Die lustigen Weiber von Windsor - O süßer Mond!
Shakespeare hat die Geschichte des Falstaffs geschrieben, der in der Oper gleich mehrfach vertont wurde. Aber weder Verdis Falstaff, noch der Don Pasquale von Donizetti konnten mich überzeugen, nur die Fassung von Otto Nicolai fand ich stimmig. Auch wenn mancher Kritiker der Meinung ist, romantische Märchenoper bräuchte es nicht auf den Spielplänen, kann mich dieses Werk doch immer wieder begeistern. Brigitte Fassbaender hat dieses Werk in einer wirklich schönen Inszenierung, ohne große Doppelbödigkeiten am Gärtnerplatztheater aufgelegt und lässt es weitgehend in der Märchenwelt. Jetzt hat man bei Dreiaktern immer das Problem mit der Pause. Man lässt sich aber auf keine Kompromisse ein und macht die Pause erst nach dem zweiten Akt.
Schon eine Ankündigung lässt das Publikum im Saal aufhören. Am Abend der Vorführung wurden Tonaufnahmen gemacht, weshalb die Sänger mit Mikrofonen ausgestattet waren, die aber nur zur Abnahme des Tons dienten. Erleichterung machte sich breit, dass es keine Umbesetzungen bei den Sängern gab.
Während der Ouvertüre wird man in einen blau-grauen Zauberwald entführt, in dem Hirsche in den Mond blicken. Man kann also richtig eintauchen, in die Märchenwald Welt des Stücks. Vor allem die Ouvertüre greift viele Motive des dritten Akts auf, der für mich der musikalische Höhepunkt in dem Stück ist. Weist dort die Musik von Nicolai doch weit in die Zukunft in Richtung Richard Wagner und Jacques Offenbach. Was kann also schon schief gehen, wenn die Strippenzieher des Stücks, Shakespeare, Nicolai und des Librettist Mosenthal auf die Bühne projiziert werden. Eine angedeutete Spanische Halskrause hat das Bühnenbild inspiriert. Sie ist ein teilbarer Ring. Nun aber zur Handlung.
Frau Fluth und Frau Reich bekommen grüne Briefe von dem dicklichen Ritter Falstaff. Dass die beiden identische Schreiben erhalten haben mit Avancen und sich gegenseitig austauschen, über diese Frechheit, damit hat er nicht gerechnet. Der Ritter ist in Geldnot und hofft auf eine gute Partie, die seine klamme Kasse aufbessern kann. Sehr witzig ist die Akteurin der Muhme, die als Ritter Falstaff-Ersatz herhalten muss und schon mal ins Dekolleté von Frau Fluth gedrückt wird. Schon etwas als Karikatur, aber galant in Rot, kommt der Ritter Falstaff nun zu Frau Fluth. Scheinbar ist gerade ein Waschtag. Frau Fluth hat eine Rechnung mit ihrem eifersüchtigen Ehemann offen und will mit einer Finte, dem Ritter und ihrem Ehemann eines auswischen. Der Ehemann soll also Wind von dem Eintreffen von Falstaff bekommen. Dass der nun in der muffeligen Wäsche in einem Korb landet und später in der Themse, ist die erste Schlappe für den Ritter. Zumindest entkommt er auf diese Weise dem rasenden Herrn Fluth. Frau Reich hat eine Tochter Anna, die zwei Bewerber hat. Einen französischen Dr. Cajus mit zwei verschiedenfarbigen Stiefeln, den Annas Mutter favorisiert und Junker Spärlich, der immer „Süße Anna“-säuselnd über die Bühne schwebt. Die Männer kommen also bei dem Stück nicht gut weg, was man in der Inszenierung aber auch als Mann gut wegstecken kann. Herr Fluth misstraut der Sache aber doch und kommt als Herr Bach mit Perücke und Sonnenbrille zum durchnässten Ritter. Von ihm erfährt er nach zwei zünftigen Maßen, dass er doch bei Frau Fluth war, was den Ehemann dazu anstachelt, Falstaff ein weiteres Mal zu seiner Frau zu schicken. Auch diesmal will Fluth seine Frau inflagranti erwischen. Leider entwischt der Ritter ein weiteres Mal in Frauenkleider, die er mit der Muhme getauscht hat. Auf diese Muhme von Frau Fluth hat Herr Fluth absolut keinen Nerv. Anna hat inzwischen mit ihrem geliebten Fenton ein Tête-à-Tête bei einer Schachtel Pralinen. Man will im Wald von Windsor dem Ritter ein drittes Mal reinlegen. Ihr Vater instruiert sie, als grüne Elfe zu erscheinen, ihre Mutter dagegen als rote Elfe. Mit dem Codewort Schnipp-Schnapp, will man sich zu erkennen geben. Vergnügt tanzt man schon eine Polonaise.
Im dritten Akt hört man ein lautes Blubbern. Mit Strohhalmen blubbern Herr Fluth und Herr Reich. Sie werden von den Gattinnen ins Bild gesetzt, wie der Ritter ihnen nachstellt. Nun folgt die Erzählung des Ritter Herne, der als Geisterjäger durch den Wald ziehen muss, weil er einem Hirsch nachgestellt hat. Diese Erzählung steht einer Erzählung Sentas aus dem Fliegenden Holländern in nichts nach. Anna und Fenton wollen in der Waldkapelle heiraten. Es versammeln sich die Bewohner von Windsor in weißen Feenkostümen im Wald. Zu der Arie „O süßer Mond!“ sieht man die Glatze Shakespeares aufziehen, was zu einigen Lachern führt. Das Rondell ist in der Mitte geteilt. Es kommt ein Sologeiger auf die Bühne zu Fenton und Anna und begleitet das Paar. Der Ritter Falstaff kommt mit einer grünen Matratze mit Hirschgeweih als Jäger Herne in den Wald. Herr Reich kommt als echter Jäger Herne mit Horn auf die Bühne, das prompt versagt, da ein Mensch, nämlich Falstaff, im Wald ist. In einer traumhaften Szene begegnen sich nun Fenton und Anna in Weiß. Frau Fluth und Frau Reich umschmeicheln nun beide den Ritter. Junker Spärlich und Cajus rufen sich die Codeworte zu und werden prompt in der Waldkapelle verheiratet. Jetzt setzen die Bewohner eines drauf und piesacken mit Neonstangen den Falstaff. Am Ende kommt es zu Küssen zwischen Cajus und Spärlich und Fenton und Anna. Am Ende streckt die große Shakespeare-Attrappe die Zunge raus und zwinkert mit den Augen.
Ich finde die Oper eine willkommene Abwechslung zu den vielen Wagner Ringen, die überall gespielt werden. Dass man eine Märchenoper durchaus noch spielen kann, beweist im Sommer Bregenz, das erstmalig der Freischütz aufs Programm gesetzt hat. Hier in der Inszenierung sind es eine Muhme durch Angelika Sedlmeier, die mit guter Mimik lustige Akzente in die Oper bringt. Levente Páll spielt keinen wirklich dümmlichen Falstaff, sondern eher einen, der sein eigenes Alter nicht wahrhaben will. Ganz hervorragend dabei war Jennifer O’Loughlin als Frau Fluth, die wunderbaren Koloraturen singen durfte. Die Inszenierung von Brigitte Fassbaender ist wirklich wunderschön von den Kostümen und von den Bühnenelementen. Es muss also nicht immer Wagner sein, der sich scheinbar in seinem Fliegenden Holländer hier schamlos bedient hat. Erkenne also das Original.
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