Die Ariadne auf Naxos ist wirklich eine Oper für Fortgeschrittene. Gegeben wird die umgearbeitete Fassung von 1916. Der erste Versuch 1912 war ein großer Misserfolg. Das liegt zum einen schon an der Musik und dem Thema. Es ist eine Oper in der Oper, die eigentlich mit einem Sprechstück beginnen sollte. Diese wurde 1916 dann nochmals umgearbeitet zu ihrer heutigen Form.
Im ersten Teil vor der Pause erlebt man die Nöte des Komponisten und den Einfluss des Geldgebers auf das Stück. Nach der Pause kommt das manipulierte Werk zur Aufführung. Schon bevor die Vorstellung um 19 Uhr beginnt, sieht man die Bühne. Aufgebaut ist das herrschaftliche Haus des Geldgebers, ganz in schwarz-weiß, aber originalgetreu einer herrschaftlichen Villa nachempfunden. Es wird ein Fest vorbereitet. Es ist Winter und im Hintergrund des Bühnenbilds sieht man eine große Fensterfront, hinter der ein Feuerwerk aufgebaut wird. Die Bediensteten laufen über die Bühne, in der Mitte steht ein schwarzer Flügel. Hier und da wird sogar ein echter Mops durch die Gegend getragen. Der Geldgeber der Oper tritt nie selbst in Erscheinung, sondern lässt seine Wünsche immer durch den Herrn Haushofmeister überbringen. Es soll das Trauerspiel ‘Ariadne auf Naxos’ gegeben werden. Da der Auftraggeber nicht einverstanden ist, dass in seinem Haus so etwas, wie eine öde Insel dargestellt werden soll, hat er kurzerhand eine Opera-Buffa-Truppe eingeladen, die das Trauerspiel, das einige Längen hat, auflockern soll. Dem Auftraggeber fällt nun ein, beide Stücke gleichzeitig aufzuführen, damit die Aufführung vor 21 Uhr beendet ist und das Feuerwerk rechtzeitig beginnen kann. Die beiden konkurrierenden Truppen, von fünf Opera-Seria-Anhängern und fünf Opera-Buffa-Anhängern, kriegen sich schon im Vorfeld der Aufführung in die Wolle. Die Ariadne-Darstellerin beschließt auf keinen Fall, gemeinsam mit den anderen auftreten zu wollen. Der Komponist, wirft wütend mit den Noten um sich und will sein Werk eher vernichtet sehen, als derart verstümmelt. Er lässt sich nur durch seinen Mäzen beruhigen, der sagt, besser eine modifiziertes Werk und aufgeführt, als eine nicht aufgeführte Oper. Die Buffa-Truppe bestehend aus vier Männern und einer Frau, beschließt mit einer Prise Liebeskomödie schon Würze in die Aufführung zu bringen und als Gestrandete auf der Insel einzufallen. Symmetrisch besteht die Seria-Truppe aus vier Frauen und einem Mann. Der Kronleuchter im Opernhaus ist während es ganzen ersten Teils auch an und verdeutlicht, dass man noch nicht mit der Aufführung begonnen hat.
Nach der Pause sitzen der Mäzen und der Komponist in der rechten Seitenloge und beobachten nun das modifizierte Werk. Der Flügel in der Mitte ist mit einem dunklen Tuch bedeckt und die Primadonna spielt darauf die verlassene Ariadne auf der Insel. Es findet quasi kein Umbau statt, sondern der Flügel muss als Insel herhalten. Die Nymphen-Damen beklagen das Los, das die Ariadne erlitten hat. Ariadne liegt nur auf dem Flügel und kann sich nicht aufraffen. Da fällt die Buffa-Truppe ein. Zerbinetta erzählt von ihren Männergeschichten. Die Buffa-Truppe will die todwünschende Ariadne aufheitern, dass nach dem Theseus, sicher ein neuer Verehrer kommen wird. Dabei singt Zerbinetta, meines achtens nach einer der schwierigsten Arien überhaupt (Großmächtige Prinzessin). Und bekommt dafür auch langanhaltenden Applaus. Damit kann sie das Publikum, nicht aber Ariadne überzeugen. Zerbinetta erwählt sich aus den vier Männern Harlekin, der eine ebenso gemusterte Hose, wie das Muster ihres Rockes trägt. Sie verschwindet mit ihm unter den Flügel. Mit Circe, Circe kannst Du mich hören tritt Bacchus auf, der meint Ariadne wäre eine Zauberin vom Kaliber einer Circe. Bacchus ist leicht-sommerlich bekleidet mit einem goldenen Lorbeerkranz und erklimmt ebenfalls den Flügel. Ariadne hält Bacchus für den Todesboten. Das anschließende Nymphenterzett Töne, Töne, Süße Stimme gehört zu den schönsten Stellen in der Oper überhaupt. Auf dem Flügel verliert nun Bacchus nicht nur sein Oberhemd, sondern auch sämtliche Scheu vor Ariadne. Zerbinetta kommentiert noch mal: Kommt ein neuer Gott gegangen, sind wir stumm.
Zum Abschluss gibt es langanhaltenden Applaus. Ezgi Kutlu als Komponist ist einfach großartig, Heidi Elisabeth Meier als Zerbinetta meistert ihren schwierigen Part gut, auch die ungeliebte Rolle des Bacchus von Michael Putsch ist gut und dann ist natürlich noch Mardi Byers als Ariadne. Eine wirklich gelungene Premiere, im leider nicht ausverkauften Opernhaus in Nürnberg.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Ein Musical im Opernblog, wie kann das sein? Auf besonderen Wunsch des Publikums wird wieder einmal in Stuttgart im Palladium-Theater der Tanz der Vampire gegeben. Das österreichische Musical hat eine harte Fan-Gemeinde, die sich das Stück gerne mehrfach ansieht. Musikalisch ist das Stück eher im Bombast-Rock von Jim Steinman angesiedelt. Michael Kunze, der mit der Filmvorlage von Roman Polanskis, ein Musical geschrieben hat, hatte im deutschsprachigen Raum einen unerwarteten Erfolg. Gerade der Anfang ist musikalisch etwas schräg geraten, es wird aber deutlich besser, wenn die Vampire auftreten. Am Broadway war das Musical, aufgrund der Umarbeitung zur Komödie, einer der größten Flops überhaupt. Nun aber zum Inhalt:
Anfangs irrt Alfred allein durch Transsilvanien auf der Suche nach seinem Lehrer, dem Professor Abronsius. Er findet den Professor steifgefroren im See. Im Wirtshaus von Chagall trifft sich eine muntere Schar Dorfbewohner, die den Knoblauch beschwört als Allheilmittel. Alfred bringt der Professor in die Dorfkneipe, wo er aufgetaut wird. Abronsius erkennt an den Knoblauchzehen, das hier in der Nähe ein Schloss des Grafen geben muss. Die Dorfbewohner preisen weiter den Knoblauch als Jungbrunnen. Abronsius und Alfred beziehen Quartier und werden von Chagall dem Wirtshausbesitzer durch das Haus geführt. Sie hören da den Gesang von seiner Tochter Sarah aus dem Badezimmer. Seine Tochter nimmt unerlaubterweise ein Bad in der Luxussuite. Chagall schickt seine Tochter ins Zimmer und nagelt die Tür zu, damit keine ungebetenen Männer auftauchen. Seine Tochter ist schließlich fast 18 und bildhübsch. Alfred und Sarah verlieben sich ineinander. In der darauffolgenden Nachtszene schleicht sich Chagall zu seiner Magd, mit der er seine Frau betrügt. Der Professor hört das und will das rausbekommen, wer das ist. Er landet aber bei der Wirtin, die meint, ihr Mann kommt zurück. Abronsius bekommt einen Schlag auf den Kopf. Man hört aber die ersten Vampire, die Sarah zu sich rufen. Es tritt Graf Krolock auf, der nach Sarah ruft. Am nächsten Tag trifft man sich vor der Hütte. Es tritt der bucklige Diener des Grafen namens Koukol auf und verlangt nach Kerzen. Der Professor schöpft Verdacht, sein Logik-Motiv kommt im Lauf des Stückes mehrfach zum Einsatz. Außerdem verlangt er nach Aufklärung, wer ihm den Schlag auf den Kopf versetzt hat. Abronsius will auf jeden Fall dem Geheimnis des Dieners nachgehen. Der Graf tritt auf und lädt Sarah zum Ball ein, die wieder mal ein Bad nimmt. Er überlässt ihr rote Tanzschuhe da. Alfred entdeckt aber den Graf, der entkommt. Sarah wird von Chagall verprügelt und ins Zimmer geschickt. Sarah verdreht Alfred den Kopf und schafft es im Mondlicht aus dem Wirtshaus zu kommen. Mit einem Trick schickt sie Alfred zurück ins Haus, als sie nach ihrem Badeschwamm verlangt. Sarah hat sich inzwischen in den Grafen verliebt und eilt aus dem Wirtshaus in Richtung Schloss. Alfred und der Professor gehen ihr hinterher. Die Dorfbewohner beklagen ihr Leid und suchen wieder mal ihr Heil im Knoblauch. Chagall wird tot hereingebracht, an den Bisswunden im Hals erkennt Abronsius die Biss-Spuren der Vampire. Der Professor versucht mit Alfred den Toten zu retten, indem sie Chagall pfählen wollen. Die Wirtin verhindert dies. Auch die Magd von Chagall erscheint und findet, dass es komisch ist, dass Chagall tot ist. Der erwacht prompt und beißt der Magd in den Hals. Die Magd wir nun ebenfalls zum Vampir. Chagall versteckt die Magd unter der Decke und sich selbst. Abronsius und Alfred unternehmen einen weiteren Versuch Chagall zu Pfählen, entdecken aber, dass Chagall die Magd ebenfalls gebissen hat. Sie stellen Chagall, der nun verspricht sie zum Schloss zu bringen. Der Graf empfängt den Professor und Alfred vor dem Schloss. Die Vampire lauern schon auf neue Opfer und freuen sich auf die Vampir-Jäger, die sie als willkommene Abwechslung auf ihrem Speiseplan sehen. Abronsius gibt sich als Vampir-Jäger zu erkennen, der Graf gibt vor, schon die Bücher des Professors gelesen zu haben. Koukol bringt die Gäste auf ihr Zimmer. Mit einem Schwamm signalisiert der Graf, dass auch Sarah da ist.
Im zweiten Akt kommt der eigentliche Hit des Musicals: Das umgeschriebene Total eclipse of the heart. Die Vampire rufen in dem Stück nach Sarah, die immer noch vom Grafen fasziniert ist. Das Duett zwischen Sarah und dem Grafen ist zweifellos der Höhepunkt im Musical. Der Graf beschließt aber noch zu warten, bis er Sarah endgültig zum Vampir macht. Er wartet noch einen Tag, bis der Ball der Vampire stattfindet. Es folgt eine Tanzszene mit den Vampiren. Die Nacht endet und die Vampire verschwinden. Alfred erwacht aus dem Albtraum, ist aber sicher dass er Sarah wieder sehen wird. Der Professor und Alfred machen sich auf im Schloss die Gruft zu suchen. Sie wollen den Graf und dessen Sohn ebenfalls pfählen. Beim Abstieg in die Gruft bleibt Abronsius aber hängen und Alfred muss das Pfählen allein durchführen, was aber wieder mal misslingt. Alfred findet in der Gruft tatsächlich die zwei Särge des Grafen und seines Sohnes. Unverrichteter Dinge verlassen die Vampir-Jäger die Gruft. In einem Holz-Sarg wachen auch Chagall und die Magd auf. Sie philosophieren über ihr Leben als Vampire. Koukol jagt die beiden neuen Vampire in ihren Sarg, denn es ist noch Tag. Er schließt auch die Deckel der beiden Gruft-Särge. In der Bibliothek verliert sich der Professor in den Büchern des Grafen. Alfred findet inzwischen Sarah wieder beim Bad. Auf seine Versuche, sie zu befreien, geht sie nicht ein. Sie ist einfach fasziniert vom Grafen und will lieber zum Ball. Alfred beschließt Sarah aber nicht allein zu lassen. Der Professor hat nicht mitbekommen, dass Alfred auf der Suche nach Sarah war. Er verliert sich ganz in seinen Büchern. In der Bibliothek findet er ein Buch, wie man ein Herz gewinnt. Alfred wir nun von dem Sohn des Grafen bedrängt. Auch der Sohn lädt ihn zum Ball ein. Alfred kann aber entkommen. Auf einer Friedhofszene entsteigen die Vampire den Gräbern und wollen zum jährlichen Ball. Sie streben nichts anderes als die Weltherrschaft an. Der Graf beklagt vor dem Ball sein Los, dass alles an ihm vorüberzieht und er nichts halten kann. Es wird Für das Lied des Grafen von Krolock Unstillbare Gier gesungen. Hier diente Objects In The Rear View Mirror May Appear Closer Than They Are, gesungen von Meat Loaf, als Vorlage. Seine Gier nach Blut endet nie. Es kommt wirklich zum Ball. Sarah wird vom Grafen gebissen. Alfred und dem Professor gelingt es zwei Verkleidungen von Vampiren zu bekommen. Sie mischen sich unter die Vampire. Während eines Menuetts versuchen sie, Sarah zur Flucht zu überreden. Als sie schließlich vor dem Spiegel nur zu dritt tanzen, weil die anderen Ballgäste kein Spiegelbild haben, fliegt die Tarnung auf. Im Tumult gelingt ihnen die Flucht. Abronsius unterliegt der Fehleinschätzung, dass Sarah noch zu retten ist. Sie fliehen vom Ball. Alfred wird auf der Flucht von Sarah gebissen. Mit Hilfe des Vampir-Jägers entkommen die beiden Vampire Alfred und Sarah in die Welt. Am Ende gibt es eine große Tanzszene, in denen moderne Vampire ihre Weltherrschaft feiern.
Gut: wir waren von der Vorstellung im Jahr 2000 so begeistert, dass wir uns das Musical gerne ein zweites Mal angesehen haben. Die Bühnentechnik ist einfach umwerfend, die Musik wird zum zweiten Akt hin deutlich besser, wobei das Klavier eine tragende Rolle spielt. Und die Geschichte ist, basierend auf der Filmvorlage von Roman Polanski, ebenfalls gut. Wir fühlten uns die zwei Stunden gut unterhalten. Jim Steinmans bombastischer Rock passt eben gut zum Thema. Die Tanz-Einlagen sind schön, aber echte Klassik-Fans stören sich sicher an der zu lauten Einspielung der Musik oder an den Musical-typischen Stimmverstärkern.
Bild: Flickr.com von copepodo
Die aktuelle Nabucco-Inszenierung in Nürnberg bedient sich sehr der Stummfilm und schwarz-weiß Ästhetik. Das fängt schon ganz am Anfang an, als eine Einblendung, wie in alten Stummfilmen auf einem schwarzen Bühnenkasten zu sehen ist. Der Schriftzug, mit dem die Szenen vorab kurz beschrieben werden, ist ganz auf die Stummfilm-Zeit zugeschnitten. Auch Fenena, die im Tempel zu Jerusalem in einer Horde schwarz-gekleideter Hebräer gefangen ist, hat eine Strass-Abendrobe an. Abigaille, die stimmgewaltig von der Gastsängerin Gabriella Morigi dargebracht wird, hat hier ihren Auftritt. Begleitet von blau angemalten Kriegern mit nacktem Oberkörper, befreit sie, begleitet von ihrem Vater Nabucco die Gefangene. Geholfen wird Fenena von Ismaele, der Fenena liebt. Im zweiten Akt muss Abigaille erkennen, dass sie Tochter einer Sklavin ist. Der Vater hat in seine Abwesenheit nicht ihr, sondern Fenena die Macht übertragen. Abigalle lässt das Gerücht verbreiten, ihr Vater sei gefallen. Begleitet eben von den Kriegern und den babylonischen Göttern, entsteht ein dramatisches Gerangel um die Königskrone Nabuccos, das erst beendet wird, als Nabucco selbst auftaucht und die Krone wieder an sich nimmt. Nabucco leidet aber an Größenwahn und lässt sich nun selbst als Gott huldigen. Das ruft die den Unmut der Hebräer hervor, auf deren Seite sich nun Fenena schlägt. Im Stück ‘S’appresan gl’istanti’ kündigt sich das Unheil in Form eines weißen, baumartigen Gebildes an, das Nabucco trifft und ihn als Strafe für seinen Hochmut in den Wahnsinn treibt. Abigaille hat hier ihre Chance und nimmt die Macht an sich. Auf den Stufen der hängenden Gärten bietet sich im dritten Akt ein nettes Bild, das man so schon mal in einem Stummfilm gesehen haben könnte. Dreimal versucht der Oberpriester Abigaille zu einem Urteil gegen ihre Schwester zu ermutigen, in gespieltem Entsetzen wirft Abigaille jedes Mal einen goldenen Schemel von den Stufen, der prompt wieder durch einen weiteren ersetzt wird. Abigaille versucht nun die Hebräer und Fenena zu vernichten, indem sie den Wahnsinn des Vaters ausnützt. Beim Verrat schwebt ein Schwein über Abigaille, dessen tieferer Sinn sich nicht erschließt. Das nun folgende “Va pensiero” wird ganz in dem Filmkasten inszeniert. Die Hebräer sind hinter dem Gefängnisgitter quasi unsichtbar. Vor dem Verlies sieht man Nabucco. Das jüdische Volk ist also an den Wassern Babylons hinter Gittern und streckt die Hände ans Licht. Fenena soll nun hingerichtet werden. In der Not wendet sich Nabucco an den Gott der Hebräer. Nabucco tritt ganz als Wahnsinniger mit langem Bart auf. Der Wahnsinn weicht. Nabucco eilt in den Tempel und rettet Fenena. Inzwischen hat er wieder einen blauen Königsmantel an. Das projizierte Götzenbild im Kasten zerreißt mit einem Schlag. Getroffen von dem einstürzenden Götzenbild ist Abigalle erledigt und übergibt nun Ismaele Fenena. Nabucco lässt die Hebräer ziehen. Mit einem etwas kitschigen Schlussbild in Farbe endet die Inszenierung.
Die wahren Stars des Abends sind aber die Männerstimmen, Mikolaj Zalasinski als Nabucco, König von Babylon und Nicolai Karnolsky als Zaccaria. Aber auch Gabriella Morigi als Abigaille macht ihre Sache, nach etwas Eingewöhnung gut. Hat sie doch die schwierigsten Passagen gegen den lauten Chor zu bestehen. Auch die ganze Inszenierung als Monumentalfilm-Epos gelingt gut. Einfach sehenswert.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Emilia di Liverpool von Donizetti ist scheinbar umgezogen. Aus der Hermitage, in der sie sich vom Schrecken ihrer gescheiterten Romanze mit einem Buchhalter und dem Tod ihrer Mutter zurückgezogen hat. Ihre Mutter hat die geplatzte Verlobung mit einem neapolitanischen Ehemann und die anschließende Flucht mit dem Verwalter des Gutes nicht überlebt. Die Eremitage ist nun nicht mehr der ruhige Ort von früher, die ihr Vater 20 Jahre zuvor gegründet hat, sondern ein Sanatorium. Das Essen, das Emilia für Arme verteilt, ist ein heißer Eintopf, der den Insassen auf Blechgeschirr serviert wird. Angekommen ist Emilia in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts und dann scheinbar noch in einer Ausstattung von Dinner for one. Statt des Tigers liegt dort ein Bärenfell, ein Kaminfeuer gibt es auch mit der Asche der Mutter auf dem Kaminsims. Fehlen darf auch die Treppe rechts nicht, die nach oben führt. Wenn Emilia vom Tod ihrer Mutter singt, trägt sie dazu immer wieder die Urne auf der Bühne rum, als ob sie sich ständig dafür entschuldigen muss. Emilia soll sich erholen, bevor die Ereignisse eine unglückliche Wendung vollziehen, die spätestens dann einen Aufenthalt im Sanatorium erfordern würde. Auf einer Projektion kündigt sich Unheil in Form eines rasenden Autos an. Mit viel Pyroeffekt knall der Wagen durch die Wand und bringt fünf weitere Personen ins Spiel, die Emilia schon früher begegnet sind. Es sitzt im Auto, Dom Romualdo, ihr ehemaliger Verlobter, den sie mit Federico betrogen hat, der ebenfalls im Auto sitzt mit Luigia und deren schwerhörigen Vater und nicht zu Letzt, ihr tot geglaubter Vater. Federico und Dom Romualdo wissen nicht, dass über Emilia eine Verbindung zwischen ihnen besteht. Unterdessen versucht Federico schon wieder, Dom Romualdo ein weiteres Mal die Frau auszuspannen. Während Dom Romualdo in deftigem Hessisch, jedem Frauenrock nachläuft, versucht er sich auch wieder an Emilia. So nach und nach erkennen die Personen ihre Beziehung zueinander. Wechselweise kommen sie bei Emilias vertrauter Candida, die als Ärztin im weißen Kittel auftritt, auf die grüne Couch und berichten von ihren Enttäuschungen. Während der Vater von Luigia immer nur die Hälfte mitbekommt und im Schottenrock mit seinem Hörgerät Dom Romualdo immer gehörig zur Verzweiflung treibt. Die eifrigen Schwestern in ihren Kitteln verteilen immer wieder mal Beruhigungsmittel oder Spritzen, wenn die Emotionen der Hauptakteure zu hoch kochen. Im Hintergrund sieht man immer wieder Videoeinspielungen, wenn der Vater von seiner Zeit in Afrika erzählt oder Rückblenden angesagt sind. Andreas Baesler nutzt hier immer wieder alte Kinostreifen in schwarz-weiß, um die Geschichte deutlich zu machen. Es kommt schließlich, wie es kommen muss. Der betrogene Verlobte und der Liebhaber landen schließlich in Zwangsjacken und hüpfen im Takt der Musik der endgültigen Auflösung der Geschichte entgegen, in dem der Liebhaber verspricht, zu Emilia zurückzukehren. Dom Romualdo verzeiht auch Luigia. In einer Szene vor der Urne der Mutter offenbart schließlich Emilias Vater, Federico, dass er nicht in Afrika umgekommen ist, sondern hergekommen ist, um ihn zur Rede zu stellen. Federico bittet schließlich den Vater um Verzeihung für alles, was geschehen ist. Emilia nimmt Federico zum Mann und alle treffen sich zum Schlussfoto auf der grünen Couch. Die Schlussarie von Hrachuhí Bassénz Confusa e l’alma mia ist wirklich einer der Glanzstücke in der Oper, auch die Schlussarie von Claudio di Liverpool ist großartig. Dennoch hinterlässt die Oper keinen ungetrübten Eindruck, im ersten Akt ist sie doch sehr von Sprechpassagen durchzogen. Der Wechsel zwischen dem Drama in der Musik und den Slapstick-Einfällen der Regie gelingt nicht immer. Erst gegen Ende, als die Musik die Oberhand gewinnt, wird das Stück stimmig.
Quelle: Staatstheater Nürnberg
Was kann einem eine Operette aus dem Jahr 1923 noch mehr bieten als einen unterhaltsamen Nachmittag. Nicht viel mehr als ein paar eingängige Melodien, die gut als Hörgerätefutter dienen können. Das Szenario in Wien ist wirklich aus dem letzten Jahrhundert und mit heutigem Verständnis schwer nachzuvollziehen. Da erscheinen einem Verdis und Wagners Opern noch näher, als dieses Stück aus dem vorigen Jahrhundert. Im Wien der Donaumonarchie schwärmt eine Grafentochter namens Lisa vom Prinzen Sou-Chong. Aus Vorliebe für das Reich der Mitte sammelt sie Porzellan, lässt einen Salon ganz in kaiserlichem Gelb auskleiden und serviert dem Angebeteten Tee aus einem Teebeutel zur Nachmittagsteezeremonie. Ihr Verehrer Gustav von Pottenstein kann die Faszination nun gar nicht teilen, resigniert aber angesichts Lisas Schwärmereien. Sou-Chong soll aber das Land der Mitte in Zukunft als Minister vertreten und wird aus Wien abkommandiert. Zeitgemäß muss Sou-Chong den Zug nehmen, da wegen der Vulkanasche keine Flugzeuge fliegen. Kurz vor Abfahrt gesteht Sou-Chong Lisa aber seine Liebe ein. Diese beschließt, ihm nach China zu folgen. In China angekommen, läuft es für Lisa leider nicht nach ihren Wünschen. Der gestrenge Onkel Tchang besteht auf Einhaltung der chinesischen Sitten und verpflichtet Sou-Chong dazu, vier Mandschu-Mädchen zu ehelichen. Seine Liebe Lisa könne er bestenfalls als Mätresse halten und müsse sich sogar ganz von ihr trennen, wenn die Ehe mit den Mandschu-Mädchen geschlossen ist. Der Palast ist ein eindrucksvoll hohes Gemäuer in Rot. Sou-Chong will sich aber über die strengen Regeln seines Landes hinwegsetzen und nur zur Formalität diese heiraten. Lisa ist verzweifelt, dass er dieses Hochzeitsritual nach den Landesgebräuchen mitmacht. Inzwischen ist aber durch einen Trick Gustav von Pottenstein erschienen, just im rechten Moment um Lisa aus der Lage zu befreien. Sou-Chong hat sich inzwischen ganz zum herrischen Despoten entwickelt und Lisa sieht ein, dass die Liebe keine Zukunft mehr hat. Gustav findet aber inzwischen auch Gefallen an Mi, der Schwester von Sou-Chong, aber mehr als ein Flirt ist das nicht. Vielleicht auch nur Mittel zum Zweck, um Lisa zur Flucht zur verhelfen. Auf der Flucht aus dem Palast werden Mi, Gustav und Lisa aber gestellt. Lisa bittet noch mal, nach Wien zurück gehen zu dürfen. Sou-Chong gibt schließlich nach und lässt Lisa ziehen.