Madama Butterfly - a ship will come
Da es mit der Aufführung letztes Jahr nicht geklappt hat, war ich bei der Wiederaufnahme der Oper Madame Butterfly in Nürnberg. Tatsächlich war diese Oper in der Inszenierung von Tina Lanik für mich neu, die das Stück in einen braun/goldenen diagonalen Raum mit schwarzen Schiebeelementen verlegt hat. Natürlich beleuchtet man den Raum immer wieder unterschiedlich, dennoch bleibt das Bühnenbild über die drei Akte konsistent. Vor dem Raum steht ein schwarz/blaues Sofa mit dem Rücken zum Publikum. Mit den Kostümen ist man etwas in die Neuzeit gegangen. Roland Böer lässt anfangs die Muskeln des Orchesters spielen, nimmt sich aber nach der Pause deutlich zurück. Sehr informativ war die Stückeinführung, die auf die Besonderheit des Hafens von Nagasaki hinweist, die Öffnung von Japan und auch das Konstrukt der Ehe auf Zeit beleuchtet. Angeblich beruht die Geschichte der Geisha auf einer wahren Begebenheit mit einem schottischen Unternehmer und einer Teehaus Geisha. Im 19. Jhd. war Japan nach der Öffnung in Europa sehr in Mode. Puccini hatte ein erfolgreiches Schauspiel als Vorlage seiner Oper ausgewählt. Auch wenn die Oper anfangs ein Fiasko war, hat sie sich nach der einer Überarbeitung durchgesetzt. Pinkerton war in der Urfassung von 1904 zu unsympathisch.
Pinkerton, ein amerikanischer Marineleutnant, beschließt ein Haus in Nagasaki für 999 Jahre zu kaufen, einschließlich der Geisha Cio-Cio-San, genannt Madame Butterfly. Schon zu Anfang macht er klar, dass die Japanerin nicht seine erste Wahl sein wird und er auf eine amerikanische Frau hofft. Man hat Pinkerton einen ziemlich unförmigen Wohlstandbauch angeschnallt, der wohl seinen satten Wohlstand andeuten soll. Vom Sofa aus beobachtet er bisweilen das Geschehen im ersten Akt. Der Zuhälter Goro trägt immer wieder mal einen Gummi-Leguan als Haustier über die Bühne. Zudem sieht er mit Halbglatze, Hosenträger und Sonnenbrille mit T-Shirt sehr neuzeitlich aus. Die Bedienstete Suzuki ist ganz in schwarz gekleidet und kahlgeschoren. Cio-Cio-San ist anfangs mit den orange-roten Kimonos nur schwer auszumachen. Es soll die Vermählung der Geisha mit Pinkerton stattfinden. In einem Schrank bewahrt sie ihre wertvollen Gegenstände, wie Ahnenpuppen und einen Dolch auf. Mit diesem Dolch wird angedeutet, habe sich ihr Vater auf Befehl umgebracht. Es kommt die ganze Verwandtschaft zur Hochzeit, ein betrunkener Cousin, ein fotografierender Onkel. Sie legt das traditionelle Kleid ab und zeigt sich in Jeans und T-Shirt als moderne Frau. Cio-Cio-San möchte auch den Glauben wechseln, was einen erzürnten, weiß-geschminkten Priester einen Fluch auf die Braut aussprechen lässt. Man erlebt die Hochzeitsnacht, wie das Paar endlich allein ist. Das Schlussduett im ersten Akt, wird auf dem Sofa am Bühnenrand gesungen. Am Ende sieht man ein Mädchen mit Seemannsmütze, die das dreijährige Kind von Cio-Cio-San im zweiten und dritten Akt spielt. Mit einem großen Schlussapplaus wird er Chor verabschiedet.
Im zweiten Akt warten Suzuki, Cio-Cio-San und ihr Kind, das in etwa acht sein könnte auf die Ankunft der Lincoln, des Schiffs von Pinkerton. Die Zusage, dass Pinkerton wieder kommt, wenn die Rotkehlchen ihr Nest bauen, hat er nicht eingehalten. Auf der Kommode stehen dann drei Blumensträuße und ein Bild. Der Konsul schleudert Pinkertons Bild gegen die Wand. Vom Konsul wird sie gefragt, was sie tun wird, wenn Pinkerton nicht zurückkommt. Sie würde wieder singen und tanzen als Geisha. Aber Pinkerton lässt auf sich warten. Man versucht sie aber erneut zu vermählen mit einem Geschäftsmann. Suzuki macht die Fenster auf, als Kanonen die Ankunft des Schiffs im Hafen ankündigen. Cio-Cio-San schmückt den Raum mit Rosenblättern, es soll Frühling sein. Sie möchte Pinkerton im Brautgewand empfangen, das aber dessen Kind anzieht. Er erscheint kurz, verschwindet aber wieder. Sein Wohlstandsbauch ist jetzt aber verschwunden. Im Summchor lässt die Regie nun das Kind mit den Blättern der Rosen spielen und tanzen. Auf einer Schiefertafel steht: a ship will come. Aber Pinkerton kneift, er erscheint während Butterfly schläft, schickt aber den Konsul vor und die Frau von Pinkerton. Die Frau von Pinkerton ist eine echte Influencerin von der Erscheinung her, ganz in einem rosa Anzug und mit einer Zigarette. Sie soll die Sache mit dem Kind regeln. Cio-Cio-San wünscht ihr alles Gute und verschwindet hinter der Wand und bringt sich vor ihrer Tochter um.
Letztlich siegt über die etwas trockene Inszenierung die Musik von Puccini. Cio-Cio-San hat viel zu singen und die Partie ist schwer und sicher nicht für 15-jährige konzipiert. Puccini drehte die Vorlage geschickt um, die in der Urfassung eigentlich von Pinkerton handelt. Carlos Cardoso hat an dem künstlichen Bauch schwer zu tragen im ersten Akt. Wie es zur Gewichtsabnahme im dritten Akt kommt, bleibt rätselhaft. Almerija Delic kann als Dienerin Suzuki der Butterfly überzeugen. Wie plausibel Emily Newton eine 15-jährige Geisha verkörpert, sei dahingestellt. Emily Newton gelingen diesmal auch sanfte Töne im zweiten Akt und stemmt sich gerade am Ende des ersten Akts gut gegen das Orchester. Während Roland Böer am Anfang sehr auftrumpft, nimmt er sich die nächsten zwei Akte dann eher zurück. Es war doch ein sehr erfreulicher Abend im Staatstheater Nürnberg.
Quelle: YouTube | Staatstheater Nürnberg
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