Dinner for Emilia
Emilia di Liverpool von Donizetti ist scheinbar umgezogen. Aus der Hermitage, in der sie sich vom Schrecken ihrer gescheiterten Romanze mit einem Buchhalter und dem Tod ihrer Mutter zurückgezogen hat. Ihre Mutter hat die geplatzte Verlobung mit einem neapolitanischen Ehemann und die anschließende Flucht mit dem Verwalter des Gutes nicht überlebt. Die Eremitage ist nun nicht mehr der ruhige Ort von früher, die ihr Vater 20 Jahre zuvor gegründet hat, sondern ein Sanatorium. Das Essen, das Emilia für Arme verteilt, ist ein heißer Eintopf, der den Insassen auf Blechgeschirr serviert wird. Angekommen ist Emilia in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts und dann scheinbar noch in einer Ausstattung von Dinner for one. Statt des Tigers liegt dort ein Bärenfell, ein Kaminfeuer gibt es auch mit der Asche der Mutter auf dem Kaminsims. Fehlen darf auch die Treppe rechts nicht, die nach oben führt. Wenn Emilia vom Tod ihrer Mutter singt, trägt sie dazu immer wieder die Urne auf der Bühne rum, als ob sie sich ständig dafür entschuldigen muss. Emilia soll sich erholen, bevor die Ereignisse eine unglückliche Wendung vollziehen, die spätestens dann einen Aufenthalt im Sanatorium erfordern würde. Auf einer Projektion kündigt sich Unheil in Form eines rasenden Autos an. Mit viel Pyroeffekt knall der Wagen durch die Wand und bringt fünf weitere Personen ins Spiel, die Emilia schon früher begegnet sind. Es sitzt im Auto, Dom Romualdo, ihr ehemaliger Verlobter, den sie mit Federico betrogen hat, der ebenfalls im Auto sitzt mit Luigia und deren schwerhörigen Vater und nicht zu Letzt, ihr tot geglaubter Vater. Federico und Dom Romualdo wissen nicht, dass über Emilia eine Verbindung zwischen ihnen besteht. Unterdessen versucht Federico schon wieder, Dom Romualdo ein weiteres Mal die Frau auszuspannen. Während Dom Romualdo in deftigem Hessisch, jedem Frauenrock nachläuft, versucht er sich auch wieder an Emilia. So nach und nach erkennen die Personen ihre Beziehung zueinander. Wechselweise kommen sie bei Emilias vertrauter Candida, die als Ärztin im weißen Kittel auftritt, auf die grüne Couch und berichten von ihren Enttäuschungen. Während der Vater von Luigia immer nur die Hälfte mitbekommt und im Schottenrock mit seinem Hörgerät Dom Romualdo immer gehörig zur Verzweiflung treibt. Die eifrigen Schwestern in ihren Kitteln verteilen immer wieder mal Beruhigungsmittel oder Spritzen, wenn die Emotionen der Hauptakteure zu hoch kochen. Im Hintergrund sieht man immer wieder Videoeinspielungen, wenn der Vater von seiner Zeit in Afrika erzählt oder Rückblenden angesagt sind. Andreas Baesler nutzt hier immer wieder alte Kinostreifen in schwarz-weiß, um die Geschichte deutlich zu machen. Es kommt schließlich, wie es kommen muss. Der betrogene Verlobte und der Liebhaber landen schließlich in Zwangsjacken und hüpfen im Takt der Musik der endgültigen Auflösung der Geschichte entgegen, in dem der Liebhaber verspricht, zu Emilia zurückzukehren. Dom Romualdo verzeiht auch Luigia. In einer Szene vor der Urne der Mutter offenbart schließlich Emilias Vater, Federico, dass er nicht in Afrika umgekommen ist, sondern hergekommen ist, um ihn zur Rede zu stellen. Federico bittet schließlich den Vater um Verzeihung für alles, was geschehen ist. Emilia nimmt Federico zum Mann und alle treffen sich zum Schlussfoto auf der grünen Couch. Die Schlussarie von Hrachuhí Bassénz Confusa e l’alma mia ist wirklich einer der Glanzstücke in der Oper, auch die Schlussarie von Claudio di Liverpool ist großartig. Dennoch hinterlässt die Oper keinen ungetrübten Eindruck, im ersten Akt ist sie doch sehr von Sprechpassagen durchzogen. Der Wechsel zwischen dem Drama in der Musik und den Slapstick-Einfällen der Regie gelingt nicht immer. Erst gegen Ende, als die Musik die Oberhand gewinnt, wird das Stück stimmig.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
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