Bild: Camille Saint-Saëns - Quelle: Wikipedia
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Samson und Dalila wird einfach in die heutige Zeit verlegt. Die Handlung beginnt 1947 nach dieser Inszenierung, indem die Hebräer von den Palästinensern unterdrückt werden. Auch zurzeit in der die Original-Handlung spielt, war das Volk Israel in Palästina eingewandert. Samson tritt auf und bringt den verzweifelten Hebräern eine neue Hoffnung. Die Philister werden hier mit den Palästinensern gleich gesetzt. Der Stadthalter erscheint und wird von Samson nieder gestreckt. Es kommt zum Aufstand der Hebräer. In der Folge erobern die Hebräer die Region und treten dann als Sieger wieder auf. Die Siegesfeier wird jedoch von einem Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürtel gestört, was darstellen soll, dass auch in der Besiedlung der Region keine Ruhe sein wird. Dalila tritt am Ende des Akts in Erscheinung um angeblich auch den siegreichen Samson zu umgarnen. Samson wird vor einer Kriegslist gewarnt, hört aber nicht darauf. Im zweiten Akt schwört Dalila Rache. Sie ist auf der Suche nach Samsons Stärke, konnte sein Geheimnis trotz dreimaligen Fragens nicht ergründen. In dem Schlafzimmer verstecken sich die Philister. Samson hat sich immer wieder von Dalila losreißen können, erliegt nun aber ihren Lockungen mit der Arie Mon coeur s’ouvre à ta voix. Dalila führt Samson ins Schlafgemach, wo er dann von den anderen Philistern überwältigt wird. Samson hat Dalila sein Geheimnis preisgegeben. Da die Stärke von Samson in den Haaren sitzt, wird er geschoren und geblendet. Im dritten Akt liegt Samson im Kerker. Im Off singen die Hebräer und beklagen Samsons Verrat. Samson will sich selbst als Opfer darbringen, wenn die Hebräer befreit werden. Im Zwischenspiel umkreist die Philister ein Drahtgitter, das die Kaaba in Mekka sein könnte. Das Drahtgitter lässt sich teilen, so dass daraus eine Flucht entsteht, in der Samson von einem Jungen geführt wird. Es tritt eine Parodie des großen Diktators von Charly Chaplin, der mit Geldscheinen nur um sich wirft. Gefolgt wird die Parodie von vier Schweinen. Dalila parodiert noch mal musikalisch ihr Liebeswerben und verhöhnt Samson im Tempel. Der Oberpriester verlangt von Samson, dass er Dagon, den Gott der Philister huldigt. Samson bittet seinen Gott um seine Stärke und ergreift die Säulen des Tempels. Er hebt die Drahtgeflechte an und bringt so den Tempel zum Einsturz und reißt sich und alle Philister in den Tod. Am Ende des Bühnenbildes sieht man eine Atombomben-Explosion.
Eigentlich kein schlechter Ansatz, die biblische Geschichte ins jetzige Palästina zu verlegen. Samson und Dalila ist die einzige Oper, die im Gaza-Streifen spielt. Jedoch ist es schwierig, die Geschichte nicht mit zu vielen Symbolen zu überfrachten. So richtig schlüssig erscheint die Verlegung der Geschichte in die heutige Zeit nicht. Erst im Nachhinein erkennt man die Parallelen der Geschichte damals zu den heutigen Verhältnissen in Gaza. Musikalisch wechseln viele Choreinsätze, wenige Solonummer ab. Vor allem musikalisch kann das Werk überzeugen und überdeckt die Brüche in der Inszenierung.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Quelle: Flickr.com
‘Frösche in Bauch und Ruckenlage’ (Frog on Back and Front)
Josef Maria Eder (1855-1945); X-ray
Collection of National Media Museum
In einer Neuinszenierung wird in Nürnberg die Fledermaus gegeben. Nach dem Börsencrash 1873 in Wien, kam die Operette bei der Uraufführung nicht besonders gut an. 1874 bei der Premiere war man in Wien noch nicht in der Feierlaune.
In dem Spiel um die Rache für eine Blamage des Dr. Falke, machen eigentlich alle keine gute Figur. Da ist zum einen Rosalinde, die im ersten Akt rührselig ihren Mann verabschiedet als er ins Gefängnis muss. Wenige Minuten vorher sieht man sie in inniger Zweisamkeit mit ihrem einstigen Gesangslehrer. Ihr Mann muss wegen Beamtenbeleidigung in den Arrest. Er hat mit seinem Anwalt versucht, die Strafe abzuwenden, was ihm nicht gelungen ist. Im Gegenteil, er muss seine Strafe noch früher antreten, als ihm lieb ist, nämlich noch an diesem Abend. Dr. Falke gelingt es aber Gabriel Eisenstein noch auf andere Gedanken zu bringen, indem er ihm ein Abendessen mit Ball bei Prinz Orlowsky in Aussicht stellt. Mit seiner Repetieruhr bewehrt, nimmt er heuchlerisch Abschied von seiner Frau für eine Woche, während er sich schon von seiner Kammerzofe Adele für den Ball fesch machen lässt. Um auch die Kammerzofe loszuhaben, lässt Rosalinde ihre Zofe zu ihrer kranken Tante. Auch seine Frau ist froh, dass er endlich weg ist, worauf es sich der geliebte Gesangslehrer in einem leichten Schlafrock und mit vielen Opernarien an sie ran wirft. In dieser Situation wird er von dem Gefängnisdirektor Frank als Eisenstein ins Gefängnis gebracht. Rosalinde bittet um ihren guten Ruf, diese Maskerade mitzuspielen.
Im zweiten Akt treffen sich alle Beteiligten auf dem Ball des Prinzen Orlowsky wieder. Adele, die Kammerzofe ist nicht zu ihrer Tante, sondern mit ihrer Schwester Ida auf dem Ball. Auch Dr. Falke ist da und verspricht dem Prinzen einen Scherz. Er möchte sich nämlich für seine Blamage bei Gabriel Falkenstein rächen. Er stellt Eisenstein als Marquis de Renard vor. Ida wird dem Eisenstein als Künstlerin vorgestellt, wobei er aber eindeutig seine Kammerzofe erkennt. Auch der Gefängnisdirektor Frank ist eingeladen und wird als Chevalier Chagrin vorgestellt. Beide freunden sich schnell an, als sie erkennen, dass sie beide keine echten Franzosen sind. In Champagnerlaune versucht Eisenstein bei einer ungarischen Gräfin zu landen, indem er seine Uhr einsetzt und ihren Pulsschlag fühlt. Die Gräfin ist in Wahrheit seine Frau, die überrascht ist, dass ihr Mann nicht im Gefängnis sitzt. Aus Rache nimmt sie ihm die Uhr ab und lässt sie in ihrem Dekolleté zwischen Buda und Pest verschwinden. Eisenstein will immer wissen, wer die Gräfin ist. Bis zum Ende des Balls kommt er aber nicht hinter ihr Geheimnis. Eisenstein eilt zum Gefängnis, um seine Haftstrafe abzusitzen.
Der dritte Akt beginnt etwas ungewöhnlich. Zwei Zuschauer scheinen in der Loge zu randalieren. Es handelt sich dabei um das Komiker-Duo Rassau und Heißmann der Comödie Fürth. Mit viel lokalen Gags erobern sie schließlich die Bühne, um im grünen Sakko verkleidet, als doppelter Frosch, als Gefängniswärter ihren Platz einzunehmen. Ständig klingelt es an der Kerkertür und neue Leute des Balls begehren Einlass. Adele taucht als Erstes auf und klärt auf, wer sie wirklich ist und dass sie Künstlerin werden will. Dann kommt Eisenstein herein, der sich nun dem Gefängnisdirektor zu erkennen gibt. Allerdings ist er sich sicher, dass er Eisenstein bereits arretiert hat. Wieder gibt der Gesangslehrer seine Opernarien zum Besten, was wirklich komisch ist. Auch Rosalinde trifft ein, um ihren Gesanglehrer mittels des Anwalts zu befreien. Eisenstein gibt sich als Anwalt aus und hört sich die Geschichte an, wie es zu der Verhaftung seines Doubles gekommen ist. Dabei gibt er sich am Ende auch zu erkennen und ist sehr entrüstet, über die Verfehlung seiner Frau. Er muss aber klein beigeben, als seine Frau ihm seine Uhr präsentiert. Auch Orlowsky ist inzwischen eingetroffen und amüsiert sich köstlich über die Rache des Dr. Falke. Er verspricht, Adele als Künstlerin auszubilden.
Auch viele Jahre nach der Uraufführung kann diese Operette noch begeistern. Sie sprüht nur so von schönen Melodien und witziger Handlung. Ob es jetzt eines doppelten Frosches in der Operette braucht, mag man geteilter Meinung sein. Teresa Erbe als platinblonder Prinz Orlowsky mit Zigarettenspitze im Marlene-Dietrich-Stil ist ein wirklicher Genuss. Kurt Schober gelingt es, den Eisenstein nicht allzu einfältig zu spielen. Christopher Lincoln mit seinen Tenor-Improvisationen ist umwerfend gut. Er singt sich quer durch das Opernrepertoire. Viele Anspielungen auf die lokale Politik und den Christkindlesmarkt und selbst aktuelle Fußballergebnisse fließen in die Aufführung ein und verleihen dem Ganzen eine gute Portion Lokalkolorit. Es ist nie langweilig und die 20 Minuten mehr für den doppelten Frosch kann man schon investieren.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Das Drama Madame Butterfly von Giacomo Puccini ist eine eindringliche Geschichte über eine Liebesbeziehung eines Paars zwischen Amerika und Japan. Die Geschichte entstand 1904 und war bei der Erstaufführung kein Erfolg. Erst eine zweite Aufführung in Brescia brachte dem Stück den verdienten Erfolg. In der Inszenierung macht man in Nürnberg keine Experimente und verlegt die Handlung in die 40er Jahre. B.F. Pinkerton ist auf der Suche nach einer kurzfristigen Affäre mit der Geisha Cho Cho San, genannt wird sie von Pinkerton: Madame Butterfly. Er ist stationiert in Nagasaki und hat dort ein Haus erworben, inklusive Geisha-Mädchen für 100 Yen. Den Koch, den Diener und die Zofe, nennt er abfällig: Schlitzauge 1, 2, 3. Schon vor der Eheschließung ist ihm klar, dass er eine amerikanische Frau heiraten wird. Lässig sitzt er mit einer Palette Whiskey-Cola-Dosen auf dem Kühlschrank und wartet auf die Eheschließung. Während bei Pinkerton als Verwandtschaft nur ein versoffener Onkel dabei ist, ist die ganze Verwandtschaft der Butterfly zur Hochzeit gekommen. Während sich die Butterfly ganz als amerikanische Frau geben will. Die Hochzeit schließt dann der Konsul, wobei in der Verwandtschaft viele amerikanische Winkelemente ausgeteilt werden. Es kommt zum Eklat, als klar wird, dass die Butterfly ihrem Glauben abgeschworen hat und zum christlichen Glauben konvertiert ist. Effektvoll kommt der Onkel Bonze mit zwei Fackelträgern auf die Feier und stellt die Butterfly zur Rede. Er benimmt sich ziemlich rüpelhaft und verbrennt eine Amerika-Fahne und verflucht Cho cho san. Pinkerton wirft nach dem Auftritt des Onkels die ganze Verwandtschaft aus dem Haus und lässt später Schlösser anbringen, um ungebetenen Besuch zu verhindern. Nach der Eheschließung sind die Butterfly und Pinkerton schließlich allein.
Drei Jahre später im zweiten Akt wartet die Butterfly auf die Rückkehr von Pinkerton. In einem Spint verwahrt sie Pinkertons Andenken. Sie ist ganz in einem roten Kostüm, wie eine Amerikanerin gekleidet. Auch ihre Dienerin ist amerikanisch gekleidet. Der Konsul kommt und hat Nachricht von Pinkerton. Butterfly ist sich ihrer Sache sicher, dass ihr Gemahl kommen wird. Sie lehnt Offerten von Yamadori ab, mit der Begründung, sie wäre bereits vergeben, eine amerikanische Ehe sei nicht so leicht zu lösen und ihr Mann würde kommen und sie holen. Was Pinkerton nicht weiß ist, dass er mit der Butterfly einen Sohn hat. Dieses Geheimnis vertraut sie im Zorn auch dem Konsul an, als der Andeutungen macht, sie solle das Angebot des japanischen Ehemanns annehmen. Der Konsul meldet die Tatsache, dass sie einen Sohn mit Pinkerton hat. Wirklich kommt dann auch sein Schiff, die Abraham Lincoln. Doch am ersten Tag seiner Rückkehr, wartet die Butterfly vergeblich auf ihren Pinkerton. Mit vielen Papierschiffen symbolisiert man, wie lange die Butterfly wartet. Es folgt das Zwischenspiel mit bekanntem Summchor.
Müde legt sie sich, als es hell wird mit ihrem Sohn hin. Pinkerton hat in Amerika wirklich vor einem Jahr eine amerikanische Frau geheiratet, die auch gekommen ist, um den Sohn von Pinkerton abzuholen. Mit einer Mickey Mouse, versucht sich das Vertrauen des Sohns zu bekommen. Pinkerton trifft in der Wohnung die Butterfly schlafend an und spricht zuerst mit Suzuki, um die Lage zu erklären. Feige verlässt Pinkerton die Wohnung der Butterfly wieder, und überlässt das Feld den Damen. Suzuki erklärt ihr, wie sich die Dinge entwickelt haben. Darauf beschließt die Butterfly, sich selbst umzubringen. Mit einem Dolch ersticht sie sich, mit dem ihr Vater einst Selbstmord begangen hat. Über die japanische Trennwand fließt Blut. Es stürzt Pinkerton in die Wohnung und sieht die sterbende Butterfly. Er nimmt seinen Sohn an sich und verlässt Japan.
Die Oper ist in einer Inszenierung von Kerstin Maria Pöhler eng an das Textbuch inszeniert. Die Verlegung der Handlung um geschätzte 40 Jahre tut dem keinen Abbruch. Melba Ramos als Madame Butterfly ist großartig, während Fulivo Oberto schon das ein oder andere mal Schwierigkeiten hatte, gegen das voll aufspielende Orchester von Guido Johannes Rumstadt durchzusetzen. Immer wieder kommen dabei in der Musik Teile der amerikanischen Nationalhymne vor, was sehr interessant wirkt. Die Musik bedient sich ab und zu Anleihen an Wagner, bleibt jedoch weitgehend italienisch. Der Summchor kommt bei dieser Inszenierung leider aus der Lautsprecheranlage, was etwas schade ist. Dennoch ein schöner Opernabend bei der vor allem die Hauptdarstellerin gefeiert wurde.
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Quelle: Staatstheater Nürnberg
Die Uraufführung von Detlef Glanert “Das Holzschiff” in Nürnberg ist ein Opernwagnis. Dies liegt zum einen an dem Stoff von Hans Henny Jahnn, der homoerotisch aufgeladen ist. Zum einen ist es etwas verwirrend, dass die Hauptrolle des Gustav von einer Frau gesungen wird. Schließlich trennt sich Gustav im Laufe der Oper von seiner Verlobten und findet Gefallen an dem Leichtmatrosen Alfred Tutein, der ebenfalls von einer Frau gesungen wird. Ellena und Alfred werden durch dieselbe Person dargestellt. Die Oper wird in einem Akt aufgeführt und ist in 10 Bilder unterteilt, die von sieben Tanzeinlagen unterbrochen werden. Kresnik ist in Bremen und Berlin für seine provokanten Ballette bekannt geworden und schafft es in den Zwischeneinlagen mit Breakdance-Nummer und modernem Ballett die Abgründe der handelnden Akteure aufzuzeigen.
Am Anfang der Oper schmuggelt Ellena, die Tochter des Kapitäns, ihren Verlobten Gustav an Bord der Lais. Einzig der Superkargo weiß was die Ladung des Schiffs ist und wo die Reise hingeht. Die Mannschaft begehrt dies auch zu wissen, wird aber vom Superkargo drangsaliert und mit voller Härte bestraft, wegen nichtiger Vergehen in puncto Ordnung. Dem Superkargo gelingt es durch Härte das Reiseziel der Lais geheim zu halten. Auch die Fracht wird nicht verraten. Dem Superkargo ist das Einschmuggeln des blinden Passagiers nicht entgangen und er stellt den Kapitän zur Rede, wie dies geschehen konnte. Im Labyrinth der Laderäume konnte sich Gustav verstecken. Während sich seine Verlobt auf die erste Liebesnacht mit ihm freut, entfernt sich Gustav von seiner Verlobten. Alfred Tutein der Leichtmatrose warnt in einer Videoeinspielung vor “Gefahr". Es bricht ein Sturm über die Lais herein, das Barometer fällt und Ellena wird vom Superkargo unter Deck gebracht. Gustav spricht, entgegen seinen Anweisungen mit der Mannschaft und verbrüdert sich mit Alfred. Ellena bleibt von da an verschollen, die Lais übersteht den Sturm aber unbeschadet. Wieder warnt Alfred Tutein der Leichtmatrose in einer Videoeinspielung vor “Gefahr". Der Superkargo bekennt schon einmal einen Hund getötet zu haben, den er unter Wasser gedrückt hat, um zu wissen, wie das Töten ist. Damit gerät er automatisch in Verdacht Ellena getötet zu haben. Was aber nur durch das Libretto rauskommt ist, das Gustav seine Verlobte zu Gunsten Alfred aus dem Weg geräumt hat. Es bleibt in der Oper aber unklar, wer jetzt Schuld an Ellenas Tod hat. In dem Buch das Holzschiff ist es so, dass Gustav Ellena zu Gunsten von Alfred opfert. Dieser Mord bildet das Fundament ihrer neuen Liebe. Die Mannschaft begehrt nun erneut auf und rast durch das Schiff auf der Suche nach Ellena. Sie öffnen die Kisten der Fracht, die alle leer sind. In ihrer Wut öffnen sie auch eine Tür, die eigentlich verschlossen bleiben sollte. Durch diese Tür dringt dann Wasser in das Schiff. Die Lais geht unter. Schaum tritt durch die Öffnungen. Die einzigen Überlebenden sind Alfred und Gustav, die zu neuen Ufern aufbrechen.
Mit dem Kniff, dass mit Ellenas Verschwinden plötzlich Alfred in Gustavs Leben tritt, schafft man gezielt Verwirrung. Durch die Doppelrolle von Ellena und Alfred, die durch dieselbe Darstellerin verkörpert werden, ist der Übergang zwischen den Personen fließend. Alfred nimmt gegen Mitte der Oper, den Platz in Gustavs Herzen ein. Durch eine Videoeinspielung von zwei küssenden, alten Männern, wird die Verbindung zwischen Gustav und Alfred verdeutlicht. Die Balletteinspielungen ergänzen die Szenenbilder gut. Die Tanzszenen verdeutlichen Alfreds Dämonen. An der drastischen Bildsprache von Kresnik hat sich so mancher gestört. Da sind die Engel mit brennenden Flügeln, die Tötung einer Schwangeren, Bilder, die die Abgründe der handelnden Personen darstellen sollen. Die Personen sind in der Handlung immer auf der Suche nach Engeln und Dämonen, die dann in den Balletten wirklich erscheinen. Manch einer konnte damit wenig anfangen und hat das Theater daher verlassen. Wer Kresnik kennt, ist solche drastischen Bilder gewohnt. Mit der Musik wird ein volles Orchester mit 60 Musikern aufgeboten, das die Szenerie gut untermalt. Sie ist eher unaufdringlich und bildet eher einen Klangteppich unter der Handlung. Wenn sie auch gegen Ende abhebt, komplexer wird und in einem schönen Duett zwischen Alfred und Gustav endet. Schade nur, dass sich der ganze Zusammenhang der Bilder erst beim Lesen des Programmhefts erschließt. Die Oper Nürnberg beschreitet hier ganz ungewohnte, neue Wege, weit ab von Fledermaus und Zauberflöte. Das ist mutig, kommt aber nicht bei jedem an.
Cutty Sark’s figure head , picture taken by User:Azu
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Die Ariadne auf Naxos ist wirklich eine Oper für Fortgeschrittene. Gegeben wird die umgearbeitete Fassung von 1916. Der erste Versuch 1912 war ein großer Misserfolg. Das liegt zum einen schon an der Musik und dem Thema. Es ist eine Oper in der Oper, die eigentlich mit einem Sprechstück beginnen sollte. Diese wurde 1916 dann nochmals umgearbeitet zu ihrer heutigen Form.
Im ersten Teil vor der Pause erlebt man die Nöte des Komponisten und den Einfluss des Geldgebers auf das Stück. Nach der Pause kommt das manipulierte Werk zur Aufführung. Schon bevor die Vorstellung um 19 Uhr beginnt, sieht man die Bühne. Aufgebaut ist das herrschaftliche Haus des Geldgebers, ganz in schwarz-weiß, aber originalgetreu einer herrschaftlichen Villa nachempfunden. Es wird ein Fest vorbereitet. Es ist Winter und im Hintergrund des Bühnenbilds sieht man eine große Fensterfront, hinter der ein Feuerwerk aufgebaut wird. Die Bediensteten laufen über die Bühne, in der Mitte steht ein schwarzer Flügel. Hier und da wird sogar ein echter Mops durch die Gegend getragen. Der Geldgeber der Oper tritt nie selbst in Erscheinung, sondern lässt seine Wünsche immer durch den Herrn Haushofmeister überbringen. Es soll das Trauerspiel ‘Ariadne auf Naxos’ gegeben werden. Da der Auftraggeber nicht einverstanden ist, dass in seinem Haus so etwas, wie eine öde Insel dargestellt werden soll, hat er kurzerhand eine Opera-Buffa-Truppe eingeladen, die das Trauerspiel, das einige Längen hat, auflockern soll. Dem Auftraggeber fällt nun ein, beide Stücke gleichzeitig aufzuführen, damit die Aufführung vor 21 Uhr beendet ist und das Feuerwerk rechtzeitig beginnen kann. Die beiden konkurrierenden Truppen, von fünf Opera-Seria-Anhängern und fünf Opera-Buffa-Anhängern, kriegen sich schon im Vorfeld der Aufführung in die Wolle. Die Ariadne-Darstellerin beschließt auf keinen Fall, gemeinsam mit den anderen auftreten zu wollen. Der Komponist, wirft wütend mit den Noten um sich und will sein Werk eher vernichtet sehen, als derart verstümmelt. Er lässt sich nur durch seinen Mäzen beruhigen, der sagt, besser eine modifiziertes Werk und aufgeführt, als eine nicht aufgeführte Oper. Die Buffa-Truppe bestehend aus vier Männern und einer Frau, beschließt mit einer Prise Liebeskomödie schon Würze in die Aufführung zu bringen und als Gestrandete auf der Insel einzufallen. Symmetrisch besteht die Seria-Truppe aus vier Frauen und einem Mann. Der Kronleuchter im Opernhaus ist während es ganzen ersten Teils auch an und verdeutlicht, dass man noch nicht mit der Aufführung begonnen hat.
Nach der Pause sitzen der Mäzen und der Komponist in der rechten Seitenloge und beobachten nun das modifizierte Werk. Der Flügel in der Mitte ist mit einem dunklen Tuch bedeckt und die Primadonna spielt darauf die verlassene Ariadne auf der Insel. Es findet quasi kein Umbau statt, sondern der Flügel muss als Insel herhalten. Die Nymphen-Damen beklagen das Los, das die Ariadne erlitten hat. Ariadne liegt nur auf dem Flügel und kann sich nicht aufraffen. Da fällt die Buffa-Truppe ein. Zerbinetta erzählt von ihren Männergeschichten. Die Buffa-Truppe will die todwünschende Ariadne aufheitern, dass nach dem Theseus, sicher ein neuer Verehrer kommen wird. Dabei singt Zerbinetta, meines achtens nach einer der schwierigsten Arien überhaupt (Großmächtige Prinzessin). Und bekommt dafür auch langanhaltenden Applaus. Damit kann sie das Publikum, nicht aber Ariadne überzeugen. Zerbinetta erwählt sich aus den vier Männern Harlekin, der eine ebenso gemusterte Hose, wie das Muster ihres Rockes trägt. Sie verschwindet mit ihm unter den Flügel. Mit Circe, Circe kannst Du mich hören tritt Bacchus auf, der meint Ariadne wäre eine Zauberin vom Kaliber einer Circe. Bacchus ist leicht-sommerlich bekleidet mit einem goldenen Lorbeerkranz und erklimmt ebenfalls den Flügel. Ariadne hält Bacchus für den Todesboten. Das anschließende Nymphenterzett Töne, Töne, Süße Stimme gehört zu den schönsten Stellen in der Oper überhaupt. Auf dem Flügel verliert nun Bacchus nicht nur sein Oberhemd, sondern auch sämtliche Scheu vor Ariadne. Zerbinetta kommentiert noch mal: Kommt ein neuer Gott gegangen, sind wir stumm.
Zum Abschluss gibt es langanhaltenden Applaus. Ezgi Kutlu als Komponist ist einfach großartig, Heidi Elisabeth Meier als Zerbinetta meistert ihren schwierigen Part gut, auch die ungeliebte Rolle des Bacchus von Michael Putsch ist gut und dann ist natürlich noch Mardi Byers als Ariadne. Eine wirklich gelungene Premiere, im leider nicht ausverkauften Opernhaus in Nürnberg.
Quelle: Staatstheater Nürnberg