Das Holzschiff
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Die Uraufführung von Detlef Glanert “Das Holzschiff” in Nürnberg ist ein Opernwagnis. Dies liegt zum einen an dem Stoff von Hans Henny Jahnn, der homoerotisch aufgeladen ist. Zum einen ist es etwas verwirrend, dass die Hauptrolle des Gustav von einer Frau gesungen wird. Schließlich trennt sich Gustav im Laufe der Oper von seiner Verlobten und findet Gefallen an dem Leichtmatrosen Alfred Tutein, der ebenfalls von einer Frau gesungen wird. Ellena und Alfred werden durch dieselbe Person dargestellt. Die Oper wird in einem Akt aufgeführt und ist in 10 Bilder unterteilt, die von sieben Tanzeinlagen unterbrochen werden. Kresnik ist in Bremen und Berlin für seine provokanten Ballette bekannt geworden und schafft es in den Zwischeneinlagen mit Breakdance-Nummer und modernem Ballett die Abgründe der handelnden Akteure aufzuzeigen.
Am Anfang der Oper schmuggelt Ellena, die Tochter des Kapitäns, ihren Verlobten Gustav an Bord der Lais. Einzig der Superkargo weiß was die Ladung des Schiffs ist und wo die Reise hingeht. Die Mannschaft begehrt dies auch zu wissen, wird aber vom Superkargo drangsaliert und mit voller Härte bestraft, wegen nichtiger Vergehen in puncto Ordnung. Dem Superkargo gelingt es durch Härte das Reiseziel der Lais geheim zu halten. Auch die Fracht wird nicht verraten. Dem Superkargo ist das Einschmuggeln des blinden Passagiers nicht entgangen und er stellt den Kapitän zur Rede, wie dies geschehen konnte. Im Labyrinth der Laderäume konnte sich Gustav verstecken. Während sich seine Verlobt auf die erste Liebesnacht mit ihm freut, entfernt sich Gustav von seiner Verlobten. Alfred Tutein der Leichtmatrose warnt in einer Videoeinspielung vor “Gefahr". Es bricht ein Sturm über die Lais herein, das Barometer fällt und Ellena wird vom Superkargo unter Deck gebracht. Gustav spricht, entgegen seinen Anweisungen mit der Mannschaft und verbrüdert sich mit Alfred. Ellena bleibt von da an verschollen, die Lais übersteht den Sturm aber unbeschadet. Wieder warnt Alfred Tutein der Leichtmatrose in einer Videoeinspielung vor “Gefahr". Der Superkargo bekennt schon einmal einen Hund getötet zu haben, den er unter Wasser gedrückt hat, um zu wissen, wie das Töten ist. Damit gerät er automatisch in Verdacht Ellena getötet zu haben. Was aber nur durch das Libretto rauskommt ist, das Gustav seine Verlobte zu Gunsten Alfred aus dem Weg geräumt hat. Es bleibt in der Oper aber unklar, wer jetzt Schuld an Ellenas Tod hat. In dem Buch das Holzschiff ist es so, dass Gustav Ellena zu Gunsten von Alfred opfert. Dieser Mord bildet das Fundament ihrer neuen Liebe. Die Mannschaft begehrt nun erneut auf und rast durch das Schiff auf der Suche nach Ellena. Sie öffnen die Kisten der Fracht, die alle leer sind. In ihrer Wut öffnen sie auch eine Tür, die eigentlich verschlossen bleiben sollte. Durch diese Tür dringt dann Wasser in das Schiff. Die Lais geht unter. Schaum tritt durch die Öffnungen. Die einzigen Überlebenden sind Alfred und Gustav, die zu neuen Ufern aufbrechen.
Mit dem Kniff, dass mit Ellenas Verschwinden plötzlich Alfred in Gustavs Leben tritt, schafft man gezielt Verwirrung. Durch die Doppelrolle von Ellena und Alfred, die durch dieselbe Darstellerin verkörpert werden, ist der Übergang zwischen den Personen fließend. Alfred nimmt gegen Mitte der Oper, den Platz in Gustavs Herzen ein. Durch eine Videoeinspielung von zwei küssenden, alten Männern, wird die Verbindung zwischen Gustav und Alfred verdeutlicht. Die Balletteinspielungen ergänzen die Szenenbilder gut. Die Tanzszenen verdeutlichen Alfreds Dämonen. An der drastischen Bildsprache von Kresnik hat sich so mancher gestört. Da sind die Engel mit brennenden Flügeln, die Tötung einer Schwangeren, Bilder, die die Abgründe der handelnden Personen darstellen sollen. Die Personen sind in der Handlung immer auf der Suche nach Engeln und Dämonen, die dann in den Balletten wirklich erscheinen. Manch einer konnte damit wenig anfangen und hat das Theater daher verlassen. Wer Kresnik kennt, ist solche drastischen Bilder gewohnt. Mit der Musik wird ein volles Orchester mit 60 Musikern aufgeboten, das die Szenerie gut untermalt. Sie ist eher unaufdringlich und bildet eher einen Klangteppich unter der Handlung. Wenn sie auch gegen Ende abhebt, komplexer wird und in einem schönen Duett zwischen Alfred und Gustav endet. Schade nur, dass sich der ganze Zusammenhang der Bilder erst beim Lesen des Programmhefts erschließt. Die Oper Nürnberg beschreitet hier ganz ungewohnte, neue Wege, weit ab von Fledermaus und Zauberflöte. Das ist mutig, kommt aber nicht bei jedem an.
Cutty Sark’s figure head , picture taken by User:Azu
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