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Moulin Rouge – A bad romance?
Was genau ist ein Jukebox-Musical? Um das herauszufinden, fuhren wir in der Weihnachtszeit in den Musical Dome in Köln. Wenn das Hören von Bravo Hits jemals für einen Beitrag im Opernblog sinnvoll war, dann hier. Mit Bravo Hits 2024 vorgeglüht, ist man gut vorbereitet für eine Pop-Revue im TikTok-Stil. Viele der Pop-Hits auf diesen Sampler-Alben werden nur 20 Sekunden lang angespielt, sind oft verfremdet oder stark bearbeitet. So ist „Bad Romance“ von Lady Gaga zwar noch erkennbar – etwa im argentinischen Paso-Doble-Stil – aber kaum wiederzuerkennen. War das etwa eine „Bad Romance“ mit der GEMA, die sich hohe Hit-Dichte mit Tantiemen sicher großzügig bezahlen ließ?
Die Handlung des Musicals ist eine Mischung aus La Bohème und La Traviata. Sie erzählt die Geschichte von Christian, einem Liedtexter aus Ohio, der nach Paris kommt und sich in Satine, den „Diamanten“ der Show im Moulin Rouge, verliebt. Christian ist entschlossen, als Songwriter für eine neue Show des Moulin Rouge durchzustarten. Er ist auf der Suche nach dem perfekten Liebeslied. Gemeinsam mit Toulouse-Lautrec und Santiago bildet er ein Trio, das an die Künstlergruppe aus La Bohème erinnert.
Das Bühnenbild ist aufwendig gestaltet: Immer wieder sieht man den Eiffelturm oder andere Anklänge an Paris. Gerne hätte ich ein Bild des prächtigen Innenraums des Theaters gemacht, doch Fotografieren ist leider verboten.
Der Startsong „Lady Marmalade“ bereitete mir persönlich einige Schwierigkeiten, wird jedoch mehrfach aufgegriffen. Das Moulin Rouge und der homosexuelle Conférencier Harold Zidler stehen vor dem Bankrott, alle Mitarbeiter sollen entlassen werden. Ein reicher Graf, der Duke von Monroth, soll die Show retten. Es kommt jedoch zu einer folgenreichen Verwechslung zwischen dem Duke und dem Komponisten Christian.
In der Garderobe des Elefanten, wo der Duke erwartet wird, erscheint Christian, der sich in Satine verliebt. Der Duke hingegen ist von Satines Auftritt vollkommen hingerissen und sieht in ihr den perfekten „Diamanten“, der seiner Bucket List noch fehlt. Doch bevor die Verwechslung aufgedeckt wird, hat Satine ihr Herz bereits an Christian verloren – inspiriert von seinem Lied „Your Song“ (Elton John). Die zentrale Melodie, insbesondere der Satz „I will love you until my dying day“, wird immer wieder aufgegriffen.
Satine ist, ähnlich wie die Hauptfigur in La Traviata, an Tuberkulose erkrankt und stirbt im zweiten Akt. Das Verwirrspiel in der Garderobe löst sich schließlich auf, und Christian entwickelt mit Hilfe des Geldes des Dukes eine neue Show. Der Duke kauft das Moulin Rouge und es wird eine Inszenierung „im Stück“ entwickelt, die thematisch La Traviata widerspiegelt. Die Handlung wird aus dem Stegreif entwickelt und geht um einen Matrosen und eine Frau zwischen einem Graf und dem Seemann.
Satine und Christian treffen sich weiterhin heimlich, während der Duke immer mehr von Satine fordert. Auch musikalisch bleibt es ein Hitmix: Der Can-Can aus Orpheus in der Unterwelt und die unvermeidliche Carmen finden ihren Weg in das Jukebox-Musical. Zudem hat man für die deutsche Version das Motiv „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und „Über den Wolken“ eingebaut. Das Finale gipfelt in einem opulenten Schlussbild, bei dem sogar zwei Vertikaltuchakrobaten zum Einsatz kommen.
Der zweite Akt startet mit einem Medley aus „Bad Romance“, „Seven Nation Army“, „Sweet Dreams“, „Tainted Love“ und „Toxic“. Am Songtext von „Bad Romance“ wird dabei Verbesserungspotential erkannt. Dabei verschmilzt die Handlung im Moulin Rouge immer stärker mit der des Musicals selbst. Der Duke verspricht Satine ein gelbes Palais an der Champs-Élysées und kleidet sie als Dame ein. Doch er bemerkt bald, dass ihr Herz einem anderen gehört, und verlangt, dass sie sich vollständig ihm widmet.
Harold Zidler versucht, Christian mit einer Absinth-Feier abzulenken, was diesen jedoch beinahe in den Wahnsinn treibt. Ihm erscheint Satine mit Flügeln auf eine Revueschaukel. Der Duke hat unterdessen einen Spion im Moulin Rouge, der ihm Satines geheime Treffen mit Christian verrät. Im Rausch erscheint Christian im Palast des Dukes und fordert Satine zurück. Satine, um die Show zu retten, täuscht vor, nur den Duke geliebt zu haben.
Harold möchte Satine noch ins Krankenhaus bringen, doch es ist zu spät: Sie ist zu schwer erkrankt. Trotz allem will sie ein letztes Mal auf der Bühne des Moulin Rouge auftreten. Ihre Rolle soll danach Baby Doll übernehmen. Beim letzten Auftritt weist sie den Duke endgültig zurück, da sie weiß, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Mit Christians „Your Song“ stirbt sie schließlich in seinen Armen. Es folgt dann noch eine Zugabe, in der am Ende nochmals der Can-Can von Kölns berühmten Sohn Jacques Offenbach ertönt.
Bis zu diesem Abend hatte ich keine klare Vorstellung von einem Jukebox-Musical – Moulin Rouge! hat dies jedoch geändert. Überraschend fand ich, dass es keinen Song gibt, der als Single ausgekoppelt wurde. Jetzt weiß ich aus warum.
Ein Kritikpunkt bleibt: Im Musical Dome ist der Sound bisweilen sehr laut abgemischt. Dies lässt die emotionale Stimmung am Ende des Stücks unter einem „Disco-Hammer“ zerschellen, obwohl das Finale definitiv Taschentuch-Alarm auslösen könnte. Als Opernliebhaber hätte ich mir mehr ruhige Piani am Ende gewünscht. Ob Moulin Rouge! am Ende eine „Bad Romance“ zwischen Musical und der GEMA ist, liegt wohl im Auge des Betrachters – die GEMA dürfte jedenfalls zufrieden sein.
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