Der fliegende Holländer-Pitsch, Platsch
(Bild: Sandra Ott)
Die Deutsche Oper in Berlin hat die gesammelten Werke von Richard Wagners Bayreuth-Zyklus auf dem Programm. In diesem Kanon der Werke sahen wir die erste Wiederaufnahme von Wagners Fliegenden Holländers. Der Veranstaltung war gut gebucht und die Deutung von Christian Spuk, dass die gesamte Geschichte ein Alptraum von Sentas Freund Erik ist, wurde gut aufgenommen. Das Bühnenbild von Rufus Didwiszus verzichtet dabei fast vollständig auf Farbe und ist im Wesentlichen in Schwarz gehalten. Man freut sich schon über kleine bunte Bänder des Chors. Zudem plätschert im Hintergrund vor den zwei großen blauen Türen eine große Pfütze mit Wasser und die Darsteller müssen sich immer wieder mit Gummistiefeln den Weg durch die Pfütze bahnen. Das Plätschern fand ich etwas irritierend in der Musik, viele andere fanden das aber authentisch. Für eine CD-Aufnahme wäre das definitiv nichts. Das Stück wird, wie inzwischen üblich, ohne Unterbrechung gespielt.
Dabei gibt Ivan Repusic in der Ouvertüre ziemlich Tempo, was sich aber schnell wieder normalisiert. Man sieht einen traumatisierten Erik mit einem Schiff dort sitzen. Robert Watson als Erik ist immer mit seinen schauspielerischen Fähigkeiten gefragt, der den verzweifelten Zuschauer der düsteren Handlung mimen muss. So zertrümmert er in der Ouvertüre schon ein Modell-Segelschiffchen. Tobias Kehrer als blonder Daland ist anfangs stimmlich noch etwas zurückhalten. Als aber der Holländer mit sechs Begleitern im besungenen schwarzen Wams auf die Bühne kommt, schwindet das. Egils Silins ist eine Mischung aus Vampir und Mönch und ist wirklich eine bedrohliche Figur. Als der Holländer seine erste Arie singt, laufen die Begleiter als endloser Zug von Untoten rechts durch die Türen. Es kommt zur Verhandlung zwischen Daland und dem Holländer. Der Holländer bietet Daland Schätze in Form eines goldenen Schiffchens, worauf Daland seine Tochter verspricht. Als der Männerchor stimmgewaltig einsetzt, geht die Fahrt für beide in Richtung Sandwike weiter. Die abgedeckten Gegenstände, die eben noch als eine Art Felsen dienten, entpuppen sich als Nähmaschinen. Ein großes Tuch wird aufgespannt und es entsteht ein etwas zeltartiger Raum, in dem der Damenchor das Spinnlied singt. Jetzt wird eigentlich das Spinnen besungen und nicht das Nähen, aber die alten Nähmaschinen haben ja auch Rädchen, die sich drehen. Senta läuft mit einem Bild des Fliegenden Holländers über die Bühne und ist durch ein Lied der Amme völlig vernarrt in das Bild. Sie singt die Arie des Fliegenden Holländers, ein dreiteiliges Lied, das leider in der dritten Strophe von einem Handyklingeln gestört wurde. Erik versucht noch mit einem Blumenstrauß einzugreifen und Senta für sich zu gewinnen. Er hat in einem Alptraum gesehen, dass das Zusammentreffen von Senta mit einem fremden Seefahrer kein gutes Ende nimmt. Dies sollte sich auch am Ende der Oper erfüllen. Als Erik verschwindet, kommt Daland mit dem Holländer in die Nähstube und will die beiden zusammenbringen. Senta bietet Daland einen Stuhl an. Bei ihrem Duett finden die beiden zueinander und stehen dann erhöht auf den Nähmaschinen und dem Stuhl, was einen guten akustischen Effekt gibt. Das Stoffzelt wird eingeholt und gegen ein schwarzes Segel ersetzt, Rot wäre da die bessere Wahl. Es folgt die Verlobungsfeier, bei der die Bewohner Sandwikes die untote Mannschaft des Holländers mit kessen Sprüchen solange provozieren, bis diese schließlich mit gruseliger Stimme sich melden und dem fröhlichen Treiben ein Ende bereiten. Dabei gibt es viel Nebel. Allerspätestens jetzt merkt man, dass mit Christian Spuk ein Mann des Balletts am Werk ist. Er hat sich zur Musik passende Bewegungen des Chors ausgedacht. Die Nähmaschinen werden auf die Seite gezogen und es folgt der Showdown. Erik wirft sich nochmal dazwischen und erinnert Senta daran, dass sie selbst schon mal ihm die Treue geschworen hat. Das ruft mit viel Bühnennebel den Holländer auf den Plan. Senta wäre gerettet, weil sie die Treue dem Holländer noch nicht ehelich versprochen hatte. Statt dem aufbrechenden Holländer hinterher zu springen, ersticht sich Senta. Am Ende sitzt Erik verloren, wie am Anfang auf der Bühne mit einem Modellschiff. Er konnte Senta auch dieses Mal nicht retten.
Während Robert Watson als Erik eher durch seine schauspielerischen Fähigkeiten glänzte, konnten mich der Holländer und Elisabeth Teige als Senta überzeugen. Ab der Mitte des zweiten Aktes war die Darbietung eine runde und überzeugende Sache. Auch wenn man das in Bayreuth nicht gerne hören wird, die Darbietung in Berlin fand ich schlüssiger, musikalisch überzeugender und am Ende packender, als der Holländer 2021 in Bayreuth. Die Inszenierung ersäuft leider etwas in dem finsteren und schwarzen Bühnenbild. Wie das Stück so auf den Selbstmord Sentas zu rast, ist für mich immer wieder spannend. Selten gibt es also Vorstellungen des Holländers, die mich ganz unberührt lassen. Der Chor leistet in diesem Stück dabei einen wesentlichen Beitrag. Dieser Holländer ist sehens- und hörenswert, auch wenn er sich mit dem Plätschern nicht zur CD pressen lässt.
Quelle: YouTube | DeutscheOperBerlin
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