Rheingold flüssig
Georg Schmiedleitner nimmt sich in Nürnberg der Ring-Neuinszenierung an. Unter der Leitung von Marcus Bosch erlebt man einen hörenswerten Ring, der durchweg gut besetzt ist. An den entscheidenden Stellen tritt der Dirigent deutlich mit seinem Orchester hinter die Solisten, lässt es aber auch zwischendurch mal richtig krachen.
Die Rheintöchter in Mint, Lindgrün und Pink entsteigen den Nebelniederungen des Rheins. Dabei spritzen sie lustig mit PET-Flaschen gefüllten Wassers. Sie hüten auf einer Rampe mit 14 Plastikcontainern den Rheinschatz. Es schleicht sich der Nachtalb Alberich heran, der mit Antonio Yang wunderbar besetzt wird. Die Rheintöchter auf ihrem Containerbau denken aber nicht dran, das Freien des Nachtalben zu erhören. Sie spritzen ihn mit den Plastikflaschen nass. Dass sie das schon ein paar Mal getan haben, zeigen die hunderte von geleerten Flaschen links und rechts am Bühnenrand. Das fließende Wasser des Rheins ist scheinbar durch Konzerne in Flaschen abgefüllt. Leichtfertig verraten sie dem abgeblitzten Alberich, dass sie einen Schatz hüten. Den ziehen sie in Form einer goldenen Tonne aus einem der Container, während sie in drei offenen Containern baden. Nur wer der Liebe entsagt könne den Schatz gewinnen. Kurzentschlossen nimmt Alberich Anlauf, entsagt der Liebe und nimmt ein Bad in einer goldenen Flüssigkeit, die sich aus dem Container ergießt. Nach der Verwandlungen sieht man Wotan und Fricka beim Liebesspiel auf einer alten Couchgarnitur. In einer grünen Plastiklandschaft stehen ein Sofa und zwei Sessel und bieten Sitzgelegenheit für die Götter. Wie die nun in die freie Berggegend gekommen sind, bleibt ein Rätsel. Hoffentlich waren die mit Frischmacher behandelt. Diese Sitzgelegenheit brauchen sie auch bald, denn Wotan hat zwei Baumeister engagiert, Fasolt und Fafner. Diesen Riesen hatte er leichtfertigerweise die Göttin Freia als Lohn versprochen. Freia hat dummerweise auch die Aufgabe, die Götter mit frischen Äpfeln am Leben zu erhalten. Ganz in leichtem Tüll, wird Freia nun zum ruppig behandelten Pfand und landet schon mal mitten in Plastikflaschen. Derweil blättert Fricka schon in 'Schöner Wohnen' Magazinen. Es hilft aber nichts, die Riesen in blau, einer mit gelben Gummistiefeln, begießen mit Bier die Fertigstellung und halten Wotan den Vertragstext vor. Die Baumeister lassen sogar eine Konfettikanone los, als sie das Modell von Walhalla überreichen. Schließlich tritt ein wunderbarere Loge (Vicent Wolfsteiner) auf, den man mit seiner Frisur, den roten Schuhen und dem orangen Hemd kaum erkennt. Bei ihm sucht Wotan nun Rat. Der Plan ist, die Riesen mit Gold zu bezahlen, das Alberich gehört. Darauf lassen sich die Riesen schließlich ein und ziehen mit Freia ab. Sofort werden die Götter schwach und müssen in Rettungsdecken auf den Sofas geschützt werden. Loge und Wotan machen sich auf zu Alberich, um ihm das Gold abzuluchsen. Tief unten in Nibelheim arbeiten die goldbepinselten Nachtalben, mit Gasmasken und in Unterwäsche an der Verschönerung und Vergoldung Nibelheims. Alberich hat seinem Bruder Mime einen Tarnhelm in Auftrag gegeben. Damit treibt Alberich erst einmal seinen Schabernack und tritt Mime, indem er den Helm benutzt und unsichtbar wird. Loge und Wotan treten auf und Loge lässt sich die Funktionen des Helms von Alberich zeigen. Alberich sitzt mit seinem Ring in einem Bürodrehstuhl. Zuerst soll sich Alberich in einen Wurm verwandeln. Tatsächlich erscheint ein Riesenwurm-Ende in Rot auf der Bühne. Jetzt will Loge noch, dass Alberich sich in eine Kröte verwandelt. Und wiederum erscheint auf dem Souffleurkasten ein grüner Frosch. Mit Kreppband fesseln nun Wotan und Loge den überrumpelten Alberich. Auch Alberich wird von dem beiden mehrfach brutal getreten. Sie hängen ihn an einem Haken auf und schneiden ihm letztendlich den Finger ab, an dem der Ring hängt. Dieser Ring hat die ganze Macht. Als letzten Gruß jagt Alberich Wotan einen Fluch hinterher. Mit grellem Gegenlicht wird nun der Schatz von den Arbeitern in Nibelheim aufgehäuft. Es sind dies goldfarbene Ölkanister. Wieder in den Sitzgelegenheiten auf besagter Anhöhe, kommen die Riesen und verlangen nun, dass Freia total mit Gold überdeckt wird. Als ihre Haare noch raus schauen, verlangen sie den Tarnhelm. Am Ende sieht man noch ihr Auge und nun fordern sie den Ring ein. Es tritt nun eine leicht bekleidete Jugendstilschönheit namens Erda mit langer Schleppe auf und warnt Wotan vor dem Ring. Erda ist wirklich eine außerordentliche Erscheinung mit dem großen Federschmuck, man könnte auch Anleihen bei den Azteken vermuten. Wieder kämpft man als Zuschauer mit dem Gegenlicht, was den Auftritt sehr dramatisch erscheinen lässt. Schließlich gibt Wotan den Ring her. Und schon geht der Streit zwischen Fasolt und Fafner los, jeder will den Ring haben. Am Ende ersticht Fafner Fasolt und zieht ihm den Ring ab. Die Götter können nun in ihre Burg einziehen, die als Akropolis-Nachbau in Pink immer wieder über die Bühne getragen wird. Mit einem Fäustling bewehrt, versucht nun Donner die Lage zu klären und die Götter einziehen zu lassen. Er öffnet eine Champagnerflasche und lässt zum Einzug der Götter die Korken knallen. Währenddessen klagen die Rheintöchter um den Verlust ihres Goldes. Die Götter ziehen in ihre LED-beleuchtete Burg.
Die Idee, die Götter als Ausbeuter der Natur darzustellen und das ganze Szenario in einem Haufen von leeren Plastikflaschen spielen zu lassen, ist jetzt so weit nicht hergeholt. Mit der Inszenierung kann man leben, sie hat ihre Höhen in der gelungenen Verwandlung Alberichs oder im Auftritt Erdas. Hat aber auch ihre Schwächen, beim Auftritt von Wotan und Fricka. Gepasst hätte das Szenario eher auf eine Götterdämmerung. Musikalisch dagegen, gibt es an dem Abend wirklich nichts auszusetzen. Man muss den sinnvollen Einsatz des großen Orchesters loben, das an entscheidenden Stellen, den Sängern den Vortritt lässt, aber auch zu brillieren versteht. Selten so einen gut besetzten Alberich und Loge gehört.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
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