Per Zufall und über drei Ecken bin ich an eine Karte für die Meistersinger von Nürnberg in Bayreuth gekommen. Ich sah die viel besprochene Inszenierung von Katharina Wagner.
Im ersten Aufzug bauen die Lehrbuben und Mädchen die Tische auf, an denen die Meistersinger später Platz nehmen sollen. Hans Sachs ist ein kettenrauchender Schreibmaschineschreiber, der mit deutlichem Anschlag Verse verfasst. Walther von Stolzing ist ein Maler, der mit viel weißer Farbe, ein Cello, einen Flügel und die ganze Bühne bemalt. Mit Rastalocken gibt er sich ganz als junger Wilder, der die Konventionen über den Haufen wirft. Pogner verspricht seine Tochter Eva einem Meistersinger. Walter von Stolzing bewirbt sich also mit einem Probegesang. Die Meistersinger treten auf. Hans Sachs sitzt an der linken äußeren Ecke, ihm gegenüber sitzt Beckmesser, der den Gesang beurteilen soll. Mit einem Regelbüchlein, das aus einer Frauenkirchen-Nachbildung entnommen wird, verpflichten sich alle dem Regelwerk. Stolzing trägt seinen Gesang vor, indem er drei Bildrollen mit modernen Grafiken entrollt. Beckmesser fällt aber ein vernichtendes Urteil über Stolzings Gesang. Mit einem wilden Einsatz eines Eimers Farbe, wehrt sich Stolzing im Tumult gegen das Urteil, geht aber im allgemeinen Tumult mit seinem Lied unter.
Im zweiten Aufzug geht es schon wilder zur Sache. Einerseits beginnt der Akt ruhig mit dem Monolog des Hans Sachs über den Vortrag des Stolzing. Statt wie es vorgesehen ist, zu schustern, hackt Hans Sachs auf die Schreibmaschine ein und dichtet Verse, die er immer wieder aus der Schreibmaschine reißt und zerknüllt. Beckmesser glaubt seine Liebesweisen Eva vorzutragen, in Wahrheit singt er es aber Magdalene vor. Sachs kommentiert hier in dieser Aufführung die Weise mit Schreibmaschinengeklappere. Es fallen ständig Schuhe aus dem Bühnenhimmel auf die Bühne. Nun wachen die Bewohner auf und auf der Bühne findet ein heftiger Einsatz von Farbe zum bunten Johannistreiben statt. Die Szene endet in einer wilden Farborgie und in einem turbulenten Chaos. Vor allem diese Szene kommt beim Publikum gar nicht gut an. Auch im Publikum gibt es daraufhin Tumult und Buhrufe.
In einer schicken modernen Wohnung grübelt Hans Sachs über den Tumult der letzten Nacht im dritten Akt. Hans Sachs ist überzeugt, daraus ein Meisterlied zu machen. Stolzing wurde von Sachs aus dem Tumult gerettet und ist von dessen Talent überzeugt. Beckmesser tritt total umgestylten und mit einem T-Shirt mit der Aufschrift Beck in Town auf. Hans Sachs gibt ihm ein Lied als Text mit, mit dem er am nächsten Tag um Eva werben soll. Es folgt ein etwas schwer verständlicher Auftritt von übergroßen Kopfmasken, die zur musikalischen Verwandlung tanzen. Am Wettgesang auf der Festwiese, die einer Tribüne des Aufmarschplatzes in Nürnberg nachempfunden ist, findet sich das Volk ein. Während Beckmesser sein Liebeslied vorträgt, entsteigt ein nackter einem Erdhaufen. Es kommt eine leichtbekleidete Frau hinzu. Das etwas nackte Liebespaar soll wohl das Misslingen des Vortrags von Beckmesser darstellen. Nach einer Weise von Hans Sachs trägt Stolzing sein Lied vor, bei dem ein Prinz im Märchenkostüm eine Prinzessin freit. Unter dem Sternenhimmel sieht man, dass der Vortrag von Stolzing glückt. Die Meister und das Publikum sind überzeugt. Es werden ein goldener Hirsch und ein Scheck als Aufnahme in die Meistergilde angeboten. Stolzing lehnt zunächst ab, es folgt ein eindringlicher Monolog von Hans Sachs, doch die Meister zu achten. Das Publikum ist euphorisch und Stolzing nimmt die Meisterehre an.
Mit viel Applaus des Bayreuther Publikums für die Sänger und den Chor endet die Vorstellung. Einzig mit der Regie ist das Publikum unzufrieden. Ob zu Unrecht oder nicht, mir hat es ausnehmend gut gefallen, auch die moderne Inszenierung störte mich nicht. Musikalisch ist Bayreuth ein einzigartiges Erlebnis, das ich nur jedem empfehlen kann. Bei den Temperaturen sind 4:30 Minuten Wagner (reine Spielzeit) natürlich eine Herausforderung. Vom Nürnberger Opernhaus ist man natürlich mit Obertiteln verwöhnt, die hier fehlen.
Tosca ist eine Oper des Verismo, die eine schonungslose Darstellung der Wirklichkeit anstrebt. Ort und Zeit sind genau festgelegt, daher eignet sich das Stück eher wenig für das Regietheater. Hier in Nürnberg versucht man es dennoch. Meiner Meinung nach steht und fällt die Oper mit dem Ende, bei dem Tosca von der Engelsburg springt. Gelingt dieser fulminante Schluss einer Tosca, ist die Aufführung gelungen. Leider versagt hier die Aufführung in Nürnberg den klassischen Schluss. Am Ende wird Tosca platt von Spoletta dem Polizeiagenten erwürgt. Dabei hat alles so gut angefangen.
Im ersten Akt sieht man eine klassische Inszenierung der Kirche Sant’Andrea dell Valle. Schräg verlaufen die Stuhlreihen der Kirchenbestuhlung zur Kirche. Rechts vorn ist die Staffellage des Malers Cavaradossi. Schon der Auftritt des blutüberströmten Angelotti passt so gar nicht zum plüschigen Ambiente. Auch scheinen die Künstler die gemalten Kirchenwände der Kirche nicht so ganz ernst zu nehmen und rollen, hier und da, die Leinwände hoch und kommen unter der Leinwand hervor. Angelotti wird von Cavaradossi in einem Brunnenschacht versteckt. Tosca, die Opernprimadonna betritt in einem langen Gewand die Bühne, ebenfalls klassisch aus dem 19. Jhd. Auch Cavaradossi läuft im klassischen Bühnenoutfit durch die Szenerie. Tosca erklimmt die Malerbühne mit einigen Schwierigkeiten, das bodenlange Kleid ist für solche Kletteraktionen denkbar ungeeignet. Eifersüchtig besteht sie darauf, dass die Maria Magdalena, die blaue Augen hat, in schwarze Augen umzuändern. Sie erkennt in der schönen Unbekannten die Schwester von Angelotti, die Gräfin Attavani und rast vor Eifersucht. Tosca verlässt mit diesem künstlerischen Auftrag die Kirche. Angelotti, der ziemlich schlimm mit viel Theaterblut hergerichtet ist, verlässt die Bühne in sein Versteck. Aber Angelottis Flucht wird entdeckt. Mehrere Kanonenschüsse von der Engelsburg verkünden Angelottis Flucht. Dem Flüchtigen folgen der Polizeichef Scarpia und seine Gehilfen. Allerdings beginnt es hier zu kippen. Scarpia steckt im feinen Zwirn des 20. Jahrhunderts, elegant und mit goldener Brille. Tosca erscheint wieder und geschickt versteht es Scarpia die Eifersucht der Tosca auf die Attavani anzufeuern, indem er ihr einen Fächer hinhält und sagt, dass sie hier war. Tosca will nun Cavaradossi zur Rede stellen und wird von Spoletta, dem Polizeiagenten Scarpias verfolgt.
Im zweiten Akt gibt es schon den Bruch. Statt des Palazzo Farnese, den Räumen Scarpias sieht man die Garderobe Toscas. Die Garderobe hat eine Zentralheizung, elektrisches Licht und große Spiegel und Einbauschränke in Weiß. Allerspätestens hier erkennt man, dass Tosca in einem Bühnengewand durch die Szenerie läuft. In einem Seitengang der Garderobe wird nun Cavaradossi gefoltert, um ihm den Aufenthaltsort Angelottis zu entlocken. Scarpia bedient sich der Bühnengarderobe von Tosca und setzt sich eine Perücke auf. In dem langen blauen Abendkostüm wirkt er unfreiwillig komisch, wenn er besingt, dass er alle schönen Frauen haben will und Tosca nur eine Eroberung ist. Scarpia durchwühlt deren Garderobe. Die Verfolgung Toscas und damit Cavaradossis hat nicht den erhofften Erfolg gebracht. Die Folterung von Cavaradossi findet in Hörweite Toscas statt. Scarpia erhofft, das Tosca durch die Schreie von Cavaradossi weich wird und den Aufenthaltsort Angelottis Preis gibt. Er zeigt sich hier uneinsichtig und besteht im Gegenteil, als er von Napoleon Sieg hört, zu den Idealen der Revolution. Cavaradossi wird wieder abgeführt und weiter gefoltert. Angelotti begeht Selbstmord in der Zelle. Ganz ohne ihre schwarze Perücke und mit hängendem Schulterkleid singt Tosca ihr Vissi d’arte, wo sie mit ihrem Schicksal hadert. Da hat die Primadonna jeden Glanz verloren. Als letzten Ausweg sieht Tosca nur, sich Scarpia hinzugeben, wenn er ihr und Cavaradossi freies Geleit nach Civitavecchia gibt. Scarpia unterschreibt den Passierschein und verspricht Cavaradossi nur zum Schein hinrichten zu lassen. Tosca hat in ihrer Garderobe einen Dolch und ersticht mit viel Theaterblut Scarpia, das sich auf den weißen Schrankwänden verteilt.
Im dritten Akt sieht man dann eine ganz leere schwarze Bühne. Die Engelsburg sieht also aus, wie ein Probenraum von Tosca. Es gibt Schränke auf der Seite. Auf der Bühne säubert eine Reinigungskraft mit einem Putzzuber aus dem 20. Jhd. zu den Klängen der Hirtengesänge die Bühne. Den Geruch der Reinigungsmittel kann man bis in den 3. Rang riechen. Tosca kommt auf die leere Bühne und klärt Cavaradossi auf, dass die Hinrichtung nur zum Schein sein wird. Er solle sich nur überzeugend fallen lassen und warten, bis alle Soldaten gegangen sind. Sie hätte den Passierschein für freies Geleit. Leider wird Cavaradossi wirklich von dem Erschießungskommando hingerichtet, auch hier ist Tosca von Scarpia getäuscht worden. Inzwischen ist der Mord an Scarpia erkannt worden und die Gendarmen suchen Tosca, statt sich, wie gesagt, von der Engelsburg zu stürzen, wird sie von Spoletta erwürgt.
Ja, was will man nun zu dieser Tosca sagen. Das Orchester war gut, die Sänger ebenfalls, leider konnte mich zumindest die Inszenierung nicht sonderlich überzeugen. Gerade dieses uminterpretierte Ende stört. Die Oper kommt mit viel Theaterblut daher, was sicher auch zum Realismus gehört. Die Verlegung der ortsgebundenen Handlung an andere Orte stört. Tosca ist nun mal Verismo und da muss es plüschig sein. Die Deutung des Regisseurs ist nun mal Geschmackssache.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
In der autobiografischen Oper der Ferne Klang, erzählt Franz Schreker quasi seine eigene Geschichte. Die Nähe seines Namens zur Hauptperson Fritz scheint kein Zufall. Auch dass die Hauptperson Grete heißt und seine damalige Freundin eben diesen Namen trägt, deutet ebenso darauf hin. Auch Franz Schrekers Lebensweg war nicht frei von Misserfolgen. Seine Oper selbst wurde in den zwanziger Jahren euphorisch als neuer Weg der Oper gefeiert. Jedoch konnte er mit der musikalischen Entwicklung seiner Zeit nicht mithalten, weshalb beispielsweise eines seiner letzten Werke schon an den Druckkosten für die Partitur scheiterte. Musikalisch steht er nach meinem Geschmack in einer Reihe mit Richard Strauß, dessen Werk Salome und auch der späte Wagner durchaus Einfluss auf diese Oper hatte. Diese Oper nimmt Schrekers eigenen Lebenslauf vorweg. Schreker selbst gehörte während des Dritten Reiches zu den geächteten Komponisten. Man nahm hauptsächlich Anstoß an der freizügigen Darstellung von Sexualität. Daher verschwand er völlig von den Spielplänen. Die Oper Nürnberg setzt nun sein erfolgreichstes Werk wieder auf den Spielplan.
Die Oper spielt in drei Akten, wobei jeder Akt unter einem eigenen Motto steht. Aufbruch, Entwicklung und Tod könnten die Lebensabschnitte heißen.
Im ersten Akt beschließt der junge Komponist, den fernen Klang zu finden und in einem Werk einzufangen. Er verspricht zurück zu kommen, wenn er Erfolg haben wird. Er verlässt Grete, seine junge Freundin. Erzählt wird nun Gretes Lebensweg. Ein trinkender Vater verspielt Grete beim Kegeln an den Wirt. Die Familie ist hochverschuldet. Ihre Mutter findet keinen Ausweg aus der Misere. Als der Wirt Grete zudringlich wird, flieht sie in den Wald. Dort trifft sie auf eine alte Frau, die wohl eine Hexe sein könnte. Sie hält Grete davon ab, sich in den See zu stürzen. Es tritt ein Kinderdouble Gretes auf, das der alten Frau folgt. Die Wahrheit ist, dass die alte Frau eine Kupplerin ist.
Im zweiten Akt ist Grete dann in einem Bordell in der Nähe des Lidos von Venedigs gelandet. Sie ist der umjubelte Star des Etablissements und schwebt mit einer Federboa in die Bordellgesellschaft ein. Jeder, der möchte, solle eine anrührende Geschichte über die Liebe zum Besten geben. Es beginnt ein Graf, der wieder autobiografisch seinen Lebenslauf erzählt. Gefolgt wird er von einem Chevalier, der seine Geschichte von der eigenen Frau erzählt, die ein Blumenmädchen in Sorrent war. Diese Mädchen waren damals auch Liebesdiensten nicht abgeneigt. Schließlich erscheint Fritz, der seine Geschichte erzählt. Er habe damals vor zehn Jahren seine Liebe verlassen, um einen Klang zu suchen. Er erkennt in der Bordelldame seine Grete von damals. Er hätte die Chance sie zu retten, verstößt sie aber als Dirne, als er erfährt, dass sie schon 100 Männer vor ihm hatte. Grete wirft sich nun den Grafen an den Hals und beendet den Akt mit einem freizügigen Tanz zu einer Zigeunermusik. Allerspätestens in diesem Akt würde heute eine FSK zuschlagen und die Altersbegrenzung für das Stück anheben. Die Darstellung des Bordells ist sicher nicht jedermanns Geschmack. Auf der Bühne sieht man Paare in Liebesstellungen, Männer mit Netzhemden, Peitschen und Ähnlichem. Das zusammen mit einem sehr knalligem Stilmix in der Musik führt dazu, dass dieser Akt doch recht schwer verdaulich ist und man geneigt ist, die Aufführung hier zu beenden, was zweifellos auch einige Besucher getan haben.
Im dritten Akt sieht man eine gealterte Grete, die die Aufführung des Stückes Die Harfe besucht und von den ersten beiden Akten sehr angetan ist. Sie ist so gerührt, dass sie die Oper nach dem zweiten Akt verlassen hat. Die Musiker unterhalten sich über die ersten Akte der Oper, die gutes Potenzial hat. Es treffen auch Leute aus der Wirtshausgesellschaft des Anfangs ein, die komplett dem Alkohol verfallen sind. Das Ganze sieht aus wie ein S-Bahnsteig. Fritz der Komponist ist schwer krank. Im Schlussakt der Oper kommt es aber zum Skandal. Die Leute verlassen seine Aufführung und er ist gehalten, ein anderes Ende zu komponieren. Es tritt für mehrere Minuten Dunkelheit ein und in einer Art Siegfrieds Rheinfahrt erklingen Takte aus der Oper. Am Schluss trifft Fritz, der gescheiterte Komponist, seine Grete. Der Grund für das Scheitern seines Werks erklärt sich wohl darin, dass es ein Fehler war, Grete in jungen Jahren verlassen zu haben. Grete selbst ist mit dem Grafen ebenfalls nicht glücklich geworden. Nach wenigen Jahren hatte der Graf ihre Gesellschaft satt und es begann ihr Abstieg. Fritz selbst hört noch mal den fernen Klang, als er in Gretes Armen am Schluss der Oper stirbt. Die Jagd nach dem fernen Klang hat ein Ende. Die Musik nimmt dabei eine ungewohnt ruhige Wendung und ist wirklich ergreifend, was all diejenigen bestraft, die im zweiten Akt das Weite suchten.
Der Ferne Klang ist sicher eine Art Missing Link zwischen Richard Strauß und Alban Berg. In der Oper bedient er sich vieler Zitate. So meint man die Besingung der Liebe, inhaltliche Zitate aus dem Tannhäuser zu hören. Auch die kleine Symphonie im Zwischenspiel des dritten Aktes erinnert an Siegfrieds Rheinfahrt. In musikalischer Hinsicht ist das Werk durchaus sehr interessant, steht aber der Moderne näher, als dies Strauß tut.
Carmen wird in der Neuinszenierung in Nürnberg vom Süden Spaniens nach Mexiko versetzt. Der Ort heißt nicht mehr Sevilla, sondern vielleicht Ciudad Juárez. In der Nähe einer Grenze zu den USA steht eine Fabrik, in der an der Nähe eine Wache steht. Eine junge Frau namens Michaela erkundigt sich nach José. Sie hätte einen Brief seiner Mutter. Der Offizier sagt, dass José erst mit der nächsten Wachablösung kommt. Auf der anderen Seite der Absperrung läuft ein veritabler Rottweiler Wache. Das bunte Treiben vor der Mittagspause kumuliert in einer Müllschlacht zwischen den Soldaten und den Straßenjungen. Die Damen aus der Fabrik haben Pause und kommen rauchend und lärmend aus der Zigarrenfabrik. In blauen Waschzubern befreit sich Carmen vom Staub der Arbeit. Carmen stimmt ihre Habanera an und schafft es alle Männer außer José zu fesseln. Provozierend wirft sie ihm eine Blume ins Gesicht. Danach verschwinden Sie wieder in der Fabrik. Etwas später kommt es zu einem Streit in der Fabrik. Carmen hat eine ihrer Kolleginnen mit dem Messer verletzt. Die raufenden Frauen sind nur schwer auseinander zu bringen. José fesselt Carmen an das Absperrgitter. Nun beginnt Carmen gezielt José zu umgarnen. Er solle sich von ihr in den Staub stoßen lassen, den Rest würde sie schon erledigen. Man träfe sich in Lila Pastias Kneipe wieder. Er erliegt schließlich ihrem Plan und Carmen entkommt. Lilas Pastias Kneipe sieht aus wie ein Biergarten mexikanischer Prägung. Es betritt der Stierkämpfer Escamillo die Szene. Auf seinem schwarzen Kostüm ist ein Skelett aus silbernen Pailletten genäht. Von vorn sieht das noch einigermaßen passabel aus, aber die Beckenknochen auf der Rückseite wirken schon sehr albern. Escamillo singt sein ‘Toreador’ und verschwindet wieder. Es folgen ihm Schmuggler. Die Frauen sollen den Schmugglern mit ihren Verführungskünsten die Zöllner vom Hals halten. Mit einer kleinen Choreografie heitern sie die Szene auf. José muss wegen der Freilassung der Carmen eine einmonatige Strafe absitzen, die just an diesem Abend zu Ende ist. Die Blume, die ihm Carmen zugeworfen hat, hat in seiner Gefangenschaft geduftet. Mit ihren Verführungskünsten versucht sie José rum zu bekommen. Als der Zapfenstreich erklingt, will José aber aufbrechen. Carmen ist enttäuscht. Sie verwickelt ihn in eine Diskussion um die wahre Liebe und sagt, wenn er sie wirklich lieben würde, würde er mit ihr in die Berge gehen. Man sieht im Hintergrund wieder den Tod lauern. Der Offizier kommt rein und ist rasend eifersüchtig auf José. José hat nun keine Wahl mehr, als sich den Schmugglern anzuschließen. Die Berge sind in dieser Inszenierung der Zaun zwischen den USA und Mexiko. Durch ein Loch im Zaun, der wieder von dem Rottweiler bewacht wird, treiben die Schmuggler ihr Unwesen. Das Lagerfeuer ist ein brennendes Ölfass. Dort legen Carmens Freundinnen die Karten. Während die Karten bei den Freundinnen Reichtum voraussagen, ist es für Carmen immer nur der Tod. José muss das Schmugglerlager bewachen. Er feuert auf den sich nahenden Escamillo, ohne ihn zu treffen. Escamillo hat auch die Leidenschaft zu Carmen hierher getrieben. Es kommt zu einem Messergefecht zwischen Escamillo und José. Den Schmugglern gelingt es nur mit Mühe, die beiden zu trennen. Zum Dank lädt Escamillo alle nach Sevilla zum Stierkampf ein. Wieder lauert der Tod über der Absperrung. Auch im letzten Akt hat sich der Tod unter die Besucher des Stierkampfes gemischt. Dem Stierkampf zugewandt, singen alle Akteure mit dem Rücken zum Publikum. José lauert Carmen auf. Am Ende sind José und Carmen allein auf der leeren Bühne. José versucht verzweifelt Carmen noch einmal umzustimmen und von Escamillo ab zu lassen. Bei Carmen hält aber keine Liebe länger als sechs Monate. Carmen wirft José den Ring vor die Füße. Statt mit dem Messer, bringt José Carmen mit lautstarken Schüssen um. Tödlich getroffen sinkt diese am Zaun zusammen.
Wegen der zurückhaltenden, leidlich, modernisierten Inszenierung, wird diese mexikanische Carmen sicher ein Publikumserfolg. Nicht umsonst gehört dieser Opern Hit zu den meistgespielten Opern der Welt. Die häufige Herbeizitierung des Todes in Form eines kostümierten Skelettes nervt etwas und ist nichts für schreckhafte Zeitgenossen mit Opernglas. Etwas zu krachig kommt das Orchester bisweilen daher. Anna Lapkovskaja war in unserer Inszenierung die Carmen und sie macht ihre Sache sehr gut.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Die Hexe (Albrecht Dürer)
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Unglaublich, wie hier im Opernhaus der Untergang von Macbeth zelebriert wird. Am Anfang sieht man fünf Jungen, die auf einer wüsten schwarzen Anhöhe Fußball spielen. Es könnten fast Macduffs fünf Kinder sein, die sich hier vergnügen. Bis die Hexen auf der Bühne erscheinen. Krakelend und schimpfend besteigen sie in schwarzen Abendkleidern aus dem Zuschauerraum die Bühne. Sie prophezeien Macbeth, dass er bald König wird. Seinem Mitstreiter Banquo sagen sie, dass er der Vater von Königen sein wird. Beide waren zusammen siegreich im Kampf für den König Duncan. Sie schwingen dabei ihre Abendtäschen und leeren Säckeweise Torf auf der Bühne aus.
In einem Stahlzimmer wartet auf ihrer Burg Lady Macbeth und liest einen Brief des Gattens mit der Prophezeiung der Hexen. Duncan übernachtet auf dem Schloss. Lady Macbeth stachelt dabei ihren Mann an, den König Duncan zu ermorden. Dieser gibt schließlich nach und bringt den König um. Lady Macbeth eilt hinterher und versucht den Mord zu vertuschen. Am nächsten Morgen kommt Macduff auf die Burg. Der tote König wird auf die Bühne gezogen. Während der Umbauten klappt das Stahlbehältnis geräuschvoll auseinander.
Im nächsten Akt betreten der König Macbeth und seine Frau, ganz in Gold und mit Krone die Bühne. Macbeth ist also wirklich König von Schottland geworden. Banquo gerät in eine weitere Verschwörung von Macbeth und stirbt, während sein Sohn noch entkommen kann. Im nächsten Aufzug sieht Macbeth auf einem Bankett den toten, blutüberströmten Duncan. Der Geist des ermordeten Banquo hat den Platz an Macbeths Tafel eingenommen. Lady Macbeth versucht ihren Mann zu beschwichtigen.
Im dritten Akt erscheinen wieder die Hexen. Macbeth verlangt von ihnen eine neue Prophezeiung. Während über ihm die Hexen im eigenen Urin versuchen die Zukunft zu lesen. Ihn würde keiner besiegen, der von einer Frau geboren werde und seine Herrschaft würde so lange dauern, solange nicht der Wald von Birnam gegen ihn vorrücke. Die Hexen haben ihre Ballroben abgelegt und tragen nur weiße Unterwäsche. Sie geben Macbeth von dem Urin zu trinken, worauf krachend Blitze zücken. Wieder erscheint ihm Banquo. Erst mit dem Auftritt der Lady Macbeth findet er seine Fassung wieder. Lady Macbeth rät ihrem Mann, Macduffs Familie auszulöschen. In dem Zwischenspiel sieht man auch den Mord an zwei Kindern.
Macduff hat inzwischen seine Scharen gesammelt. Malcolm befiehlt den Kämpfern sich mit einem Ast aus dem Wald von Birnam zu tarnen. Durch einen Wasserfall eilen ihm Flüchtlinge entgegen in Regenumhängen, die von den Gräueltaten Macbeths berichten. Im Schloss versucht sich Lady Macbeth von ihren Bluttaten durch ständiges Händewaschen zu reinigen. Im Wahnsinn sieht sie die Mordopfer vorüberziehen. In der Stahlkammer erfährt Macbeth nun vom Tod seiner Frau. Die Wände werden mit Blut beschmiert. Soldaten berichten, dass sich der Wald auf die Burg zubewegt. Somit erfüllt sich die Prophezeiung der Hexen. Macduff erscheint auf der Bühne, in dem er ein Bäumchen vor sich herträgt. Im Zweikampf stellt Macduff Macbeth und tötet ihn. Macduff wurde nämlich nicht geboren, sondern wurde aus dem Mutterleib geschnitten. Macbeth fällt. In totaler Verwüstung endet die Oper. Malcolm wird neuer König.
Wer wirklich den Mut hat und sich dieser Zerstörungsoper auszusetzen wird mit einem Abend mit verstörenden Bildern konfrontiert. In keiner Oper Verdis wird das Wort Blut so häufig ausgesprochen. Am Ende der Oper sieht man wirklich ein Bild totaler Verwüstung. Leider sind bei dieser Oper die deutschen Übertitel schlecht lesbar gewesen, was wesentlich zur Klärung der Handlung beigetragen hätte. Auch gab es einen Zuschauer, der seinem Missmut über das Regietheater lautstark kundtat. Die Sänger, allen voran Mikolaj Zalasinski als Macbeth beeindrucken.
Quelle: Staatstheater Nürnberg