Kiss me Kate-Festspielzeit
Manchmal nutzt man die letzte Chance, so wie diese Aufführung von ‚Kiss me, Kate!‘ bei den Feuchtwanger Festspielen. Johannes Kaetzler inszeniert relativ sparsam, nur zwei verschiebbare Quader bilden die Garderoben der Künstlertruppe, die eine musikalische Umsetzung der ‚Widerspenstigen Zähmung‘ von Shakespeare in Baltimore wagt. Dieses Stück im Stück war der größte Erfolg von Cole Porter. Dass die Big Band nur aus sieben Mann besteht, tut diesem Stück dabei aber keinen Abbruch. Was zählt, ist die Spielfreude der Truppe um Fred Graham. Natürlich hat er die Hauptrolle des Stücks mit sich selbst besetzt. Die weibliche Hauptfigur der Katharina spielt prickelnder Weise, seine Ex-Frau, die vor einem Jahr die Scheidung eingereicht hatte. Diese ist inzwischen mit dem Gerneral Howell liiert, mit dem sie auch regen Telefonkontakt pflegt. Unterdessen stellt Fred Lois Lane nach, der er auch Blumen schickt. Dabei müssen das Veilchenimitat aus Plastik einiges aushalten, denn anstatt bei seiner Geliebten, bei seiner Frau. Einzig ein Brief verrät, dass die Blumen an die falsche Adresse geliefert wurden. Fred weiß um die Brisanz des Briefes und versucht an diesen zu kommen, der landet aber bei Lilli Vanessi im Ausschnitt. Sie soll ihn später während der Vorstellung lesen und mit dem Ausruf ‚Miststück‘ zu einer Schlagattack in den Unterleib von Fred ausholen (im Original beißt sie ihn sogar). Dieser lässt sich das auch im Stück nicht gefallen und schlägt massiv zurück, sodass Lilli in der Folge nicht mehr sitzen kann. Sie beschließt, ihren Mann anzurufen und die Vorstellung abzubrechen. Fred sind schon in den ersten Szenen zwei Gangster aus der Unterwelt von Baltimore auf den Versen. Er hätte einen Schuldschein über 10000 Dollar unterzeichnet. Zuerst leugnet er, die Unterschrift sei falsch. Dann kommt er aber auf die Idee, den Gangstern die Lage zu erklären. Diese sind mit Pistolen bewaffnet und wollen das Geld. Fred sagt, er könne das Geld nur zahlen, wenn sie Lilli dazu zwingen, die Vorstellung zu Ende zu spielen. Die Gangster bekommen auch Pumphose und Perücken, tragen allerdings Jacketts. Sie sind somit die absolute Lachnummer, allein die Mimik der beiden Darsteller spricht Bände. Sie passen auf der Bühne immer auf, dass Lilli ihren Auftritt auch weiterspielt. Als ein kleiner Vogel von dem Baum auf der Bühne mit einem Draht herabgelassen wird, schießt einer der Gangster den Vogel wirklich ab. In der Zwischenzeit macht das Ensemble Pause. Bei 15 Grad ist das ‚Viel zu heiß‘ eher ein frommer Wunsch. Auch die zwei Bühnenarbeiter, die eine Flasche Bier auf Ex trinken, haben eine Erfrischung an diesem Abend sicher nicht nötig. Lilli holt nun den General zu Hilfe. Dieser erscheint polternd mit viel Soldaten im Schlepptau auf der Bühne. Ein paar Gags zur Anspielung auf die Präsidentenwahl in den USA, das ist die Karriere, die General Howell plant, lassen einen ob der politischen Lage außerhalb des Theaters eher erschaudern. Auch hatte der General eine Affaire mit Lois Lane, die er auch nach der Heirat mit Lilli fortzusetzen gedenkt. Alle Andeutungen von Lilli, dass sie bedroht wird, weiterzuspielen, schlägt der General in den Wind. Die anschließende Wendung, dass die Gangster den Schuldschein schließlich zerreißen, weil der General und ihr Chef gemeinsame Sache machen, erscheint etwas unplausibel. Im Original wurde der Auftraggeber liquidiert. Als sie nun die finale Szene ohne Lilli spielen sollen, kommt Lilli doch auf die Bühne, diesmal freiwillig und spricht ihren Dialog mit Fred zu Ende.
Ich war von der Vorstellung sehr angetan. Es gab zwar einige Anspielungen auf die Provinz, die politische Lage in Amerika und ein paar platte Gags - so hatte ein Schauspieler einen Geldbeutel zum Ausstopfen der Hose verwendet - dennoch fand ich die Aufführung sehr gelungen. Nach wie vor finde ich die Botschaft des Stücks: Verprügle die Ex-Frau und sie kommt zurück, fragwürdig. Das sah man 1949 sicher noch anders. Die beiden Gangster bei ihrer Nummer: ‚Schlag nach bei Shakespeare‘ sind einfach köstlich. Die Herren sehen teilweise in den Langhaarperücken des Stücks ganz anders aus und man muss zweimal hinsehen, bis man die Schauspieler wieder erkennt. Zum Shakespeare-Stück hat man aber auch Kostüme aus der Zeit an. Eine gute Lautsprecheranlage kommt eigentlich nur bei den Gesangsstücken zum Einsatz, die Texte sprechen die Schauspieler ganz unverstärkt. Gefallen hat mir an diesem Abend auch Judith Peres, welche die Lilli ganz emanzipiert und mit gute Stimme spielte. Auch der fränkische Himmel hielt seinen Regen an diesem Abend zurück bis zum Ende der Vorstellung, sodass die Notfallponchos ungeöffnet blieben.
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