Hänsel und Gretel in der Torte
An der komischen Oper geht es bei Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck vor allem um das Essen. Schon zu Beginn sieht man im Stil alter Filme Projektionen von marschierenden Erdbeeren, Zuckerstangen, Eiern und Lollis. Reinhard von der Thannen gelingt ein poppig, farbenfroher Wurf dieses Weihnachtsklassikers. Der drehbare Zylinder dient dabei immer wieder vor den Akten als Leinwand. Die Drehbühne ist zuerst ganz in Weiß, wie die Kinder auch und der Schrank, aus dem sie entsteigen. Die beiden Kinder haben Hasenmasken mit langen Ohren auf. An einem Fuß haben die Kinder einen grauen Luftballon befestigt, den sie am Bühnenhimmel zerknallen lassen. Die Kinder müssen Arbeiten an einem großen, roten Strickstrumpf verrichten. Diese Kinderarbeit hat ihr die Mutter aufgetragen. In den Eimer, aus dem die beiden den Rahm löffeln, steckt Hänsel den ganzen Kopf rein. Somit ist die Grundlage für den Reisbrei vernascht. Eine Mutter mit roten Haaren und schwarzem Kleid bildet den Kontrast in dem Bühnenbild. Als der Eimer im Gerangel um die letzten Tropfen zerbricht, ist der Jammer groß. Die Kinder werden durch den Schrank in den Wald geschickt, um Erdbeeren zu lesen. Nun halbiert sich der Zylinder und es kommt eine überdimensionale Einkaufstasche zum Vorschein, aus der der angetrunkene Vater kommt. Mit blondem Bürstenschnitt und mit übergroßen Schuhen kommt er von seiner Verkaufstour zurück. Auf der Einkaufstasche steht groß H&G, in Anlehnung an ein großes Modehaus. Der Vater hat Nahrung in Form von acht übergroßen Eiern mitgebracht, die er aus der Tüte rollern lässt. Auch ist er mit einem schwarzen Rad unterwegs. Als er nun hört, dass die Mutter die Kinder an den Ilsenstein geschickt hat, spielt er mit langer roter Rübennase und Kopftuch auf dem schwarzen Besen reitend vor, was es, doch für eine schreckliche Hexe dort gibt. Nun verlaufen sich die Kinder in einem Wald aus großem Essbesteck. Die Bühne leuchtet grün und auf ihr tanzt quirlig das Hagebuttenmännchen. Hänsel hat tatsächlich einen Beutel leuchtender LED-Erdbeeren gefunden, die er leider aber selbst verzehrt. Später als die Kinder müde werden, gesellt sich der Sandmann dazu und lässt aus seinen Taschen ein langes Tuch fallen, das den Kindern als Schlafdecke dient. Der nun folgende Abendsegen gelingt wunderbar. Es tanzen die 14 Engel ein wunderbares Ballett in weißen Kleidern zur Musik, die wirklich sehr ergreifend ist. Bevor es gar zu rührselig wird, lassen sich die Engel mit einem Knall auf den Boden fallen und man sieht ihre roten Hinterteile.
Das Taumännchen im nächsten Akt hat es irgendwie eilig auf die Toilette zu kommen. In einem weißen Rock mit durchsichtigen Ballons unterfüllt, eilt es von der Bühne. Die Kinder haben es sich noch einmal unter der schwarzen Decke gemütlich gemacht. Sie kommen jetzt nicht an ein Pfefferkuchenhaus, sondern an eine riesengroße, Bühnen füllende grün-weiße Torte. Auf ihr tanzt eine bizarre Hexe Rosina Leckermaul in einem grünen Paillettenkleid, mit roter Federboa. Der Po und die Schulter sind aufgepolstert. Mit ihrer grünen Latexmaske könnte sie dem Friedrichstadtpalast entsprungen sein. Die riesigen Schlaghosen sind einfach der Hingucker und manch einer träumt vielleicht sogar von der Erscheinung. So wird Hänsel in einem Tortenstück gefangen gehalten, das aus dem Kuchen rausfährt. Oben auf dem Kuchen befindet sich der Ofen, in dem die Hexe ihre gefangenen Kinder bäckt und anschließend verzehrt. Ein kleines Mädchen lässt sich, ob der Dramatik sogar zum Zwischenruf hinreißen: Komm raus. Gemästet wird er mit bunten Schaumstoffkugeln, die Rosinen darstellen sollen. Die irre Hexe hat einen Krückstock in rot/grün, der wie das Schwert eines Jedis zu leuchten vermag. Der Hexenritt wird auch hier auf einem Lolli ausgeführt und es gibt Szenenapplaus. Die Hexe meint nur: Kann ich noch fertig machen. Etwas später nach allerlei Bewegungszauber ist klar, wer hier fertiggemacht wird. Die Hexe landet schließlich im Ofen. Mit einem Knall erlöst sie die Kinder aus ihrem weißen Zuckerkrusten, die wie die Soldaten über die Bühne marschiert sind. Ein großer, farbenfroher Kinderchor bildet schließlich das Finale, zu dem auch die Eltern, als Schrankteile verkleidet, auf die Bühne kommen. Und wieder mal ist die Hexe tot am Ende.
Schon die Bilder der Inszenierung waren vielversprechend. Ich war von den großen Gabeln und der riesen Torte angetan und habe eine poppige Inszenierung erwartet. Es war bei Weitem die beste Inszenierung, die ich gesehen hatte. Manche Knalleffekte waren jetzt vielleicht nicht so ganz kindgerecht, aber der Tanz der Engel war wirklich ergreifend zu dieser wunderbaren Musik. Es wird wirklich an nichts gespart. Ein großer Kinderchor, gute Sänger und eine bestens aufgelegte Dirigentin. Kein Wunder, dass die Vorstellung seit Langem ausverkauft war. Im Publikum waren auch entsprechend viele Kinder, denen die Vorstellung ebenfalls gut gefallen hat. Ist wirklich eine Oper für die ganze Familie, Oma eingeschlossen.
Quelle: YouTube | Komische Oper Berlin
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