Don Giovanni - Pentiti! No! No! No!
Wie kann es sein, dass man 400 Jahre nach Erfindung des Don Giovanni immer noch fasziniert ist von dem Stoff von Da Ponte. Man wird den Besuch dieser etwas lang geratenen Mozart-Oper mit vielen Noten am Schluss nicht bereuen. Die Bestrafung eines Wüstlings inklusive feuriger Höllenfahrt am Ende, trotz allen deutschen Brandschutzverordnungen. Dabei meint man, der Librettist hat da einen hohen autobiographischen Anteil in dies Komödie gesetzt, bei der am Ende der Böswicht bestraft wird. In der Inszenierung von Vera Nemirova startet das Stück mit einer Ouvertüre in D-Moll ohne unnötige Interaktionen auf der Bühne.
Als erstes sieht man den Diener Leporello von Don Giovanni, der seinen Herren zwar distanziert gegenüber steht - wegen seiner Lebensweise - ihn aber dennoch bewundert. Mit einem Tritthocker und einem Rucksack steht er Schmiere am Palast des Komturs. Sein Herr macht sich unterdessen an die Tochter des Komturs ran, die um Hilfe schreit. Schon innerhalb der ersten 15 Minuten passiert der Mord am Komtur, dem Vater von Donna Anna, der seiner Tochter zu Hilfe eilt. In den folgenden 150 Minuten versuchen nun alle Personen den Mörder des Komturs zu finden. Don Giovanni tritt immer leger in einem brokatenen Morgenmantel auf und wechselt auf offener Bühne immer wieder seine Hemden nach jeder Affäre. Die Bühne ist weitgehend in Schwarz gehalten mit ein paar goldenen Türen und besteht aus beweglichen Elementen. In einer Art Badeszene sieht man das Eintreffen von Elvira in Rot, umgeben von vielen Damen in Bademänteln auf Klappstühlen. Elvira ist eigentlich eine tragisch-komische Figur, die Don Giovanni nachstellt, ihn liebt, aber gleichzeitig weiß, dass das nicht gutgeht. Don Giovanni überlässt Elvira Leporello, der in der Arie mit einem guten Timing eine Art Toilettenrolle abwickelt, auf der alle Abenteuer seines Herren notiert sind. Elvira verheddert sich in der Rolle und pünktlich zum Ende der Arie, ist das letzte Blatt abgewickelt. Es kommt eine Hochzeit und in Zerlina, der Braut, sieht Don Giovanni schon sein nächstes Abenteuer. Noch vor der Hochzeitsnacht macht er sich an die Braut ran, die sich zwar ihren Bräutigam noch warmhalten will, aber in Don Giovanni auch die Möglichkeit zum sozialen Aufstieg sieht. Die Gäste machen einen kleinen TikTok-Tanz werden aber schnell von der Braut mit Schokolade und Kaffee getrennt. Ein paar Gäste praktizieren zur Champagnerarie von Don Giovanni Seilhüpfen, was zwar etwas von einer der zwei Arien des Bösewichts ablenkt, aber wirklich witzig ist. Donna Anna und ihr Verlobter machen sich auf die Suche nach dem Mörder, wieder stört Elvira, die von Don Giovanni als verrückt erklärt wird. Etwas irritiert lädt Don Giovanni aber die drei auf sein Schloss ein. Als drei Masken werden sie eingeladen. Hinter den Masken verbergen sich der Verlobte Don Ottavio, Elvira und Donna Anna. Auf der Hochzeitsfeier findet wirklich eine Art Orgie statt. Als Don Giovanni einen Übergriff an Zerlina begeht, wird er von den Masken gestellt. Natürlich braucht Don Giovanni nach der Affäre wieder ein frisches, weißes Hemd und flieht.
Im zweiten Akt startet man mit einem Rollentausch. Don Giovanni und Leporello vertauschen die Kleidung. Leporello macht Elvira Avancen, die sie mit verbunden Augen annimmt. Zur Verführung gibt Don Giovanni immer wieder Tipps und Handzeichen. Jetzt ist Zerlina Ehemann Masetto mit einer Horde schwarz gekleideter Bauern mit Beilen und Holzschlägern hinter Don Giovanni her. Als Leporello ist Don Giovanni übermütig und verprügelt Masetto, der von Zerlina mit einer speziellen Medizin geheilt wird, vermutlich durch die schwarze Reitpeitsche. Inzwischen stellen die anderen Personen den falschen Don Giovanni, der sich an Elvira vergriffen hat und sind irritiert Leporello vor sich zu haben. Die Szene auf dem Friedhof findet in einer Aussegnungshalle mit vielen Kerzen statt. Man sieht einen Sarg und eine klassische Statue rechts neben dem Sarg. Die Trauergesellschaft nimmt auf den Klappstühlen der Halle Platz. Don Giovanni und Leporello tauschen ihre Rollen, worauf ein schwarzes Bühnenelement bewegt wird, hinter dem die Statue des Komturs erscheint. Dieser mahnt zur Ruhe, aber Don Giovanni lädt ihn übermütig ein zum Abendessen, was er mit einem Kopfnicken bestätigt. Don Giovanni speist fröhlich zu Abend, als schon wieder Elvira stört und ihn zur Umkehr mahnt. Vor einer düsteren Szenerie aus einem Haufen Särge, ein paar grünen Efeu-Gewölben und viel künstlichem Nebel, ist eine Tafel aufgebaut. Natürlich kommt der Komtur auch dieses Mal und hat bereits gegessen. Er mahnt Don Giovanni zur Umkehr und sein Leben zu bereuen, was dieser nicht tut. Nach einem Händedruck kommen Fackelträger in Ku-Klux-Klan-Clan-Gewändern auf die Bühne und zünden die Särge an. Don Giovanni bereut nicht und fährt mit viel Feuer zur Hölle. Es kommt die Schlussarie der sechs Protagonisten mit einer Vorschau, wie das Leben nach Don Giovanni weitergeht. Im Schlussbild landet Don Giovanni bekleidet in Lack und Leder in einer kleinen Bühne. Die Hölle ist ganz schön divers mit Männern in Strapsen.
Ich fand diese Oper einen Volltreffer. Das war definitiv einer der Inszenierungen, die Oper ausmachen. Angefangen von dem spielfreudigen, jungen Sängerensemble über eine musikalisch gut aufgestellte Staatsphilharmonie und Roland Boer bis hin zum Bühnenbild, das sich den Knüller bis zum Schluss aufbewahrt. Julia Grüter als schwangere Donna Anna sei hier lobend erwähnt. Martin Platz gelingt ein lupenreiner Don Ottavio. Samuel Hasselhorn ist auch optisch der Frauenversteher, dem seine Liebschaften reihenweise zufallen. Wenn mich einer nach der Oper fragt: Pentiti! Sage ich auch dreimal No! Denn der Besuch dieser Inszenierung mit diesen Sängern? Da gibt es nichts zu bereuen.
Quelle: YouTube | Staatstheater Nürnberg
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