Moses auf gepackten Koffern
Ja, so einige Details bleiben dank des stark reduzierten Bühnenbilds auf der Strecke. Die Oper von Rossini “Moses und Pharao” wurde mit Zitaten von Theodor Herzl unterlegt. Die Zeit von Moses wurde verlegt in das 19. Jahrhundert in die Zeit von Herzl. Gleich zu Anfang öffnet sich das Bühnenbild und man sieht weiße Wände, auf denen hängen an den Seiten weiße Koffer. Auch das Volk der Hebrärer sitzt auf solchen Koffern und beklagt das Leid der Knechtschaft der Ägypter. Dass das die Mauern von Memphis sein sollen, lässt sich nur durch das Textbuch erschließen. Nicolai Karnolsky gibt einen beeindruckenden Moses, der an den theoretischen Staatsbegründer Israels Theodor Herzl erinnert. So eine tragende Rolle und dann noch mit einem hervorragenden Bass besetzt. Wo man doch mit italienischem Belcanto eher an hochsingende Sopranistinnen denkt. Assistiert wird Moses immer von einem Alter-Ego in Weiß mit Stab, der immer in dramatischen Szenen auftritt und dem singendem Hauptdarsteller assistiert. Ein echter Regie-Einfall von David Mouchtar-Samorai, der zunächst etwas irritiert. Auch Rossini hat in den Auszug der Ägypter und die sieben Plagen eine Liebesgeschickte zwischen der Sklavin Anai und dem Pharaos-Sohn Aménophis beigemischt. Des Pharaos Frau hat in einem ersten Versuch, den Pharao zur Freilassung der Hebräer überredet, da sie selbst auch Hebräerin war. Auch der Einschlag des Meteors und die Gewinnung der Gesetzestafeln erschließt sich einem nicht sofort. Die Liebesszene zwischen der Tochter Moses Anai und Aménophis kommt dagegen sehr gut zum Ausdruck. Der Pharao erscheint in Militäruniform. Auf Aménophis Rat wird die Freilassung der Ägypter widerrufen. Mit vielen Lichteffekten beschwört Moses ein Erdbeben, was durch torkelnden Bewegungen des Chors dargestellt wird. Anschließend wird der Himmel in Finsternis getaucht. Im zweiten Akt ist der Palast in der Dunkelheit durch 14 Lichter beleuchtet. Der Pharao verspricht, die Hebräer freizulassen, wenn die Dunkelheit endet. Moses und sein Double wenden sich an Gott und die Finsternis weicht. Nun bahnt sich eine Verwicklung an, der Pharao beschließt seinen Sohn Aménophis mit der Tochter des Assyrerkönigs zu verheiraten. Im dritten Akt sehen wir den Parao und seine Frau bei den Vorbereitungen zum Fest der Jungfrau. Zwei Darstellerinnen aus dem Ensemble verkörpern die Jungfrauen, wobei sich ein gefährlich in dem Schleier mit dem Absatz verfängt. Der Pharao lässt sich von seinen Dienern die Füße waschen und verbrüht sich fast die Füße im Bottich, ein sehr nettes Detail. Auch Pharaos Frau macht sich mit ein paar wunderschönen Belcanto-Arien für das Fest bereit. Der Pharao, der vorher noch dem Gott Israels gehuldigt hat, ist dabei als er Moses zwingt, der Jungfrau zu huldigen. Moses ist erzürnt. Am hinteren Ende der Bühne erscheint an der Stelle der Isis, die Bundeslade (leider vom dritten Rang aus schwer zu sehen). Der Pharao befiehlt die Hebräer in Ketten in die Wüste zu führen. Der vierte Akt spielt vor dem roten Meer. Anai ist von Aménophis entführt worden. Es ziehen die Hebräer vorbei und Anai muss sich zwischen dem Glauben der Eltern und der Liebe zu Aménophis entscheiden. Sie wählt dann doch den Glauben der Väter. Aménophis ist enttäuscht und verrät den Plan des Vaters, die Hebräer auszurotten. Moses zieht mit seinem Volk durch das rote Meer, während die Ägypter den Weg nicht schaffen. Am Ende sieht man eine Videoeinblendung, die das gelobte Land nicht als Paradies sondern als Brandruine zeigen. Unter der Projektsionsfläche kriechen die Hebräer hervor. Kein Happy End, scheinbar. Herrausragend waren die drei Hauptpersonen, Moses, Anai und Aménophis. Moses von Nicolai Karnolsky hat die tragende Rolle eines Belcanoto-Basses; Anai als dramatische Frauenfigur, wie immer gut von Hrachuhí Bassénz hat schöne Arien; David Yim als Aménophis überzeugt in den Höhen. Ein schöner Nachmittag in der Oper, der in 3:20 Minuten nie langweilig wurde.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
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