Hänsel und Gretel - Die Hex ist tot
In einer Inszenierung des Theaters Ulm kam "Hänsel und Gretel" auf die Bühne des Stadttheaters Fürth. Die Inszenierung von Benjamin Künzel ist moderat modern und spart sich die ganz großen Effekte für den 3. Akt auf. Diese Oper von Engelbert Humperdinck ist ein romantisches Spätwerk mit eingängigen Volksweisen. Hochdramatische Auftritte, wie die der Mutter Gertrud, wechseln ab mit Kinderliedern.
Im ersten Akt befindet man sich im Kinderzimmer von Hänsel und Gretel. Die Kinder des Besenbinders Peter und seiner Frau Gertrud sitzen vor langen, beigefarbenen Stoffbahnen, auf denen Essen abgebildet ist. Da es schon lange nichts Gutes mehr zu essen gegeben hat, sind sie froh, dass die Nachbarin einen weiß gepunkteten roten Kochtopf dagelassen hat. Sie freuen sich auf den Reisbrei, den die Mutter kochen soll. Statt aber, wie befohlen Strümpfe zu stopfen und Besen zu binden, singen die lieber und tanzen. Das bringt die Mutter nun völlig aus der Fassung und vor Entrüstung und aus Zorn geht der Topf mit der Milch zu Boden, sodass auch dieses Abendessen ausfallen wird. Immer noch in Rage schickt sie ihre Kinder in den Wald zum Beerensuchen. Da kommt der Vater zurück, mit vielen Lebensmitteln im weißen Stoffbeutel. Er hat in den Nachbardörfern viele Besen verkauft. In dem Stoffbeutel ist alles, was sich die Familie wünscht: Eier, Mehl und sogar Kaffee. Entsetzt stellt er fest, dass seine Frau die Kinder in den Wald geschickt hat, denn dort lauert die Gefahr in Form einer bösen Hexe, die Kinder zu Lebkuchen bäckt. In tiefer Sorge gehen die Eltern nun in den Wald und suchen die Kinder. Der Wald besteht nun wieder aus Stoffbahnen mit roten Bäumen und weißen Punkten. Wie nun eine Straßenlaterne mitten in diesen Wald kommt und der Mülleimer, ist wohl ein Rätsel der Inszenierung. Der Müllmann entpuppt sich als das bärtige Sandmännchen. Man sieht sogar mal kurz die Hexe über die Bühne huschen und die Eltern. Die Kinder haben inzwischen wohl Beeren gefunden, die sie aber auch kurzerhand vernaschen. An der Kiste bei der Straßenlaterne müssen die Kinder zugeben, dass sie sich verlaufen haben. Der Wald scheint plötzlich voll von lauter Gefahren. Schließlich singen sie mit dem Sandmann ihr berühmtes Abendgebet. Statt der besungenen 14 Engel reichen sich die beiden Eltern in siebenfacher Ausgabe die Hand und bilden so die 14 Engel. Dann ist Pause.
Im dritten Akt zeigt nun die Inszenierung, was noch alles geht. Der Sandmann wird nun zum Taumännchen und weckt die Kinder. In der Nacht hat die Hexe ein kleines Lebkuchen-Hexenhaus in der Mülltonne versteckt, von dem die Kinder nun naschen. Der Waldvorhang fällt und legt eine großzügige Hexenhütte frei. Den Strom für den Ofen liefert ein Heimtrainer, der rechts vor dem Backofen steht. Vor der Hütte tanzt nun eine blau angezogene Hexe mit langen, aufgesetzten Fingernägeln, die sich als Rosina Leckermaul vorstellt. Die Straßenlampe wird zur Zauberkugel und mit dieser schafft es die Hexe, einen Bewegungszauber auszulösen und die Kinder am Weglaufen zu hindern. Der Hänsel kommt in einen riesigen, vergitterten Lüftungsschlauch und soll mit Rosinen und Süßigkeiten gemästet werden. Die Hexe will auch diese Kinder zu Lebkuchen backen und Essen, voller Vorfreude, reißt sie sich das blaue Kostüm vom Körper und vollführt auf dem Rest der Straßenlampe einen grotesken Hexenritt auf. Weil Hänsel die Hexe immer wieder austrickst und statt des Fingers einen Knochen raushält, der ihr nicht fett genug erscheint, wirft die Hexe Gretel in den Kochtopf. Als Gretel nach dem Ofen schauen soll, stellt sie sich gezielt dumm und sagt, sie wisse nicht, wie das geht. Das treibt die Hexe dazu, ihr zu zeigen, wie man das macht. Dabei stoßen nun Gretel und Hänsel die Hexe in den Ofen und backen diese selbst zu Lebkuchen. Mit einem lauten Blitz verwandeln sich die Lebkuchen des Hauses zurück in Kinder. Diese sind zuerst noch regungslos, werden aber von Gretel mit dem Bewegungszauber entzaubert. Am Ende finden auch die Eltern ihre Kinder und freuen sich gemeinsam, dass die Hexe tot ist.
Manches in der Inszenierung gelingt ganz gut, so hat mir die Idee mit den 14 Engeln, die eigentlich die duplizierten Eltern sind, recht gut gefallen. Mit der Straßenlaterne und dem orange-angezogenen Müllmann, der einmal als Sandmann und als Taumännchen fungiert, hatte ich so meine Probleme. Großartig war der groteske Hexenritt und es hat mich erstaunt, dass für so ein eher leichtes Werk, so viel Orchester braucht. Man sollte die Oper zumindest aufgrund ihrer Bekanntheit einmal gesehen haben. Es ergibt sich insgesamt aber musikalisch kein geschlossenes Bild, denn hochdramatische Momente wechseln mit einfachen Kinderliedern.
Ohne Engel??? das geht mal gar nicht! Sonst: witziger Einfall für die Inszenierung der Hexe.