Oh du mein holder Abendstern
Wagners fünfte Oper, in der Dresdner Semperoper uraufgeführt, schafft es auch heute noch zu faszinieren. Woran liegt es denn? An der Inszenierung sicher nicht, gerade der Venus-Berg als französisches Budoir mit Federboa ist jetzt nicht der Weisheit letzter Schluss. Alexandra Petersamer verleiht der Venus in der Anfangszene bisweilen schrille Töne, die es im Schlussakt sicher braucht, in der Eröffnung im Venus-Berg aber sicher nicht jedem gefallen haben. Christof Prick dagegen im Orchester meistert seine Sache sehr gut, so dass man auch den schrillen Einstieg übersteht. Irgendwann haben auch die Nymphen mit ihren Federboas die letzten Noten, die der Tannhäuser verfasst, in die Luft geworfen und aufgegessen. Tannhäuser beschließt aus dem Venus-Berg weg zu ziehen und in Maria sein Heil zu suchen. Der erste Akt war auch bei der Pariser Version Anstoß zu einem Theaterskandal. Im lieblichen Waldtal sitzt Leah Gordon auf einem Klavier und mimt die Flötistin. Ihr Solo bringt Ruhe in die Turbulenzen um den Venusberg. Die dann auftretenden Ritter erinnern eher an einen Sketch aus Loriot. Die Umsetzung der Szene vor der Wartburg bedarf also einiger Erklärung. Dennoch ahnt man bei der Vorstellung der Sänger, dass der Sängerkrieg auf der Wartburg gut gelingen kann. Nach der Pause trifft die Erwartung dann auch ein. Links und rechts von der Bühne sind Stühle aufgebaut, Mardi Byers singt Ihr ‘Dich teure Halle’, es zieht der Chor ein. Nach Männern und Frauen getrennt, nimmt er auf den Stuhl-Galerien links und rechts Position ein. Links die Frauen, Rechts die Männer. In der Mitte die Sänger. Das ganze ist akkustisch unglaublich ausgewogen. Die Sänger singen von der Liebe und Tannhäuser kann nicht verschweigen, dass er im Venus-Berg weilte. Der darauf entstehende Streit wird mit Waffen ausgetragen und Tannhäuser darf erst wieder in die Wartburg, wenn er in Rom beim Papst war und um Vergebung gebeten hat. Das Getöse im zweiten Akt ist mitreißend und unglaublich bombastisch. Der dritte Akt ist wieder der ganze Gegenentwurf dazu. Super ist der Chor der Pilger, musikalisch und szenisch umgesetzt. Elisabeth findet Thannhäuser nicht unter den Büßern und beschließt für Thannhäuser zu Büßen. Sie singt die Arie: ‘Allmächtge Jungfrau, hör mein Flehen’. Dann kommt die eigentliche Überraschung: Die Arie ‘Wie Todesahnung, Dämmrung deckt die Lande’. Jochen Kupfer als Wolfram von Eschenbach hatte schon vorher überzeugen können, aber da ist er wirklich der Star des Abends. Wolfram will Tannhäuser vor einem neuen Fehltritt im Venusberg bewahren. Jetzt passt die Stimmgewalt der Venus auch und sie kommt spielend über das tosende Orchester. Am Ende kommen die Pilger mit Blühtenzweigen auf die Bühne und kündigen Tannhäuser Erlösung im Tod an. Spätestens hier ist man tief beeindruckt. Langanhaltender Applaus für die Sänger und den Dirgenten, ein wirklich erstaunlicher Abend.
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