Als museale Aufführung der Zauberflöte bei der Premiere 1994 gescholten, läuft die Everding-Zauberflöte an der Staatsoper in Berlin doch schon sehr lange. Wir haben jetzt mit viel Abstand zur Premiere ebenfalls dieses Stück besucht. Die Everding Inszenierung macht dabei keine Experimente, 1816 als Everding dieses Stück inszenierte, war Regietheater noch in weiter Ferne. Nur hier und da erlaubt man sich einige Gags, die damals sicher nicht so im Libretto gestanden haben. Die Frage von Tamino: Wo bin ich, wird beantwortet in Berlin. Mit der anderen Inszenierung von Yuvel Sharon, hat man das genaue Gegenteil.
Im ersten Aufzug trohnt der Tempel der Weisheit über allem. Gleich drei Schlangen bedrohen den Prinzen Tamino, die mit Feuer und Donner aus den Höhlen kommen. Gelenkig entsteigen den drei Drachen nun drei Frauen, die sich als Dienerinnen der Königin der Nacht zu erkennen geben. Diese haben die drei Schlangen erlegt. Papageno, der Vogelfänger kommt mit roten Haaren, einem grünen Anzug und einer Voliere auf dem Rück vom rechten oberen Bühnenrand. Als Tamino zu sich kommt, gibt er sich als Retter aus. Zur Strafe für diese Lüge bekommt er statt Brot und Wein, einen schweren Stein und ein Schloss vor dem Mund. Für eine kurze Zeit kann jetzt Papageno nur Summen. Von den Damen bekommt Tamino ein Bild überreicht, in das sich der Prinz sofort verliebt. Nun hat eine bezaubernde Köngin der Nacht ihren Auftritt, die in einer Mondbarke aus dem Schinkelsternenhimmel herabfährt. Sie gibt Tamino den Auftrag ihre Tochter zu befreien. Die drei Damen überreichen ein Glockenspiel und eine Flöte, das Schloss wird von Papgaeno entfernt. Damit gelingt es die wilden Tiere zu bezwingen. Gerade diese Szene kommt bei den kleinen Zuschauern gut an. Nashorn, Löwe, Krokodil, aber auch fiktive Tiere aus der ägyptischen Mythologie. Drei Knaben auf einem Einhorn kommen und weisen den Weg zu Burg Sarastros. Damit ist die Mission der Damen erfüllt und Papageno und Tamino machen sich auf in den Tempel zu Sarastro, wo die Geisel Pamina dann zu befreien ist. An drei verschiedenen Eingängen versucht Tamino sein Glück. Papageno kommt als erster im Tempel an und findet Pamina an Stricken gebunden zwischen zwei großen Säulen. Monostratos hat sich Pamina übergriffig genähert. Papageno befreit die Geisel und trifft auf den Mohr Monostratos, politisch korrekt an einer schwarzen Stirnbinde zu erkennen. Dieser will die Flucht verhindern und wir mit dem Glockenspiel, das Papageno von den Damen bekommen hat besänftigt. Dabei bilden die ägyptisch angezogenen Sklaven ein Ballett und marschieren rechts raus. Mit etwas Verzögerung kommt auch Tamino im Weisheitstempel an und erfährt, dass Sarastro der eigentliche Gute in dem Stück ist. Der kommt als tiefer Bass zuerst singend aus der Prosceniumsloge daher in langen Gewändern.
Im zweiten Aufzug treten die Priester mit etwas merkwürdigen Kopfbedeckungen auf. Tamino und Pamina sind füreinander bestimmt, müssen jetzt aber in der Folge diverse Prüfung durchlaufen. Wieder lässt man die Löwen kurz auftreten. Während sich Tamino bereitwillig dem Schweigegelübde unterziehen, hat Papageno so seine Probleme mit dem Schweigen. Erst als Papageno ein Mädchen versprochen wird, will er Tamino auf dem Prüfungsweg begleiten. Wieder erscheinen unter Donner und Blitz die drei Damen und prophezeihen den nahen Tod. Monostratos versucht sich erneut bei Pamina anzuschleichen, jammert aber über die Sohlenstreiche. Zudem soll der Mond verschwinden, was dieser auch gehorsam tut, um den kommenden nächsten Versuch der Annäherung nicht zu gefährden. Nun hat die Königin der Nacht ihren Paradeauftritt mit der berühmten Arie. Sie will Pamina einen Dolch mitgeben, mit dem sie Sarastro töten soll. Dieser entreißt nun Monostratos und stellt sie vor die Wahl, entweder sie erhört ihn oder er verrät den Plan Sarastro. Sarastro greift aber sofort ein und nach den Höhen der Köngin der Nacht, darf nun Sarastro in den tiefen Lagen singen. Das ist dann immer etwas unfair, denn die Leistung des Bass an der Stelle ist mindestes ein ebenso großes Lob wert. Weiter sollten sie schweigen, was Papageno nun definitiv nicht mehr gelingt. Es erscheint ein buckliges Weib, das sich als Papagenos Freundin ausgibt. Die drei Knaben bringen mit ihrem Einhorn Glockenspiel und Flöte zurück. Als Belohnung für die Befreiung verspricht man Papageno eine gute Mahlzeit, worauf sich aus dem Bühnenhimmel Wurstattrappen senken. Ein Tisch mit Speisen wird sichtbar und Papageno isst und trinkt aus einem Weinfass, das ebenfalls auf der Bühne ist. Zudem reichen die Tiere aus dem Bühnengraben reichlich rote Weingläser auf Tabletts, die Papageno alle trinkt. An dieser Stelle wäre eine Altersverifikation notwendig, da Papageno aber geschätzte 28 ist, lassen wir das durchgehen. Papageno will nun mitgehen und schweigen, oder von einem Krokodil gefressen werden. Der Einfall kommt beim jungen Publikum gut an. Pamina versucht nun mit Tamino zu sprechen, da das Schweigegelübde aber immer noch gilt, meint diese, Tamino hätte sich abgewendet und versucht sich mit dem Dolch zu ermorden. Die Knaben retten trotz ihrer etwas dünnen Stimmen Pamina mit einem Segelschiff. Und schon versucht sich der nächste mit einem Seil aus dem Bühnenhimmel umzubringen. Papageno lässt auf den Rat der Knaben aber sein Glockenspiel erklingen und umgehend erscheint seine Papagena. Bei dieser Aufführung schienen sich die Kostüme von Papageno und Papagena kurz verhakt zu haben. Ob er es wirklich zu den 16 Kindern schafft, die er sich in der folgenden Arien wünscht, scheint fraglich. Kindergeld gäbe es sicher genug für die Kinderschar, die auf einem tiefen Rollwagen weggezogen wird. Inzwischen dürfen Tamino und Pamina die beiden letzten Prüfungen gemeinsam machen. Die Geharnischten erscheinen als schwarze Fackeln mit einer Leuchte auf dem Kopf und man hört rechts das Feuer knistern und Tamino und Pamina verschwinden in einer rot beleuchteten Höhle. Die nun folgende Wasserprüfung bringt ein Meeresband auf die Bühne. Auch hier hilft die Flöte weiter. Die nun endgültig Bösen im Spiel erscheinen im Halbdunkel. Der Mohr, die drei Damen und die Königin der Nacht stürzen unter Blitz und Donner in die ewige Nacht. Tamino und Pamina bestehen die Prüfungen und werden aufgenommen.
Caroline Wettergreen war in dieser Vorstellung eine wunderbare Köngin der Nacht, die eine ebenbürtige Tochter Pamina namens Victoria Randem hatte. Grigory Shkarupa gab einen wohlklingenden Bass als Kontrast dazu. Man verkleinerte den Orchestergraben der Lindenoper und hat vor dem Orchester die Möglichkeit eines begehbaren Stegs geschaffen. Wenn sich die Sänger ans Publikum wenden, stehen sie halb im Parkett. Die Sänger sind somit oft dazu verdonnert, starr während der Arien an der Bühnenrampe zu singen. Im Orchestergraben dirigierte Giedrė Šlekytė mit gutem Tempo. So gelang es in der Familienvorstellung doch recht gut, das überwiegend junge Publikum bei Laune zu halten. Schlimmer war eigentlich das Instagram-Influenzer Trio in Reihe 12, das scheinbar keine 3h Vorstellung ohne Unterbrechung genießen konnte und ständig den Publikumsraum verlassen musste. Dass während Paminas Selbstmordversuch ein Handy klingelt, nehmen wir jetzt mal als Anruf des Notarztes hin. Gegen Ende ist Mozart eine Herausforderung für die kleinen Papapgenos im Parkett, die dann schon das Finale in Morpheus Armen erlebten. Überhaupt muss man dem Libretto eine große Prise Wohlwollen entgegen bringen. Der Text ist schon teils sehr frauenfeindlich, Papageno scheint ein Alkoholproblem zu haben und auch die Sache mit dem bösen Mohr ist inzwischen grenzwertig. Ob man das Textbuch nochmal ins Jahr 1791 zurückschicken kann zur textlichen Überarbeitung ist fraglich, aber man könnte dran arbeiten. Für die gelegentlichen Operngänger ist diese Aufführung sicher vor allem ein Augenschmaus, die Geübten finden da aber keinen Mehrwert und nehmen die museale Aufführung aus dem Jahr 1815 gelassen hin. Die Musik macht es dann wieder gut, Viva Mozart!
Quelle: YouTube | Staatsoper unter den Linden