In einer Koproduktion mit dem Théâtre du Capitole Toulouse wir derzeit in einer Inszenierung von Vincent Boussard der Maskenball von Verdi aufgeführt. Man führt die vormals zensierte Fassung der Oper auf, bei der der Handlungsort vom schwedischen Königshaus nach Boston in Amerika verlegt wurde. Der Gouverneur Riccardo und sein Freund Renato begehren dabei dieselbe Frau, was letztlich zu einem Showdown im dritten Akt der Oper führt. Vor allem wegen der pompösen Barock- und Rokokoähnlichen Kostüme von Christian Lacroix in der Schlussszene ist dieser Maskenball sehenswert. Die Inszenierung schafft ein weitgehend schwarzes Bühnenbild mit einem leuchtenden, weißen Rahmen, aus dem die Sänger immer wieder hervortreten und am Bühnenrand ihre Arien singen.
Zu Beginn schläft der Gouverneur Riccardo auf einem schwarzen, barocken Polstersofa. Umgeben ist er von dem Chor in dunklen Mänteln, die den Tod des beliebten Regenten planen. Trotz aller Beliebtheit gibt es die Verschwörer Tom und Samuel, die ihm nicht wohl gesonnen sind. Auf der Rückseite der Bühne sieht man ein übergroßes Gemälde von Riccardo mit seiner Puderperücke. Zu seinen Freunden gehört Renato, der ihn vor den Verschwörern warnen will. Aus dem Volk wird die Ausweisung der Wahrsagerin Ulrica gefordert, die mit dem Teufel im Bunde stehe. Auf einem Tablet serviert Oscar, der Diener einen Holzkopf, der bei dem Plan des Gouverneurs in Verkleidung eines Fischers diese Ulrica aufzusuchen, zu Boden fällt. Um 9 Uhr abends will er die Wahrsagerin aufsuchen und nach seinem Schicksal fragen.
Die Wahrsagerin Ulrica (Chariklia Mavropoulou) ist eine wahrhaft furchterregende Gestalt, die mit ihrem Stock den Teufel beschwört. Sie schafft es, vor den Augen des Kinderchores, im hinteren Bühnenteil zu verschwinden und dann gleich wieder rechts vorne aufzutauchen. Einem Matrosen sagt sie eine Beförderung voraus. Belustigt hilft der Riccardo mit einem Brief nach und befördert diesen Mann. Somit hat sich die Weissagung erfüllt. Ulrica lässt nun die Bühne räumen, denn es kommt Amelia, Renatos Frau. Die ist in den besten Freund ihres Mannes, nämlich dem Gouverneur verliebt. Ulrica sagt, am Galgenhügel wachse ein Kraut gegen die Verliebtheit, das sie des Nachts pflücken soll. Jetzt kommen wieder alle herein und Riccardo fordert sie auf, ihr aus der Hand zu lesen. Sie meint, wer so sein Schicksal herausfordert, wird einen frühen Tod sterben, durch den ersten, der zur Tür hereinkommt und die Hand gibt. Es ist Renato. Jetzt verhöhnt Riccardo Ulrica als Scharlatan, sie hätte weder erkannt, dass er der Gouverneur ist, noch hätte sie gewusst, dass sie ausgewiesen werden sollte. Das Volk, das ihn nun erkennt, feiert ihn stürmisch. Nur im Hintergrund hat das Bildnis rote Tränen in den Augen.
Im zweiten Akt kommt Amelia an den Galgenhügel um Mitternacht. Dargestellt nur durch eine kopflose, hängende Puppe. Mit einem Spot wird das Zauberkraut angeleuchtet, das gegen die Verliebtheit helfen soll. Ihr gefolgt ist Riccardo, der sie so lange bedrängt, bis sie ihre Liebe gesteht. Nun erscheint aber auch noch ihr Mann Renato, der Riccardo vor den Verschwörern warnen will. Sie tauschen ihre Mäntel, Amelia verschleiert sich und Riccardo fordert von Renato alle Eide, seine Bekanntschaft verschleiert bis zur Stadt zu bringen. Auf dem Weg wird Renato aber nun von den Verschwörern gestellt. Die wollen die Identität der Frau erfahren und Amelia entschleiert sich. Das wird ein schönes Gerücht in der Stadt geben. Die Verschwörer lachen sich ins Fäustchen und Renato beschließt, die Verschwörer in sein Haus einzuladen.
Im dritten Akt hat sich das Ehepaar auseinandergelebt. Man sitzt Rücken an Rücken auf einer schwarzen Bank und bespricht die Ehekrise. Renato will Amelia umbringen, doch vorher will Amelia sich von ihrem Sohn verabschieden. Das erklärt vielleicht die Idee mit dem roten ferngesteuerten Auto, das in dieser Szene über die Bühne fährt. Die beiden Verschwörer Tom und Samuel erscheinen. Diese haben beide noch offene Rechnungen mit dem Gouverneur, wie eben auch Renato. Man lässt sich einen Kübel Eis bringen, wo man das Eis in der Wohnung verteilt und dann das Los entscheiden lässt, wer Riccardo umbringen soll. Amelia zwingt man dazu, die Lose zu ziehen. Natürlich zieht sie ihren Mann und die Weissagung von Ulrica erfüllt sich. Auf die Verschwörung stoßen die Drei nun an. Amelia will aber ihren Geliebten warnen. Auf dem Maskenball plant man nun das Attentat.
Da tritt nun Riccardo allein vor den Bühnenvorhang. An der Rampe entsagt er nun vor einem Meergemälde mit Mond Amelia und beschließt, Renato und Amelia nach England zurückzusenden. Es hebt sich der Vorhang und man sieht einen riesigen stilisierten Kronleuchter und darunter die Kostüme von Lacroix der Ballbesucher. Trotz der Warnung, dass auf ihn ein Attentat verübt werden soll, geht Riccardo zu dem Ball. Das ist wirklich ein Höhepunkt der Oper, Renato sucht nun, die Verkleidung von Riccardo herauszubekommen. Er bedrängt Oscar, der aber sein Geheimnis nicht preisgeben will. Dieses ‚Saper Vorreste Di Che Si Veste‘ von Oscar ist für mich immer die Lieblingsstelle in der Oper. Die Lage spitzt sich weiter zu und Amelia muss nun ansehen, wie Riccardo von Renato erschossen wird. In einer langen Sterbeszene begründet nun der Graf, dass er Amelia nie berührt hätte und sie weiterhin unschuldig ist. Er vergibt allen, Kraft seines Amtes und stirbt mit dem Schuss in den Rücken.
Auch wenn alle die musikalischen Qualitäten der Aufführung gelobt haben, hat mich das Stück an diesem heißen Sommertag nicht so richtig packen können. Die Regie hält sich schwer zurück und die Sänger singen oft an der Rampe ohne große Aktionen ihre Arien. Ich hätte vorher vielleicht nicht den Fehler machen sollen und eine alte Callas-Aufnahme der Oper hören sollen. Die ist zwar aus dem Jahre 1957 und noch mono, aber irgendwie packender. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob das Stück durch den Einsatz des Modeschneiders Lacroix zu retten ist. Irgendwie schon, finde ich. Der dritte Akt ist wirklich sehr gut umgesetzt. Der monströse Deckenlüster und die goldenen und weißen Kostüme der Ballbesucher sind ein echter Hingucker. Meine Lieblingsfigur im Stück, der Page Oscar, war mit Csilla Csövari hervorragend besetzt. Und ist nicht im Maskenball, der Ball die Hauptperson?
Quelle: YouTube | Staatstheater Nürnberg