Oper an dem Domplatz - Orleanskaya deva
Bei einem Zwischenstopp in Erfurt haben wir auch die Domfestspiele dort besucht. Gegeben wurde vor einem halben Publikum Tschaikowskis „Die Jungfrau von Orleans“. Das Bühnenbild wirkt zunächst etwas unspektakulär, ist es doch noch eine Welle, die als Fortsetzung der Domtreppen in Grau daherkommt. Die Welle ist aber 12 m hoch und muss technisch gut gegen Wind abgesichert sein. In den Abendstunden wird sie aber zur Projektionsfläche, hat Türen und Beleuchtungseffekte. Die Umgebung am Dom in Erfurt bietet für das Thema eine eindrucksvolle Kulisse. Die Inszenierung ist von Tomo Sugao. Besonders zu erwähnen sind die schönen Kostüme von Bianca Deigner, denn insgesamt ist die Bühnenausstattung sehr minimal und setzt ganz auf die Lichteffekte am späteren Abend. Es gibt drei Podeste auf den Domtreppen, auf denen sich das Geschehen abspielt. Erzählt wird in der Oper das Leben der Jeanne d’Arc nach einer Bearbeitung von Schiller.
Zu Anfang befinden wir uns am Platz vor einer Kirche. Dort singen Mädchen mit Masken, die alle gleiche Perücken und Gewänder tragen, um einen Tisch. Der Bauer Tibo d’Arc will seine siebzehnjährige Tochter an einen jungen Mann namens Raimond zu verheiraten. Hier findet eine Doppelung der Jeanne d’Arc statt und man sieht zum ersten Mal überdimensionale Federn. Man hört die populäre Arie „Da, chas nastal“. Ansatzweise ist auch angedeutet, dass sie ihre Haare abschneidet, um als Mann zu kämpfen. Sie hat eine Vision, in der schwarze Engel mit langen Federn aus der Bühnen-Welle kommen. Diese segnen ihre heroischen Bemühungen, denn sie sagt den baldigen Sieg voraus.
Im nächsten Akt wird der König von Clowns und Pagen unterhalten. Der König sitzt an einer großen Tafel und vergnügt sich lieber mit seiner geliebten Agnès. Agnès bietet dem König ihr Vermögen an. Der Ritter Lore wird in der Schlacht tödlich verletzt. Man erfährt in einer Erzählung, wie ein Mädchen im Kampf gegen die Engländer den Sieg bewirkt hat und wie Ihr Einsatz die Franzosen motiviert hat. Johanna sagt, dass ein Keuschheitsgelübde die Voraussetzung für den Sieg gegen England war. Sie erkennt den König sofort. Sie erzählt dem König von den drei Gebeten, die er zu Gott gesprochen hat. Im ersten hätte der König um Agnès, seine Freunde gebetet. Im zweiten vom Sieg. Das dritte Gebet muss sie gar nicht mehr erzählen, der König glaubt ihrer göttlichen Sendung.
Nach der Pause leuchtet der Dom und die Treppe in Regenbogenfarben. Es herrscht ein Krieg der roten gegen die blauen Federn. Johanna trifft auf den burgundischen Ritter Lionel, der eigentlich ihr Gegner ist. Jetzt weicht das Textbuch schon ziemlich von der eigentlichen Geschichte der Jeanne d’Arc ab. Sie verlieben sich ineinander. Vor der Kathedrale von Reims wird der König gekrönt. Mit einer langen Schleppe in Blau kommt es zu den Feierlichkeiten. Man sieht Feuerartisten. Gestört wird die Szene durch ihren Vater, der Jeanne des Dienstes an Satan bezichtigt. Der Vater stellt die Jungfräulichkeit in Frage. Johanna schweigt zu dieser Anschuldigung. Es folgen drei Blitzschläge, die als Himmelurteil gesehen und auch die Bürger sagen sich von ihr los. Wieder treten die Heerscharen aus der Treppenwelle auf.
Im Wald treffen sich Lionel und Johanna noch einmal. Dort lauern nun aber englische Soldaten auf, die Lionel töten und Johanna in Gefangenschaft setzen.
Nun wird Johanna auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Die Bürger mit goldenen Federn sympathisieren aber mit Johanna. Das Feuer wird entfacht und ein Johanna Double stürzt die Treppen herunter. Sie hört noch mal die Stimmen, die ihr Vergebung heißen.
In keinem Opernführer ist diese Oper von Tschaikowski zu finden. Das Werk leidet etwas zwischen schönen Duetten und wuchtigen Chorszenen, die von Aida entliehen sein könnten. Das Werk wurde 10 Jahre nach Aida veröffentlicht und trägt deutliche Spuren in den Chorarrangements. Gesungen wird komplett in Russisch, was dank der Monitore an den Seiten kein Problem ist. Erstmals spielt das 54 Mann starke Orchester im 300 m entfernten Opernhaus. Man hätte vor den Stufen einfach keine Möglichkeit gehabt, das Orchester an die Stufen zu setzen und hat auf die technische Lösung zurückgegriffen. Auch der Chor achtet auf die Abstände. Im Publikum muss jeder zweite Platz frei bleiben. Es ist dennoch schön, dass überhaupt etwas stattfindet in diesen Zeiten. Die Oper ist etwas gekürzt, was aber bei dem unbekannten Werk nicht wirklich auffällt. Alle Schlüsselszenen sind enthalten. Wir hatten einen entspannten Abend unter dem Nachthimmel von Erfurt.
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