Zu einem Londonbesuch gehört auch ein Musical dazu. Die Auswahl in London ist groß, letztlich fiel die Wahl auf Frozen/Die Eiskönigin. Ja, Disney-Musicals, nicht jeder mag das, dennoch sind wir ins Theatre Royal in der Drury Lane. Wir hatten relativ kurzfristig noch Karten bekommen und saßen oben im Rang. Mit uns im Publikum waren viele junge Zuschauer, die begeistert mitgegangen ist. Das Musical hält sich ziemlich genau an den Film. Man könnte jetzt die Diskussion darüber führen, ob eine Dunkelhäutige wirklich die blonde Eiskönigin spielen sollte, aber das wäre jetzt spitzfindig, denn musikalisch gab es nichts auszusetzen. Die Ausstattung ist üppig, die Kostüme toll und die Effekte mit dem Eis hervorragend. Bei diesem Sommer sehnt man sich doch den Winter wieder herbei. Das Theater war hervorragend klimatisiert, sodass es auch Olaf dem Schneemann nicht zu warm wurde. Wenn mich jemand nach dem Soundtrack zur Pandemie fragt, ist das eindeutig Vuelie von Cantus, denn während der Pandemie lief dieses Lied mit schöner Regelmäßigkeit bei meinen ausgedehnten Spaziergängen. So war auch die Eröffnung des Musicals am West End mehrfach verschoben worden. Ich hatte schon überlegt, nach Hamburg zu fahren, aber so lag das Musical quasi vor unserer Hoteltür.
Das Musical startet mit der Nummer Vuelie, dann sieht man die junge Anna mit Elsa zusammen einen Schneemann bauen. Elsa hat die Kraft, es schneien zu lassen, die sie irgendwie wie Spiderman aus den Händen schießen kann. Da sie in den jungen Jahren aber ihre Kraft noch nicht kontrollieren kann, trifft der Eisstrahl ihre Schwester Anna. Zum Glück ist der Treffer nur im Kopf und nicht im Herzen, so kann ein Naturmensch, der gerufen wurde, mit Magie den Zauber brechen und die Erinnerung an dieses Ereignis löschen. Elsa und Anna wachsen in der Folge getrennt auf. Elsa bekommt Handschuhe, damit so ein Unglück nicht noch mal passiert. Man sieht Anna immer wieder an der Tür klopfen, aber Elsa bleibt hinter der Tür. Die Eltern reduzieren das Personal, sagen alle Feste ab, um Elsa zu schützen. Nun kommen die Eltern der Kinder in einem Sturm auf einer Schifffahrt ums Leben. So müssen die Kinder die Regentschaft von Arendal übernehmen. Am Krönungstag wird nach langer Zeit der Palast aufgeschlossen und Elsa wird zur Königin gekrönt. Anna verliebt sich an dem Tag in das 13. Kind eines anderen Königs namens Hans von den südlichen Inseln. Der soll sich aber später als Schurke herausstellen. Anna verliebt sich sofort und will ihn heiraten, dabei ist Hans nur auf eine bessere Position in der Thronfolge aus. Während die Krönungszeremonie noch einigermaßen glattgeht, kommt es zum Bruch zwischen Elsa und Anna, als Anna fragt, ob sie Hans heiraten darf. Elsa hält das für keine Idee, gleich einen Mann zu heiraten, den man eben erst kennengelernt hat. Wutentbrannt entgleitet ihr ein Eisstrahl, der sehr effektvoll dargestellt wird. Arendal kippt mitten im Sommer plötzlich in einen Winter und Elsa flüchtet auf einen Berg. Anna folgt ihr und trifft auf dem Weg Christopher mit seinem Rentier Sven. Da muss man jetzt einen extra Applaus geben, denn die Nummer als Rentier auf Stelzen ist echt sportlich. Es taucht auch der Schneemann auf, der sofort der Publikumsliebling ist. Seine Tanznummer zum Thema Sommer kommt so im Stil einer Fred-Astaire-Nummer daher. Der Schneemann träumt vom Sommer und ahnt nicht, was ihm da blühen wird. Sie kommen an einem Laden vorbei, wo sich Anna erst mal gegen horrendes Geld ein paar Winterstiefel kauft. Die Sommerartikel hat der Verkäufer gerade im Ausverkauf. Im Schloss unterdessen beschließt Hans Anna zu suchen. In einer Überblendung sieht man nun Elsa in ihrem Eispalast, den sie mit ihren Kräften gebaut hat. Dort singt sie das berühmte ‚Let It Go‘… Zum Höhepunkt verwandelt sie in einem Effekt ihr Kleid auf Blau, das Publikum ist außer sich und mit einem schlagartigen Dunkel endet der erste Akt.
Im zweiten Akt ist dann eine etwas alberne Nummer mit einer Sauna-Party zum Thema Hygge dran. Der Schneemann, Anna und Christopher mit Sven machen sich auf die Suche. Sie treffen Elsa, aber die ist erneut außer sich und trifft Anna ein weiteres Mal mit einem Eisstrahl. Die Haare von Anna werden drauf hin weiß. Diesmal wurde aber wirklich das Herz getroffen, was nicht so leicht zu beheben ist. Selbst der Medizinmann aus dem ersten Akt kann nicht mehr ordentlich helfen. Er meinte: nur wahre Liebe könne das gefrorene Herz heilen. Man meint in Hans die Lösung dafür gefunden zu haben. Nur der Hans entpuppt sich nun wirklich als Fiesling, der lieber Anna sterben lässt und eine Jagd auf Elsa anzettelt. Der Schneemann kommt nun in die warme Stube und lässt Anna frei. Christopher, der vielleicht auf Rat des Schneemanns auch infrage kommt, da er sich in Anna verliebt hat, ist ebenfalls kein Kandidat. Aber die Schwesternliebe von Elsa rettet Anna dann am Ende. Es gibt ein großes Finale.
Das Disney-Musical lebt von üppiger Ausstattung, etwas Kitsch und Tanznummern. Ich bin jetzt vielleicht nicht ganz das Zielpublikum dieser Aufführung, dennoch hatte auch ich meinen Spaß und fand die 2 h 15 Min angemessener als eine missratene Götterdämmerung aus Bayreuth, die zeitgleich stattfand. Das Handyverbot wurde ziemlich streng kontrolliert, zudem ist Mitsingen verboten. Die Nummern, die Original aus dem Film kommen, stechen von der Qualität ziemlich heraus. Man hat noch ein paar Nummern dazu komponiert, die deutlich abfallen. Auch die Hygge-Nummer mit der Sauna hätte es für meinen Geschmack nicht gebraucht. Dennoch konnte ich mich von dem hohen Musical-Niveau in London überzeugen. Klimatisiert und etwas eingelullt, hofft man dann auf den Winter und fühlt sich in der Londoner Hitze dann etwas wie Olaf der Schneemann.