Ein Wiedersehen mit Nabucco
Bild: Flickr.com von copepodo
Die wiederaufgenommene Nabucco-Inszenierung von Immo Karaman in Nürnberg bedient sich sehr der Stummfilm und schwarz-weiß Ästhetik. Das fängt schon ganz am Anfang an, als eine Einblendung, wie in alten Stummfilmen auf einem schwarzen Bühnenkasten zu sehen ist. Der Schriftzug, mit dem die Szenen vorab kurz beschrieben werden, ist ganz auf die Stummfilm-Zeit zugeschnitten. Auch Fenena, die im Tempel zu Jerusalem in einer Horde schwarz-gekleideter Hebräer gefangen ist, hat eine Strass-Abendrobe an. Abigaille, die etwas brünnhildenhaft von Aarona Bogdan dargebracht wird, hat hier ihren Auftritt. Begleitet von blau angemalten Kriegern mit nacktem Oberkörper, befreit sie, begleitet von ihrem Vater Nabucco die Gefangene Fenena. Als Fenena vor dem Eintreffen der Assyrer von Zaccaria getötet werden soll, rette sie davor Ismaele. Die Hebräer verschwinden alle in dem Kasten und werden sozusagen nach Babylonien verschifft. Im zweiten Akt muss Abigaille erkennen, dass sie Tochter einer Sklavin ist. Der Vater hat in seine Abwesenheit nicht ihr, sondern Fenena die Macht übertragen. Abigalle lässt das Gerücht verbreiten, ihr Vater sei gefallen. Begleitet eben von den Kriegern und den babylonischen Göttern, entsteht ein dramatisches Gerangel um die Königskrone Nabuccos, das erst beendet wird, als Nabucco selbst auftaucht und die Krone wieder an sich nimmt. Nabucco leidet aber an Größenwahn und lässt sich nun selbst als Gott huldigen. Das ruft die den Unmut der Hebräer hervor, auf deren Seite sich nun Fenena schlägt. Im Stück ‘S’appresan gl’istanti’ kündigt sich das Unheil in Form eines weißen, baumartigen Gebildes an, das Nabucco trifft und ihn als Strafe für seinen Hochmut in den Wahnsinn treibt. Abigaille hat jetzt ihre Chance und nimmt die Macht an sich. König Nabucco irrt dabei nur noch in zerrissener Kleidung und mit langem Bart umher und darf ihre Befehle abzeichnen. Auf den Stufen der hängenden Gärten bietet sich im dritten Akt ein nettes Bild, das man so schon mal in einem Stummfilm gesehen haben könnte. Dreimal versucht der Oberpriester Abigaille zu einem Urteil gegen ihre Schwester zu ermutigen, in gespieltem Entsetzen wirft Abigaille jedes Mal einen goldenen Schemel von den Stufen, der prompt wieder durch einen weiteren ersetzt wird. Abigaille versucht nun die Hebräer und Fenena zu vernichten, indem sie den Wahnsinn des Vaters ausnützt. Beim Verrat schwebt ein Schwein über Abigaille, dessen tieferer Sinn sich nicht erschließt. Das nun folgende “Va pensiero” wird ganz in dem Filmkasten inszeniert. Die Hebräer sind hinter dem Gefängnisgitter quasi unsichtbar. Vor dem Verlies sieht man Nabucco. Das jüdische Volk ist also an den Wassern Babylons hinter Gittern und streckt die Hände ans Licht. Fenena soll nun hingerichtet werden. In der Not wendet sich Nabucco an den Gott der Hebräer. Nabucco verlässt der Wahnsinn erst, als er Baal abschwört und dem Gott der Hebräer Abbitte leistet. Er eilt in den Tempel und rettet Fenena. Inzwischen hat er wieder einen blauen Königsmantel an. Das projizierte Götzenbild im Kasten zerreißt mit einem Schlag. Getroffen von dem einstürzenden Götzenbild ist Abigalle schwer verwundet und übergibt nun Ismaele Fenena. Nabucco lässt die Hebräer ziehen. Mit einem etwas kitschigen Schlussbild, das ebenfalls aus den 10 Geboten stammen könnte, endet die Inszenierung in Farbe.
Die wahren Stars des Abends sind aber die Männerstimmen, Mikolaj Zalasinski als Nabucco, König von Babylon und Nicolai Karnolsky als Zaccaria. Aber auch Aarona Bogdan als Abigaille mit Wagnernote macht ihre Sache gut. Hat sie doch die schwierigsten Passagen gegen den lauten Chor zu bestehen. Auch die ganze Inszenierung als Monumentalfilm-Epos gelingt gut, obwohl jetzt nicht die großen Effekte im Bühnenbild aufgefahren werden. Das Opernhaus war an diesem Abend bis zum letzten Platz ausverkauft und das Publikum honorierte die sehr gute Leistung mit langanhaltendem Applaus. Peter Tilling ist neu am Pult und führte gekonnt und sehr ausgewogen durch den Abend. Auch bei einer Wiederholung, war ich wieder fasziniert, wie vor drei Jahren.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Einen Kommentar hinterlassen