergrund. In den 70er Jahren scheint so ein diabolischer Frauenheld eher unwahrscheinlich. So dauert es eine Weile, bis die Inszenierung funktioniert. Es bleibt bei einem Bühnenbild und der kleine Container muss mal als Gildas Wohnung, Schlafzimmer des Herzogs und als Spelunke Sparafuciles herhalten. Philippe Bach und die Meininger Hofkapelle liefern aber letztlich eine solide musikalische Begleitung ab.
Georg Schmiedleitner nimmt sich in Nürnberg der Ring-Neuinszenierung an. Unter der Leitung von Marcus Bosch erlebt man einen hörenswerten Ring, der durchweg gut besetzt ist. An den entscheidenden Stellen tritt der Dirigent deutlich mit seinem Orchester hinter die Solisten, lässt es aber auch zwischendurch mal richtig krachen.
Die Rheintöchter in Mint, Lindgrün und Pink entsteigen den Nebelniederungen des Rheins. Dabei spritzen sie lustig mit PET-Flaschen gefüllten Wassers. Sie hüten auf einer Rampe mit 14 Plastikcontainern den Rheinschatz. Es schleicht sich der Nachtalb Alberich heran, der mit Antonio Yang wunderbar besetzt wird. Die Rheintöchter auf ihrem Containerbau denken aber nicht dran, das Freien des Nachtalben zu erhören. Sie spritzen ihn mit den Plastikflaschen nass. Dass sie das schon ein paar Mal getan haben, zeigen die hunderte von geleerten Flaschen links und rechts am Bühnenrand. Das fließende Wasser des Rheins ist scheinbar durch Konzerne in Flaschen abgefüllt. Leichtfertig verraten sie dem abgeblitzten Alberich, dass sie einen Schatz hüten. Den ziehen sie in Form einer goldenen Tonne aus einem der Container, während sie in drei offenen Containern baden. Nur wer der Liebe entsagt könne den Schatz gewinnen. Kurzentschlossen nimmt Alberich Anlauf, entsagt der Liebe und nimmt ein Bad in einer goldenen Flüssigkeit, die sich aus dem Container ergießt. Nach der Verwandlungen sieht man Wotan und Fricka beim Liebesspiel auf einer alten Couchgarnitur. In einer grünen Plastiklandschaft stehen ein Sofa und zwei Sessel und bieten Sitzgelegenheit für die Götter. Wie die nun in die freie Berggegend gekommen sind, bleibt ein Rätsel. Hoffentlich waren die mit Frischmacher behandelt. Diese Sitzgelegenheit brauchen sie auch bald, denn Wotan hat zwei Baumeister engagiert, Fasolt und Fafner. Diesen Riesen hatte er leichtfertigerweise die Göttin Freia als Lohn versprochen. Freia hat dummerweise auch die Aufgabe, die Götter mit frischen Äpfeln am Leben zu erhalten. Ganz in leichtem Tüll, wird Freia nun zum ruppig behandelten Pfand und landet schon mal mitten in Plastikflaschen. Derweil blättert Fricka schon in 'Schöner Wohnen' Magazinen. Es hilft aber nichts, die Riesen in blau, einer mit gelben Gummistiefeln, begießen mit Bier die Fertigstellung und halten Wotan den Vertragstext vor. Die Baumeister lassen sogar eine Konfettikanone los, als sie das Modell von Walhalla überreichen. Schließlich tritt ein wunderbarere Loge (Vicent Wolfsteiner) auf, den man mit seiner Frisur, den roten Schuhen und dem orangen Hemd kaum erkennt. Bei ihm sucht Wotan nun Rat. Der Plan ist, die Riesen mit Gold zu bezahlen, das Alberich gehört. Darauf lassen sich die Riesen schließlich ein und ziehen mit Freia ab. Sofort werden die Götter schwach und müssen in Rettungsdecken auf den Sofas geschützt werden. Loge und Wotan machen sich auf zu Alberich, um ihm das Gold abzuluchsen. Tief unten in Nibelheim arbeiten die goldbepinselten Nachtalben, mit Gasmasken und in Unterwäsche an der Verschönerung und Vergoldung Nibelheims. Alberich hat seinem Bruder Mime einen Tarnhelm in Auftrag gegeben. Damit treibt Alberich erst einmal seinen Schabernack und tritt Mime, indem er den Helm benutzt und unsichtbar wird. Loge und Wotan treten auf und Loge lässt sich die Funktionen des Helms von Alberich zeigen. Alberich sitzt mit seinem Ring in einem Bürodrehstuhl. Zuerst soll sich Alberich in einen Wurm verwandeln. Tatsächlich erscheint ein Riesenwurm-Ende in Rot auf der Bühne. Jetzt will Loge noch, dass Alberich sich in eine Kröte verwandelt. Und wiederum erscheint auf dem Souffleurkasten ein grüner Frosch. Mit Kreppband fesseln nun Wotan und Loge den überrumpelten Alberich. Auch Alberich wird von dem beiden mehrfach brutal getreten. Sie hängen ihn an einem Haken auf und schneiden ihm letztendlich den Finger ab, an dem der Ring hängt. Dieser Ring hat die ganze Macht. Als letzten Gruß jagt Alberich Wotan einen Fluch hinterher. Mit grellem Gegenlicht wird nun der Schatz von den Arbeitern in Nibelheim aufgehäuft. Es sind dies goldfarbene Ölkanister. Wieder in den Sitzgelegenheiten auf besagter Anhöhe, kommen die Riesen und verlangen nun, dass Freia total mit Gold überdeckt wird. Als ihre Haare noch raus schauen, verlangen sie den Tarnhelm. Am Ende sieht man noch ihr Auge und nun fordern sie den Ring ein. Es tritt nun eine leicht bekleidete Jugendstilschönheit namens Erda mit langer Schleppe auf und warnt Wotan vor dem Ring. Erda ist wirklich eine außerordentliche Erscheinung mit dem großen Federschmuck, man könnte auch Anleihen bei den Azteken vermuten. Wieder kämpft man als Zuschauer mit dem Gegenlicht, was den Auftritt sehr dramatisch erscheinen lässt. Schließlich gibt Wotan den Ring her. Und schon geht der Streit zwischen Fasolt und Fafner los, jeder will den Ring haben. Am Ende ersticht Fafner Fasolt und zieht ihm den Ring ab. Die Götter können nun in ihre Burg einziehen, die als Akropolis-Nachbau in Pink immer wieder über die Bühne getragen wird. Mit einem Fäustling bewehrt, versucht nun Donner die Lage zu klären und die Götter einziehen zu lassen. Er öffnet eine Champagnerflasche und lässt zum Einzug der Götter die Korken knallen. Währenddessen klagen die Rheintöchter um den Verlust ihres Goldes. Die Götter ziehen in ihre LED-beleuchtete Burg.
Die Idee, die Götter als Ausbeuter der Natur darzustellen und das ganze Szenario in einem Haufen von leeren Plastikflaschen spielen zu lassen, ist jetzt so weit nicht hergeholt. Mit der Inszenierung kann man leben, sie hat ihre Höhen in der gelungenen Verwandlung Alberichs oder im Auftritt Erdas. Hat aber auch ihre Schwächen, beim Auftritt von Wotan und Fricka. Gepasst hätte das Szenario eher auf eine Götterdämmerung. Musikalisch dagegen, gibt es an dem Abend wirklich nichts auszusetzen. Man muss den sinnvollen Einsatz des großen Orchesters loben, das an entscheidenden Stellen, den Sängern den Vortritt lässt, aber auch zu brillieren versteht. Selten so einen gut besetzten Alberich und Loge gehört.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Bild: Flickr.com von copepodo
Die wiederaufgenommene Nabucco-Inszenierung von Immo Karaman in Nürnberg bedient sich sehr der Stummfilm und schwarz-weiß Ästhetik. Das fängt schon ganz am Anfang an, als eine Einblendung, wie in alten Stummfilmen auf einem schwarzen Bühnenkasten zu sehen ist. Der Schriftzug, mit dem die Szenen vorab kurz beschrieben werden, ist ganz auf die Stummfilm-Zeit zugeschnitten. Auch Fenena, die im Tempel zu Jerusalem in einer Horde schwarz-gekleideter Hebräer gefangen ist, hat eine Strass-Abendrobe an. Abigaille, die etwas brünnhildenhaft von Aarona Bogdan dargebracht wird, hat hier ihren Auftritt. Begleitet von blau angemalten Kriegern mit nacktem Oberkörper, befreit sie, begleitet von ihrem Vater Nabucco die Gefangene Fenena. Als Fenena vor dem Eintreffen der Assyrer von Zaccaria getötet werden soll, rette sie davor Ismaele. Die Hebräer verschwinden alle in dem Kasten und werden sozusagen nach Babylonien verschifft. Im zweiten Akt muss Abigaille erkennen, dass sie Tochter einer Sklavin ist. Der Vater hat in seine Abwesenheit nicht ihr, sondern Fenena die Macht übertragen. Abigalle lässt das Gerücht verbreiten, ihr Vater sei gefallen. Begleitet eben von den Kriegern und den babylonischen Göttern, entsteht ein dramatisches Gerangel um die Königskrone Nabuccos, das erst beendet wird, als Nabucco selbst auftaucht und die Krone wieder an sich nimmt. Nabucco leidet aber an Größenwahn und lässt sich nun selbst als Gott huldigen. Das ruft die den Unmut der Hebräer hervor, auf deren Seite sich nun Fenena schlägt. Im Stück ‘S’appresan gl’istanti’ kündigt sich das Unheil in Form eines weißen, baumartigen Gebildes an, das Nabucco trifft und ihn als Strafe für seinen Hochmut in den Wahnsinn treibt. Abigaille hat jetzt ihre Chance und nimmt die Macht an sich. König Nabucco irrt dabei nur noch in zerrissener Kleidung und mit langem Bart umher und darf ihre Befehle abzeichnen. Auf den Stufen der hängenden Gärten bietet sich im dritten Akt ein nettes Bild, das man so schon mal in einem Stummfilm gesehen haben könnte. Dreimal versucht der Oberpriester Abigaille zu einem Urteil gegen ihre Schwester zu ermutigen, in gespieltem Entsetzen wirft Abigaille jedes Mal einen goldenen Schemel von den Stufen, der prompt wieder durch einen weiteren ersetzt wird. Abigaille versucht nun die Hebräer und Fenena zu vernichten, indem sie den Wahnsinn des Vaters ausnützt. Beim Verrat schwebt ein Schwein über Abigaille, dessen tieferer Sinn sich nicht erschließt. Das nun folgende “Va pensiero” wird ganz in dem Filmkasten inszeniert. Die Hebräer sind hinter dem Gefängnisgitter quasi unsichtbar. Vor dem Verlies sieht man Nabucco. Das jüdische Volk ist also an den Wassern Babylons hinter Gittern und streckt die Hände ans Licht. Fenena soll nun hingerichtet werden. In der Not wendet sich Nabucco an den Gott der Hebräer. Nabucco verlässt der Wahnsinn erst, als er Baal abschwört und dem Gott der Hebräer Abbitte leistet. Er eilt in den Tempel und rettet Fenena. Inzwischen hat er wieder einen blauen Königsmantel an. Das projizierte Götzenbild im Kasten zerreißt mit einem Schlag. Getroffen von dem einstürzenden Götzenbild ist Abigalle schwer verwundet und übergibt nun Ismaele Fenena. Nabucco lässt die Hebräer ziehen. Mit einem etwas kitschigen Schlussbild, das ebenfalls aus den 10 Geboten stammen könnte, endet die Inszenierung in Farbe.
Die wahren Stars des Abends sind aber die Männerstimmen, Mikolaj Zalasinski als Nabucco, König von Babylon und Nicolai Karnolsky als Zaccaria. Aber auch Aarona Bogdan als Abigaille mit Wagnernote macht ihre Sache gut. Hat sie doch die schwierigsten Passagen gegen den lauten Chor zu bestehen. Auch die ganze Inszenierung als Monumentalfilm-Epos gelingt gut, obwohl jetzt nicht die großen Effekte im Bühnenbild aufgefahren werden. Das Opernhaus war an diesem Abend bis zum letzten Platz ausverkauft und das Publikum honorierte die sehr gute Leistung mit langanhaltendem Applaus. Peter Tilling ist neu am Pult und führte gekonnt und sehr ausgewogen durch den Abend. Auch bei einer Wiederholung, war ich wieder fasziniert, wie vor drei Jahren.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
In einer Neuinszenierung von Gabriele Rech läuft am Nürnberger Opernhaus derzeit Othello von Verdi. Man hat Othello zeitlich etwas zurechtgerückt und befindet sich irgendwo in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Auf die Frage in der Vorbesprechung, ob die Inszenierung modern oder schön sei, antwortete sie gekonnt: Schön und modern. Jetzt ist Verdis späte Oper keine Nummernopern mehr, sondern besteht zu 80 Prozent aus Rezitativen. Für mich der Versuch, die Ideen von Wagner aufzugreifen, der zur damaligen Zeit in Italien sehr in Mode war. Die Vorlage von William Shakespeare wurde aufgegriffen, aber mehrfach von Verdi überarbeitet, da er mit dem Endergebnis lange Zeit nicht zufrieden war. Othellos Gegenspieler kommt eine tragende Rolle zu, weshalb die Oper besser Jago heißen sollte.
Mit einem lauten Orchesterbrausen befindet man sich an den Küsten Zyperns. Vor einer Wand, auf der eine Gewitterstimmung aufgemalt ist, singt die Bevölkerung Zyperns und beobachtet, wie das Schiff von Othello strandet. Man sieht, wie das Schiff im Sturm anlegt und Othello auf wundersame Weise gerettet wird. Aus dem ersten Rang schmettert er ein lautes Esultate in den Zuschauerraum. Das Volk ist in teilweise in Militäruniformen, es gibt aber auch einen Priester und leichte Damen. Man feiert die Rettung von Othello und zündet in einem Ölfass ein kleines Freudenfeuer an. Dort werfen sie auch Fotos hinein. In der Feier der Rettung von Othello mischt sich Jago unter das Volk. Jago wurde bei der Beförderung übergangen zugunsten von Cassio. Da er auf Cassio neidisch ist, versucht er mit einem Trinkspiel eine Schlägerei zu provozieren. Ziel ist es, Cassio bloß zu stellen und mit der entstehenden Rauferei Othello und seine Frau Desdemona zu wecken. Und falls man es noch nicht wusste, es gibt schon Papstar Trinkbecher in Zypern, mit den sich trefflich Trinkspiele realisieren lassen. Rodrigo und Cassio geraten also aneinander und es kommt wirklich dazu, dass Othello aufwacht, um den Streit zu schlichten. Dabei degradiert er Cassio. Othello hat sich trotz seiner schwarzen Hautfarbe, die hier nur leicht angedeutet ist, einen Rang in Venedigs Flotte als Feldherr erarbeitet. Darauf ist sein Diener Jago aber neidisch, obwohl er ihn eigentlich wegen seiner Hautfarbe ablehnt. Wieder allein singen Othello und Desdemona ein wunderschönes Duett. Dass sie dabei vor den Hafentoren stehen und weit voneinander entfernt ist, ist etwas merkwürdig. Man befindet sich im Offizierskasino und versucht sich im zweiten Akt zu zerstreuen. Jago aber setzt alles daran, Othello zu vernichten. Dabei ist seine Grundhaltung sehr nihilistisch. Sein Credo, dass er an nichts glaubt, singt er vor der Feuerschutzwand des Bühnenraums. Es gibt dazu wieder die besagten leichten Damen, die zur Zerstreuung der Offiziere dienen sollen. Auf der Bühne steht ein großer Billardtisch. Das Volk Zyperns kommt mit einem Kinderchor daher, um Desdemona zu huldigen. Die Kinder spielen die Heldentaten Othellos nach und das Werben von Othello um Desdemona. Dabei streuen sie Blütenblätter und erzählen von seinen Reisen über die Meere. Jago spinnt nun seine Intrige gegen Othello weiter. Er sagt Desdemona ein Verhältnis zu Cassio nach, da sie sich immer wieder bei Othello einsetzt und um Gnade wegen seiner Degradierung bittet. Othello ist von der Aussicht, betrogen zu werden schon so außer sich, dass er einen Billard-Kö zerbricht. Auf dem Billardtisch betrinken sich Jago und Othello nun. Jago erzählt nun von dem Liebestraum von Cassio, wo bei der zerbrochene Kö wohl etwas missbraucht wird (nicht ganz jugendfrei). Othello fordert nun einen Beweis und Jago beschließt Othello einen Beweis für Desdemonas Untreue zu liefern. Othello hat Desdemona ein Taschentuch geschenkt, das er bei Cassio gesehen hat. Dass dieses noch im gleichen Akt und am selben von Desdemona benutzt wurde, hätte Othello eigentlich auffallen können, aber wo bleibt bei Liebe schon die Logik.
Othello beschwört nach der Pause Desdemona, auf das Taschentuch aufzupassen. Es wäre eine Art Talisman eingewebt und hätte Zauberkräfte. Wieder im Casino versucht Jago, Cassio zum Erzählen von seiner Liebschaft zu überreden. Othello denkt, er spreche von Desdemona, versteckt sich hinter dem Billardtisch und rastet völlig aus. Während Cassio sich über zwei Damen am Billardtisch hermacht. Cassio zieht das Taschentuch und damit ist für Othello klar, dass er betrogen wurde. Es trifft eine Abordnung des Dogen in Abendkleidern und Smoking ein. Othello wird abkommandiert. Dies wird auch in einer Videoprojektion auf die Rückwand des Bühnenraums übertragen. Othello setzt Cassio wieder als Hauptmann ein und beobachtet Desdemonas Verhalten. In jeder Regung von ihr, sieht er schon ein Zeichen ihrer Untreue und rastet von der Gesandtschaft aus und wirft seine Geliebte auf den Boden. Nun malt er sich gänzlich schwarz an. In einer Nachtszene bettet sich Desdemona nun in ihrem Hochzeitkleid zur Ruhe. Sie hat ihr Brautkleid an und denkt an ihren eigenen Tod. Othello schleicht sich nun im Dunkeln an und löscht die zwei Kerzenleuchter. Für ihn erscheint der sogenannte Ehrenmord an Cassio und Desdemona nun als einziger Ausweg. Dabei hat er Rodrigo beauftragt, Cassio umzubringen, während er Desdemona erwürgen will. Durch einen Kuss von Othello geweckt, beteuert sie weiterhin ihre Unschuld, wird aber letztendlich von Othello umgebracht. Wie sie es nun schafft, trotz des Erstickungstodes durch den Schleier, noch einmal zu singen, ist für mich echt opernlike. Der Plan gleichzeitig Cassio zu beseitigen scheitert, denn Cassio bringt Rodrigo um. Die Dienerin ruft nun um Hilfe, dass Desdemona umgebracht wurde. Cassio, Ludovico und Jago tragen die tote Desdemona raus aus dem Ehebett. Es wird klar, dass Jago der Drahtzieher des Unheils war und der macht sich nun durch den Zuschauerraum auf die Flucht. Am Ende ist Othello allein auf der Bühne und schlitzt sich mit dem letzten Ton die Kehle auf.
Teilweise gelingt es der Inszenierung, den Helden Othello als schwer traumatisierten Kriegshelden darzustellen. Mit viel Alkohol versucht er, sich über die traumatischen Ereignisse der Schlachten und seine Eifersucht hinwegzutrösten. Dabei läuft er in den knapp zwei Stunden auf Dauerhochtouren. Diese aufbrausende Überspanntheit des Othello gelingt es nur ansatzweise herüberzubringen. Das Amokläuferpotenzial könnte hier durch David Yim noch tiefer ausgelotet werden. Dagegen ist Jago (Mikolaj Zalasinski) durchweg in Bestform, wie er durch die ganze Oper intrigiert ist hervorragend umgesetzt. An dem Frauenbild, das scheinbar nur die leichte Form kennt, sollte man arbeiten. Es kommt in der Oper keiner gut weg. Da sind die zutiefst traumatisierten Männer, die nur Alkohol, Frauen und den Kampf im Kopf haben. Aber auch die Frauen kommen ihren Anteil, die hier hauptsächlich als Huren ihre Plätze finden. Die Musik durch Guido Johannes Rumstadt ist stellenweise sehr knallig und lässt den Solisten wenig Luft. Die Bühnenausstattung ist aber weitgehend gut umgesetzt.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Wer noch Karten hat für das Musical Next To Normal-Fast Normal hat, sollte diesen Beitrag besser nicht lesen und sich die Spannung nicht nehmen lassen. Allen anderen, die unbedingt weiterlesen wollen und sich die Überraschungen in dem Musical nehmen wollen, oder keine Karten mehr bekommen haben, dürfen weiterlesen.
Diana scheint das lebt scheinbar das Leben einer normalen Frau. Ihr Mann Dan, ihre Tochter Natalie und ihr Sohn Gabe scheinen das Bild einer perfekten Familie zu geben. Schon in den ersten Szenen merkt man, dass irgendwas nicht stimmt. Der Vater scheint den Sohn Gabe komplett zu ignorieren. Die Tochter macht gerade ihre Abschlussprüfungen, nimmt Klavierstunden und übt Mozart. Ihr Freund Henry nimmt dagegen alles auf die lockere Schulter, raucht Gras und ist dem Jazz nicht abgeneigt. Den normalen Haushalt bewältigt Diana bis zum Umfallen, packt Brote für die Zwischenmahlzeiten der Familie. Erst als sie diese am Küchenboden zubereitet, merkt ihr Mann, dass wieder einmal was nicht stimmt mit seiner Frau. Seine Frau leidet seit 16 Jahren an einer bipolaren Störung. Dagegen nimmt sie Tabletten, die ihr Dr. Fine mit österreichischem Dialekt verordnet. Übergroß tanzen die Tabletten auf der Bühne. Dr. Fine ordnet immer wieder neue Kombinationen der Medikamente an. Sie geht immer wieder zu dem Arzt und schildert die Nebenwirkungen seiner Therapie, bis sie der Meinung ist, nichts mehr zu spüren. An dem Punkt erklärt der Arzt seine Behandlung für erfolgreich. Dann wird ihr das Schlucken der Tabletten zu viel. Sie sehnt sich nach den Höhen und Tiefen des Lebens und sie leert die Pillen-Dosen in einen Eimer und schüttet sie in die Toilette. Mit den Worten, ihr Haus hätte jetzt die glücklichste Toilette in der Stadt, geht sie wieder ihrer Hausarbeit nach, ist übermäßig aktiv, bis ihr Mann drauf kommt, dass sie ihre Medikamente wieder nicht nimmt. Dies fällt allen auf, als sie eine Torte für ihren Sohn Gabe zubereitet und dessen Geburtstag feiern will. Ihre Tochter und ihr Mann sind entsetzt. Ihr Mann schickt sie zum Arzt Dr. Madden. Den Doktor Madden hält sie zeitweise in ihren Fantasien für einen Rockstar. Dort unterzieht sie sich einer Psychotherapie, wobei raus kommt, dass Ihr Sohn Gabe gar nicht mehr lebt. Dies erreicht er durch eine Hypnose, an die Diana zuerst nicht glauben will. Der Arzt meinte, es wäre wohl Zeit sich von ihrem Sohn zu verabschieden. Schließlich packt sie eine Kiste zusammen und beschließt das Zimmer ihres Sohns zu räumen. In einer Traumszene tanzt sie einen Walzer mit ihrem Sohn Gabe. In Wirklichkeit hat sie sich die Pulsadern aufgeschnitten. Die Krankheit sitzt bei Diana scheinbar tief. Man beschließt, das letzte Mittel anzuwenden und eine Elektrokrampftherapie anzusetzen. Nach Langem hin und her, willigt ihr Mann Dan schließlich ein.
Im zweiten Akt stürzt sich die Tochter immer weiter in die Drogensucht. Sie vergreift sich am Medikamentenschrank ihrer Mutter und putscht sich mit deren Medikamenten auf. Ihre Mutter steht derweil im Krankenhaus 14 Tage lang wortwörtlich unter Strom. Nach fünf Tagen Party und einer Disko nach der anderen, bricht sie zusammen und wird von ihrem Freund Henry heimgebracht. Ihre Mutter kommt nun von der Elektrokrampftherapie zurück und hat dort als Nebenwirkung einen totalen Gedächtnisverlust erlitten. In fieser Weise versucht nun ihr Mann Dan, die Vergangenheit zu verändern. In einer Biographiekiste mit Bildern, versucht er ihrem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Er präsentiert ihr nur schöne Erinnerungen, die Probleme versucht er damit zuzudecken. Nur ihre Tochter hilft nach und zeigt auch Bilder von unschönen Erlebnissen. Dann kommt das Gedächtnis so nach und nach zurück. Die Erinnerung an ihren Sohn Gabe fehlen aber. Auf der Suche nach diesem Stück Erinnerung geht sie wieder zu Dr. Madden. Der gibt einen ersten Hinweis auf ihren Sohn und meinte, sie solle mit ihrem Mann reden. Sie findet dann Zuhause eine Spieldose, die die Erinnerung an den Sohn wieder herstellt. Diese zertrümmert Dan am Boden. Dan erzählt nun, dass der Sohn viel geschrien hätte und die Ärzte die Ursache seines Schreiens nicht deuten konnten. Gabe starb mit dem Alter von 8 Monaten an einem Darmverschluss. Dies war der Dreh und Angelpunkt, an dem die Krankheit von Diana begonnen hat. Diana geht nun wieder zu Dr. Madden, sagt, dass sie wieder ihren Sohn sehe. Dieser ordnet weitere Therapien an, die sich nun Diana verweigert. Diana hilft nun ihrer Tochter noch zum Ball, verlässt dann aber ihren Mann und geht zu ihren Eltern. Dan geht immer wieder zu Dr. Madden und fragt nach seiner Frau, ist aber dann auch zu einer Therapie bereit. Schließlich ist auch ihr Mann so weit, dass er seinen toten Sohn sieht und seinen Namen nennt: Gabriel. Die Tochter und ihr Vater sind dann allein. Auch die Tochter zweifelt an ihrem Verstand und erzählt nun ihrem Freund vom Schicksal ihrer Mutter. Am Ende steht ein Ausblick auf Besserung, aber es gibt kein Happy End.
Am Ende steht ein fast 10-minütiger Applaus. Die Besetzung des Stücks ist mit Pia Douwes als Diana, Thomas Borchert als Dan und Sabrina Weckerlin als Natalie wirklich hochkarätig. Titus Hoffmann übersetzte das Stück und inszeniert treffend. Pia Douwes gelingt es, die Höhen und Tiefen von Diana feinfühlig auszuloten, ohne in den Kitsch abzugleiten. Auch Thomas Borchert als Dan ist in seiner ‚Alles-wird-gut‘-Manier umwerfend gut. Sabrina Weckerlin als Natalie gelingt es geschickt, die vernachlässigte, ungeliebte Tochter zu spielen. Die Musik kommt mit einem kleinen Sechsmannorchester aus, die bisweilen etwas E-Gitarrenlastig und rockig aufspielen. Mit dem Kniff, Gabriels Tod erst weit im zweiten Akt aufzuklären, gelingt es, die Spannung aufrechtzuerhalten, das ist hier deutlich besser gelöst, als in der Vorlage. Dass Gabriel als Untoter auftritt hat, etwas von der Spannung in Sixth Sense. Man braucht etwas, um zu verstehen, warum sein Vater ihn am Anfang so permanent ignoriert. Die deutsche Erstaufführung dieses Stück war sicher ein großer Coup des Stadttheaters und die Besetzung ebenfalls. Die Karten für diesen Abend besaßen wir schon seit fast einem Jahr und das Warten hat sich gelohnt. Der Stoff ist neuartig und wird gekonnt in Szene gesetzt. Allen, die noch Karten bekommen haben, einen Glückwunsch: es lohnt sich wirklich.
Nachtrag: Die CD-Aufnahme ist nun auch verfügbar zum Beispiel hier.
Quelle: MERCUTIOmedia