Pique Dame - Drei Karten
Das Theater Ulm hatte die letzte Aufführung der Pique Dame von Tschaikowsky in Fürth im Stadttheater durchgeführt. Inszeniert wurde von Igor Folwills sehr konventionell im besten Sinne. Als zu Beginn eine Ankündigung vor der Ouvertüre erfolgte, dass der Sänger des Tschekalinski erkrankt sei, horchte ich auf. Man hatte aber Ersatz in Joshua Lindsay gefunden, der die Partie leider nur in Russisch könne. Die Oper sei aber insgesamt in Deutsch. Diese deutsch-russische Kombination hatte durch die Übertitel keinerlei negative Folgen, dennoch war es witzig, wenn Russisch gefragt wurde und die Antworten dann in Deutsch kamen. Die Aufregung hatte dem Ansager scheinbar so zugesetzt, dass der Eugen Onegin ankündigte. Es lief dann aber doch Pique Dame. Die nächste Überraschung sollte sein, dass die alte Gräfin, die Pique Dame, erst 35 Jahre ist. Der Sänger des jugendlichen Hermann aber schon 65. Eine klassische Inszenierung rundete die Aufführung zu einem gelungenen, aber langen Opernabend ab. Bei den Aufteilungen der Akte orientierte man sich an den Bildern der Oper und machte mitten im zweiten Akt eine Pause. Auch zwischendrin erfolgten immer wieder längere Umbaupausen. Zentrales Element der Inszenierung war eine dreiteilige Spiegelwand mit Türen, die sich immer wieder verschieben und neu arrangieren lässt.
So gerät der Sommertag auf einer St. Petersburger Promenade sehr dunkel. Eine Parkbank steht mit dem Rücken zum Publikum, dahinter befindet sich ein künstlicher Stein. Angedeutet ist eine Allee durch einen getrockneten Baum. Auf der Bühne stehen beleuchtete Standuhren. Jeletzki stellt seine Braut Lisa vor, die Hermann als seine Geliebte wiedererkennt. Lisas Großmutter sei eine reiche Gräfin, die ihr Vermögen mit drei Karten im Spiel in Paris gemacht hat. Das Geheimnis dieser Karten würde sie hüten, die hätte sie sich durch ihre Hingabe erkauft. Der Verrat des Geheimnisses würde ihren Tod bedeuten. Es folgt eine düstere Sturmszene, bei der Hermann dem Wind schwört, dass Lisa niemals die Frau des Fürsten wird.
Im nächsten Bild sieht man Lisa mit ihrer Freundin Pauline beim Klavierspielen. Zu Besuch sind 14 weitere Freundinnen in Weiß. Zuerst singt Pauline eine traurige Weise, dann beschließen ihre Gäste, ein lustiges, russisches Tanzlied anzustimmen. So viel Lebenslust ruft eine schwarz gekleidete Gouvernante auf den Plan. Lisa steht kurz vor der Verlobung und ist betrübt, da sie eigentlich Hermann liebt. Dies vertraut sie auch Pauline an. Beglückt macht sie alle Türen auf und durch die Nacht erscheint dann Hermann plötzlich im Palast. Die Stimmen rufen jetzt die Gräfin auf den Plan und gerade noch rechtzeitig kann sie Hermann verstecken. Die Gräfin fährt dabei immer in einem Rollstuhl über die Bühne. Als die Gräfin weg ist, gibt Lisa Hermanns Drängen nach.
Im dritten Bild hat man die Spiegelwand längs gestellt. Man befindet sich auf dem Maskenball des Fürsten Jeletzki, der wirklich einen tollen Bariton hat. Lisa weicht dem Fürsten aus. Es folgt eine Einlage beim Ball von der ‚standhaften Schäferin‘. In einer Imitation komponiert Tschaikowsky hier im Stil von Mozart ein Schäferspiel. Dort widersteht eine Harlekin-Chloe auf einem Stein dem Werben des reichen Plutus. Sie entscheidet sich für den armen Daphnis. Insofern nimmt hier das Spiel im Spiel die Handlung vorweg. Zum Finale des Schäferspiels regnet es Blütenblätter aus dem Bühnenhimmel. Lisa hält es nicht mehr aus und gibt Hermann den Schlüssel zur Tapetentür zu ihrem Zimmer. Am Maskenball feiert man die Ankunft der Zarin Katharina. Hiermit endet die Oper mitten im zweiten Akt, aber mit einem großartigen Finale.
Nach der Pause denkt die Gräfin wehmütig an ihre edle Zeit in Paris. Sie stimmt eine Ariette aus Grétrys Richard Löwenherz auf Französisch an. Die Spiegelwand ist geteilt und auf der Bühne stehen viele Kerzen. Eine Standuhr ist quer gekippt und links hinten gibt es ein Madonnenbild. Hermann muss an dem Jugendbildnis der Gräfin vorbei, wobei ihm sehr mulmig ist. Auf dem Vorhang sieht man übergroß einer Projektion der Gräfin. Er bedroht die Gräfin mit dem Revolver und will sie eigentlich nur zu erschrecken, um an ihr Geheimnis zu kommen. Letztlich betet er vor dem Madonnenbild und die Gräfin stirbt in ihrem Rollstuhl an den Folgen des Schreckens. Lisa kommt hinzu, ist entsetzt und schickt Hermann weg.
Im nächsten Bild sieht Hermann die Vision des Trauerzugs, der die Gräfin zu Grabe trägt. Die Bühne ist kahl, in blauem Licht und am Bühnenende stehen fünf Standuhren. Im Traum erscheint ihm nun die Gräfin, die ihm die drei Karten verrät. Es sind die Drei, die Sieben und das Ass. Hermann eilt nun zu Lisa.
Lisa erwartet ihn schon und hofft, dass er vor 0 Uhr eintrifft. Die Uhrzeit des Eintreffens sieht sie als Zeichen dafür, dass er unschuldig ist. Trifft er vor 0 Uhr ein, ist er unschuldig. Nach 0 Uhr ist er eindeutig schuldig. Ihre große Arie singt sie vor der Spiegelwand in einem schwarzen Samtgewand. Hermann kommt schließlich kurz nach 0 Uhr und erzählt ihr von den Karten und dass er spielen muss. Er will dies eigentlich nur tun, um ihr ein besseres Leben zu ermöglichen. Sie ist aber enttäuscht von ihm. Der Tod Lisas in der Newa, wird durch die einklappende Spiegelwand dargestellt.
Im Spielsaal trifft nun Hermann auf und will die drei Karten ausspielen. Er setzt 40000 Rubel auf die erste Karte. Auch die nächste Karte ist die vorhergesagte. Als er den Einsatz verdreifacht, will jetzt niemand mehr spielen, nur der Fürst wagt einen letzten Einsatz. Die dritte Karte ist nun aber nicht das vorhergesagte Ass, sondern die Pique Dame. Hermann verliert den Verstand und sein Vermögen. Er hält dies für ein Zeichen der toten Gräfin und ersticht sich, auf dem Spieltisch stehend.
Auch wenn der Abend sicher nicht perfekt war, hat er mir doch sehr gut gefallen. Punkten konnte da vor allem das Orchester, das die Dramatik der Oper gut unterstrich. Das Orchester hat das Stadttheater teilweise zu beben gebracht, wobei auch die ruhigen Momente in der Ariette gut ausgekostet wurden. Sängerisch musste man natürlich mit dem Stammhaus in Ulm arbeiten und die Alterskonstellationen sind da etwas seltsam anmutend. Auch der Mix aus russischen Einwürfen von Tschekalinski hatte einen interessanten Effekt. Den Chor fand ich beachtlich, denn gerade das Schlussbild vor der Pause, als alle am Bühnenrand sangen, war eindrucksvoll. Jeletzki(Kwang-Keun Lee) und die Gräfin(Chiao Shih) waren wirklich gut und die Partie des Hermann(Hans-Günther Dozauer) ist eben sehr lang und schwer, die der Lisa(Josefine Weber) ebenfalls. Den düsteren Stoff, in dem immer wieder die drei Karten beschworen werden, finde ich auch sehr interessant. Ich hatte die Pique Dame vorher noch nie gesehen. Bei allem, was man kritisieren könnte, gab es doch einen langen Schlussapplaus. Bravo Ulm.
Quelle: YouTube | Theater Ulm - PIQUE DAME von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky
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