Quelle: Staatstheater Nürnberg Youtube
Laura Scozzi hat meiner Meinung nach in einem genialen Einfall, die Handlung der Zauberflöte vom Ägypten in ein alpenländisches Après-Ski-Ambiente verlegt. Der Gipfelsturm zum Tempel der Weisheit findet in einem Alpendorf statt und endet an einer Bergstation. Bis darauf, dass die Arien von den ägyptischen Götter handeln, klappt das überraschend gut. Die erste Szene beginnt, als Tamino träumt in einem Bett, er wird von einer Schlange verfolgt. Ein aufgewecktes Damen-Trio in Abendgaderobe versucht ihn zu wecken und den Alptraum zu vertreiben. Sie zerren an Tamino und versuchen ihn für sich zu gewinnen. Tamino schläft weiter. Dann folgt der Auftritt von Papageno, der sich als schwarz gekleideter Rocker gibt. Dass die Papageno umgebenden Männer in schwarz, seine gefangenen Vögel für die Königin der Nacht sind, hat schon den ersten Lacheffekt auf der Seite. Die Szenerie ist in einen Skiort verlegt, alles ist verschneit. Dort entdeckt auch Tamino das Bild von Pamina in einer Zeitung auf der in großen Buchstaben steht: Pamina immer noch kein Lebenszeichen. Dort besingt er das Bild von Pamina, das er in der Zeitung entdeckt. Tamino entflammt sofort für Pamina. Die drei Damen erzählen Tamino dann, dass Sarastro auf seiner Burg Pamina entführt hat. Dann folgt mit Donner und Blitz der Auftritt der Königin der Nacht, die mit einer Flasche Champagner angetrunken aus der Après-Ski-Bar kommt und die leere Flasche brav in einer grünen Mülltonne entsorgt. Wieder unter Donner schließt sich der Klub und Tamino beschließt Pamina zu retten. Den Weg in Sarastros Burg weisen Tamino drei Ski-Haserln mit roten Hosen und Pullovern. In einem Tellerlift bringen sie Tamino den Berg hinauf zur Bergstation, in der Sarastro trohnt. Sarastros Palast ist dann erst mal ein Küche inklusive Waschmaschine. Papageno kommt durch den Kühlschrank in die Küche und findet Pamina. Paminas Fessel sind ein paar rosa Gummihandschuhe. Papageno trifft auf einen völlig erbleichten Mohren Monostratos. Die schreckhafte Begegnung endet mit dem Einsatz eines Pfeffersprays. Pamina flieht mit Papageno auf einem Rodelschlitten den Berg hinunter. In der nächsten Szene ist Tamino in einer Art Mittelstation angelangt, wo er drei Möglichkeiten hat, sich für einen Weg zu entscheiden. Auf einer Skikarte werden mit bunten Leuchtpunkten die Wege zum Gipfel angezeigt. Der Eingang ist eine Skischranke mit drei Bahnen. Erst auf dem letzten Eingang hat Tamino Erfolg und wird prompt mit einer Bergbahn zum Gipfel gebracht. Beim nun folgenden Einsatz der Zauberflöte durch Tamino kommt allerlei Berggetier auf die Szene und Tanz nach der Flöte. Gämse, Bären, Steinböcke schwingen lustig das Tanzbein. Er hört zwar in der Ferne die Flöte von Papageno, aber Tamino verfehlt den Schlitten mit Pamina und Papageno. Nun verfolgt auf einem weiteren Schlitten Monostratos den Schlitten von Papageno. Eine wilde Jagd den Berg hinunter beginnt, jedoch werden sie eingeholt und gestellt. Nun folgt der Auftritt von Sarastro, der in einem Schnellzug auf die Bühne gefahren kommt. Das Volk jubelt und die Inszenierung sprüht nur so vor witzigen Details. So gibt es ein Volkstanztruppe mit Zwergenmützen, Gardemädchen und einen ICE als Transportmittel.
Im nächsten Aufzug nimmt das Tempo etwas ab. In Sarastros Bergstation betreiben die Eingeweihten die gepflegte Langeweile. Sie vertreiben sich die Zeit bei Golf, im Pool, beim Weintrinken oder beim Schach. Sarastro ordnet die Prüfung von Tamino und Papageno an. Die erste Prüfung ist die Mündigkeit, die zweite das Schweigen. Die drei Damen treten auf und versuchen die Prüflinge zum Reden zu bringen. Die Priester verwünschen die Damen aber, was für Papageno zuviel ist. Er fällt ins Koma und wird effektvoll reanimiert. Es folgt ein entzückendes Ballett von fünf Hausfrauen. Die Köngin der Nacht ist nun ebenfalls in die Schlafgemächer von Pamina eingedrungen und legt eine goldene Pistole hin, mit der Pamina Sarastro erschießen soll (Arie der Königin der Nacht: Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen). Unterdessen geht die Prüfung auf Verschwiegenheit weiter. Tamino und Papageno sitzen in einer Art Maschinenraum, als Papagena als alte Frau erscheint. Pamina trifft aus Tamnino und versteht dessen Schweigen nicht. Sie flüchtet sich mit dem goldenen Colt in den Tannenwald und versucht Selbstmord zu begehen. Die drei Knaben kommen in einem Hubschrauber angeflogen und retten Pamina an einem Seil in die Burg Sarastros. Dann folgt die dritte Prüfung: Standhaftigkeit. Hierbei kommt effektvoll für Feuer und Wasser die Projektion zum Einsatz. Papageno hat die Prüfungen vermasselt, seine Papagena scheint verloren und er versucht sich ebenfalls umzubringen, was wieder die drei Jungs verhindern. Tamino dagegen besteht alle Prüfungen und darf sich, nachdem die Bösewichte alle im Bühnengraben versenkt sind auf ein Picknick freuen. Dabei wird auch die Köngin der Nacht von Sarastro aus dem Abgrund gerettet und darf mitfeiern. Mit einem fröhlichen Grillfest inklusive Planschbecken im beginnenden Frühling endet diese Zauberflöte. Die Königin der Nacht nimmt einen Flieger und entschwindet am Ende.
Sänger und Orchester waren bei der ganzen Aufführung blendend gelaunt. Die gute Laune der Inszenierung scheint sich irgendwie übertragen zu haben.
Wagners fünfte Oper, in der Dresdner Semperoper uraufgeführt, schafft es auch heute noch zu faszinieren. Woran liegt es denn? An der Inszenierung sicher nicht, gerade der Venus-Berg als französisches Budoir mit Federboa ist jetzt nicht der Weisheit letzter Schluss. Alexandra Petersamer verleiht der Venus in der Anfangszene bisweilen schrille Töne, die es im Schlussakt sicher braucht, in der Eröffnung im Venus-Berg aber sicher nicht jedem gefallen haben. Christof Prick dagegen im Orchester meistert seine Sache sehr gut, so dass man auch den schrillen Einstieg übersteht. Irgendwann haben auch die Nymphen mit ihren Federboas die letzten Noten, die der Tannhäuser verfasst, in die Luft geworfen und aufgegessen. Tannhäuser beschließt aus dem Venus-Berg weg zu ziehen und in Maria sein Heil zu suchen. Der erste Akt war auch bei der Pariser Version Anstoß zu einem Theaterskandal. Im lieblichen Waldtal sitzt Leah Gordon auf einem Klavier und mimt die Flötistin. Ihr Solo bringt Ruhe in die Turbulenzen um den Venusberg. Die dann auftretenden Ritter erinnern eher an einen Sketch aus Loriot. Die Umsetzung der Szene vor der Wartburg bedarf also einiger Erklärung. Dennoch ahnt man bei der Vorstellung der Sänger, dass der Sängerkrieg auf der Wartburg gut gelingen kann. Nach der Pause trifft die Erwartung dann auch ein. Links und rechts von der Bühne sind Stühle aufgebaut, Mardi Byers singt Ihr ‘Dich teure Halle’, es zieht der Chor ein. Nach Männern und Frauen getrennt, nimmt er auf den Stuhl-Galerien links und rechts Position ein. Links die Frauen, Rechts die Männer. In der Mitte die Sänger. Das ganze ist akkustisch unglaublich ausgewogen. Die Sänger singen von der Liebe und Tannhäuser kann nicht verschweigen, dass er im Venus-Berg weilte. Der darauf entstehende Streit wird mit Waffen ausgetragen und Tannhäuser darf erst wieder in die Wartburg, wenn er in Rom beim Papst war und um Vergebung gebeten hat. Das Getöse im zweiten Akt ist mitreißend und unglaublich bombastisch. Der dritte Akt ist wieder der ganze Gegenentwurf dazu. Super ist der Chor der Pilger, musikalisch und szenisch umgesetzt. Elisabeth findet Thannhäuser nicht unter den Büßern und beschließt für Thannhäuser zu Büßen. Sie singt die Arie: ‘Allmächtge Jungfrau, hör mein Flehen’. Dann kommt die eigentliche Überraschung: Die Arie ‘Wie Todesahnung, Dämmrung deckt die Lande’. Jochen Kupfer als Wolfram von Eschenbach hatte schon vorher überzeugen können, aber da ist er wirklich der Star des Abends. Wolfram will Tannhäuser vor einem neuen Fehltritt im Venusberg bewahren. Jetzt passt die Stimmgewalt der Venus auch und sie kommt spielend über das tosende Orchester. Am Ende kommen die Pilger mit Blühtenzweigen auf die Bühne und kündigen Tannhäuser Erlösung im Tod an. Spätestens hier ist man tief beeindruckt. Langanhaltender Applaus für die Sänger und den Dirgenten, ein wirklich erstaunlicher Abend.
Commons: Commons Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wir hatten Glück und hatten noch etwas Gelegenheit von der Einführung des Stück mitzubekommen. Das war sehr hilfreich, um das Bühnenbild zu verstehen. Die Inzenierung wurde verlegt und spielt im Irland der Neuzeit. Der Bürgerkrieg in Nordirland wird als Ausgangspunkt für die Inszenierung von Dieter Kaegi und Bühnenbildnerin Monica Frawley genommen. Das Bühnenbild besteht aus Stehlen, die man in Belfast nutzt, um die Viertel der unterschiedlichen Glaubensrichtungen abzugrenzen. Diese dienen mit ihren Guckschlitzen einmal als Festung, mal als Mauer. Das heutige Irland verändert auch die Sichtweise auf das Stück. Im Mittelpunkt steht schon noch die Liebe zwischen Arturo und Elvira, aber der romantisch-verklärte Aspekt und das Patriotische fallen weg. Die Verklappung der Toten Soldaten in Säcken in ihre Gräber ist schon ziemlich drastisch. Auch die Jagdszene, in der Elvira Ricardo das Herz des erlegten Wildes in die Hand gibt ist ziemlich eklig. Sir Giorgio, Elviras Ersatzvater kommt nicht besser weg. Irritiert nimmt man die Übergriffe auf Elvira wahr. Das ist wirklich kein netter Onkel und passt so gar nicht zum Text, der gesungen wird. Ganz überzeugend ist die Hochzeitszene mit dem a te o cara, die mir persönlich am Besten an der ganzen Oper gefällt. Arturos (Tilman Lichdi) Spitzentöne sind live einfach umwerfend. Die Hochzeitsgesellschaft spielt die Reise nach Jerusalem, während Arturo unter den Gefangenen die Köngin entdeckt. Unter dem Schleier, der eigentlich für Elvira gedacht ist, flieht die Königin von der Festung. Riccardo stellt die Flüchtenden noch zur Rede, muss aber feststellen, dass sich unter dem Schleier nicht Elivra befindet und lässt die Königin mit Arturo fliehen. Die Flucht von Arturo führt bei Elivra nicht nur zu einem Wahnsinnsanfall, sondern auch zu wunderschönen Belcanto Arien. O rendetemi la speme und Vien, diletto gehören ebenfalls zu den Bravourarien. Hier muss man wirklich Hrachuhí Bassénz loben, die an diesen Stellen eine überzeugende schauspielerische Leistung bietet. Der zweite Akt wird ganz von diesen beiden Arien dominiert. Nach der Schlacht kommt Arturo wieder zu Elivra zurück. Sie kommt wieder zur Besinnung. Arturo wird aber zur Rede gestellt und schließlich mit einem lauten Pistolenknall hingerichtet. Da war ich zumindest wirklich überrascht. Die Schlußszene ist dann eher als Traumszene zu verstehen, in der Arturo dann durch einen Boten freigesprochen wird. Elvira und Arturo treten nochmals im Hochzeitsgewand auf und beenden die Aufführung. Ja, da steht man nun, ist betroffen von dem unerwarteten Ende, der so sicher nicht im Opernführer steht. Nürnberg ist doch für eine Überraschung gut.
Das Südthüringisches Staatstheater hat die Handlung des Fidelio in unsere Zeit zu transferieren klappt sehr gut. Der Kerkermeister Rocco und Jaquino treten in schwarzer Uniformkluft auf und rasseln während des ersten Aktes gehörig mit Ketten und Handschellen. Marzelline wird von Jaquino wirklich ruppig behandelt. Jaquinos auftreten unterstreicht eine kurze Topffrisur mit viel Brilliantine und ein leicht östlicher Akzent. Dann erscheinen die Gefangenen in Orange mit einem LED-Licht am linke Fuß. Unschwer sind Parallelen zu den Gefangenen auf Guantanamo zu erkennen. Die Häftlinge drehen während des ersten Aktes ihre Kreis im hinteren Feld der Bühne. Das gesamte Bühnenbild ist einfach nur schwarz, was aber zu der Kerkeroper passt. Im Boden beleuchten Neonlichtröhren die Szene, wenn die Handlung außerhalb des Kerkers ist. Eine Trennwand zu den Gefangenen vermittelt recht authentisch den Eindruck einer Guantanamo-Barrake. Beim Auftakt zum zweiten Akt lässt sich Herr Hans Urbanek Zeit. Zum einen herrscht nach der Pause eine ziemliche Unruhe und wiederholt klingelt ein Handy. Nach mehreren Anläufen, bei der er den Taktstock auch mal aus der Hand legt, gelingt der Einstieg in den zweiten Akt. Florestans Fiebervision von Eleonore klingt sehr plausibel. Dann kommt der Auftritt von Pizarro, der mit einem Dolch in der Hand, Florestan erstechen will. Fidelio gibt sich als Eleonore zu erkennen und droht mit einer Waffe. Schließlich tritt der Minister in Erscheinung. Hinter einem Pult, das dem Ansprache-Pult des Präsidenten gleicht, verkündet der Minister die Befreiung. Der Auftritt von Don Pizzaro mit Aktenkoffer versetzt das Ganze schon sehr ins Heute. Der Jubelchor gelingt und die Gefangenen sind frei. Insgesamt scheint das Orchester gerade in der Anfangsphase etwas mit der Akustik im Haus zu kämpfen. Es gelingt dann aber doch ein stimmiger Orchesterklang, wobei die Streicher etwas dünn besetzt scheinen. Die Sänger haben es bei der dick aufgetragenen Musik erfahrungsgemäß schwer. Dennoch gelingt mit der Verlegung der Handlung ein gelungener Opernabend im Fürther Stadttheater.
Und noch eine Oper, die sich bisher den Modernisierungsansätzen erfolgreich zur Wehr gesetzt hat. Aida wurde aus dem Theben und der Ägyptischen Epoche in die Zeit der 50er Jahre verfrachtet. Amneris kommt eher als eine Art Evita Peron daher mit blauem Cocktailkleid und Ascot-Hut. Der Pharao erinnert an einen Diktator. Das Ganze spielt in einem weißen Saal mit fünf prunkvollen Lampen. Das ist alles sehr im Stil der Fünfziger Jahre gehalten. Der erste Akt gelingt da noch ganz gut. Die Kriegsplanung von Radames auf einer Art großen Billard-Tisch, der mit Sand gefüllt, die Kriegsplanung der Ägypter gegen die Äthiopier darstellen soll. Aida singt ihre Arie auf dem Tisch, es fließt über dem Tisch literweise das Theaterblut und erinnert daran, dass es sich um eine echten Krieg der Ägypter gegen die Äthiopier handelt. Das Kriegsgeschehen kommt in Form von alten schwarz-weiß-Aufnahmen von Bomben-Angriffen daher und wird in die weiße Bühne projeziert. Das im zweiten Akt stattfindende Kriegsgeschehen wird dort sehr drastisch verdeutlicht. Die Flagge der Pharaonen in schwarz, rot, weiß erinnert an die deutsche Kriegsflagge. Der Triumphmarsch nimmt dann Aida in die Klemme, die Trompeten beschallen sie mal von links, mal von rechts. Sie kann dem scheppern der Siegsfanfaren nicht entkommen. Es war doch der Sieg, den sie eigentlich gegen ihr eigenes Volk, Radames gewünscht hat. Dieser Triumph ist nun endgültig ihr Untergang. Die Versetzung in die Zeit von Evita Peron gelingt in den ersten beiden Akten recht gut. Das Aufgebot an Sängern ist gewaltig und das musikalische Ergebnis ist beeindruckend. Gespannt wartet man auf die Nilszene und wird von einer Anhäufung von Kartons und Müllsäcken überrascht. Es ging ein Raunen durch das Publikum, ob der Müllsäcke im Nildelta. Und dann scheint Daniel Herzog irgendwie die Ideen ausgegangen zu sein. Radames singt sein Duett mit Aida am Ende gänzlich allein in seinem Grab. In dem großartigen Schlussduett fehlt Aida und es ist nicht klar, ob sich Aida wirklich in der Grabkammer befindet. Der weiße Saal öffnet sich und man sieht das gesamte Theben im Hintergrund.
David Yim ist wirklich ein beeindruckender Radames, Jordanka Milkova eine tolle Amneris, die dem Schaumbad entsteigt, Ränke schmiedet und in schierer Verzweiflung auch Radames im dritten Akt fast erwürgt, so dass dieser laut auf der Bühne keucht. Mardi Byers kann in den leisen Stellen der Aida-Partien glänzen, setzt sich aber gegen das ganze Orchester wenig durch. Musikalisch ist an der Oper wirklich nichts auszusetzen. Und über Müllsäcke im Nildelta lässt sich doch vortrefflich Kritiken schreiben.