Luther - Rebell Gottes
Am Stadttheater in Fürth kann man derzeit die Uraufführung des Musicals Luther-Rebell Gottes sehen. Nina Schneider erzählt dort in einem Rückblick Luthers Leben nach einer Idee von Wolfgang Adenberg. Die Inszenierung von Werner Bauer setzt dabei ganz auf Lichteffekte und Projektionen, sonst wären die 21 Ortswechsel schwer zu stemmen. Durch neue Überblendungen entsteht so eine rasante Revue durch Luthers Leben.
Es startet mit einer Kutschenszene bei Nacht, ein Schlagzeuger macht im Proszenium Hufgeklapper. Albtraumartig erlebt Luther die fiktive Gefangennahme auf der Pleißenburg bei Leipzig durch Herzog Georg von Sachsen. Dort trifft er im Kerker auf seinen Gegenspieler Johannes Eck. Vom Standpunkt 1530 sieht man das Leben Luthers in Rückblicken. Man sieht feiernde Studenten, das Studentenleben von Luther mit einer Tanzeinlage, wie es sich wohl Eck vorgestellt hätte. Es folgt das Sturmerlebnis mit Sichtung der heiligen Anna und sein Beitritt ins Kloster. Der Auftritt der rockenden Mönche hat so etwas von Gregorian ("Ecce Advenit"). Luther liegt am Boden, als er in den Orden der Augustiner aufgenommen wird. In Glanz für die Ewigkeit lässt man den Papst und einen Kardinal in einer Gondel die Ausmalung der Sixtinischen Kapelle. Man beschließt das mückengeplagte Gebäude durch einen protzigen Neubau, den Petersdom zu ersetzen und unterlegt das mit Broadway-Sound. Wieder sieht man Luther beim Bodenschrubben hadern, dass er sich seinem Gott nicht würdig erweist. Er geht nach Wittenberg. In Wittenberg wird der fromme Landesfürst Friedrich der Weise sein Förderer. Der ist Luthers Lehren sehr aufgeschlossen gegenüber und leidenschaftlicher Reliquiensammler, wobei ihm aber selbst Zweifel kommen, als er den vierten Kopf eines Heiligen sammelt. Nun wird die Politik als großes Schachspiel inszeniert. Luther trifft in Wittenberg auf Mathis, dessen Bruders wegen Diebstahls im Gefängnis sitzt. Mathis bittet Luther um Verzeihung für seinen Bruder. Das ist eine erfundene, aber nette Nebengeschichte. Statt sich mit den Lehren Luthers zu befassen, gibt es beim Bau des Petersdoms Schwierigkeiten. Papst Leo X. braucht Geld und erfindet den Ablasshandel. Unter Höllenandrohung versucht er, mithilfe von Tetzel, das Volk zum Kauf von Ablassbriefen zu bewegen. Tetzel sieht dabei aus wie ein Rammstein-Rocker und singt ein Lied von "der höllischen Qual". Die Ablassbriefe verkaufen sich prächtig. Luther deckt den Skandal auf und hält Predigten von der Güte Gottes ("Gott Allein"). Er schlägt 1517 seine Thesen an die Tür der Kirche in Wittenberg. Nun kommt es zum Disput zwischen Eck und Luther im Jahre 1519. Das ist als Battle-Rap aufgezogen, wieder mit einer Tanzeinlage. Schließlich wird er von den Reichstag in Worms zitiert. Dort widerruft er seine Thesen nicht, worauf die Reichsacht verhängt wird. Es kommt zu einem großen Finale des ersten Akts.
Im zweiten Akt sieht man zu Beginn wieder eine Kutschenszene. Friedrich der Weise lässt Luther auf die Wartburg entführen. Dort wird er von Visionen und Albträumen geplagt ("Kyrie Eleison"). Den Teufel vertreibt er mit einem Tintenfass. Den Tintenfleck sieht man dort wirklich, und wenn man selbst schon mal auf der Wartburg war, kennt man den Fleck. Er kommt auf die Idee, das Neue Testament zu übersetzen. Man sieht wie die Worte aus den Seiten wachsen und wie das Volk plötzlich versteht, was in der Bibel steht. Friedrich der Weise trägt schließlich einen Abdruck der Lutherbibel über die Bühne. Das war die eigentliche Revolution der Zeit, der Buchdruck. Aber es entstehen plötzlich Unruhen. Luthers Lehrern werden zum Auslöser eines großen Krieges. Gegen den Rat Friedrich des Weisen verlässt er die Wartburg. Nun findet Luther aber privat sein Glück mit der Heirat der Nonne Katharina von Bora. Die Szene, in der die neun Nonnen in einem Verwandlungsbilderbuch sieht man die neun geflüchteten Nonnen. Das Ganze kommt so wie ein Kinderlied von den „Zehn kleinen Negerlein“, übrig bleibt Katharina von Bora, die zu gebildet und zu eigenwillig für andere Männer war. Die Heirat mit Katharina von Bora wird eher als Zufall dargestellt. Sie flohen 1523 zu Ostern aus dem Kloster. Zwei Jahre später hat er sie geheiratet, was hier stark verdichtet dargestellt wird ("Ich gehör zu Dir"). Gleichzeitig lehnt sich Luther gegen den Zölibat auf. Auf der Pleißenburg ist nun auch Mathis eingetroffen, als Anführer der Aufständischen. Herzog Georg lässt auf Anraten seiner Frau Luther frei. Es kommt zu einem Aufstand, bei dem die Aufrührer Freiheit wollen.
Wer hätte gedacht, dass zwischen Sister Act, Monty Python und Les Misérables noch Platz für ein Luther-Musical ist. Anfangs hatte ich mit der lauten Musik und mit den Szenen aus Rom so meine Probleme. Ich war am Zweifeln, ob das wirklich gut geht. Ja, es geht gut. Gerade die Balladenszenen, bei denen Luther mit Gott hadert oder auch der Battle-Rap zwischen Eck und Luther sind charmante Einfälle. Durch die weiße Bühne und die Lichtprojektionen ist eine schnelle Szenenabfolge möglich und gerade zu Anfang hat die Inszenierung ein ziemliches Tempo. Es kommt auch der ein oder andere zotige Spruch von Luther dazu, ohne sich dabei in Zitaten zu verlieren. Es gibt tolle Lichtprojektionen von der Heimsuchung auf der Wartburg. Im Nu ist man in Klöstern, Kirchen, großen Hallen und das alles nur mit Projektion ohne eine Umbaupause. Dass das Ganze letztendlich doch aufgeht, ist auch Verdienst von Thomas Borchert (Martin Luther) und Ramin Dustar (Johannes Eck). Aber auch die vier Musiker leisten eine gute Arbeit, einschließlich des Schlagzeugers im Proszenium. Letztendlich nimmt sich das Musical doch ernst, was auch dem Thema angemessen ist.
Quelle: YouTube | Stadttheater Fürth
Quelle: YouTube | Kati Heidebrecht
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