Der Fliegende Holländer oder Senta und die Wasserflasche
Die Nürnberger Inszenierung vom Fliegenden Holländer ist schon aus dem Jahr 2005 von Helen Malkowsky. Sie wurde für diese Spielzeit wieder ins Programm genommen. Gegeben wird die Urfassung von 1843, wobei die Ouvertüre und der Schluss leicht anders sind, als man es kennt.
Das Drama von der Sage des Fliegenden Holländer, der bei einer Kapumrundung die Naturgewalten verflucht, ist modernisiert. An die Verlegung der Sage nach Norwegen erinnert noch ein Norweger Pulli, den Erik, tapfer trägt. Schon bei Beginn sieht man alle Hauptpersonen auf einer Bank sitzen und imaginär die Sage vom Fliegenden Holländer auf Papier bringen. Eingeblendet werden in groß immer Werke des romantischen Malers William Turner. Auch das Bildnis des Holländers ist das Selbstbildnis des Malers. Wenige Meilen vor Dalands Haus hat Dalands Schiff in der Bucht Sandwyke geankert. Im ersten Bild verwirren die Personen etwas, die noch gar nicht auftreten sollen. Natürlich ist es schön, wenn Daland, Sentas Vater davon singt, dass er seine Tochter im Arm hält und dies wirklich auch tut. Den Konkurrenten Erik schubst der Fliegende Holländer beim Auftritt auch von der Bühne. Effektvoll tritt beim Anlanden des Fliegenden Holländers die Bühne ein Bühnenspalt auf, der im Hintergrund ein riesiges Selbstporträt zeigt. Der Holländer erklärt seine Situation, dass er eine Frau innerhalb eines Tages finden muss, die ihm treu bis in den Tod ist. Diese Chance hat er nur alle sieben Jahre. Dies tut er so überzeugend, dass spontaner Applaus einsetzt. Der Steuermann, der Wache halten sollte, hat die Ankunft des Fliegenden Holländers verpasst. Effektvoll verdeutlicht ein von unten beleuchteter Bühnenboden, die beiden Schiffe, die nebeneinander liegen sollen. Der Holländer verspricht Daland seine Schätze, wenn er Senta, Dalands Tochter bekommt. Die Schiffe sind als Gemälde links und rechts auf der Bühne zu sehen. Auf wundersame Weise kommt nach dem Handschlag plötzlich Wind auf und die beiden Schiffe schaffen noch die letzten Meilen zu Dalands Haus.
Im zweiten Aufzug sitzen die Damen auf den Bänken. Vorn links steht ein großes Spinnrad, von dem ein langer Faden gesponnen wird. Alle Mädchen spinnen, nur Senta will nicht. Gleich 17-fach prangt von der Wand das Bildnis des Holländers. Da sich ihre Amme Mary weigert die Schauergeschichte vom Holländer zu erzählen, singt Christiane Libor als Senta, sehr dramatisch die Mär vom Holländer. An den Seitenwänden sieht man wieder Bilder von William Turner. Erik im Strickpullover tritt auf und ermahnt Senta, dass er schlecht geträumt hat, von einem Fremden, den ihr Vater nach Hause bringt. In einem Schattenumriss sieht man den Holländer und Daland an den Seiten während der Traumerzählung Ihr Vater hätte schon immer wieder versucht, seine Tochter unter die Haube zu bringen. Der Verlobte verlässt verzweifelt die Szenerie und gibt den Raum frei für zwei Hebeelemente. Zwischen denen spielen der Holländer und Senta eine Weile Versteck. Daland lässt sie aber allein. Aus der Ferne scheinen sie sich zu mustern und zu beschnuppern. Schließlich betritt Senta die hintere Hebebühne, während der Holländer auf der Vorderen Platz nimmt. Das Hebeelement Sentas wird nun gekippt und sie rutscht etwas geräuschvoll auf den Holländer zu. Sie soll das Erlösungswerk vollbringen. Daland sieht, dass es zwischen den beiden gefunkt hat, und ordert für den nächsten Morgen die Verlobung an.
Im dritten Aufzug nehmen die Seemannschaft und die Mädchen der Seeleute am Hafen Platz. Wechselweise sieht man hier die Mädchen oder die Matrosen in Zeitlupe klatschen. Während die Mädchen versuchen, die Mannschaft des Holländers freundlich einzuladen, provozieren die Matrosen die Mannschaft so lange, bis eine Klappe aufgeht und eine Handvoll weiß maskierter Untoter auftritt. Die Freudengesänge der Matrosen werden von den Schauergesängen der Untoten wirklich aufgelöst. Im Schlussterzett versucht Erik noch einmal, Senta an ihr Versprechen zu erinnern. Sie hatte Erik schon die Treue versprochen, woran sie sich aber nicht mehr zu erinnern scheint. Der Holländer tritt auf und will Senta schon fast aus der Pflicht entlassen, da übergießt sie sich mit einer Wasserflasche und springt so dem Schiff des Holländers hinterher. Senta stirbt also für den Holländer.
Die schnörkellose Inszenierung mit den Bildeinblendungen des Malers William Turner wirkt bisweilen etwas kahl. Etwas mehr Dekoration dürfte sein. Ich finde eine Holländerinszenierung, bei der kein einziges Schiff auftaucht, etwas seltsam. Die Schiffe sind nur als Gemälde zu sehen, was einem vielleicht entgeht. Auch verwirren die Regieeinfälle am Anfang etwas und die Angewohnheit der Hauptdarsteller, ständig weiße Zettel zu verteilen. Ganz große Klasse war aber Christiane Libor als Senta. Hier stimmt einfach alles: Drama, Volumen, Ausdruck. Der etwas andere Schluss hat zumindest das Nürnberger Publikum überrascht und die Zuschauer wussten am Ende nicht so recht, ob sie jetzt klatschen dürfen oder lieber noch warten.
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