Rusalka im Regen
Antonín Dvořáks Oper Rusalka ist derzeit im Nürnberger Opernhaus zu sehen. Dieter Kaegi hat die Inszenierung mit ökologisch-kritischen Aspekten versehen. Die Inszenierung ist eine Koproduktion mit der Opéra de Monte-Carlo.
Zu Beginn sieht man zwei Balletttänzer mit einem Motorrad und einer tschechischen Flagge an einen kreisrunden Tümpel fahren, der scheinbar mit dem Auto oder dem Zweirad gut zu erreichen ist. Das Paar legt die Kleider ab und begeht scheinbar Selbstmord in dem See. Um den See tanzen drei Nixen in Form von Puppen. In dem Tümpel wohnt nämlich der Wassermann (Nicolai Karnolsky), für mich der eigentliche Held der Inszenierung. Er singt in einem echten Wasserbecken und darf nach Herzenslust planschen. Als Trophäe von den Motorradfahrern hat er eine tschechische Flagge erbeutet. Er verjagt auch die drei Waldnymphen, die ihn zu Anfang provozieren. Rusalkas seine Tochter hat eine lange blaue Robe an, sodass man das als Schwimmflossen vermuten kann. Sie singt in einem Reifen aus Rehgeweihen das berühmte Lied an den Mond (měsíčku na nebi hlubokém). Für dieses Lied hätte die Sopranistin (Ekaterina Godovanets) Szenenapplaus verdient. Es kommt immer wieder ein Prinz zum See, der es Rusalka so angetan hat, dass sie für ihn Mensch werden will. Dafür ruft sie die Hexe Jeibaba an, die mit drei Gehilfen erscheint. In ihrem anthrazitfarbenen Catsuit und mit dem eiförmig geformten Hinterkopf ist sie eine nahezu außerirdische Erscheinung, die auch in Deep Space Nine mitspielen könnte. Bei der Beschwörung der Elemente legt sie einen echten Feuerkranz um den See. Rusalka hat ab sofort Beine, kann aber kein Wort mit dem Prinzen sprechen. Das ist natürlich in einer Oper etwas ungeschickt für die Hauptfigur, die auch prompt mehr als einen Akt lang nichts mehr zu singen hat. Es kommt der Prinz als Jäger an den See, der angeblich einem weißen Reh gefolgt wäre. Dort trifft er jetzt Rusalka und verliebt sich prompt in die stumme Rusalka. Gestikulierend versucht sie, ihn vor den Gefahren des Sees zu warnen. Der Prinz nimmt sie aber mit auf sein Schloss.
Die höfische Gesellschaft hat mit schrillem Outfit und neonfarbenen Perücken in einem Spiegeltrapez Platz genommen. Auch der Tümpel des Wassermanns scheint nicht weit vom Schloss entfernt zu sein. Mit Ferngläsern beobachten die vier höfischen Paare die stumme Rusalka sehr misstrauisch. Der Prinz sei in seinem Liebesleben sehr wankelmütig, sagen auch die Hofangestellten, und zwar der Förster und der Küchenjunge. Von dem beharrlichen Schweigen Rusalkas irritiert, wendet er sich einer fremden Fürstin zu, die der Hofgesellschaft viel besser zu passen scheint. Über den Tümpel spannt sich eine goldene Brücke. Aus ihm kommt das Liebespaar des Anfangs und tanzt eine Balletteinlage. Rusalka spricht nun plötzlich wieder zum Wassermann und beklagt ihr Los. Der Wassermann versucht wütend den Prinzen in den See zu ziehen und prophezeit ihm sein Ende. Aber auch die fremde Fürstin erkennt, dass der Prinz immer noch vom Zauber Rusalkas gefangen ist und verlässt ihn.
Rusalka steht vor dem verschlossenen Bühnenraum und begehrt Einlass in die Wasserwelt. Rusalka ruft erneut Jeibaba an, die ihr wieder helfen soll. Die Hexe sagt, dass sie sich nur erlösen könnte, wenn sie den Prinzen umbringt. Sie gibt ihr ein Messer in die Hand. Es öffnet sich der Bühnenraum und man sieht das Motorrad versenkt im See. Auch der Mond liegt als übergroße Weihnachtskugel neben dem See. Rusalka lehnt es ab, den Prinzen zu töten und wirft die Messer in den Teich. Sie will lieber in ewiger Verdammnis als Irrlicht leben und jedem, der sich nähert, den Tod bringen. Auch der Förster und der Küchenjunge des Schlosses suchen Hilfe bei Jeibaba. Sie behaupten, eine Zauberin hätte den Prinz verhext, der nun schwermütig wäre. Dabei picknicken sie am Seerand und werfen ihre Fast-Food-Abfälle in den See. Dies provoziert den Wassermann, der die beiden verjagt. Die Nixen erzählen vom Los Rusalkas. Es folgt auch der Prinz an den See und sucht sein weißes Reh. Rusalka tritt nun mit schwarz-geschminktem Mund auf und gibt dem Prinzen mitten im Teich den Todeskuss. Dabei regnet es auf der Bühne.
Die Musik ist sehr breit angelegt und klingt wunderbar symphonisch. Rusalka ist wirklich eine sehr schöne Oper, bei dem das Orchester unter Markus Bosch zeigen kann, wie Wohlklang aus dem Orchestergraben sich anhören kann. Die Aufführung in tschechischer Sprache ist natürlich eine Herausforderung. Man merkt schon, dass die fremde Fürstin als Muttersprachlerin mit dem Text deutlich weniger hadern musste, als die anderen. Michael Putsch als Prinz war an diesem Abend leider etwas angeschlagen und hatte dennoch schwierige Passagen zu meistern. Mit der ökologisch ausgerichteten Kritik an der Konsumgesellschaft hatte ich so meine Schwierigkeiten. Es war immer sehr schön, wenn man wirklich das Märchen vor Augen hatte. Da stören die Modernisierungsansätze doch etwas.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
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