In einer Produktion des Staatstheater Augsburg war die Oper Orfeo ed Euridice zu sehen. Für mich neu war die Kombination von Virtuell Reality (VR) und einem klassischen Bühnenbild. Man kombinierte geschickt den Besuch eine Caravaggio-Ausstellung mit der klassischen Handlung der Oper. Der Handlungsstrang ist, dass Euridice sich in den virtuellen Welten des Museums verirrt und von Orfeo dann vergeblich zunächst gerettet wird. Aber die neue Technik braucht eine Unterweisung, so hat man eine zusätzliche Figur eines VR-Guides in Rosa eingeführt. Ähnlich einer Stewardess in einem Flugzeug, machte der VR-Guide verkörpert durch Katja Siedler mit dem Publikum die Unterweisung in dem Gebrauch der VR-Brillen. Auf Kommando wurde im Vorfeld mit dem Publikum geübt, dass das zeitnahe, gleichzeitige Aufsetzen der VR-Brillen auch gut funktioniert. Wer sich jetzt an das Rascheln der 3-D-Brillen in Turandot in München erinnert fühlt, ist richtig. Es gab natürlich auch technikfernes Publikum, die nur an der Oper interessiert waren und den Gebrauch der Brillen verweigert hatten. Jetzt hinkt das dann immer: Man muss sich entscheiden zwischen den Untertiteln mit dem realen Bühnenbild oder den virtuellen Einspielungen. Ich denke, den Weg, den Bayreuth mit durchsichtigen VR-Brillen beschreiten wird, ist ein guter Ausweg aus der vermeintlichen Klemme, dass man mit der VR-Brille etwas auf der Bühne versäumt. Ein kleiner Spoiler, man tut es nicht. In den drei VR-Passagen, wird auf der Bühne umgebaut. Schon die Einführung ist lustig, wenn man den Kopf mit der VR-Brille dreht und plötzlich die Darstellerin links oder rechts neben einem sitzen sieht. Diese erscheint auch immer auf der Bühne und zählt runter, drei, zwei, eins… Brille auf. Mit dem Museumsplot ist man auch im heiklen Fahrwasser. Caravaggio hat ein Bild eines etwa 13-jährigen nackten Jungen mit dem Titel „Amor als Sieger“ in den Mittelpunkt gestellt. Dieses Bild ist wegen pädophiler Aspekte inzwischen in der Kritik. Man sieht aber auch andere Bilder des Barock-Künstlers in der Ausstellung. Die Ausstellung selbst wird von Nonnen, Pfarrern, Jesus persönlich und einem bunten Trupp an Leuten besucht, die den Chor bilden. Es gibt auch zu Beginn einen Sprayer-Anschlag auf die Bilder links. Umrahmt wird die Bühne von einem neonfarbigen Rahmen. Der Sänger des Orpheus ist Ekaterina Aleksandrova, die mit ihrem Mezzo für interessante Verzierungen in den Arien sorgt. Klar sind Counter-Tenöre für die hohe Rolle schwer zu finden. In nichts nach steht dem Orfeo seine Euridice von Jihyun Cecila Lee. Die dritte Hauptperson ist der Amor von Olena Sloia, den man leider in ein schmuckloses kurzes schwarzes Kleid gezwängt hat. Auf der Bühne gab es eine Darstellerin in einer langen, roten Robe mit Bogen, das wäre wohl eher der gewünscht Look gewesen. Die Schlange, die Euridice beißt ist wohl dann die VR-Brille, die sie in die virtuellen Welten entreißt. Kommen wir zu den entscheidenden VR-Einspielungen. Man erlebt den Abstieg von Orfeo in die Unterwelt, was ich als die spektakulärste Einspielung empfand. Man fliegt über eine graue, dystopische Wolkenkratzer-Welt im Blade-Runnerstil mit Neonleuchten. Vor einem lichtdurchfluteten Portal warten viele schwarze Untote auf den Einlass ins Elysium, dieser wird ihnen von drei chinesischen Drachen verwehrt, die die besungenen Furien darstellen. Und diese Furien neigen sich immer wieder auf den Zuschauer und erwecken den Eindruck, riesig zu sein. Diese Szene ist so beeindruckend, dass man noch später davon träumt. Zwar bin ich berufsbedingt durchaus technikaffin, hatte aber selbst noch nie eine VR-Brille auf. Es kommt ein Aspekt zum Tragen, den ich bei Theater schätze, denn in der VR-Brille ist man selbst der Master und kann entscheiden, was man ansehen möchte. Ich hatte zudem den Vorteil eines Einzelplatzes, wo man sich nach belieben drehen konnte und auch mal nach hinten sehen. Als Orfeo dann wenig später seine Euridice aus dem Elysium rettet, ist man in einer anderen Welt. Zum „Reigen seliger Geister“ fliegt man über einen grünen Hügel, mit rosa Himmel, landet vor einer Poollandschaft mit einer Kolossalstatue einer Frau, die sich in einen riesigen Swimmingpool erleichtert. Durch ein Portal mit zwei Wächtern kommt man dann auf eine weitere offene Fläche, vorbei an griechischen Skulpturen und Säulen. Man sieht riesige Schildkröten, aber auch zwei stilisierte Sportwägen. Am Ende sieht man einen bunten Avatar und erahnt durch seine Andersartigkeit, dies muss Euridice sein. Das Ganze mutet etwas wie eine Popart-Ausstellung an. Auch die Avatare sind bunt und lungern am Pool und scheinen ganz entspannt in diesem Elysium. Ein großes Exit-Schild veranlasst einen dazu, die Brille wieder abzunehmen. Auf der Bühne kann nun Orpheus sein Umdreh-Verbot nicht einhalten. Euridice meint, von ihm verschmäht zu sein, dass er sie nicht anblickt. Erneut verliert Orfeo seine Geliebte, die nun an einem Bild mit VR-Brille sitzt. Auch das Elysium mit seinen rosa-grünen Welten ist gelungen, jedoch nicht ganz so wie die Unterwelt. Als Amor schließlich ein Einsehen hat, kommt der vielleicht schwächste Part der Einblendung. Zwei schwarze Hände vor der Brille räumen das Elysium auf. Statuen, Bäume und eine riesige Hornisse wandern in einen virtuellen Papierkorb und geben den Blick auf einen Sonnenuntergang frei. Wie man dann zur Einrichtung eines Wohnzimmer kommt, erschließt sich einem nicht sofort. Die beiden Hände wählen aus einem Katalog scheinbar die Wohnwelt für das gemeinsame Eheglück aus. Als die Einrichtung steht, sieht man den Avatar aus dem Elysium mit einem zweiten auf einer Couch sitzen. Als man nun die Brille abnimmt, sitzen Orfeo und Euridice gemeinsam zappelnd auf der Couch und sind scheinbar gemeinsam ganz in die virtuelle Welt eingetaucht und selbst zu Avataren geworden.
Ich fand den Ansatz in jedem Fall spannend, wie Orfeo fühlt man sich hin und hergerissen zwischen virtueller VR-Welt und dem realen Bühnengeschehen. Leider fallen die Einspielungen in den VR-Brillen etwas grob aus. Zudem hatte ich mit meiner überbreiten Brille etwas Mühen mit den klobigen Brillen, wo sich meine Sehhilfe immer wieder verfing. Als Dirigentin kam die zweite Kapellmeisterin Anna Malek an diesem Abend zum Zug. Das Echo der Aufführung im Jahr 2020 war gespalten, was ich auch verstehen kann. Man ist etwas hin- und hergerissen zwischen VR-Einspielung und realem Bühnengeschehen. Ich habe im Opernhaus gerne meine Ruhe vor der Technik und konzentriere mich dann lieber ganz auf die Musik. Die VR-Brillen erzeugen etwas Unruhe im Publikum, was aber mit dem Rascheln der 3D-Brillen in Turandot in München nicht zu vergleichen ist. Ich habe aber gerade diese Zerrissenheit zwischen realer Bühne und VR-Brilleneinspielung als durchaus spannenden Aspekt empfunden. Als Experiment durchaus gelungen und macht neugierig auf den Ansatz, den Bayreuth im Parsifal verfolgen wird.
Quelle: YouTube Staatstheater Augsburg
Als museale Aufführung der Zauberflöte bei der Premiere 1994 gescholten, läuft die Everding-Zauberflöte an der Staatsoper in Berlin doch schon sehr lange. Wir haben jetzt mit viel Abstand zur Premiere ebenfalls dieses Stück besucht. Die Everding Inszenierung macht dabei keine Experimente, 1816 als Everding dieses Stück inszenierte, war Regietheater noch in weiter Ferne. Nur hier und da erlaubt man sich einige Gags, die damals sicher nicht so im Libretto gestanden haben. Die Frage von Tamino: Wo bin ich, wird beantwortet in Berlin. Mit der anderen Inszenierung von Yuvel Sharon, hat man das genaue Gegenteil.
Im ersten Aufzug trohnt der Tempel der Weisheit über allem. Gleich drei Schlangen bedrohen den Prinzen Tamino, die mit Feuer und Donner aus den Höhlen kommen. Gelenkig entsteigen den drei Drachen nun drei Frauen, die sich als Dienerinnen der Königin der Nacht zu erkennen geben. Diese haben die drei Schlangen erlegt. Papageno, der Vogelfänger kommt mit roten Haaren, einem grünen Anzug und einer Voliere auf dem Rück vom rechten oberen Bühnenrand. Als Tamino zu sich kommt, gibt er sich als Retter aus. Zur Strafe für diese Lüge bekommt er statt Brot und Wein, einen schweren Stein und ein Schloss vor dem Mund. Für eine kurze Zeit kann jetzt Papageno nur Summen. Von den Damen bekommt Tamino ein Bild überreicht, in das sich der Prinz sofort verliebt. Nun hat eine bezaubernde Köngin der Nacht ihren Auftritt, die in einer Mondbarke aus dem Schinkelsternenhimmel herabfährt. Sie gibt Tamino den Auftrag ihre Tochter zu befreien. Die drei Damen überreichen ein Glockenspiel und eine Flöte, das Schloss wird von Papgaeno entfernt. Damit gelingt es die wilden Tiere zu bezwingen. Gerade diese Szene kommt bei den kleinen Zuschauern gut an. Nashorn, Löwe, Krokodil, aber auch fiktive Tiere aus der ägyptischen Mythologie. Drei Knaben auf einem Einhorn kommen und weisen den Weg zu Burg Sarastros. Damit ist die Mission der Damen erfüllt und Papageno und Tamino machen sich auf in den Tempel zu Sarastro, wo die Geisel Pamina dann zu befreien ist. An drei verschiedenen Eingängen versucht Tamino sein Glück. Papageno kommt als erster im Tempel an und findet Pamina an Stricken gebunden zwischen zwei großen Säulen. Monostratos hat sich Pamina übergriffig genähert. Papageno befreit die Geisel und trifft auf den Mohr Monostratos, politisch korrekt an einer schwarzen Stirnbinde zu erkennen. Dieser will die Flucht verhindern und wir mit dem Glockenspiel, das Papageno von den Damen bekommen hat besänftigt. Dabei bilden die ägyptisch angezogenen Sklaven ein Ballett und marschieren rechts raus. Mit etwas Verzögerung kommt auch Tamino im Weisheitstempel an und erfährt, dass Sarastro der eigentliche Gute in dem Stück ist. Der kommt als tiefer Bass zuerst singend aus der Prosceniumsloge daher in langen Gewändern.
Im zweiten Aufzug treten die Priester mit etwas merkwürdigen Kopfbedeckungen auf. Tamino und Pamina sind füreinander bestimmt, müssen jetzt aber in der Folge diverse Prüfung durchlaufen. Wieder lässt man die Löwen kurz auftreten. Während sich Tamino bereitwillig dem Schweigegelübde unterziehen, hat Papageno so seine Probleme mit dem Schweigen. Erst als Papageno ein Mädchen versprochen wird, will er Tamino auf dem Prüfungsweg begleiten. Wieder erscheinen unter Donner und Blitz die drei Damen und prophezeihen den nahen Tod. Monostratos versucht sich erneut bei Pamina anzuschleichen, jammert aber über die Sohlenstreiche. Zudem soll der Mond verschwinden, was dieser auch gehorsam tut, um den kommenden nächsten Versuch der Annäherung nicht zu gefährden. Nun hat die Königin der Nacht ihren Paradeauftritt mit der berühmten Arie. Sie will Pamina einen Dolch mitgeben, mit dem sie Sarastro töten soll. Dieser entreißt nun Monostratos und stellt sie vor die Wahl, entweder sie erhört ihn oder er verrät den Plan Sarastro. Sarastro greift aber sofort ein und nach den Höhen der Köngin der Nacht, darf nun Sarastro in den tiefen Lagen singen. Das ist dann immer etwas unfair, denn die Leistung des Bass an der Stelle ist mindestes ein ebenso großes Lob wert. Weiter sollten sie schweigen, was Papageno nun definitiv nicht mehr gelingt. Es erscheint ein buckliges Weib, das sich als Papagenos Freundin ausgibt. Die drei Knaben bringen mit ihrem Einhorn Glockenspiel und Flöte zurück. Als Belohnung für die Befreiung verspricht man Papageno eine gute Mahlzeit, worauf sich aus dem Bühnenhimmel Wurstattrappen senken. Ein Tisch mit Speisen wird sichtbar und Papageno isst und trinkt aus einem Weinfass, das ebenfalls auf der Bühne ist. Zudem reichen die Tiere aus dem Bühnengraben reichlich rote Weingläser auf Tabletts, die Papageno alle trinkt. An dieser Stelle wäre eine Altersverifikation notwendig, da Papageno aber geschätzte 28 ist, lassen wir das durchgehen. Papageno will nun mitgehen und schweigen, oder von einem Krokodil gefressen werden. Der Einfall kommt beim jungen Publikum gut an. Pamina versucht nun mit Tamino zu sprechen, da das Schweigegelübde aber immer noch gilt, meint diese, Tamino hätte sich abgewendet und versucht sich mit dem Dolch zu ermorden. Die Knaben retten trotz ihrer etwas dünnen Stimmen Pamina mit einem Segelschiff. Und schon versucht sich der nächste mit einem Seil aus dem Bühnenhimmel umzubringen. Papageno lässt auf den Rat der Knaben aber sein Glockenspiel erklingen und umgehend erscheint seine Papagena. Bei dieser Aufführung schienen sich die Kostüme von Papageno und Papagena kurz verhakt zu haben. Ob er es wirklich zu den 16 Kindern schafft, die er sich in der folgenden Arien wünscht, scheint fraglich. Kindergeld gäbe es sicher genug für die Kinderschar, die auf einem tiefen Rollwagen weggezogen wird. Inzwischen dürfen Tamino und Pamina die beiden letzten Prüfungen gemeinsam machen. Die Geharnischten erscheinen als schwarze Fackeln mit einer Leuchte auf dem Kopf und man hört rechts das Feuer knistern und Tamino und Pamina verschwinden in einer rot beleuchteten Höhle. Die nun folgende Wasserprüfung bringt ein Meeresband auf die Bühne. Auch hier hilft die Flöte weiter. Die nun endgültig Bösen im Spiel erscheinen im Halbdunkel. Der Mohr, die drei Damen und die Königin der Nacht stürzen unter Blitz und Donner in die ewige Nacht. Tamino und Pamina bestehen die Prüfungen und werden aufgenommen.
Caroline Wettergreen war in dieser Vorstellung eine wunderbare Köngin der Nacht, die eine ebenbürtige Tochter Pamina namens Victoria Randem hatte. Grigory Shkarupa gab einen wohlklingenden Bass als Kontrast dazu. Man verkleinerte den Orchestergraben der Lindenoper und hat vor dem Orchester die Möglichkeit eines begehbaren Stegs geschaffen. Wenn sich die Sänger ans Publikum wenden, stehen sie halb im Parkett. Die Sänger sind somit oft dazu verdonnert, starr während der Arien an der Bühnenrampe zu singen. Im Orchestergraben dirigierte Giedrė Šlekytė mit gutem Tempo. So gelang es in der Familienvorstellung doch recht gut, das überwiegend junge Publikum bei Laune zu halten. Schlimmer war eigentlich das Instagram-Influenzer Trio in Reihe 12, das scheinbar keine 3h Vorstellung ohne Unterbrechung genießen konnte und ständig den Publikumsraum verlassen musste. Dass während Paminas Selbstmordversuch ein Handy klingelt, nehmen wir jetzt mal als Anruf des Notarztes hin. Gegen Ende ist Mozart eine Herausforderung für die kleinen Papapgenos im Parkett, die dann schon das Finale in Morpheus Armen erlebten. Überhaupt muss man dem Libretto eine große Prise Wohlwollen entgegen bringen. Der Text ist schon teils sehr frauenfeindlich, Papageno scheint ein Alkoholproblem zu haben und auch die Sache mit dem bösen Mohr ist inzwischen grenzwertig. Ob man das Textbuch nochmal ins Jahr 1791 zurückschicken kann zur textlichen Überarbeitung ist fraglich, aber man könnte dran arbeiten. Für die gelegentlichen Operngänger ist diese Aufführung sicher vor allem ein Augenschmaus, die Geübten finden da aber keinen Mehrwert und nehmen die museale Aufführung aus dem Jahr 1815 gelassen hin. Die Musik macht es dann wieder gut, Viva Mozart!
Quelle: YouTube | Staatsoper unter den Linden
Der Filmressigeur Kornél Mundruczó inszeniert den Lohengrin in München als gescheitertes Sozialexperiment mit einem weißen Bühnenbild von Monika Pormale. Wer den Lohengrin von Richard Wagner nicht kennt, wird ihn dort wahrscheinlich auch schwer verstehen. Es ist perfide Absicht des Regisseurs, dass alle Akteure im gleichen weiß-grauen Homeoffice-Schlabberlook erscheinen. Lohengrin soll ein nicht so ganz positiv besetzter Held aus dem Volk sein. König Heinrich erkennt man leicht, denn er ist der einzige Brillenträger, aber schon beim Heerrufer wird es schwierig. Die Hauptakteure können einfach in der Masse der weißen Jogginganzüge und Merinorunners untertauchen, wobei wir schon bei einem der Kritikpunkte des Werks sind. Die Sneakers verursachen unangenehme Quietschgeräusche an den leisen Stellen der Partie. Wenn die Musik dann auch mal runterregelt, was leider erst gegen Ende bei der Gralserzählung der Fall ist. Besonders die Pauke im Orchestergraben hat bei diesem Lohengrin ihren Spaß, denn die leisen Einsätze vor allem im ersten Akt sind jetzt nicht die Stärke von François-Xavier Roth. Gegen Ende ist man aber musikalisch wieder versöhnt, denn gegen Thielemann im Lohengrin hat wohl fast jeder Dirigent schlechte Karten.
Die Brabanter sitzen zu Beginn traurig auf einem grünen Hügel, zwei Kunstbäume und ein Tümpel laden zum Verweilen ein. Leichte Kunstnebelschwaden wabern über das Grün. Der Chor ist von Anfang an präsent, winkt, sucht den Retter. Szenisch wird der Verlust von Elsas Bruder dargestellt, wobei Elsa von einigen Leuten aus dem Wasser gezerrt wird. Als Erinnerung an den Bruder liegen dann eine weiße lange Unterhose und ein Shirt auf einem Stein zum Trocknen. Das ist wohl das Einzige, was man von Ihrem Bruder Gottfried noch zu finden war. Elsa trägt vielleicht wegen des Verlusts des Bruders schwarze Kleidung. Aber auch die Gegenspieler Ortrud und Telramund stehen auch schon auf der Bühne. Sie sind während des ersten Aktes ständig präsent, haben aber eigentlich wenig zu singen und wirken etwas unterbeschäftigt. Ortrud ist an ihren roten Haaren zu erkennen. Als Elsa sich des Brudermordes angeklagt sieht und den Retter herbeiruft, kommt er nicht mit dem weißen Schwan gefahren, sondern ist einfach irgendwo aus der Menge am rechten Bühnenrand aufgetaucht. Wie entgeht einem leider, er ist plötzlich da, wobei man vor ihm auch eine Reihe anderer Personen ausprobiert hat, die aber alle nicht den Retter bei Elsa spielen wollen und abwinken. Nun hat der gerufene Held aber die Bedingung an Elas, seine Herkunft nie zu erfahren. Dass sich der Chor und Elsa ausgerechnet beim Frageverbot den Mund zu halten, erinnert etwas peinlich an die Nationalmannschaft in Katar. Elsa akzeptiert die Bedingungen von Lohengrin und es kommt zum Gottesgericht. Nun muss aber aus Platzgründen das Ausmessen des Kampfrings entfallen. In diesen Minuten steht man nur und wartet ab, bis das Kampfgeschehen einsetzt. Beim Kampf kommt neben einem normalen Schwert, jetzt Pyrotechnik mit Bandschleifern zum Einsatz und die Lage wird mit Schwertern und Feuerspeiern entschieden. Wie es Wagner vorsieht unterliegt Telramund. Zum Kampfgeschehen zieht der Chor jetzt die weißen Oberteile aus und macht einen Farbwechsel auf Rot durch. Ihre Sweatshirts werden dabei feinsäuberlich zusammengewickelt. Als Lohengrin dann tatsächlich gesiegt hat, wird er mit Palmwedeln begrüßt. Vielleicht ist es ja in Zukunft in Brabant möglich, dass dort Palmen wachsen, wer weiß. Vor allem der erste Akt ist sehr irritierend, was das Münchner Publikum aber erstaunlich gelassen hinnimmt.
Im zweiten Akt sieht man ein offenes Portal, in das in einer endlosen Prozession Brabanter über Stufen aus dem Keller kommen und in der offenen Tür verschwinden. Das ist zwar sehr effektvoll, trägt aber nur bedingt zur Erklärung des musikalisch interessanten Verschwörungsteils von Ortrud und Telramund bei. Die sind vor einer Steinbalustrade bei einer Flasche Rotwein. Was in dem Alukoffer von Telramund ist, bleibt verborgen, er ist halt einfach da. Die Brabanter feiern den neuen Helden, wobei Elsa oben am Balkon erscheint und einen Joint raucht. Überhaupt ist Elsa von der Regie am interessantesten herausgearbeitet. Sie ist ein zerbrechliches, kiffendes Nervenbündel und wenig glamourös bisher. Sie kommt vom Balkon runter an die Balustrade und kifft mit Ortrud. Diese tut aber nur so, und versenkt den Joint angewidert in dem Weinglas. Es ist ihr aber mit dem gemeinsamen Rauchen gelungen Elsas Vertrauen zu erschleichen. Telramund muss scheinbar sich zur Strafe mit dem Gesicht zur Wand stellen. Auf dem Balkon erscheinen jetzt vier Jungs des Tölzer Knabenchors, die anscheinend nur Blödsinn im Kopf haben. Sie strecken dem Helden von Brabant die Zunge raus und provozieren ihn indem sie mit den Handflächen am Kopf winken. Jetzt werden aber effektvoll rote Bänder vom Balkon geworfen, sechs Stück und noch mal drei Bänder links und rechts. Damit schmückt man das Portal jetzt und rüstet quasi zur Hochzeit um. Kunstvoll werden die Bänder geflochten. Konfettikanonen sprengen Silberflitter in den Bühnenraum und den Orchestergraben. Es deutet sich schon an, dass der Chor mit roten Winkelementen ausgestattet wird. In der weißen Wand neben dem Portal öffnen sich 34 Gucklöcher in denen der Chor singt zum Teil. So recht weiß die Regie nicht, ob es zu den Heilrufen noch politisch korrekt ist, die Hand zu heben. Zu sehr erinnert das ans dritte Reich, so winkelt man die Arme immer etwas verschämt an. Leider ist auch hier die Personenregie nicht besonders schlüssig. Elsa bekommt am Ende einen Umhang verpasst und schlägt mit dem Umhang einen goldenen Kreis, erinnert etwas an die Rauschgoldengel von Nürnberg, passt vielleicht gut zum Christkindlesmarkt am Marienplatz. In dem Akt punktet aber immerhin die Musik inzwischen. Die Verschwörungsszenen hat die nötigen Längen für Ortrud, man gibt der Fiesheit der Verschwörer einen musikalischen Raum.
Der dritte Akt befördert einen in einen weißen Raum mit einem grünen Rasenstück. In der Mitte befindet sich eine weiße Tür. Die Goldflügel von Elsas Umhang werden eingefahren und Elsa befreit sich aus dem Korsett mit Hilfe einiger Damen. Sie hat ein weißes Oberteil mit einem Fragezeichen an. Den Kopf bedeckt sie kurzzeitig mit dem Oberteil von Gottfried. Was die allerdings mit Elsas Unterarmen machen, ist wieder ein Rätsel. Vom zweiten Rang sieht das so aus, als ob man diese mit weißer Farbe bemalt, wozu ist unklar. Die Bemalung wirkt etwas wie Brauthandschuhe. Dann ein unfreiwilliger Lacher, als Lohengrin singt: Wir sind allein, endlich allein. In diesem Moment sind aber rund 60 Chormitglieder auf der Bühne, die bis eben den Brautchor gesungen haben. Lohengrin wird auf dem Rasenstück jetzt aber richtig zudringlich, was angesichts der Umstände, dass man gerade Hochzeit hatte, aber okay ist. Elsa ist Lohengrin aber immer unheimlicher und will nun endlich wissen, wo er herkommt. Wohl wissend, dass damit umgehend gegen den Ehevertrag verstoßen wird und die Trennung unausweichlich ist. Just in dem Moment kommt Telramund auf die Bühne und versucht Lohengrin zu ermorden. Der wehrt sich nun mit dem ganzen Chor und Telramund wird gesteinigt. Der tote Telramund wird an den rechten Rand getragen und mit einem blutigen Laken zugedeckt. Der Chor muss sich wieder mit dem Gesicht zur Wand stellen auf Handzeichen von Lohengrin. Die Brabanter versammelt sich nun wieder, wobei der Heerrufer mehrfach über die Blumen am Rand des Rasenstücks mit beiden Beinen hüpft. König Heinrich trampelt dagegen mitten durchs Gemüse. Über dem Chor senkt sich nun langsam ein übergroßer Meteor auf die Bühne. Elsa kniet auf einem Stein darunter. Drohend liegt er als Unheil über dem Chor und senkt sich der Meteor immer mehr. Allerdings kann Elsa den Meteor besteigen und ihre Schlusstöne mit Lohengrin zusammen in dem dunklen Kunststein singen. Dort übergibt Lohengrin eine leuchtende Truhe mit Horn, Ring und Schwert für Gottfried. Jetzt tritt nochmal Ortrud auf, die das Ganze Spiel längst durchschaut hat, im Gegensatz zum Zuschauer. Der Meteor am Ende ist effektvoll, aber was sagt er aus? Der Erbe von Brabant Gottfried tritt am Ende auf, während der gesamte Chor ohnmächtig am Boden liegt.
Nach dem Knüller in Bayreuth hatte François-Xavier Roth eine fast unlösbare Aufgabe zu meistern, wie schafft man nach dem Lohengrin in Bayreuth nun einen passenden Anschluss. Musikalisch hat er mich zumindest bei der Gralserzählung am Ende wieder abgeholt, die war wirklich erstklassig. Es war natürlich Premiere und einige Sänger hatten ihr Rollendebüt. Johanni van Oostrum gibt eine hochsensible Elsa ab, die sehr zart und lyrisch ist. Anja Kampe als Ortrud hatte vor allem im Finale etwas zu kämpfen, war im zweiten Akt aber sehr überzeugend. Mika Kares war das wahre Basswunder als König Heinrich, während Klaus-Florian Vogt wie immer einen Lohengrin auf hohem Niveau bot, wenn man seine Stimme mag. Am Schwierigsten fand ich bei der Inszenierung den Ansatz der Regie, den Chor ständig auf der Bühne zu lassen und mit fragwürdigen Winkaktionen zu beschäftigen. Aber auch die anderen Akteure waren teilweise auf der Bühne, ohne wirklich einen Plan zu haben, was sie jetzt genau tun müssen. Das Münchner Publikum nahm es gelassen. Am Ende gab es wenige Buhs für die Regie. Bei den Sängern und dem Orchester war man sich aber einig, die waren eindeutig gut. Ich konnte zwischen den Akten eine deutliche musikalische Steigerung feststellen, während es anfangs deutlich zu laut war, hat man gegen Ende endlich die gewünschte Balance gefunden. Eigentlich ein solider Lohengrin, wenn da die Regie nicht wäre. Der Beifall war kurz, die Buhs wenige, man gab sich versöhnlich.
Quelle: YouTube | BayerischeStaatsoper
Im Klavierauszug waren mir Teile des Wildschützes von Albert Lortzing schon geläufig, dennoch bietet die Musikhochschule Nürnberg eine Möglichkeit, dieses Werk komplett zu sehen. In einer Regie von Thomas Mittmann, macht man mit der Moderne wenig Experimente, sondern setzt ganz auf den Charme einer klassischen Inszenierung. Am Pult des Orchesters steht niemand anderes als Guido Rumstadt, der mit den 16 Musikern einen fast vergessen lässt, dass das Orchester relativ klein ist. Mit dem jungen Ensemble zusammen und eine textuelle Bearbeitung an der ein oder anderen Stelle verzaubert auch der vielleicht etwas angestaubte Stoff. Ein Graf, der seine eigene Schwester nicht erkennt, die zuerst als Student, dann als Frau zum Geburtstag auf dessen Schloss kommt. Ein Baron, der auf dem Schloss als Stallmeister arbeitet und seine eigene Schwester nicht erkennt. Ein trotteliger Schulmeister, der sich für schuldig hält, gewildert zu haben und den Grafen um Verzeihung bittet, aber eigentlich unschuldig ist. All die Handlung macht vielleicht nur Sinn, wenn man sich am Ende auf die Stimme der Natur beruft. Dazu tritt am Anfang und am Ende des Stücks ein Kinderchor auf. Hier wurde schon mit sehr viel Liebe zum Detail gearbeitet.
Im ersten Akt wird durch Fachwerk ein Dorfgasthof angedeutet. In der Mitte ist eine Tür, die auf und Abgänge der handelnden Personen ermöglicht. Gretchen und der deutlich ältere Schulmeister Baculus liegen bei ihrer Verlobung im Streit. Für die Hochzeit in acht Tagen war der Bräutigam wildern und hat angeblich einen Rehbock erschossen. Der Graf hat dies Mitbekommen und den Schulmeister daraufhin entlassen. Der Bock ist entkommen, sodass man ohne Hochzeitsmahl dasteht und nun auch noch ohne Anstellung. Baculus überleg nun, wie man mithilfe seiner angehenden Braut beim Grafen um Milde bitten kann. Der Graf würde auf junge Mädchen stehen, jedoch will er seine Braut nicht unbedingt vom Grafen verführt wissen. Es kommen nun zwei Studenten in die Wirtschaft, die eigentlich verkleidete Frauen sind. Einer der Studenten ist nun die verwitwete Schwester des Grafen, die von ihrem Bruder mit einem Baron Kronthal verheiratet werden soll, den sie nicht mal kennt. Der angebliche Student bietet sich nun als Frau des Schulmeisters auf das Schloss zu kommen. Aus den Zuschauerrängen tauchen nun der Graf und der Baron von Kronthal auf. Diese sind bei einer Jagdgesellschaft und kommen zufällig ins Gasthaus. Der Graf lädt nun alle zum Geburtstag ein. Damit ist Pause.
Im zweiten Akt wurden die Wände des Gasthofes gedreht und stellen nun ein weißes Schloss da. Die Gräfin mit ihrer langen, blauen Robe ist komplett der antiken Komödie verfallen und rezitiert auf einem Tisch einen antiken Stoff von Sophokles. Der Schulmeister kommt nun mit dem falschen Gretchen auf das Schloss und stört die Darbietung, die aber niemand versteht, da sie auf Altgriechisch ist. Der Schulmeister versucht nun bei der Gräfin um Milde zu bitten, die findet erst Interesse an seiner Sache, als er sich als Kenner der Antike ausgibt. Die Täuschung gelingt ihm zwar bei der Gräfin, der Graf erkennt ihn aber eindeutig als Schulmeister und Wilderer und möchte ihn nicht mehr sehen. Allerdings hab sein Stallmeister und der Graf inzwischen ein Auge auf das falsche Gretchen geworfen. Jetzt zieht ein Gewitter auf und der Schulmeister und Gretchen müssen im Schloss übernachten. Der Schulmeister wird vom Grafen dabei in einen hypnotischen Schlaf geschnippt. Der Graf und der Stallmeister spielen nun eine Partie Billard, wer von ihnen als Sieger hervorgeht, darf das falsche Gretchen haben. Plötzlich geht das Licht aus, es wird laut im Schloss und die Gräfin wacht auf. Im Schlafanzug bietet sie dem falschen Gretchen eine Übernachtungsmöglichkeit in ihrem Schlafgemach an. Der Stallmeister bietet für das falsche Gretchen jetzt 5000 Taler und der Schulmeister ist außer sich, dass er plötzlich so viel Geld hat. In einer aktualisierten Arie überlegt er, was er mit dem Geld machen könnte (Twitter kaufen, Real Madrid oder einen Tank voll Sprit). Der textuelle Ausflug in die Moderne ist wirklich lustig und der Schulmeister kann sein komödiantisches Talent voll ausspielen.
Es folgt eine kurze Umbauphase zum dritten Akt. Der Schulmeister bringt nun das richtige Gretchen zum Schloss, mit der Aussicht, Baronin zu werden, kann sie sich gut anfreunden. Der Stallmeister besteht aber darauf, das falsche Gretchen zu daten, was nach dem Schulmeister unmöglich sei, da dieses Gretchen ja eigentlich ein Mann ist. Auf der Geburtstagsfeier des Grafen klären sich aber nun alle Beziehungen. Das falsche Gretchen und der Stallmeister, der eigentlich der Baron Kronthal ist, heiraten. Der Schulmeister wird in den Schuldienst eingestellt, denn der Diener im Schloss enthüllt die peinliche Tatsache, dass der Schulmeister seinen eigenen Esel erschossen hat.
Eine komische Oper ist immer deutlich schwieriger auf die Bühne zu bringen als eine Tragödie. Hier in der Hochschule ist dies jedoch gut gelungen. Vor allem bei der 5000-Taler-Arie kommt man voll auf seine Kosten. Jedoch hätte ich auch dieser Aufführung mehr Besucher gewünscht, die Zurückhaltung ist immer noch groß. Sofia Savenko gibt aber eine wunderbare Baronin von Freimann in der Doppelrolle als Studentin. Die Herrenpartien in dem Stück sind etwas undankbar, vom Schulmeister einmal abgesehen. Die kommen als trottelige, hormongesteuerte Knallchargen daher, die nicht einmal ihre eigenen Schwestern erkennen. Sogar an den Kinderchor zu Beginn und am Ende wurde gedacht, worüber ich sehr überrascht war. Elena Eismont als Fan griechischer Antike schafft sowohl die Anmut in der blauen Robe zu sein als auch die Karikatur im Schlafanzug im zweiten Akt. Mit Guido Rumstadt am Pult hat man eine gute Wahl getroffen, sodass die Oper musikalisch eine Runde Sache wurde. Die Aufführung war sehr erfreulich.
Durch einen Zufall war ich in einer weiteren Aufführung in Bayreuth und habe dort einen Teil des Ringes sehen können. Es war Siegfried, der dritte Teil des Rings in einer Inszenierung von Valentin Schwarz. Diese Inszenierung war ja heftig umstritten in der Presse und Kritik. Mit einem erklärenden Einführungsvortrag und einer Kennerin der anderen Teile wurde dies aber ein durchaus unterhaltsamer Ritt durch die Handlung um das Neuschmieden des Schwerts Nothungs. Mit den Buhs vor allem am Ende des ersten Akts, will man natürlich die Regie treffen, nur die ist in der dritten Aufführung des Siegfried nicht mehr anwesend und der Entrüstungssturm trifft dann die Darsteller und Musiker, die das wahrlich nicht verdient haben. Wo lag nun eigentlich das Problem? Zunächst scheint Wagner in seinem Ring die Person des Jung-Hagen vergessen zu haben. Diese Person wurde hier neu eingefügt und ist das Rheinkind von Alberich in einem gelben T-Shirt. Dies erschließt sich einem natürlich erst mal nicht. Jung-Hagen ist eine stumme Person, die staunend immer die Handlungen von Siegfried beobachtet. In einer sogenannten ‚Coming-of-Age-Story‘ erlebt man ihn immer wieder beim Heranwachsen von Siegfried.
Im ersten Aufzug befindet man sich in einer Art Kindergeburtstag von Siegfried. Mit roten Buchstaben steht Happy Birthday über einem Kinderzimmer des Grauens. Man erlebt die emotionalen Erpressungsversuche von Mime, der das Rheingold-Kind und Siegfried betreut. Siegfried ist scheinbar wirklich ein Flaschenkind und hängt immer an Hochprozentigem. Dennoch spielt er auch mit Puppen in einer Art Puppenstube des Grauens, in der eine Puppe auch ein kleines Skelett ist. In der rechten Ecke steht ein Aquarium mit Wasser, in dem immer wieder mal Schwerter versenkt werden und auch sonst reichlich geplanscht werden darf. Etwas darüber ist eine Mikrowelle, die Mime dazu dient, den leckeren Brei hier in Form von Nudeln aus Pappbechern zuzubereiten. Siegfrieds Geschichte erzählt Mime aus einem Kasperletheater heraus. Mime hofft, dass Siegfried Fafner besiegen wird, der sich hier in der Inszenierung in einen alten Mann verwandelt hat, statt eines Drachens. Es kommt ein altersschwacher Wotan mit zwei Bodyguards zur Tür herein. Die Bodyguards scheinen sich während der nun folgenden Fragestunde zwischen Wotan und Mime zu langweilen und untersuchen die Wohnung Mimes. Es kommt zur Wette zwischen Wotan und Mime. Die drei Fragen nach den Geschlechtern, die in der Tiefe, auf der Erde und auf den Höhen wohnen, kann Wotan beantworten. Die Gegenfragen nach den Wälsungen, dem Schwert kann Mime noch beantworten. Er scheitert jedoch an der Frage, wer Nothung neu schmieden soll. Siegfried kommt nun aus dem Wald zurück in die Puppenstubenwelt von Mime. Es entsteht ein Verwirrspiel um das richtige Schwert, das schließlich aus einer Krücke Mimes gezogen wird. Man schließt einen durchsichtigen Vorhang und schließlich sieht man Siegmund beim Schmieden des Schwerts echten Funkenflug. Siegmund wird durch den Erfolg übermütig und zerstückelt mit dem neuen Schwert seine Puppen. Zudem steckt der aufgedrehte Siegfried den Kopf von Mime in die Mikrowelle und ins Aquarium. Mime erkennt, dass Siegfried der furchtlose Held ist, von dem Wotan gesprochen hat und überlegt einen Plan Siegfried das Fürchten zu lehren. Am Ende dieses Akts bricht die Unzufriedenheit des Publikums in einem wahren Buh-Orkan los.
Im zweiten Aufzug befindet man sich in der Penthouse-Wohnung von Fafner. Dieser ist ein alter Mann in einem Pflegebett, der von zwei 24 h-Krankenpflegerinnen betreut wird. Die Waldquelle ist eine Bar mit Eiswürfeln. Über einem Kaminfeuer sieht man ein Bild von Fasolt und Fafner hängen. Vor dem Kaminfeuer sind zwei Sessel für Alberich und Wotan. Wotan warnt Alberich vor seinem Bruder Mime, der es auf Fafners Ring abgesehen hat. Während die Handlung fortgeht, sitzen Wotan und Alberich in den Sesseln und beobachten, was passiert. Durch die Gardinen sieht man nun Siegfried und Mime in die Wohnung Fafners eindringen. Siegfried ist als Kind ständig hungrig und hat wieder eine Plastiktüte mit einer Nudelbox dabei. Siegfried vernimmt nun das Zwitschern eines Vogels, der durch eine der Krankenschwestern Fafners dargestellt wird. Mit schrägen Tönen wird er dem Waldvögelein aufdringlich, leider vermag er dessen Botschaft nicht zu entschlüsseln. Dazu muss er erst Fafner töten. Dies ist ein Leichtes, denn der alte Mann steht mit Rollator aus seinem Pflegebett auf und braucht von Siegfried nur umgeschubst zu werden. Nachdem Fafner besiegt ist, genehmigen sich Mime, Siegfried, Jung-Hagen und das Waldvögelein einen Schluck aus der Waldquelle mit vielen Eiswürfeln. Jetzt versteht Siegfried auch den Gesang des Vogels. Dieser Pflegevogel empfiehlt ihm, den Ring und den Tarnhelm aus dem Schatz Fafners zu nehmen. Zudem erkennt Siegfried nun die wahren Absichten Mimes, der ihn mit einem Giftpokal aus dem Weg räumen will. Erzürnt bringt Siegfried Mime um. Das Waldvögelein erstürmt eine abgeklebte Balustrade des Penthouses und weist Siegfried den Weg zum Walkürenfelsen, der gleich hinter Fafners Höhle zu liegen scheint. Die Buhs wurden jetzt schon weniger und die Wertschätzung der Sängerleistung schien zu überwiegen.
Im dritten Akt sieht man die Wohnung Fafners gedreht, links davon ist eine große Pyramide aufgebaut, die den Feuerfelsen darstellt. Noch in der Wohnung Fafners kommt es zur Konfrontation zwischen Erda und Wotan. Erda hat ebenfalls ein Kind dabei, das inzwischen größer geworden ist aus den vorherigen Teilen. Erda hat mehrstufig gefärbte lange Haare. Sie ist ungnädig, dass man sie geweckt hat und sagt Wotan den nahenden Untergang voraus. Jung-Hagen und Siegfried scheinen nun beste Freunde, als Siegfried auf Wotan trifft. Wotan will Siegfried vom Feuerfelsen abhalten. Mit seinem Schwert schlägt Siegfried Wotans Waffe, eine Pistole, aus der Hand und verschafft sich so nun Zugang zum Walkürenfelsen. Dieser ist über die Balustrade mit Fafners Wohnung verbunden. Auch bei mir hat es etwas gedauert, bis ich den bärtigen Herren im grauen Anzug als Grane Brünhildes Pferd erkannt hatte. Ich dachte mir nur: viel los heute am Feuerfelsen, Jung-Hagen, Grane, Siegfried, Brünhilde – wo es eigentlich nur zwei Personen sein sollten in dem Moment. Brünhilde steht mit einer Bandage und einer Sonnenbrille und wartet darauf, von Siegfried ausgewickelt zu werden. In einem Spiegel erkennt sie sich. Grane verwehrt nun Siegfried immer wieder den Zugang zum Feuerfelsen und stört die Zweisamkeit am Walkürenfelsen. Beim Anblick von Brünhilde lernt nun Siegfried das Fürchten und verlernt es aber gleich wieder. Sie fesselt den Helden mit der Bandage. Es kommt zu einem Schluss, in der Brünhilde und Siegfried zu gemeinsamen Tätern werden, wie angeblich Bonny und Clyde. Man sieht in einer Vorwegnahme des Staus am Parkplatz, die Scheinwerfer einer Limousine hinter dem Vorhang aufblitzen. Eines ist sicher: Brünhilde und Siegfried haben die Poleposition bei der kommenden Ausfahrt am Walkürenfelsen.
Wie man sieht, kann man trotz der Widrigkeiten der Inszenierung, Spaß an der Darbietung finden. Eine wenig gelungene Inszenierung im Auge einiger Betrachter lässt sich nicht Weg-Buhen. Auch hier gilt: Kinder, macht Neues! Wenn es dann mal nicht so der große Wurf ist, ist das für mich kein Drama. Die Musik bleibt großartig. Andreas Schager als Siegfried hat die Mörderpartie bis zum Ende kraftvoll durchgehalten, Tomasz Konieczny als Wotan hatte sich sichtlich von seiner Verletzung in der Walküre erholt. Alexandra Steiner als Waldvogel durfte ihr schauspielerisches Talent bei den Annäherungsversuchen Siegfrieds entfalten und nicht nur hervorragend singen. Die wahre Retterin der Aufführung war aber Sieglinde in der Herrentoilette des Festspielhauses mit ihren Eisbonbons, die mich vor einem Hustenanfall bei Brünhilds Erweckung bewahrt hat. Heil Dir Sonne, sag ich nur.