The Rake’s Progress - Ein One-Way-Trip
Als Gastspiel der Landestheaters Coburg war „The Rake’s Progress“ von Igor Strawinsky im Stadttheater Fürth zu Gast. Die Oper erzählt den Aufstieg und den Niedergang des Libertins Tom Rakewell. In einer Inszenierung von Berhard Loges, hat Ana Tašić eine passende, düstere Inszenierung aus Pappmaché umgesetzt, die an etwas surreale Bildelemente von Salvatore Dali erinnert. Igor Strawinskys einziges abendfüllendes Werk ist von der Musik her neoklassizistisch und nimmt viele Anleihen bei Mozarts „Cosi Fan Tutte“. Leider sind die Anleihen sehr verwässert und es braucht viel Vorstellungskraft aus den melodischen Passagen wirklich den Mozart herauszuhören. Das Werk wurde in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln gegeben. Eine Einführung in das Stück gab es vorher auch, die sehr hilfreich war, um sich in der Handlung zu Recht zu finden. Es handelt sich bei dem Stück um eine Nummernoper, es ist aber ein Dreiakter und da hat man immer etwas Probleme mit der Pause, die hier im zweiten Akt nach dem zweiten Bild gesetzt wurde. Das teilt natürlich das Werk in zwei etwa gleichgroße Stücke, ist aber dennoch zu hinterfragen.
Eigentlich geht das Stück sehr schön los. Man sieht ein großes Bühnengemälde von Caspar David Friedrich und befindet sich in einer Naturidylle. An dem gemalten Wald hängt ein schwarzes Kreuz und eine Ahnengalerie. Rechts steht ein mannsgroßer Blumentopf mit einer weißen Papiernelke. Man befindet sich im Garten von Truloves Haus. Ziemlich am Anfang singt Tom schon eine Arie „Since it is not by merit“, die zwar kurz ist, häufig aber auch einzeln an Arienabenden gegeben wird. Annes Vater bittet Tom zum Gespräch, wie Tom sich seine Zukunft vorstellt. Annes Vater ist dabei mit Bartosz Araszkiewicz sehr schön besetzt, der Tom zu einer Stellung in einer Bank verhelfen will. Tom lehnt jedoch ab. Im selben Moment kommt im karierten Anzug mit einer grauen Popperwelle Nick Shadow an. Er berichtet von einem überraschend verstorbenen Onkel und einer großen Erbschaft, die Tom bekommen würde. Nick wäre im Dienst des Onkels gewesen und nun quasi herrenlos. Nick schlägt vor, den anfallenden Papierkram für Tom zu übernehmen, wofür sie allerdings nach London gehen müssten. Nick ist jedoch kein geringerer als der Teufel selbst, der ein Jahr später seine Entlohnung einfordern wird. Dabei rotiert schon einmal das schwarze Kreuz am Wald. Tom lässt sich auf den neuen Diener ein, schwört Anne noch bei der Abreise ewige Treue. Nick und Tom gehen durch eine große Aussparung im Gemälde nach London in das Bordell von Mother Goose.
Im Bordell von Mother Goose genießt Tom nun das Leben. Nick hat jetzt rote Lackstiefel mit Absätzen an. Mother Goose erscheint in einem weißen Kleid mit großen Augen an, eine rote Frisur und eine riesige Perlenkettenattrappe. Was Tom aber von Annes Haus mitgenommen hat ist eine Kuckucksuhr. Tom soll zum Thema Liebe ein Lied singen, nur fällt ihm dazu nichts ein. Als die Kuckucksuhr nun anschlägt und vorgibt, dass es Zeit ist aufzubrechen, lässt Nick die Uhr rückwärtslaufen. Die Bordelldamen, die mit ihren kahlen Köpfen und roten Dessous wirklich gruselig aussehen, bedrängen Tom. Doch Mother Goose nimmt Tom für sich ein und verschwindet durch eine große Tür, auf der ein gierig blickender Tom gemalt ist.
Anne beschließt den Vater zu verlassen und Tom zu unterstützen, wobei die Darstellerin der Anne (Francesca Paratore) nun eine wirklich virtuose Caballetta „I go to him“ singt.
Im nächsten Bild ist Tom von dem Stadtleben gelangweilt und sehnt sich in die Natur. Die Mode und die ganze Hektik gehen ihm auf die Nerven und er fühlt eine Leere. Jetzt kommt Nick mit einer Zeitung herein und schlägt ihm die Heirat mit Baba the Turk vor. Zuerst ist Tom zögerlich, aber Baba the Turk wäre die Sensation am Jahrmarkt bei jedermann, mit der Heirat könne er Ansehen gewinnen. Lachend ziehen Tom und Nick davon.
Anne sucht weiter Tom und bemerkt, wie man vor Toms Haus große Kartons stapelt. Das sind alles Erinnerungsstücke von Baba the Turk, die bei Tom einziehen wird. Baba the Turk ist wirklich eine imposante Erscheinung. Das Problem der bärtigen Dame löst man durch ein Mannfrau Kostüm. Je nachdem, ob Baba aufbrausend ist, dann sieht man die männliche Seite oder lockend, verführerisch ist, dann sieht man die weibliche Seite. An der Stimmlage ist Janja Vuletić, jedoch eindeutig als Frau zu erkennen. Dennoch muss man immer wieder zweimal hinsehen und ist von der Kombination aus wasserstoffblonder Perücke und kurzem Herrenschnitt mit Bart kurzzeitig irritiert. Tom schiebt Anne auf die Seite, sie wäre ein Milchmädchen. Er blättert mit Geldscheinen und gibt Anne Geld, damit sie verschwindet. Baba wird ungeduldig und fragt nach wer die Dame ist. Baba verschwindet im Haus. Nick Shadow hält nun ein Schild mit Pause hoch.
Nach der Pause in der letzten Szene des zweiten Akts redet Baba unentwegt über ihre tollen Erinnerungsstücke. Tom ist entnervt und wirft ihr sein Jackett drüber und bringt sie so unsanft zum Schweigen. Tom hat nun eine Traumsequenz von einer großen Maschine, die Steine zu Brot machen soll. Nick Shadow baut einen Kasten mit einer mechanischen Puppe auf, die tatsächlich Steine in Brot verwandelt. Wacht auf, sieht die Maschine und beschließt die Welt damit zu verändern. Die Maschine ist aber eine Fälschung und arbeitet nicht richtig. Das ist Tom aber nicht bewusst, er beschließt mit Nick die Maschine in Serie zu produzieren und damit die Welt zu verändern.
Im dritten Akt ist Tom dann bankrott. Es findet eine Aktion statt, bei dem sein Haushalt mit dem Auktionator Sellem verkauft wird. Ein unbekanntes Objekt, das sich als Baba the Turk herausstellt, wird ebenfalls versteigert. Anne erscheint auf der Auktion und Baba the Turk versichert ihr, dass Tom sie immer noch liebt. Baba the Turk will nach der Pleite von Tom ihre Bühnenkarriere wieder aufnehmen.
Tom wird von Nick in einen düsteren Raum mit einem übergroßen Ventilator gezogen. Das Jahr wäre um und Nick bekomme nun, was ihm zusteht, nämlich Toms Seele. Eine Uhr schlägt und Nick wird weich. Er bietet Tom ein Kartenspiel mit drei Karten um dessen Seele an. Die drei Karten werden nun aber von Tom richtig erraten. Nick ist außer sich und lässt Tom am Ende der Szene wahnsinnig werden als Rache.
Am Ende ist Tom in der Nervenklinik gelandet. Umgeben wird Tom von einem Chor aus weißgekleideten Männern und Frauen mit grauen Haaren. Ansprechbar ist Tom nur noch als Adonis. Anne kommt herein und gibt sich als seine Venus aus. Beruhigt schläft Tom auf Annes Schoß ein. Anne wird von ihrem Vater geholt und sie geht, da sie nichts mehr für Tom tun kann. Als Anne gegangen ist, wacht Tom erneut auf und ruft die Helden des Altertums. Er sinkt auf den Boden zurück und der Chor wirft weiße Papiernelken auf ihn.
Im Epilog erklären die Protagonisten die Moral von der Geschichte und die wäre: „Bei müßigen Händen, Herzen und Seelen findet der Teufel sein Werk.“
Nach fast 3h ist dieser Opernabend zu Ende, man ist etwas irritiert von der Handlung und von der Musik. Die Anklänge an die alten Komponisten wie Mozart, Händel, Gluck, Beethoven usw. sind zwar da, die Zitate sind aber stark verwässert und kaum zu erkennen. Es entsteht ein etwas fahler Klangteppich in dem eigentlich nur zwei Nummern rausstechen, Toms Arie am Beginn und die Cabaletta der Anne. Auch das Vorspiel zum dritten Akt wabert etwas in einer Beliebigkeit vor sich hin, bis eine Flöte die Rettung bringt. Das Landestheater Coburg hat gute Arbeit geleistet und das Stück gut umgesetzt, daran besteht kein Zweifel. Dennoch konnte sowohl die Handlung und vor allem die Musik mich nicht überzeugen. Die kommt etwas fahl daher, zieht sich vor allem in der Auktionsszene und am Ende. Somit wird die Oper wohl ein One-Way-Trip bleiben für mich, sie steht für mich in krassem Kontrast zum Vorwerk von Alma Deutscher im Landestheater Salzburg. Es war vor allem die Musik, die mich über weite Teile nicht angesprochen hat.
Quelle: YouTube
Einen Kommentar hinterlassen