Rigoletto der Einarmige
Die Verdi-Oper des Südthüringisches Staatstheater Meiningen in einer Inszenierung von Ansgar Haag verlegt den Rigoletto nach 1962 und nach Sizilien. Im Vorspiel sieht man eine Autowerkstatt, es gibt Pasta zum Abendessen. Danach spielt das Kind, vermutlich die kleine Gilda, mit dem Wagenheber des Vaters und verletzt die Mutter tödlich. Der Vater, der versucht, seine Frau zu befreien, wird ebenfalls verletzt. Dies bildet sozusagen die Vorgeschichte während der Ouvertüre. 12 Jahre später sieht man dann, dass der Vater beim Rettungsversuch seinen linken Arm verloren hat. Rigoletto ist in der Inszenierung also nicht bucklig, sondern einarmig. Im anschließenden Ball des Herzogs von Mantua geht es ziemlich freizügig zu, man sieht einige leicht bekleidete Damen und den für Rigoletto typischen Männerchor. Man befindet sich eben in den 70ern mit Schlaghosen und Koteletten. Der Herzog schwärmt von einem Mädchen, das er in einer Kirche getroffen hatte. Der Herzog ist aber als Frauenheld bekannt und hat schon etliche Frauen erobert. So auch die Tochter des Graf von Monterone, der nun von dem Herzog eine Erklärung haben will. Rigoletto macht sich über Monterone lustig. Wutentbrannt verflucht dieser den Herzog und seinen Hofnarren. Beunruhigt durch den Fluch eilt Rigoletto zum Wohncontainer, in dem seine Tochter lebt. Unterwegs trifft er den Mörder Sparafucile, einen mächtig durchtriebenen Bass, der ihm seinen Dienst anbietet. Rigoletto überlegt aber schon dort, sich am Herzog zu rächen. Er geht weiter zu seiner Tochter. Seine Tochter ist das ein und alles. Ihr verbietet er, das Haus zu verlassen, außer zum Kirchgang. Giovanna, ihre Gesellschafterin verspricht aufzupassen. Das das nicht klappt, ist schon kurze Zeit später zu sehen, denn der mittelose Student Gualtier Maldè aus der Kirche ist in Wirklichkeit der Herzog. Auch der Herzog erkennt in der schönen Unbekannten Rigolettos Tochter. Die Tochter schwärmt auf den Stufen zu ihrem Wohncontainer von ihrem Gaultier Maldè. In der nun folgenden Nachtszene versuchen die Höflinge Rigoletto eines auszuwischen. Mit verbundenen Augen und einer Leiter geben sie vor, die Gräfin Ceprano zu entführen. Die Leiter wird aber an das Haus von Rigoletto angelehnt und Rigolettos Tochter entführt. Erst nach den Rufen Gildas nimmt er die Maske ab und erkennt, dass ihm übel mitgespielt wurde.
Im Palast des Herzogs serviert man unterdessen Espresso. Der Herzog ist ziemlich aufgebracht, dass man seine Geliebte entführt hat. Man gibt aber zu, dass Gilda inzwischen im Schlafzimmer des Herzogs ist, was diesen wiederum freut. Die Höflinge erfahren nun, dass sie mit Gilda nicht Rigolettos Geliebte, sondern dessen Tochter entführt haben. Rigoletto sieht nun, wie seine Tochter im leichten weißen Nachtkleid aus dem Schlafzimmer des Herzogs kommt. Sie wurde nun auch vom Herzog entehrt. Nun erscheint wieder Monterone. Jetzt hat Rigoletto plötzlich Sympathien für ihn, da seine Tochter ebenso vom Herzog entehrt wurde, wie die Tochter von Monterone. Er beschließt Rache am Herzog zu nehmen.
Dreißig Tage später ist man im Haus des Mörders Sparafucile. Seine Schwester ist im leichten Negligé die nächste Beute des Herzogs. Mit denselben Worten, wie er Gilda verführt hat. Das berühmte ‚La donna è mobile‘ singt der Herzog, während er Maddalenas Nylonstrümpfe auszieht. Mit 10 Scudi hat Rigoletto eine Anzahlung gemacht, um in der Gewitternacht den verkleideten Herzog umzubringen. An die Fensterscheiben tropft sogar echter Regen. Maddalena hat sich nun ebenfalls in den Herzog verliebt und fleht den Bruder an, den erstbesten zu ermorden, der bei dem Gewitter an die Tür kommt. Man kappt die Telefonleitung, damit keiner telefonisch Hilfe holen kann. Der erstbeste Besucher soll dann in einen Sack gesteckt werden und als Leiche herhalten. Gilda belauscht die Unterhaltung und beschließt nun, sich für den Herzog zu opfern. Sie wird im Bühnenhintergrund von Sparafucile umgebracht. Um Mitternacht nimmt nun Rigoletto den vermeintlich toten Herzog in Empfang. Er ist schon auf dem Weg zum Fluss mit der Leiche, als er die Stimme des Herzogs vernimmt. Er erkennt, dass er getäuscht wurde und in dem Sack ein anderer liegt. Er öffnet den Sack und sieht seine schwer verletzte Tochter drin. Diese bittet in einer langen Arie ihren Vater noch um Vergebung und stirbt schließlich. Rigoletto erkennt nun, dass sich der Fluch Monterones an ihm erfüllt hat.
Ich muss zugeben, so in den 60er und 70er Jahren einen Rigoletto spielen zu lassen, ist neu. Rigoletto ist eine sehr erfolgreiche Oper und man erwartet meist eine klassische Handlung. Der Rahmen, die Ausschweifungen des Herzogs von Mantua zu zeigen, tritt bei der Verlegung in die Neuzeit in den Hintergrund. In den 70er Jahren scheint so ein diabolischer Frauenheld eher unwahrscheinlich. So dauert es eine Weile, bis die Inszenierung funktioniert. Es bleibt bei einem Bühnenbild und der kleine Container muss mal als Gildas Wohnung, Schlafzimmer des Herzogs und als Spelunke Sparafuciles herhalten. Philippe Bach und die Meininger Hofkapelle liefern aber letztlich eine solide musikalische Begleitung ab.
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