Bettlers Jazz Opera - Ein Brückenbauprojekt
Manchmal können die Erben eines Komponisten einen Strich durch eine Aufführung machen. So wie im Falle der Bettlers Jazz Opera in Fürth. Eigentlich war geplant, die Musik von Kurt Weill für das Stück zu nehmen. Die Erben haben dies aber verhindert, so musste Uwe Thiem für das Community-Projekt Brückenbau Fürth eine neue Komposition geschrieben werden. Die ist zwar weit entfernt von Jazz, was aber dennoch sehr schön klingt. Man orientierte sich dabei eher an der Original-Vorlage von Johann Christoph Peppusch. Während der ganzen 80 Minuten, die diese Oper dauert, darf man in dem Kulturform umhergehen. Es gibt nur auf Wunsch Klapphocker, die man dann aber zuverlässig mit sich mitführen muss. Im Programmheft ist ein Schaubild, wie die einzelnen Personen in Beziehung stehen. Alle Darsteller sind bei der Aufführung barfuß und weiß geschminkt. Es gibt einen Chor, der in erster Linie mit Frauenstimmen besetzt ist. Auch dieser Chor positioniert sich an unterschiedlichen Stellen.
Am Beginn stellt ein Bettler mit rotem Heliumballon die Darstellergruppe vor, die allesamt aus Bettlern, Huren und Verbrechern besteht. Es gäbe unter den handelnden Personen keine ehrenwerten Menschen. Zum Eröffnungstitel kommen die Darsteller singend in den Raum und laufen zur Klavierbegleitung durch die Zuschauer. Hauptdarsteller ist der Advokat Peachum, der einen Pakt mit der Gefängnisdirektorin hat. Gefangene, die der Advokat verurteilt, lässt die Gefängnisdirektorin Lockit vorzeitig frei, damit sie wieder auf Beutezug gehen können und ihr Diebesgut bei Peachum abgeben. Dieses Cum-Ex-Geschäft läuft eigentlich wie geschmiert, wobei man immer wieder Euro-Scheine fließen übergibt, bis die Tochter des Advokaten sich verliebt und zwar ausgerechnet in den Chef der Diebesbande Maceath. Schlimmer noch, Polly hat diesen Chef sogar geheiratet und ist wie eine Lucia di Lammermoor dazu verurteilt, die ganze Aufführung in einem Tüllbrautkleid zu überstehen. Der Advokat Peachum mit langer Rosshaarperücke und Leggins, rät ihr, schleunigst Witwe zu werden und Maceath zu beerben. Mutter Peachum, die mit dem Advokaten nicht verheiratet ist, ertränkt ihren Kummer mit einem Flachmann, wird bei der Erzählung von Polly sogar ohnmächtig und muss mit einem großen Schluck aus der Pulle wiederbelebt werden. Zudem scheint Frau Peachum schon im Vorfeld der Aufführung ziemlich einen über den Durst getrunken zu haben. Durch die plötzliche Hochzeit mit dem Chef der Bettlerbande, gibt es nun ein Zerwürfnis zwischen Maceath und Peachum. Maceath, der nun verfolgt wird, verabschiedet sich von seiner Bettlerbande und geht zu den Dirnen ins Bordell. Dort lässt er sich die Augen verbinden. Die Dirnen sehen mit ihren kahlen Köpfen und ihren schwarzen Dessous beängstigend aus. Die rothaarige Jenny nutzt die Gelegenheit und verpfeift Maceath bei Peachum, natürlich wieder gegen eine Handvoll Scheine. Maceath wird abgeführt und landet in der Mannertstraße (Gefängnisstraße in Nürnberg). Dort ist er an der rechten Saalecke hinter einem Bauzaun eingesperrt. Er bittet aber Lockit, die schweren Handschellen zu entfernen, gegen ein paar leichtere. Wieder fließt Geld für die Aktion. Nun tritt Lucy Lockit auf, die ebenfalls mal ein Verhältnis mit Maceath hatte. Lucy ist zudem die Tochter von Lockit, was Maceath schließlich zur Flucht verhilft. Dummerweise kommt jetzt auch noch Polly im Brautkleid an und es entsteht ein heftiger Streit zwischen den beiden Rivalinnen am Bauzaun. Aber auch der Pakt zwischen Lockit und Peachum bröselt und es kommt in einer Kneipe zur Aussprache. Inzwischen kann Maceath entkommen und flüchtet in eine Kneipe. Dort wird er dann von der Kneipenwirtin Frau Strich verraten, natürlich wieder gegen Geld. Jetzt scheint in Begleitung der gesamten Bettlerschar Maceaths letzte Stunde geschlagen zu haben. Aber so will der Erzähler das Drama nicht enden lassen. Es erfolgt schließlich die Begnadigung und alle tanzen fröhlich durch den Saal.
Klar muss man sich darauf einstellen, dass hier bei dem Stück Laien am Werk sind. Die spielen das aber mit großer Hingabe und haben sichtlich Spaß am Stück. Da stört dann auch einmal der ein oder andere schiefe Ton nicht. In kleinen Ensembles formieren sich die Sänger immer wieder neu, tanzen durch die Reihen. Man ist mittendrin im Geschehen. Die Darsteller sind allesamt weiß geschminkt und barfuß. Die Musik lehnt sich teilweise an das Original von Peppusch an, hat teilweise choralähnlichen Charakter, was sicherlich auch auf die musikalische Leitung Frau Schilffarth zurückfällt, ist die doch fest in der Kirchenmusik verankert. Mit Michaela Domes hat man eine erfahrene Theaterfrau vor sich, die Effekte gut umzusetzen weiß. Für die gute Unterhaltung gab es natürlich stehenden und langanhaltenden Applaus. Die Erben von Kurt Weill gehen bei dem Stück leider leer aus, was im Falle der Musik für mich kein Fehler war.
Quelle: YouTube | Stadttheater Fürth
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